💫{20} Die Glocke
Nach der kurzen, schockierenden und dennoch erholsamen Pause stand Madara auf und nahm mich diesmal Huckepack. Schweigend betrachtete ich die Gegend. Während ich den Männern nach Jakammen folgte, hatte ich kaum Zeit den schönen, grünen Wald um mich herum zu betrachten.
Ich wollte gerade etwas über den Wald sagen, damit es wenigstens ein Thema gab, da setzte mich Madara auf einen großen Stein am Rande des Waldes ab.
»Warte, kurz hier. Ich glaube ich habe etwas gehört« mit diesen Worten verschwand Madara im Unterholz.
Verdattert saß ich auf dem Felsen und wippte mit meinem heilen Bein auf und ab. Es verging eine Zeit, in der er nicht zurückkam. Die Sonne stand hoch am Himmel, weshalb ich noch nicht in Panik verfiel.
Leise lauschte ich dem Rauschen eines naheliegenden Baches und dem Vogelgezwitscher.
Plötzlich riss mich das Geräusch eines Wagengespanns aus meinen Tagträumen. Tatsächlich tauchte ein älterer Herr auf, der einen Holzwagen voll mit unterschiedlichen Waren, hinter sich herzog. Wahrscheinlich ein Händler.
»Guten Tag» begrüßte ich den alten Herren respektvoll.
»Guten Tag, junges Fräulein« er lächelte mich kurz an und schob seinen Wagen weiter.
Ein Reifen des Wagens fuhr über einen hervorragenden Stein am Boden, deshalb kippte das Gespann leicht nach oben. In meinem Augenwinkel erkannte ich einen kleinen, schwarzen Gegenstand herausfliegen.
Es war eine schwarze Kugel mit einem Anhänger aus Stoff.
»Sie haben etwas verloren!» rief ich dem Mann zu.
Überrascht kam er zu mir und musterte den Gegenstand in meiner Hand. »Eine Liebesglocke» erzählte er »Diese Glocke läutet nur dann, wenn sich zwei Leute tatsächlich lieben und das Klingeln hört nur derjenige, der die Glocke trägt.»
Interessiert musterte ich die schwarze Glocke. Natürlich vermutete ich, es sei völliger Schwachsinn, schließlich glaubte ich nicht an Zauberei, dennoch der Gedanke war süß.
»Behalt sie, junges Fräulein für deine Ehrlichkeit!« der Alte verabschiedete sich und zog mit seinem Gespann weiter.
In meiner Hand betrachtete ich das gute Stück. Ich versuchte sie durch Schütteln zum Leuten zu bringen, aber es funktionierte nicht. Enttäuscht steckte ich sie in meine Tasche und wartete bis Madara kam.
Langsam ging die Sonne am Horizont unter und ich bekam es mit der Angst zu tun von ihm in Stich gelassen worden zu sein. Was wenn er mich hier absetzte, um zu verschwinden. Würde er so etwas tun?
Vorsichtshalber studierte ich die Gegend. Wenn er mich hier wirklich ausgesetzt hatte,
dann stand es nicht gut um mich. Gehen war ein No-Go.
Auf einmal hörte ich ein leises Klingeln. Das Geräusch ähnelte einem Glockenschlag. Ich horchte und merkte, das der Laut von der Glocke aus meiner Tasche kam.
»Bin wieder da. Waren doch ein paar mehr zu erledigen« Madara nahm sein Gunbai in die Hand, damit er die Waffe wieder in der Hand tragen konnte, und ich auf seinen Rücken gehen konnte.
»Hört Ihr das?» fragte ich.
Er schüttelte den Kopf und schaute mich schräg von der Seite an. Doch ich wusste diese Glocke schlug tatsächlich, als er auftauchte. Hieß dies dann, dass er mich wirklich liebte?
Ein Grinsen durchzog meinen Mund und ich war ungeheuer glücklich. Dieser Idiot! Zwar zeigte er seine wahren Gefühle nicht, aber ich wusste es.
»Warum grinst du so?» fragte er verwundert, während ich auf seinen Rücken stieg.
»Nur so« murmelte ich »Ich bin einfach glücklich, dass Ihr zurückgekommen seid und mich nicht ausgesetzt habt.«
»Ausgesetzt?» wiederholte er mich »Hältst du mich für so ehrenlos?«
»Aber Nein!« ich hielt mich fester an seinem Bauch fest und genoss seinen einzigartigen Duft. Ja, so roch nur er!
»Ich werde die ganze Nacht durchgehen, damit wir Morgen im Dorf sind» sagte er.
Ich schluckte. Er hatte soeben augenscheinlich einen Kampf gewonnen und wollte nun die gesamte Nacht durchgehen ohne Pause mit mir als Last auf den Rücken. Eine Gänsehaut überzog meine Arme. Wiedersprechen wollte ich nicht, aber seine Idee empfand ich absolut dämlich. Wenigstens eine kleine Pause sollte er machen, aber ich wusste es würde keinen Sinn machen mit ihm zu diskutieren.
»Wenn du müde bist, kannst du ruhig schlafen« ermunterte er mich.
»Nein, ich bleibe auch die ganze Nacht wach, damit du nicht ganz alleine bist!»
Ich könnte schwören ein Lächeln auf seinen Lippen erkannt zu haben, auch wenn ich es von meiner Position aus nicht sehe.
»Weißt du, Kiki. Ich muss mich eigentlich noch bei dir für deine mehr oder weniger gute Strategie bedanken. Ich schätzte ohne dieser guten Verteidigungsposition wären mehr meiner Leute von den Senjus umgebracht worden. Also sehe es als Gegenleistung dafür, dass ich dich heil Nachhause bringe«
Mit hoch gezogener Augenbraue horchte ich seinen Worten. Rechtfertigt sich Madara gerade mich „Nachhause" zu bringen? Ich fasste es nicht! Er versuchte mit allen Mitteln seine gutmütige Seite zu vertuschen. Gott, dieser Madara!
