Kapitel 25

Nach unserem schönen Regenspaziergang fahren Drew und ich zu ihm nach Hause. Erstens: Seine Wohnung ist näher als mein Haus. Zweitens: In nassen Klamotten durch die Stadt zu laufen, ist nicht unbedingt reizend.
Als Helena uns so durchnässt sieht, lacht sie erstmal, dann reicht sie uns große Badetücher. In seinem Zimmer sucht Andrew für mich aus seiner Kommode eine Jogginghose und ein T-Shirt heraus, woraufhin ich ins Bad gehe, um mich abzutrocknen und umzuziehen. Sowohl die Hose, als auch das Shirt sind mir selbstverständlich zu groß - etwas anderes habe ich auch nicht erwartet. Aber ich genieße einfach den Geruch, der an den Sachen haftet. Seit letzter Zeit bemerke ich ihn öfter als sonst... Und mein schlechtes Gewissen bringt mich einfach um.
Als ich wieder Drews Zimmer betrete, das sogar nicht kleiner ist als meins, hat sich der Amerikaner schon umgezogen und fährt mit dem Tuch wild durch seine noch nassen Haare. Ich habe mein Badetuch übrigens um den Kopf gewickelt.
“Meine Mutter wird mich echt umbringen.“, lache ich und hebe dabei das durchnässte hellblaue Kleid in meiner Rechten an.
Andrew wirft das Badetuch aufs Bett und grinst mich an. “Hoffen wir mal nicht. Hübsch siehst du aus.“
Ich ziehe mein Tuch vom Kopf, knülle es zusammen und werfe es ihm ins Gesicht. “Sei leise.“
Na ja, zumindest versuche ich es. Drew fängt es nämlich davor schon auf. Dann zuckt er triumphierend die Schultern und schmeißt auch mein Badetuch auf sein Bett.
“Ich glaub, es wäre schlimmer, wenn ihr deine Sachen gepasst hätten.“, hören wir ein Kichern aus der Tür.
Ich sehe Leo in der Türschwelle, nachdem ich mich umdrehe, und stoße Andrew mit dem Ellbogen an.
“Da hat deine Schwester aber recht.“, lächle ich, bevor ich mich an das Mädchen wende. “Ich dachte, du wolltest zu uns rüberkommen.“
Kurz huscht ihr Blick nervös zu Drew. Dann grinst sie mich an. “Ehm jaa...“ Sie verzieht das Gesicht. “Aber unsere Mama zwingt mich zum Einkaufen. Weil ja eine gewisse Person sich davor geweigert hat.“
Sie blickt wieder zu ihrem Bruder, jetzt mit Verärgerung in den Augen. Ich bin ehrlich gesagt verwirrt. Der erste Teil sah ziemlich gespielt aus. Schlecht gespielt. Der zweite... der war schon glaubwürdiger. Was war los?
“Zwei Wochen hattest du wie abgesprochen deine Ruhe, Leo, du brauchst jetzt nicht rumzumeckern.“, fährt Andrew sie an.
Mit einem Schnauben dreht sich seine kleine Schwester um. “Ich weiß schon, wer keine Chips kriegt.“
Mit diesen ach so stolzen Worten stolziert sie davon. Ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen.
“Sie benimmt sich genauso wie meine Brüder!“
Drew seufzt und legt von hinten den Arm auf meine Schulter. “Schön, dass ich nicht allein leide.“
Dann wird aus dem Flur ein “Tschüss“ gerufen und die Haustür fällt ins Schloss. Jetzt sind wir allein.
Dass hinter meinem Rücken wirklich etwas läuft, merke ich, als sein Handy Minuten später klingelt. Andrew verlässt das Zimmer, wobei er noch die Tür hinter sich zuzieht, und regt sich über etwas lauthals auf. Dabei wiederholt er etwa fünfmal den Namen “Emily“. Dafür, warum ich nicht ins Gespräch einbezogen werde, gibt es nur einen einzigen Grund: Es ist wegen meinem morgigen Geburtstag. Was haben sie sich da wieder überlegt? Von Drew und vor allem von Em kann man einfach alles erwarten, egal wie verrückt die Sache ist. Ich glaube, bis morgen werde ich vor Neugier platzen...!
Mit Nachdruck wiederholt Andrew dreimal “Wird sie nicht!“
Denkt er ernsthaft, ich kann ihn nicht hören?
Dann erwähnt er, dass mein Bruder auch noch da wäre. Ich komme echt nicht mehr klar... Ich hasse Überraschungen!

