Kapitel 28
Um zwei Uhr verabreden Emily und ich uns mit Andrew und Dennis am Alexanderplatz. Als wir beide aus der ziemlich vollen U-Bahn treten, wartet Drew schon am Bahnsteig. Sobald er uns erblickt, nimmt er die Kopfhörer aus den Ohren und lächelt breit. Ich eile auf ihn zu, lege die Arme ihm um den Hals und gebe ihm einen gefühlvollen Kuss.
“Wohoo.“, stößt er dann aus. “Was ist denn mit dir los?“
“Nichts, nichts.“, lächle ich nur und hacke mich bei ihm unter.
Endlich spüre ich nicht mehr das lastende Gewicht der Wette auf meinen Schultern - und vor allem in meinem Gewissen. Endlich fühlt sich die Beziehung zu Drew leicht an. Ich bin glücklich, wirklich.
“Lisa hat nur gute Laune.“, entgegnet die grinsende Em, die neben uns - von meiner Seite aus - zur Treppe hin schlendert. “Übrigens, Drew, wo ist wieder Den hin?“
'Wieder' benutzt sie, weil Dennis einfach mal zu jeder Verabredung zu spät kommt. Er hat immer andere Ausreden, aber wenn ich ehrlich bin, glaube ich ihm langsam nicht mehr, dass die BVG oder das vergessene Geld daran schuld sind. Vielmehr hat Dennis eine zu schlechte - beziehungsweise gar keine Zeiteinteilung.
“Was denkst du denn? Seine Mutter hat verlangt, dass er den Müll rausbringt, weshalb er seine Bahn verpasst hat.“
Gleichzeitig stöhnen Emily und ich auf. Nicht nur ich finde die Ausreden dumm.
“Klasse, wie?“, fügt Andrew daraufhin sarkastisch hinzu.
Wir stimmen ihm brummend zu.
Nachdem wir die Treppe überwinden, vertreiben wir unsere Zeit damit, den Straßenmusikanten zuzusehen. Wenn ich ehrlich bin, ist die Musik richtig schlimm, doch wir haben nichts anderes zu tun. Der Oster-Markt wird noch aufgebaut und Shoppen wird lange dauern - und Andrew wird Em und mich dabei auch noch verfluchen.
“Ich bekomme bald Ohrenkrebs...“, seufze ich.
Drew lacht. “So schlimm ist es nicht.“
Emily gibt ihm einen 'flüchtigen' Schlag auf den Bauch. “Dein Geschmack ist auch höllisch.“
Andrews amüsierter Blick wandert zu mir. “Hast du das gehört? Sie meint, du bist hässlich.“
Verblüfft haue ich ihn in den Bauch.
“Das hab ich gar nicht gemeint!!“, widerspricht Em währenddessen.
“Ja ja ja.“, flötet Drew.
Em geht listig lächelnd auf ihn zu und ich trete einen Schritt zur Seite. Kindergartenzeit eröffnet. Jetzt werden sie sich schlagen.
Meine Aufmerksamkeit zieht eine unbekannte Stimme an, weshalb ich mich nach links drehe.
“Verzeihung!“, meint ein junger Mann und läuft auf mich zu.
Ich blicke kurz zu Em und Drew zurück, die sich gerade gegenseitig die Haare verwuscheln und deshalb nichts von der Umgebung mitkriegen, und lächle dann den Türken abwartend an.
“Weißt du vielleicht, wie man von hier zur Osloer Straße kommt?“
Ich zeige ihm den richtigen U-Bahn Eingang und erkläre den einfachen Weg.
“Dankeschön. Und...“
Ich merke, wie es hinter mir leiser wird. Endlich haben sich die beiden beruhigt. Aber was möchte der Kerl von mir jetzt noch?
“könnten wir uns vielleicht schreiben oder so?“
Üff... Immer das Gleiche mit solchen Typen...!
Ich will schon zu einem knappen Nein ansetzen, als Drew neben mich tritt und meine Hand ergreift, wobei er sie noch extra anhebt. Auf meinem rechten Ringfinger trage ich ständig einen goldenen Ring, den mir meine Mama vor einem Jahr geschenkt hatte. Er passt einfach auf keinen anderen Finger und auf der linken Hand ist es unbequem für mich, ihn zu tragen.
“Sorry, aber sie ist verlobt. Komm, meine Schöne, wir kommen zu spät.“
Mit einem Ruck zieht er mich an sich und dann die Straße weiter. Ich höre noch, wie der junge Mann ein verwirrtes “Oh“ macht, dann sind wir bereits zu weit weg.
Emily prustet los, und das dazu noch ziemlich laut.
