Kapitel 23

Ich wache das Klo umarmend auf. Mein Kopf dröhnt, ich hab einen ekligen Geschmack im Mund und meine Beine fühlen sind taub an. Langsam richte ich meine Beine und bekomme nach einigen Sekunden langsam das Gespür. Was nicht heißt, dass es weniger unangenehm ist. Wäre das graue Fernsehrauschen ein Gefühl, dann wären meine Beine in diesem Moment eindeutig der Fernseher. Wackelig stehe ich auf und schließe den Klodeckel, dann drehe ich mich um in der Suche nach Wasser. Das Waschbecken! Ich öffne den Wasserhahn und spüle den Mund aus, wische mir über das Gesicht, trinke das Wasser. Doch mein Mund fühlt sich trotzdem an wie die Sahara. Ich drehe mich weiter und finde Lisa in der Badewanne schlafen. Dann sind wir wohl im zweiten Stockwerk. Unten gibt's nur eine Dusche.
Langsam gehe ich in die Hocke und schüttele meine Freundin, die mit den Rufen "Nein, Drew, Em ist schlecht!" wach wird. Sie starrt mich desorientiert an und blinzelt mehrfach. "Em?"
"Hmm.", brumme ich. "Es ist schon morgen."
"Oh... Oh...!" Langsam scheint ihr zu dämmern, wo wir uns befinden. Sie setzt sich hin. "Warum lieg ich in der Badewanne?"
"Frag was Leichteres.", erwidere ich und gebe ein lachendes Schnauben von mir.
Ich richte mich auf und gebe Lisa eine Hand, damit sie gefahrlos aus der Wanne klettern kann. Zusammen schauen wir in mein Zimmer rein, doch da ist weder Den noch Drew.
"Sind die beiden gestern eigentlich noch hier geblieben?", will Lisa wissen.
"Denkst du, ich weiß das? Ich erinnere mich nicht mal dran, was nach Mitternacht war. Übrigens... Haben wir meine Geschenke gestern nicht hoch gebracht?"
Lisa zuckt mit den Schultern. "Keine Ahnung. Ja, oder?"
Wir laufen zur Treppe. Zum Thema Geschenke. Die andere Hälfte des Geschenks von Den, Lisa und Drew war eine weitere, noch größere Kiste mit vielen kleinen Boxen. Die dümmste davon enthielt einen Lockenstab von Rossmann. Einen Lockenstab! Für meine Lockenmähne! Ich meinte, ich schenk den Den weiter. Dann werden wir schauen, ob Natur- oder Kunstlocken besser seien. Eine ziemlich dumme Behauptung, aber da war ich schon angetrunken.
Felix hat mir einen Block Zigaretten geschenkt und ein cooles Feuerzeug mit meiner Lieblingsband. Aber er hat es teilweise heimlich gemacht, deshalb nehme ich an, dass meine liebsten Freunde es nicht mal mitbekommen haben. Oh, ich hätte jetzt wirklich gern was angezündet.
Nelly und Changie haben mir die beiden DVDs mit Fifty Shades of Grey und einen Kinogutschein geschenkt, den ich keine Ahnung wohin gesteckt habe, und von Elias, Ludwig und Co. habe ich zwei Tickets für einen Konzert keine Ahnung mehr welcher Band bekommen. Von manchen anderen habe ich entweder Geld oder Gutscheine gekriegt, aber auch da habe ich keine Ahnung, wo sich das Ganze befindet. Ach ja, Philipp und seine Freundin haben mir neben noch etwas eine Torte geschenkt. Fand ich voll süß.
"Hey, da liegt Drew!", sagt Lisa und zeigt mit dem ausgestreckten Arm über das Geländer. Wir bleiben stehen und ich schaue ins Wohnzimmer runter. Tatsächlich. Mit dem Rücken auf dem Boden und den Beinen auf dem Sofa schläft schnarchend Andrew.
"Er hat's eindeutig bequem.", kichere ich.
"Bequemer als ich.", erwidert Lisa mit einem kurzen Seitenblick auf mich.
"War die Badewanne etwa nicht weich genug für die Prinzessin?"
"Doch, doch. Aber ich erinnere mich, dass ich mich mit dem Kopf mehrfach an dem Wasserhahn gestoßen hab.", lacht sie und ich lache mit.
Ansonsten ein paar Dinge, die ich über das Wohnzimmer sagen kann: Es ist aufgeräumt! Keine einzige Flasche, kein Fleck von was auch immer, kein Essen auf dem Boden. Alles steht auf seinem gewöhnlichen Platz, als hätte es meine Party gestern nie gegeben.
"Hey, merkst du was?", frage Lisa und lächle vor Zufriedenheit. Ich muss nichts mehr aufräumen! Oder haben wir vier bereits aufgeräumt, nachdem alle gegangen sind? Ne, das glaube ich nicht. So betrunken, wie ich am Ende sein müsste, hätte ich mich nicht einmal beugen können, ohne mich zu übergeben. Hm...
"Ehm... nein?", erwidert Lisa verständnislos.
"Jetzt wirklich? Komm, streng dich ein bisschen an. Sogar mir ist es aufgefallen und mein Kopf dröhnt wie was weiß ich."
"Sag schon, ich hasse Ratespiele. Außerdem geht's mir auch scheiße."
Ich schüttele den Kopf. "Es ist aufgeräumt."
Lisa sieht mich an, dreht den Kopf erneut zum Wohnzimmer und ich bemerke das Staunen in ihren Augen.
