Kapitel 21
Am Freitag um acht Uhr morgens rufe ich Lisa an. Ich war bereits mit Shiney draußen, habe gefrühstückt und war sogar schon duschen.
"Wir verfluchen dich beide.", meldet sich Drews rauschende Stimme.
"Eine schlaflose Nacht gehabt?", frage ich lachend.
"A-ha-ha, sehr lustig, ne. Ich geb an Lisa weiter."
"Du willst mich töten.", sagt diese sogleich. Ihre Stimme ist müde, schläfrig und klagend.
"Nein, eigentlich wollte ich dich aufwecken.", erwidere ich und grinse vor mich hin.
"Um acht?", beschwert sie sich. "Ich schwöre, bei der nächsten Übernachtung werde ich dich erwürgen, Em."
Wird sie nicht. Sie kann schlagen, aber erwürgen - zu hundert Prozent unwahrscheinlich.
"Aber erst, wenn du mir von der Nacht erzählt hast, ja?"
"Ach, na dann hab ich eine Gegenfrage." Lisa hört sich nun wach und selbstzufrieden an. "Du und Den trefft euch plötzlich so oft. Was läuft denn da?"
"Na wenn du und Drew allein so viel Zeit verbringt, haben wir einfsch keine andere Wahl.", antworte ich.
Nicht dass ich denke, ich könnte sie so vom Thema abbringen. Das auf keinen Fall. Lisa liebt Tratsch aus unserer Clique genauso sehr wie ich. Nur dass ich auch auf Tratsch von Außerhalb stehe. Ich meine, ich bin die Schulverkupplerin!
"Ach nur deshalb?", entgegnet Analisa. "War ja letztes Halbjahr nicht so?"
Ich lache. "Schon gut, ich erzähl dir was, sobald wir allein sind." Und natürlich wird sie Drew nichts davon sagen. Nee. "Und von Jonas auch."
"Oh, es wird ja interessant. Aber mich dafür um acht zu wecken?!"
"Nö, für den Anruf gibt's eigentlich einen anderen Grund.", meine ich breit lächelnd. "Du und Drew, ihr sollt mal eure Ärsche zu mir bewegen. Wir müssen für meine Party einkaufen und dafür brauch ich Gehilfen."
"Wenn Elfen helfen?" Ich höre Belustigung heraus - Ich bin also doch nicht verflucht, wenn Lisa jetzt schon einen Sinn für Humor hat!
"Genau!", stimme ich ihr freudig zu. "Ich ruf gleich auch noch Den an und dann treffen wir uns um neun bei mir."
"Ich brauch zwanzig Minuten zu dir! Und Frühstück?!"
"Was ist jetzt schon wieder?", lässt sich Andrews verwunderte Stimme im Hintergrund vernehmen.
"Ach, schafft ihr schon, meine Lieben.", beteuere ich. "Und ich geb von mir aus Kaffee aus."
"Dass du wieder so nett wirst..."
"Damit die Sklaven einem Herrscher dienen, müss er sie hin und wieder beschwichtigen und beschenken."
"Oha, hallo! Willst du geschlagen werden oder was?", ruft Lisa halb empört und halb lachend aus.
"Komm, hoch mit euch. Bis gleich. Ihr habt noch fünfzig Minuten."
"Bis gleich, Morgenarsch."
Als es zum ersten Mal an der Tür klingelt, ist es schon zehn nach neun. Wundersamerweise ist es Den, den ich zu sehen kriege. Wie selbstverständlich - ich wundere mich selbst darüber - gebe ich ihm einen leichten Kuss auf die Wange zur Begrüßung und er tritt ein.
"So hätte mein Morgen schon letztes Jahr starten sollen.", meint er und setzt sich an die Treppenstufen.
"Ach, halt den Mund.", lächle ich und nehme lässig neben ihm Platz. "In der Siebten und Achten hätte ich kein Wort eingewendet, wenn du mir ein Zusammenkommen vorgeschlagen hättest."
"Was?", wundert er sich und dreht sich halb zu mir nach links um. "Du warst damals echt in mich verliebt?"
Er lacht fast schon vor Unglauben und ich spüre die Röte in mein Gesicht steigen, weil dieses Zugeständnis mir plötzlich peinlich wird.
"Das hab ich nicht behauptet.", erwidere ich stolz.
"Oh doch, das hast du sehr wohl.", widerspricht Den grinsend.
Es klingelt an der Tür und ich springe auf. "Hab ich nicht. Und jetzt pscht!" Ich umfasse die Klinke und drehe mich noch kurz zu ihm um. "Und grins nicht so!"
"Grins selbst nicht!", lacht er.
"Ich darf, ich grinse immer!"
Ich öffne die Tür.
"Jetzt mal wirklich, Dennis, Em grinst immer.", sagt Drew gespielt tadelnd.
Lisa kichert neben ihm in der Tür.
"Ihr kleinen Lauschbolde!", lache ich, lasse beide rein und wir umarmen uns.
