Kapitel 34

Warum...? Warum tut er das...
In der Ecke der Cafeteria lehnt sich Drew seitlich an die Wand, an der ein Mädchen aus der Nebenklasse steht. Sie kichert und ihr ganzes Auftreten könnte man mit einem Engel vergleichen. Könnte man, tu ich aber nicht. So leichtsinnig bin ich auch wieder nicht.
Drew flüstert ihr grinsend etwas ins Ohr und sie kichert erneut. Was soll das eigentlich werden?! Was hab ich getan, dass er sich so benimmt?!
Ich schreite auf ihn zu und Wut sammelt sich in mir, dass ich innerlich zu kochen anfange.
"Du kannst das nicht machen!", schreie ich.
Als mich das Mädchen sieht, blickt sie kurz mit Unsicherheit zu Andrew hoch und flieht dann davon. Drew starrt mir jedoch entgegen und seine sonst so sanften grünen Augen glühen.
"Was kann ich nicht machen?!", brüllt er zurück. "Du hast mich angelogen! Du hast mich die ganze Zeit über angelogen!!"
Ich stocke. Woher weiß er...?
Ich will ihn weiter anschreien, vielleicht auch alles erklären, aber... kein Wort kommt aus mir heraus. Ich starre ihn nur mit großen Augen und offenem Mund an und kann keinen einzigen klaren Gedanken fassen. Alles schwirrt in meinem Kopf herum wie irre Wespen. Wann? Wann hat er es rausgekriegt?
"Es war wegen einer Wette! Einer WETTE! Ja, was hab ich mir nur eingebildet?! Dass ein selbstverliebtes Mädchen etwas für mich fühlen kann...! Was war ich doch nur für ein Idiot?!"
Er schüttelt verloren den Kopf. So viel Schmerz liegt in dieser Bewegung, in seinem Gesicht. So viel Schmerz, dass ich Drew am liebsten in die Arme nehmen und ich trösten würde.
Ich mache einen Schritt auf ihn zu und strecke dabei den Arm nach ihm aus. "Nein! Drew, du- !"
Er weicht einen Schritt zurück und starrt mich hasserfüllt an. "Halt den Mund, Analisa! Halt einfach deinen Mund. Ich will dich nicht mehr sehen. Du bist widerlich. Komm mir nicht mehr in die Quere."
Seine grünen Augen überfüllt Enttäuschung. Er geht um mich herum und entfernt sich immer mehr, ohne mich noch eines Blickes zu würdigen.
"Drew...!", rufe ich ihm flehend hinterher. "Lass mich-"
Er bleibt stehen und sieht mich wütend über die Schulter an.
"Wag es nicht, diesen Namen noch einmal auszusprechen.", knurrt er und lässt mich allein zurück.
Stumm starre ich ihm dabei hinterher und lasse ihn gehen, während sich meine Augen mit Tränen füllen.
Wann? Wann...?

"Lisa, heute gibt's Spaghetti Bolognese.", grinst mich Theo glücklich an, als ich meine Flasche in die Spüle stelle.
Ich schaffe es, ein Lächeln zustande zu bringen. "Danke, ich hab keinen Hunger. Em hatte mir was in der Cafe gekauft."
Ich verlasse die Küche und vergrabe mich in meinem Zimmer in Kissen und Decken. Warum tut es so weh? Warum nur?
Es klopft an meiner Tür.
"Lisa... Alles in Ordnung mit dir?", ertönt Elias' Stimme.
Ich traue mich nicht, ihm zu antworten. Er wird mir die Tränen aus der Stimme heraushören.
"Ich trete ein, ja?"
Ich höre die Tür aufgehen und meinen Bruder eintreten. Er setzt sich zu mir auf das Bett und legt seine Hand mir auf den Hinterkopf.
Schwer seufzt er. "So ist es bei wahren Gefühlen. Schlimm, nicht wahr?"
Ich drücke das Gesicht fester in das Kissen und heule auf.
"Ich rufe Emily an.", flüstert Elias und das Gewicht seiner Hand verschwindet von meinem Kopf.
Dann wird die Tür geschlossen. Wahre Gefühle? Wahre Gefühle?! Warum hat er mich nicht aussprechen lassen? Ich hätte ihm alles erklärt! Ich hätte ihm gesagt, dass die Wette längst beendet ist. Ich hätte gesagt, dass ich ihn liebe. Ich hätte... Ich hätte so vieles gesagt! Warum hat er mich nicht aussprechen lassen?!

