17. Dezember: Mistelzweige und Verkupplungsversuche

Ich werde von sanften Küssen überall auf meinem Gesicht geweckt. Müde und doch mit einem Lächeln öffne ich die Augen und sehe meinem hübschen Freund entgegen, der sich über mich gebeugt hat. Er erwiedert es und seine Augen funkeln warm.

~Morgen.~
Grummelig schließe ich die Arme um ihn und ziehe ihn wieder näher an mich.
~Selber Morgen. Warum bist du schon so früh wach?~

~Es ist kurz vor elf Uhr.~, kichert Magnus sanft in meine Brust. Ich zucke die Schultern.~Sag ich doch, zu früh. Oder hast du etwas Bestimmtes vor?~

Lächelnd denke ich an unsere Adventskalenderabmachung. Heute ist er wieder an der Reihe, mich zu überraschen und ich bin schon neugierig darauf, was er geplant hat.

Normalerweise stehe ich nicht so auf Überraschungen, aber wie bei Vielem hat mich Magnus vom Gegenteil überzeugt und mir gezeigt, dass alles auch eine positive Seite hat. Kaum zu glauben, dass ich früher ständig so grummelig und pessimistisch drauf war, aber das hat sich ja glücklicherweise geändert. Nur Morgens falle ich manchmal in alte Muster zurück, aber wer hat schon in der Früh ... oder am Vormittag gute Laune?

Erst jetzt bemerke ich die Veränderung in Magnus' Mimik, die mir deutlich zeigt, dass er irgendetwas vorhat, von dem er aber schon weiß, dass es mir nicht gefallen wird.

Ich seufze und versuche mich schonmal für alles Mögliche zu wappnen, als ich frage~Was hast du vor?~
~Ich bin unschuldig! Das musst du mir glauben, Alexander!~

~Du weißt, dass das gerade nicht hilft, oder?~
Er seufzt, bevor er leise antwortet~Clary hat uns zu sich und Jace eingeladen, um Filme zu schauen. Wir haben schon lange nichts mehr zusammen gemacht ...~
~Und?~

~Sie möchte Isabelle mit Sheldon verkuppeln.~, gibt er zu.
~Du meinst den Nerd, der zu viel quascht? Was sollte er mit meiner Schwester zu tun haben?~

Sheldon oder Simon, wie er eigentlich heißt, ist der beste Freund von Clary und als sie mit meinem Bruder zusammenkam, wurde auch der Nerd irgendwie ein Teil unserer Gruppe. Ich kenne ihn nicht besonders gut, da ich -zugegeben- immer auf Durchzug geschalten habe, wenn er angefangen hat, von Star Wars, World of Warcraft oder diversen Comics zu erzählen.

Dennoch scheint er ein netter Typ zu sein, aber was er mit meiner selbstbewussten Schwester zu tun hat, ist mir schleierhaft.

Er entspricht überhaupt nicht ihrem Typ, der bisher immer eher Badboy statt Schwiegermutters-Liebling gewesen ist -ganz zu meinem Missfallen.

Nun bedenkt mich Magnus mit einem seiner besten Ernsthaft-Blicke, die in mir das Gefühl wecken, etwas total Offensichtliches übersehen zu haben. Wahrscheinlich ist dieses Offensichtliche aber nur etwas, das er allein bemerkt hat und jetzt dasselbe von mir erwartet. Manchmal tickt mein geliebter Freund ganz wie eine typische Klischeefrau.

~Sag bloß, du hast die Funken nicht gespürt, die bei Samuels letztem Konzert mit seiner Straßenband zwischen ihm und Isabelle geflogen sind? Er steht eindeutig auf sie und sie ist ihm auch nicht abgeneigt. Biscuit und ich müssen den beiden nur etwas auf die Sprünge helfen.~
~Und dazu benutzt du deinen Freund.~

~Ich würde es nicht benutzen nennen, immerhin verbringen wir immernoch den Tag zusammen ...~
~Nur eben auf einem Trippeldate.~

~Bitte, Alexander~, fleht er,~Ich ... mache es später auch wieder gut.~
~Und wie?~

Er fängt an zu grinsen.
~Da musst du dich wohl überraschen lassen, aber glaub mir, es wird dir die paar Stunden mit unseren Freunden wert sein.~
~Wie wäre es, wenn du mir schonmal einen Vorgeschmack darauf gibst?~, frage ich lüstern und als mein Freund nickt, drehe ich uns schwungvoll um.

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Wenig später trotte ich meinem gut gelaunten Freund hinterher durch die Stadt, um zur Wohnung meines Adoptivbruders zu gelangen. Trotz seines verlockenden Angebots ist meine Laune erstmal dahin, denn zwar liebe ich meine Geschwister, aber ich liebe auch meinen Freund und ich hätte nichts lieber getan, als meinen freien Tag mit ihm im Bett zu verbringen.

Gott, ich hätte wahrsheinlich sogar eine seiner bescheuerten Reality-Shows mit ihm angeschaut, aber nein, er wollte ja unbedingt meine Schwester verkuppeln. Das ist ja an sich eine süße Idee, gerade zur Weihnachtszeit, aber ich will nur ungern in so etwas hineingezogen werden.

