31 - Der 14. September 2016
Anfang dieses Jahres ging ich zum ersten Mal seit langem wieder in die Schule, da ich wegen meiner Krankheit lange nicht gehen konnte. Damals, als ich dachte, ich hätte den Krebs besiegt, hatte ich immer noch eine Glatze, die nur langsam nachwuchs. An meinem ersten Tag in diesem Schuljahr hatte ich das erstemal in der Schule keine Perücke an - und es war schrecklich, auch weil ich davor schon gemobbt worden war.
"Marlen? Bist du wieder gesund?" Ich blickte von meinem Geschichtsbuch auf - meine Direktorin lächelte mich freundlich an. "Ich... Ja - danke!" Sie wusste als einzige Lehrerin an dieser Schule, dass ich Krebs hatte - ich hatte meine Eltern und Freunde gebeten, es nicht herumzuposaunen. "Schön, dich wieder unter uns zu haben!" Ich lächelte zurück. "Marlen - entschuldigst du mich? Ich habe noch eine Lehrprobe und erwarte den Schulrat..." In nickte und versuchte, nicht allzu dankbar, dass sie jetzt ging, auszusehen.
In mein Geschichtsbuch versunken ging ich in Richtung Schultor, als mich plötzlich Rufe aus meinen Gedanken rissen.
"Marly, wolltest du dich mal wieder einschleimen?"
"Oder hat sie eine neue Freundin, so oft, wie sie mit der Friedrich abhängt?" - "Neu? Die hat doch überhaupt keine anderen!"
"Und was hat die denn da auf dem Kopf?" - "Nichts!"
Schallendes Gelächter.
"Ist dir das Buttermesser ausgekommen?"
Mir kullerte eine kleine Träne über die Wange.
"Heul dich doch bei der Friedrich aus! Da hast du dich ja schon eingeschleust! "
"Für diese Frisur muss man sich ja fremdschämen!"
Die Rufe und das Gelächter wurden immer lauter und sie begannen mich, die noch nie gemocht worden war, zu bespucken. Ich wäre am liebsten im Boden versunken. Oder hätte heulend mein Gesicht in Kopfkissen gedrückt. Aber ich durfte jetzt nicht noch mehr weinen! Ich durfte ihnen nicht noch einen Grund geben, mich zu verspotten!
Ich blickte auf. Ich sah in die Gesichter derer, die mich auslachten. Ich sah, wie sie auf mich zukamen, mir die Tasche von der Schulter rissen und ihren auf dem Boden ausleerten. Dann schubst mich ein Anderer und ich fiel auf den dreckigen Betonboden. Mir begannen jetzt doch weitere Tränen über die Wange zu laufen - ich hatte so Angst, dass sie mir wehtaten.
"Luca? Martin? Sebastian? Was macht ihr da?"
Die drei Jungs, die mir am nächsten standen drehten sich erschrocken um.
Ich sah eine Lehrerin auf die Traube der Menschen um mich zukommen und war erleichtert.
"Luca! Martin! Sebastian! Lasst Marlen bitte in Ruhe! Und ihr geht sofort ins Büro der Schulleitung!"
"Marlen, alles ok bei dir?" Ich nickte. Mein Ellenbogen pochte, aber ich wollte heute trotz allem in die Schule gehen und stark sein - oder es wieder werden.
Ich rappelte mich auf und warf der Lehrerin einen dankbaren Blick zu. Dann machte ich mich daran, meine Sachen einzusammeln.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top