Ich verabschiede mich von Shiney und wir gehen los zum Bus. In fünf Stationen gibt es einen Kaufland, wo wir - ja, die Drei erlauben mir nicht, alles selbst zu bezahlen - prächtig einkaufen. Auf dem Weg zurück verpassen wir den Bus und müssen daher zu Fuß gehen. Zur Info: Lisa und ich tragen beide zwei Tüten mit Esszeug und Den mit Drew schleppen je dei Kisten Alk hinter sich her auf einer Art Karren, wenn man die Dinge so nennen darf. Bei mir zu Hause verstauen wir alles im Keller. In der Küche essen wir dann noch zusammen Nudeln mit Tomatensauce, bevor die Jungs sich von Lisa und mir verabschieden und wir beide hoch auf mein Zimmer gehen.
"Nun, jetzt darfst du mir gern alles erzählen.", sagt Analisa und schaut mich interessiert an.
Wir liegen auf meinem Bett und ich blicke zur Decke, wo ich einige aufheiternde Zitate kleben habe. Sie motivieren mich nicht wirklich am Morgen.
"Na ja - " Ich unterbreche mich selbst. "Soll ich mit Jonas oder mit Den anfangen?"
"Mit Jonas. Warst du nicht am Mittwoch mit ihm aus?"
"Ja schon. Der Nachmittag war ganz nett, wir haben die ganze Zeit gequatscht. Und dann waren wir noch ein wenig um den Schäfersee spazieren."
"Mehr nicht?" Lisa klingt enttäuscht.
"Oh doch.", lache ich. "Am Ende hat er mich geküsst, ich meinte, es sei noch zu früh, bin gegangen und habe ihn bis jetzt noch ignoriert."
Sie dreht sich auf den Bauch. "Warte, warte. Er hat dich beim ersten Date schon geküsst? Und du bist danach gegangen?!"
Ich zucke die Schultern. "Yoah, so war's."
"Aber ich dachte, er gefällt dir...!"
"Ja, stimmt auch. Jonas ist superhübsch und, ich möchte es nicht leugnen, er kann auch genauso super küssen."
"Aber du bist gegangen und ignorierst ihn.", wiederholt sie.
"Boah, ja, genau so! Jetzt mal ehrlich, welcher vernünftige Typ macht sich so schnell an ein Mädchen ran?" Ich blicke sie fest an.
"Vernünftig?" Lisa lacht überrascht. "Du sprichst von vernünftig? Es gibt keine vernünftigen Typen."
Stimmt auch wieder. Den hat mich auch gleich geküsst, als er die "Erlaubnis" dazu hatte. Hm, da ist wohl ein Fehler in meiner Logik.
"Okay", fährt Lisa fort. "und was ist jetzt mit Den? Hast du ihm davon erzählt? Es sah heute nicht so aus, als würde er vor Eifersucht schmollen. Ganz im Gegenteil."
"Heh..." Ich lächle ausweichend. "Na ja, du weißt ja, dass Den mir schon vor... einer?... Woche vorgeschlagen hat, zusammenzukommen."
"Hä? Nein, weiß ich nicht! War das, als wir bei mir saßen und ihr beide in schlechter Stimmung gegangen wart?"
"Ja, genau dann. Ich hatte abgelehnt." Sie starrt mich mit großen Augen an. "Aber Mittwoch Nacht... Keine Ahnung, was in mich gefahren war, aber ich hab ihn angerufen und doch zugestimmt."
"Warte, was?! Du und Den seid jetzt zusammen?!"
Ich lache. "Schrei doch nicht wie am Spieß!"
"War klar. Es war sowas von klar, Em."
"Ja bestimmt, nur weil ihr darauf gestochert habt, heißt es nicht, dass es auch so kommen musste. Aber was soll's, was spricht dagegen, es zu versuchen."
"Ehm jaa... Was machst du jetzt mit Jonas? Beendest du das Ganze? Ich meine, Den wird angepisst sein, wenn du dich weiter mit ihm triffst."
Ich zucke erneut mit den Schultern. "Das sowieso. Aber ich muss mich mit ihm ja nicht im Rahmen der aufkeimenden Beziehung treffen. Er kann ja auch mein Freund bleiben."
Wohl kaum, ehrlich gesagt. Nicht, wenn Jonas sich weiter so verhält, wie er ich eben verhält.
"Das glaubst du doch selbst nicht!", spricht Lisa meine Gedanken aus. "Ein Typ, der dich beim ersten Date küsst, soll dein Freund bleiben? Oh, als ob das zumindest einen Prozent der Wahrscheinlichkeit hätte. Was willst du mir da bitte aufdrehen?"
Eine Weile bin ich einfach still. "Wenn ich dir jetzt alles erzähle, sagst du es dann Den weiter?"
Lisa blickt mich ernst an. "Du machst mir Angst, Em. Natürlich werd ich alles für mich behalten, anderes kommt nicht in Frage."
Ich atme aus. "Okay, gut."
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Die Karten werden aufgedeckt
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