Als Emily mein Zimmer betritt, sitze ich bewegungslos auf meinem Bett, zerdrücke ein großes Kissen, indem ich es trostlos umklammere, und starre aus dem Fenster. Draußen ist es immer noch hell und die Sonne scheint. Scheiß Wetter.
Em setzt sich mir gegenüber und legt behutsam ihre Hand auf meine Schulter. "Was ist passiert?
Ich lenke meinen Blick auf sie und mache einen bebenden Atemzug.
"Er weiß von der Wette.", flüstere ich.
Verblüfft schaut sie mich an.
Die Tränen kämpfen sich erneut frei und laufen mir über die Wangen.
"Er hasst mich jetzt...", beende ich und meine Stimme bricht ab.
Sie schließt mich in eine bemitleidende Umarmung. "Ach du arme..."
Ich lege die Hände um ihren Rücken und erlaube mir zu weinen.
"Ich konnte ihm nicht mal was erklären!"
Emily bei mir zu haben, ist tröstlich, doch Trost allein reicht nicht aus.
Und so verbringe ich mindestens eine halbe Stunde heulend in ihrer Umarmung, während sie stumm dasitzt und mich an sich drückt.
Schließlich seufzt Em. "Drew hat bestimmt unser Gespräch in der Cafe gehört und es falsch verstanden. Ich werde morgen zu ihm fahren und mit ihm sprechen. Keine Sorgen, Lisa, es wird noch alles wieder gut."
Gespräch in der Cafe? Nein... Ich hätte ihr im Chat danken sollen! Ich hätte...
"Emilyyy!", weine ich. "Er hasst mich jetzt!"
"Ich erzähl dir mal was.", meint sie und lässt mich los.
Ich versuche, mir die Tränen wegzuwischen, doch sie hören nicht auf zu laufen.
"Als ich auf diese Schule kam, war Dennis in meiner Klasse. Wir wurden zusammengesetzt und freundeten uns an. Schön und gut. Aber dann fingen Nelly und Changie damit an, dass ich mit ihm nur rumhänge, weil ich ihn angeblich liebe. Ich hatte immer widersprochen, doch dann wurde mir klar, dass es wahr war."
"Du hast Den früher geliebt?", frage ich verwundert.
Sie lächelt traurig. "Und wie ich ihn geliebt hatte. Nur kam eines Tages heraus, dass er bereits eine Freundin hat. Du weißt nicht, wie lange ich geheult hab."
Wozu erzählt sie mir das? Ich weiß, dass weinen normal ist. Ich will aber nicht weinen. Ich will, dass Drew ans Handy rangeht. Ich will, dass er mich anhört. Ich will, dass er nichts von der Wette weiß. Ich will, dass ER mich in einer Umarmung hält und nicht Emily. Ich will, dass er mich wieder küsst. Ich will sein Lächeln sehen und nicht die Wut.
"Dennis hasst dich aber nicht.", flüstere ich.
Em nimmt meine Hände in ihre und schüttelt sie.
"Drew hasst dich nicht, Lisa. Er liebt dich! Deshalb ist er ja auch so wütend. Er denkt, dass du ihn nicht liebst. Das zerstört. Ich werde mit ihm reden, hörst du? Dann wird wieder alles gut, ich verspreche es dir."
Plötzlich klingelt ein Handy. Ich greife schnell nach meinem, in der Hoffnung, es wäre Drew, doch es ist gar nicht mein Handy, das klingelt.
Em verdreht die Augen, als sie ihr eigenes Handy ansieht. "Mist. Jetzt wird's Ärger geben." Sie nimmt ab und schaltet den Anruf auf laut. "Dennis?", fragt sie ausweichend.
"Was hast du schon wieder angerichtet?", fährt er sie an. "Weißt du eigentlich, wie Drew mich angebrüllt hat?"
Ich lehne mich abrupt vor. "Du hast mit ihm geredet?!"
"Öh...", er zögert. "Lisa?"
"Ja, Lisa! Was hat Drew dir gesagt?! Was hast DU ihm gesagt?! Dennis, antworte!"
"Ruhig Mann!", ruft er aus. "Was ist bei euch los? Drew hat etwas von einer Wette gesagt. Gebrüllt."
"Komm zu Lisa und ich werde dir alles erklären.", sagt Emily.
"Nein. Ich geh jetzt los und du erklärst es mir sofort."

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