Zu Hause komme ich erst nach zehn an. Andrew war sehr hartnäckig, als er mir vorschlug, mich zu begleiten. Ich verzichtete. Als ob ich nie zuvor so spät nach Hause gefahren bin!
Okay, eigentlich habe ich gewollt, dass er mit kam, aber dann müsste er ja  allein zurück fahren.
Sobald ich das Tor zum Grundstück öffne, schreibe ich Drew, dass ich angekommen bin. Wie süß, dass er sich um mich Sorgen macht.
Aus dem Flur kann ich erkennen, dass sowohl das Wohnzimmer, als auch die Küche dahinter dunkel und Menschenleer ist. Wo sind denn meine Eltern? Sonst gucken sie um diese Uhrzeit noch fern.
Ich seufze, ziehe meine Schuhe aus und stapfe die Treppe nach oben. Auch Theos Zimmer steht leer.
Aus Elias' Zimmer dringt jedoch Musik zu mir durch. Rap. Ich hasse Rap. Aber zumindest ist es kein Deutschrap - dafür hätte ich ihn nämlich umgebracht.
“OMG, jemand ist hier zu Hause!“, rufe ich voller Ironie, wobei ich die Zimmertür meines Bruders aufreiße.
Er stoppt das YouTube Video und dreht sich nur wenig begeistert zu mir um.
“Was schreist du rum?? Ich bin nicht taub.“
“Bei dieser Musik bin ich mir eben nicht so sicher.“, erwidere ich. “Wie kann man das nur hören?!“
Elias seufzt. Über unseren unterschiedlichen Musikgeschmack können wir stundenlang diskutieren.
Deshalb wechsle ich auch das Thema. “Wo sind alle?“
Mein Bruder zuckt die Schultern. “Zum Kaufland gefahren, soweit ich weiß.“
Einkaufen? In der Nacht? Alles klar, warum glaube ich ihm nicht?
“Warum das? Es ist halb elf!“
Erneut zuckt er die Schulter. “Ja keine Ahnung, kannst Mama ja selbst anrufen!“
Ach, wie gereizt er ist. Das tut mir aber nicht leid, dass ich ihn mit meiner Fragerei stresse.
Wir starren uns gegenseitig an, bis ich genug davon habe und mich zum Gehen wende.
“Halt.“, sagt Elias dann kurz. “Ich habe auch Fragen an dich.“
Oh nein... Jetzt kommt's...
Widerwillig trete ich die paar Schritte zurück, die ich aus dem Zimmer gemacht habe, und drehe mich um.
“Wie ist es mit der Wette?“, fährt mein Bruder fort. “Soweit ich weiß, war Changies Anmache eine Probe.“
Ich sehe ihn mit großen Augen an. “Woher weißt du das jetzt bitteschön?“
“Von Emily.“, meint Elias knapp.
Zuvor dachte ich, meine Augen wären groß. Jetzt wurden sie riesig. “W-...“
“Ich hab ihr erzählt, dass ich davon weiß.“, unterbricht er mich.
Wozu hat er es jetzt Emily erzählt? Damit sie über mich lästern können?!
“Wir sind unterschiedlicher Ansichten.“, fügt mein großer Bruder zuletzt hinzu. “Die Probe fand ich... dumm.“
Ich kann nichts anderes tun, als ihn stumm anzustarren und ein Loch in sein Gesicht zu brennen. Wenn es weitergeht, wird die ganze Schule von der Wette wissen!!
“Du musst die Wette beenden.“
“Ich kann nicht.“, widerspreche ich hilflos.
Elias seufzt und lehnt sich mit einem Ellbogen an seinen Tisch.
“Keiner zwingt dich, die Beziehung zu beenden, Lisa. Wenn es dir mit Andrew wohl ist...“
Ich schüttele den Kopf. “Ich kann es nicht, Elias. Ich kann es einfach nicht.“
Er hebt nachdenklich eine Augenbraue. “Weil?“
Ich zucke die Schultern. “Ich weiß es nicht... Ich habe Angst.“
Elias deutet mit einem Kopfnicken auf sein Sofa. “Setz dich hin.“
Sobald ich dort Platz genommen habe, rutscht er mir seinem Stuhl zu mir heran. Sein Blick ist ernst und ich sehe ihm an, dass er angestrengt überlegt. Ich fühle mich ehrlich gesagt wie beim Psychologen. Soweit ich weiß, hat mein Bruder sogar vor, nächstes Jahr Psychologie zu studieren. Schön, dass er seiner Zukunft sicher ist.
“Warum hast du denn Angst, Schwester? Es läuft doch alles gut!“
Ich schnaube und verschränkte die Hände im Schoß. “Das hatte ich dir bereits einmal gesagt. Was ist, wenn ich mir das nur einbilde? Diese Gefühle? Wenn mich die Wette einfach stur gemacht hat und ich sie nur nicht verlieren will? Du kennst mich. Du weißt, wie oft ich schon nicht nachgegeben hab, wo ich musste.“
Elias nickt bedächtig. “Genau das ist es. Du musst nachgeben. Beende die Wette und du bist von allen Zweifeln frei. Es wird dir gut tun.“
Ich seufze. “Du musst echt ein Psychologe werden.“
Mein Bruder fängt an zu lachen und schüttelt den Kopf. “Da will man sich ernst mit dir unterhalten und es kommt DAS.“
Ich lächle leicht. “Nein, nein, ich werde mir wirklich darüber Gedanken machen. Vielleicht hast du ja recht.“ Dann blicke ich ihn verwirrt an. “Warum stört dich diese Wette überhaupt so sehr?“
Elias wird wieder ernst. “Du wirst bitter heulen, wenn Andrew es rauskriegt, Lisa. Mach dir nichts vor, er wird es sich nicht gefallen lassen.“
Und genau das habe ich bereits gefürchtet. Ich wollte es nur nicht zugeben. Wenn Drew von der Wette erfährt, wird es alles zerstören. Er wird mich hassen und verabscheuen. Und daran werde ich allein schuld sein.
“Ich mache mir auch nichts vor.“, erwidere ich schließlich und stehe auf. “Warum musst du immer recht haben, Elias?“
Dieser lächelt mich aufmunternd an. “Wahrscheinlich weil ich dein großer  Bruder bin.“
Ich quäle mich zu einem Lächeln durch. “Bestimmt.“
Dann verlasse ich sein Zimmer. Wäre ich wirklich entschlossen, hätte ich Em jetzt gleich angerufen und die Wette beendet. Aber ich bin nicht entschlossen dazu. Deshalb nehme ich mir vor, mit ihr am Sonntag darüber zu reden, wenn wir uns irgendwo treffen oder sie nach der Party bei mir übernachtet.

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Also... Punkt 1: MSA Vortrag erfolgreich bestanden^^
Punkt 2: Ich hab Ferien, also möglicherweise mehr Zeit zum Schreiben.

Danke, dass ihr die Story mitverfolgt)
Eure Once

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