Ich bin nicht so gut in ... Liebesdingen und bin schon froh, dass es zwischen Magnus und mir so gut klappt. Dieses Glück muss ja nicht überstrapaziert werden.

Der einzige Trost ist, dass ich während unseres kleinen Spaziergangs seine Hand halten kann, auch wenn diese in einem dünnen, beigen Handschuh steckt. Es ist nur eine kleine Geste und doch bedeutet sie mir immernoch so viel. Sie ist nämlich ein Zeichen dafür, dass wir beide zusammengehören und dabei könnte mein Herz schier platzen vor Stolz.
Wenn es nach mir geht, könnte dieser Zustand ewig so bleiben.

Magnus klingelt, als wir an einem unscheinbaren Mehrfamilienhaus ankommen. Hier sind mein Bruder und dessen Freundin -die im Übrigen ganz ok ist- vor Kurzem eingezogen. Wir haben geholfen, alles einzurichten, um es schön gemütlich für das frischverliebte Pärchen zu machen. Ich wollte am Anfang nicht wirklich, aber ... es hat sich ausgezahlt würde ich sagen.

Es summt und die Tür geht auf. Gemeinsam steigen wir die Treppen empor und können schon das fröhliche Geplapper von Izzy hören, die über ihre neuste Errungenschaft -ein paar roter Wildlederstiefel wie es scheint- schwärmt.

Wir treten durch die Tür in einen schmalen Flur, wo wir unsere Mäntel loswerden, bevor wir in den offenen Wohnbereich gehen.

Alles ist schon weihnachtlich dekoriert. Mehrere Lichterketten hängen an den Fenstern und kleine bunte Figuren stehen auf der Kommode und den Fensterbänken und verströmen die Art von Wärme, die es nur in der kältesten aller Jahreszeiten gibt. Auf dem Wohnzimmertisch vor der Couch steht ein Adventskranz mit roten und goldenen Kerzen.
Ein Baum ist noch nicht da, aber ich habe selbst noch keinen und mache das wie mein Bruder immer auf den letzen Drücker.

~Alec, Magnus! Schön, dass ihr euch doch nicht verirrt habt.~, kommt es trocken von Jace.

Er sitzt neben Simon auf der bequemen, flaschengrünen Couch, scheint aber trotz seines sarkastischen Tonfalls erleichtert zu sein. Verständlich, wenn man bedenkt, dass wir beide in Sachen Weihnachten ähnlich ticken und wir beide gerade die Zeit davor regelrecht verabscheuen. Viel zu stressig. Oder zumindest war ich der Meinung bis ich Magnus traf.

~Wir hatten eben noch etwas zu tun, Trace.~
Izzy steht lächelnd von ihrem Platz auf dem Sessel auf und umarmt erst mich und dann Magnus. ~Schön, dass ihr endlich hier seit.~

~Auch wenn man wirklich hätte meinen können, ihr hättet euch verlaufen~, wendet Clary grinsend ein, als auch sie uns mit einer Umarmung begrüßt,~Aber jetzt, wo ihr hier seid, können wir auch anfangen. Hilfst du mir noch mit den Getränken, Izzy? Dann kann Simon die Snacks übernehmen.~

Magnus wirft Clary ein verschwörerisches Grinsen zu, bei dem ich mir ein genervtes  Augenverdrehen verkneifen muss. Da ich in den Plan eingeweiht bin, kommt er mir mehr als klischeehaft vor.

Izzy nickt begeistert, packt aber plötzlich Magnus' Hand und zieht ihn hinter sich her. Ich, der noch immer Magnus' Hand hält, werde ebenfalls mitgerissen. Clarys leicht panische Miene bemerke ich dabei und das Gefühl in meinem Bauch verschlechtert sich rasant.

~Ich muss dir unbedingt von meinem letzen Shoppingtrip erzählen und ...~
~Halt, ihr Turteltäubchen!~, ruft Jace plötzlich, ein kleines Grinsen im Gesicht,~Schaut mal nach oben.~

Ich schlucke und tue, was mein Bruder mir sagt. Nur gerade so kann ich mir ein genervtes Ernsthaft verkneifen. Über uns an der Tür hängt ein Mistelzweig und genau darunter stehen Magnus und ich.

Izzy ist schon in der Küche, grinst jetzt aber auch. Ich habe keine Lust auf diesen Brauch, aber wenn mein Freund mich so anblickt ...

Ich weiß, wie sehr er Weihnachten und den ganzen Kitsch drumherum liebt. Außerdem ist es ja nur ein Kuss und das auch noch mit ihm, also sollte ich mich wohl nicht so anstellen.

Sanft ziehe ich meinen Freund an mich und verbinde unsere Lippen zu einem süßen Kuss, der eigentlich als Verkupplungsversuch zwischen Simon und Izzy oder Sizzy, wie Magnus mir ausführlich erklärt hat, hatte fungieren sollen. Dennoch kann ich mich nicht beschweren, denn ich liebe es meinen Freund zu küssen und vor allem liebe ich ihn.

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