Verschroben
„Was war noch gleich die Wurzel aus 169?" Mila stupste mich mit ihrem Ellenbogen in die Seite. Ich stöhnte kurz genervt auf, bevor ich ihr die Antwort gab.
„13, glaub ich."
„Seit wann glaubst du, wenn es um Mathe geht?", Mila schaute mich besorgt von der Seite aus an.
„Manchmal kann man sich im Leben bei gar nichts mehr sicher sein.", sagte ich mürrisch, wobei ich feststellen musste, dass Milas Seitenblick immer intensiver wurde und ich bei jedem Atemzug das Gefühl hatte ein Stück mehr meines Inneren Preis zu geben. Mist. Dass sich solche ungeschickten Aussprüche auch nie vermeiden ließen.
Um Mila von mir abzulenken, zeigte ich auf Lennart, der konzentriert auf seinen Finger schielte, während er vergeblich versuchte sein Naseninneres von gesammelten Schmutzresten zu befreien. Die alte gute Methode funktionierte doch immer wieder und ich war fein aus dem Schneider, während Mila neben mir leise zu kichern begann und kurze Zeit später Johanna, ihre Banknachbarin über das Spektakel aufmerksam machte.
Aber in der Pause gab ich es auf, Mila länger etwas vorzumachen und erzählte ihr von Linnys und meinem Plan, den wir gestern noch bis spät in die Nacht ausgetüftelt hatten. Die Grundidee lag ja wohl mehr als auf der Hand. Tristan und unseren Dad auseinander zu bringen. Trennen. Einen klaren Schlussstrich ziehen. Meine Befürchtung, Mila könnte uns für verrückt halten, bewahrheitete sich zum Glück nicht.
Im Gegenteil sie schien sogar fast ein bisschen aufgeregt zu sein und war voller Enthusiasmus die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Ich vertraute ihr. Vollkommen. Denn was hatte Mila mir noch vor ein paar Tagen in mein Ohr geraunt? :„Hörst du, mir kannst du alles anvertrauen und ich werde schweigen wie ein Grab." Die Sätze hallte in mir wider und ich mir wurde plötzlich klar, dass wir eine Unterstützung mehr gut gebrauchen könnten. Vor allem was den direkten Kontakt mit Tristan anging, wäre ein unbekanntes Gesicht sehr von Nutzen.
„Genau genommen haben wir ja zwei Missionen.", erklärte ich Mila jetzt, als wir den Flur entlang zum Klassenzimmer schlenderten. Mila hob fragend die rechte Braue und hakte sich dann bei mir unter. „Also die erste habe ich dir ja gerade erklärt. Und nun ja die zweite betrifft die Nacht, in der ich glaubte, es hätte sich am Vortag etwas Entscheidendes verändert. Linny und ich haben vor, den Nachmittag zu rekonstruieren und herauszufinden, ob Tristan dahinter steckt. Wir haben bis jetzt...."
„Leah und Mila, es hat bereits schon zum zweiten Mal zum Unterrichtsbeginn geläutet! Wenn ihr euch doch ein wenig beeilen könntet!" Frau Martens unterbrach barsch meinen Satz und rückte dann selbstzufrieden ihre Brille zurecht, als Mila sich von mir löste und tatsächlich anfing auf das Klassenzimmer am Ende des Flurs zu eilen.
Ich hingegen gab mir nicht die Blöße und schlenderte gemütlich auf Frau Martens zu, die jetzt ihre Brille auf die Nasenspitze schob, um mir einen ihrer eindringlich warnenden Blicke zuzuwerfen, die durch die dabei zuckenden Augenlieder noch gruseliger wirkten. Als ich unbehelligt zurückstarrte, machte sie kurzen Prozess und schleuderte mir das Wort „Nacharbeit" mit solcher Wucht an den Kopf, dass ich fast glaubte rückwärts umzukippen.
Dann wendete sie sich zurück zur Klasse und erklärte ausladend, dass sie Provokation in ihrer Gegenwart nicht dulden könne und ein solches Fehlverhalten mit dem Äußersten bestraft werden müsse. Ich verdrehte in der letzten Reihe nur die Augen.
***
Habt ihr auch Lehrer, die alles überbewerten? Jede falsche Geste bestrafen müssen?
Ich kenne da auf meiner Schule so einige...🙈😒
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