Überrascht schaue ich zu Drew hoch.
“Verlobt? So so!“
“O mein Gott!“, lacht Em und wischt sich Lachtränen weg.
“Ich hab zumindest nicht so aggressiv reagiert wie du, Lisa.“, verteidigt sich Andrew und zuckt leichthin die Schultern.
Ausreden, Ausreden. Wobei... Er hat Recht. Ein Punkt für ihn. Mit der Eifersucht weiß er besser umzugehen, das muss man ihm lassen.
Ich schnaube. “Den Ring hast nicht mal du geschenkt.“
“Soll ich dir einen kaufen?“, fragt er herausfordernd.
“Einen Verlobungsring?“, vergewissere ich mich skeptisch.
Meint er das gerade ernst? Will er sich wirklich mit mir verloben? Ich meine, so lange kennen wir uns auch wieder nicht.
Drew nickt bestimmt. “Ja, einen Verlobungsring. Komm, lass uns dir einen Ring kaufen. Komm, wir haben noch Zeit.“
Die ganze Zeit über lacht sich Emily über uns krank, doch das ändert nichts an meiner Verblüffung über Andrews Worte. Es ist wirklich sein Ernst.
Drew zieht mich hinter sich her durch das ganze Platz und Em eilt uns hinterher.
“Hey!“, hören wir hinter uns. “Hey! Wohin so schnell?! Ich dachte, ihr wartet auf mich!“
Sobald ich zurückblicke, sehe ich, wie Dennis auf uns zu läuft.
Em verlangsamt sich und hackt sich bei ihm unter. “Ich erzähl's dir.“
Dann bekommt sie wieder einen Lachflash.
Letztendlich haben wir mir keinen Ring gekauft. Aber das hauptsächlich nur, weil Andrew gesagt hat, dass er mir selbst einen aussuchen wird. Ich sollte ihm nur die Größe nennen. Ich glaube ihm immer noch nicht. Als ob.
Emily und Dennis haben die ganze Zeit über uns gelacht und Drew musste Den mehrfach hauen. Aber dieses Gekicher hinter unseren Rücken hat echt genervt.
Jetzt sitzen wir alle zusammen in einer Pizzeria irgendwo in der Nähe vom Alex und warten auf unsere Bestellung.
“Schau mal, Den“, meine ich grinsend. “Wenn du irgendwann mal genauso tapfer bist wie Drew, kannst du Em einen Heiratseintrag machen.“
Andrew lacht leise und Emily gibt mir mit einem “Hey!“ einen Schlag auf den Oberschenkel.
“Nee.“, grinst Dennis zurück. “Russen und Deutsche sind Feinde, vergessen?“
“USA und Russland auch, und jetzt?“, erwidert Drew amüsiert.
“Als ob Den jemals mit einem Mädchen zusammenkommt.“, schnaubt Emily.
Ich sehe sie von der Seite mit einem listigen Lächeln an.
“Ich weißt nicht.“, flöte ich. “Du musst dich selbst entscheiden.“
Es ist klar, dass die Beiden kein Paar werden, und trotzdem macht es Spaß, sie zu ärgern. Es muss nicht immer die Rede von Drew und mir sein.
“Ach, halt die Klappe, Lisa.“, wirft Em ein. “Außerdem wird Dennis bestimmt sogar zu seiner eigenen Hochzeit zu spät kommen.“
Dieses Kommentar führt dazu, dass nicht nur Drew, sondern auch ich laut lache.
“Mann, das war wegen meiner Mutter!“, rechtfertigt sich Den aufgeregt.
“Ja, klar.“, meint Em voller Ironie. “Und was willst du bei der Hochzeit sagen? Es war deine Katze?“
Sie streiten sich ja schon wie ein Ehepaar! Ich habe echt Angst, was wäre, wenn sie zusammenkommen würden.
“Ihr hört euch an, wie ein Ehepaar.“, spricht Andrew lachend meine Gedanken aus.
“Halt die Klappe!“, rufen Dennis und Emily gleichzeitig aus, weshalb Drew und ich noch stärker lachen müssen.
Dann werden uns unsere Pizzen gebracht und wir stoßen mit unserer Cola auf die schönen Ferien an.
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Und meine Ferien sind schön produktiv. Der Dank für dieses Kapitel geht an einen Vorfall und an meine Freundin.
Und, Giftzwerg, bist du stolz auf mich, weil ich so viele Kapis schreibe und du mir doch nicht zuvorkommst? XD
Ich hab echt nicht gedacht, dass ich wirklich so sehr eine Pause von der Schule brauche. Ich spüre schon, wie gut mir die Erholung tut.
Once
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