"Achso... Oh... Hey, stimmt ja wirklich!"
Wir wundern uns noch ein wenig darüber und gehen dann weiter nach Den suchen. Im Erdgeschoss ist er nirgendwo, doch ich finde ihn im Garten. Wir haben die Sommermöbel noch nicht weggeräumt und offenbar hat er nachts ein bisschen mehr frische Luft gebraucht und sich rausgesetzt. Oder gelegt. Das Süße dabei ist, dass Shiney auf ihm liegt und er sie mit beiden Armen umfasst. Dann bewegt die Hündin leicht ihren Kopf und Den wedelt mit dem Arm.
"Mhm...", brummt er im Schlaf. "Em... nimm die Haare weg..."
Wir wechseln mit Lisa die Blicke und verfallen ins Gelächter. Damit wecken wir Shiney. Sie hebt den Kopf, schaut sich um, bellt einmal, als sie mich entdeckt, und leckt Dens Wange ab.
"Nee... Jetzt nicht.", murmelt er unzufrieden.
Lisa und ich lachen stärker, ich mache laut "Wuff!" und wir lachen weiter.
"Was gibt's denn da zu lachen?", sagt Den im Halbschlaf.
"Shiney, sitz.", befiehlt Lisa meiner Hündin und diese setzt sich auf, wobei sie Den mit den Pfoten stark auf den Bauch drückt.
Langsam wacht er auf und ein verwirrter Ausdruck stiehlt sich auf sein Gesicht. "Was? Shiney?"
Die Hündin bellt und ich schließe mich ihr grinsend an.
"Oh", stöhnt Dennis auf, als er versteht, dass ich eben nicht neben ihm gelegen habe. "Ihr seid zwei kleine Arschlöcher, Mädels. Und dann räumt man noch für euch auf."
"Ach du hast aufgeräumt!", rufen Lisa und ich wie aus einem Mund.
Den scheucht Shiney von seinem Schoß und setzt sich auf, während die Hündin ins Haus läuft.
"Na ja, Drew und ich zusammen.", verbessert er uns.
"Oha... Respekt.", meint Lisa.
"Wow, dankeschön. Dass ihr das auch noch heute morgen gemacht habt... Wirklich, danke."
Ich merke, wie er zuerst einfach nur "kein Problem" sagen möchte, doch dann überlegt er es sich anders und tippt sich mit dem Zeigefinger auf die Wange.
"Du nutzt das Ganze ja auch jede Sekunde aus." Ich schüttele den Kopf.
"Typisch Jungs.", stimmt mir Lisa schulterzuckend bei. "Apropos Jungs. Ich geh Drew aufwecken."
Sie dreht sich um und ich gebe ihr lächelnd einen leichten Anstoß. Dann gehe ich zu Den und setze mich neben ihn hin. Er legt seinen kalten Arm um meine Taille und zieht leicht an sich. Ich spüre, dass er ein wenig zittert, was kein Wunder ist, wenn man Ende Oktober draußen ist und nur einen Pulli anhat.
"Ich dachte, wir machen keine Andeutungen auf unsere Beziehung  vor Drew und Lisa.", sage ich.
"Erstens", erwidert Den und schaut mich an "hattest du mir auch früher Küsschen auf die Wange gegeben." Küsschen... Aber das stimmt wirklich. "Und zweitens wissen die beiden eh schon davon."
Ich blicke ihm herausfordernd entgegen. "Woher? ICH hab ihnen NICHTS erzählt." Was zwar nicht ganz stimmt, aber das muss der Russe ja nicht wissen.
Er lacht. "Oh doch! Gestern bist du im Wohnzimmer rumgetanzt und hast es gefühlt jedem erzäh-"
"Neiiiin!", unterbreche ich ihn ungläubig.
"Doooch!", grinst Den. "Und dann hast du mich gefunden und wir hatten einen mindestens zwei Minuten langen Zungenkuss."
Ich ziehe die Brauen zusammen und starre ihn wie dumm an. "Neiiiin. Als ob! Ich glaub dir nicht, ohne Spaß, du lügst!"
"Tu ich gar nicht. Als ob du dich nicht mehr dran erinnerst!"
"Warum grinst du dann so?"
"Darf ich nicht?"
Ich stupse ihn an. "Nein! Zeig mir einen Beweis."
Den lacht wieder. "Kriegst du bestimmt genug im Laufe des Tages."
"Ohne Spaß, ich glaube dir nicht.", wiederhole ich kopfschüttelnd.
Er verdreht seufzend die Augen, zieht mich mit einem Ruck näher an sich und küsst mich. Ich schließe die Augen und seine Zunge...
Irgendwann, nachdem eine gefühlte Ewigkeit vergangen ist, lässt Den mich wieder los und wir schauen uns an. Oder anders gesagt: Den zuckt leicht lächelnd die Schultern und sein Blick spricht "ich hab's dir ja gesagt" zu mir. Ich selbst starre ihn an und spüre die Röte im Gesicht, den Sturm im Magen und das heftige Schlagen meines Herzes. Scheiße... Scheiße, scheiße, scheiße, darf ich bitte im Boden versinken?
Ich schubse Den an. "Starr nicht so!" Dann stehe ich auf. "Komm mit rein, du bist kalt wie ein Eisbrocken. Deine Mom bringt mich um, wenn du krank wirst."
Er steht auf und schubst mich ebenfalls an. "Meine Mom liebt dich mehr als mich."
"Quatsch."
"Ernst."
"Quatsch."

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