»Danke» entgegnete ich, anstelle der zig tausenden Argumente, die ich mir im Kopf ausgemalt habe, weshalb er mich ins Dorf bringt.
Seit dem war das Gespräch für die nächsten drei Stunden beendet gewesen. Die Nacht brach bereits ein und der Himmel wurde von leuchtenden Sternen geschmückt.
Langsam überkam mich die Müdigkeit und ich versuchte mit allen Mitteln wach zu bleiben.
Kurz bevor ich einschlief, erkannte ich eine Sternschnuppe am Himmel vorbei rasen.
»Eine Sternschnuppe!« schrie ich schon fast »Madara was wünscht Ihr Euch?«
»Was ich mir Wünsche?» wiederholte er meine eindeutig formulierte Frage.
»Ja!« gab ich als Antwort zurück.
»Warum interessiert dich das?» hakte er nach.
»Ich mein es ja nur nett. Nicht jeder hat einen Hintergedanken, wenn er eine private Frage stellt« murmelte ich.
Madara zögerte kurz, dann sagte er in einem Wort »Frieden«
Frieden? Wiederholte ich in Gedanken. Der große Madara wünschte sich etwas allgemeines- Frieden, das hätte ich nie von seiner Persönlichkeit erwartet.
»Und du?« möchte er plötzlich wissen.
»Ich habe keinen direkten Wunsch. Es gibt nur ein Ziel, das ich verfolge und um es zu erreichen würde ich alles ertragen, den Tod eingeschlossen.«
»Frau Oberins Posten, nicht wahr?» Madaras Tonfall klang, als würde er kein bisschen an seinem Unrecht glauben.
Warum dachte er, dass sich alles bei seinen Leuten um das Dorf oder ihn geht. Es gab Wichtigeres, trotzdem war ich schlau genug meine wahren Absichten zu verschweigen und antwortete deshalb. »Richtig. Dieser Posten bedeutet mir alles.«
Dies waren meine letzten Worte in jener Nacht. Ein paar Sekunden später schlief ich doch ein und wachte erst in der Früh wieder auf.
»Du hast lange geschlafen, aber dein Bein ist wieder heil« eine freundliche, weibliche Stimme drang an mein Ohr. Erschrocken riss ich meine Augen auf, um fest zu stellen in einem mit weißen Wänden beschmierten Zimmer zu sein.
»Ich bin Namsa, die Heilerin des Uchiha Clans« erklärte mir die Frau. »Madara hatte dich vor genau zwei Stunden eingeliefert. Er meinte ich soll dir ausrichten, dass mit Frau Oberin alles geklärt sei und du sobald du wach bist, dich sofort zu ihr begeben sollst.»
Kreidebleich starrte ich die Frau an. Wie schnell lief denn bitte Madara, während ich schlief?
Nichts desto trotz stand ich von der Liege auf und stellte fest mit meinem gebrochenen Bein wieder gehen zu können.
Wow, diese Heilerin war Klasse!
Noch am selben Tag rannte ich zur Frau Oberin und erledigte die Aufgaben. Keines der Mädchen und auch sie selbst stellte eine Frage über mein Verschwinden. Anscheinend hatte Madara eine penible Erklärung parat.
Den Nachmittag verbrachte ich mit dem Schrubben der Bäder, dort probierte ich erneut die Glocke aus und zu meiner Freude klingelte sie bei keinem der Männer.
Weder bei Izuna noch bei Jakuro, geschweige denn bei wem anders.
Erst als Madara das Bad betrat, klingelte sie. Er würdigte mich zwar keines Blickes, aber ich wusste ja trotzdem das er auf mich stand.
Am Abend zurück im Schlafsaal betrachtete ich die schwarze Glocke in meiner Hand. Der alte Mann hatte mir mit diesem Zauberstück eine unheimliche Freude bereitet.
»Was hast du da?» fragte mich Karin neugierig, als sie meine Hand sah.
Stolz zeigte ich ihr die Glocke. »Eine Liebesglocke.«
»Eine Liebesglocke?« Yuki stand von ihrem Bett aus auf und ging auf mich zu »So etwas könnte ich für eine bestimmte Person gebrauchen!« grinste sie.
Ich zeigte ihr die Glocke. Plötzlich wurde ihr Gesicht kreidebleich, erstarrt schaute sie den Gegenstand in meiner Hand an.
»Sie hat doch nicht geklingelt oder?« ihre Stimme klang zittrig. Sie machte mir Angst.
»Nein« log ich aus Angst vor ihrer Reaktion.
»Gut, Kiki, denn eine Liebesglocke ist rot. Das in deiner Hand ist eine Todesglocke. Sie klingelt bei der Person, die entweder dich eines Tages töten wird oder du wirst sie töten.»
»Ahh, das ist ja gruselig» murmelte Karin, »Wirf das komische Ding lieber weg«
»Dennoch wer glaubt schon an die alten Legenden und Zaubereien« sagte Yuki, deren Mimik sich erhellte, »An deiner Stelle würde ich die Todesglocke trotzdem wegwerfen, nur zur Sicherheit!«
»Du hast recht!» ich nahm die Glocke und warf sie weg, danach kuschelte ich mich sofort unter die Bettdecke.
Ich glaubte nicht an den Worten, die Yuki über die Glocke sagte, aber es enttäuschte mich dennoch, dass es wohl keine Liebesglocke war.
Innerlich verfluchte ich mich selbst. Wer glaubte schon an Zauberei?
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top