Kapitel 4: Der Prophet Obadia (Teil 2)


Und sobald sie in Alexandria angekommen waren, eilte Agrippa mit Obadia sogleich zum Palast der Kleopatra, in welchem zur Zeit immer noch Octavianus weilte, und er ging hin zu diesem und berichtete freudig von seiner besonderen Entdeckung. Octavianus aber ward daraufhin gleichermaßen neugierig und rief den Jungen Obadia zu sich herein und gleich darauf öffnete sich die große Doppeltür des Saales und ein Wächter schritt mit Obadia an der Seite zu Octavianus und Agrippa hinein.

Obadia aber hatte sich schon wieder etwas gefasst von dem Geschehen um seine Mutter, so dass die Rune des Allwissenden wiederum in starker Weise sein Handeln bestimmte, und als er also auf Octavianus zu schritt und erblickte, mit welchem Selbstverständnis dieser auf dem früheren Throne Ägyptens saß, geschah es, dass seine Rune wieder etwas in ihm erweckte, und er hob während er immer noch näher trat seine rechte Hand zu Octavianus hin und rief plötzlich aus:
„Ist dies dort vor mir der Erhabene, welcher sich dünkt als ein oberster Lenker und Leiter in den Geschehnissen dieser Welt?! Wohlan ich sage dir: Dein Reich kann nicht allein mit dem Schwerte regiert werden, sondern du musst gleichermaßen wachsen in Wort und Weisheit als ein gütiger und gebender Herrscher! Nur dann wird Rom bestehen bleiben!"

Als aber Octavianus dies hörte, war er höchst erstaunt darüber, solcherlei Worte aus dem Munde eines Jungen zu hören, und er und sein Freund Agrippa sahen sich für einen Moment verwundert an, denn auch Agrippa hatte nicht mit solchen Worten der Begrüßung gerechnet.
Gleich darauf aber stand Obadia schließlich ganz nahe vor dem früheren Thron der Kleopatra, auf welchem nun Octavianus weilte, und Octavianus konnte nun gleichermaßen die besondere Ausstrahlung erkennen, welche von dem weisen Glanz der Augen des Obadia ausging.

Und Octavianus antwortete ihm: „Ein höchst erstaunlicher Rat, den du mir hier und heute erteilt hast! Du scheinst wahrhaftig eine besondere Gabe zu besitzen, wenn du in solcher Weise reden kannst und so viel weißt! So frage ich dich Junge: Willst du mir helfen dass Rom bestehen bleibt? Willst du mich unterstützen mit deiner Gabe? Du würdest zum Dank überhäuft werden mit vielerlei Reichtum und Wohlstand und würdest fürstlich leben können!"

Und Obadia aber wollte gerade antworten, als mit einem Male einer der ägyptischen Hohepriester hinter dem Thron eilends hervorkam und laut dazwischen rief: „Einen Moment Herr! Diese Gabe des Jungen stammt nicht von den Göttern! Ich kann es ganz deutlich spüren, dass es kein geringeres Wesen ist, denn eine mächtige Rune, die in dem Jungen haust!"
Und um seine Worte augenblicklich als Wahrheit beweisen zu wollen, eilte der Hohepriester gleich darauf auf Obadia zu und riss ihm das Stofftuch ab, welches an dessen linken Hand geknüpft war, denn zu Recht vermutete er dort das Zeichen der Rune zu finden.

Und gleich darauf ward für jedermann sichtbar das Runenzeichen der Rune des Allwissenden auf der linken Handfläche des Jungen und die Hohepriester aber waren sofort erstaunt, als sie dies Zeichen erblickten, denn sie hatten solch ein Zeichen noch nie zuvor erblickt und also wussten sie nicht, um was für eine Rune es sich dabei handeln sollte.

Octavianus aber war enttäuscht ob der Ehrlichkeit des Obadia und fragte ihn barsch: „So stimmt es also, was der Priester sagt? Du hast es wahrhaftig gewagt, eine Rune an dich zu nehmen?!"

Obadia aber blieb in völliger Ruhe und antwortete ihm und sprach: „Herr es ist nicht so wie ihr denkt! Wohl ist es einer Rune Macht, die mir gegeben, doch hab ich diese Macht nicht gesucht noch genommen, sondern die Macht hat mich ersucht und sie ist gesandt worden aus der Götter Himmel in mein Herz! Und also ist es wahrhaftig eine Gabe der Götter, denn sind die mächtigen Runen nicht allesamt Gaben aus der Götter Hand?! Sollte man also wahhaftig gelogen haben, wenn man eine Rune empfängt und dazu sagt: Mir ist gegeben eine Gabe der Götter?!"

Octavianus aber antwortete und sprach: „Deine Worte enthalten Weisheit und sind sehr beeindruckend, das muss ich schon zugeben. Dennoch aber kann ich es nicht hinnehmen, dass ein kleiner Junge, gleich du es bist, eine solche Macht in den Händen hält!"
Und er gab dem Hohepriester Anweisung, die Rune des Jungen an sich zu nehmen, und der Hohepriester nickte und umfasste mit seiner rechten Hand die linke Hand des Obadia, zu ziehen an sich diese sonderbare Rune, und Octavianus und Agrippa als auch die anderen Hohepriester schauten verwundert dabei zu.

Der Junge Obadia aber war keineswegs damit einverstanden, dass er sollte diese mächtige Rune in andere Hände geben, und also hielt er mit seiner magischen Kraft der Ziehung des Hohepriesters entgegen und es geschah wahrhaftig, dass es der Hohepriester nicht schaffte, die Rune aus dem Jungen hervorzulocken. Als er aber darum merkte, nahm er nun auch seine andere Hand zur Hilfe und umklammerte nun mit beiden Händen die linke Hand des Obadia, welcher aber wiederum mit seiner großen magischen Kraft dagegen hielt.

Die anderen Hohepriester aber staunten nicht schlecht über diesen besonderen Jungen, der anscheinend mehr magische Kraft zu haben schien als einer ihrer Hohepriester, und sie raunten und murmelten anerkennend darüber. Als aber Octavianus dies wahrnahm, wurde auch er ungeduldig ob des Hohepriesters Bemühen und er fragte ihn: „Was dauert da so lange, Priester? Warum hast du die Rune noch nicht aus dem Jungen gebannt?!"

Der Hohepriester aber, der nun schon stark schwitzte ob der Anstrengung, erwiderte dem Octavianus in keuchender Weise: „Herr es ist nicht zu glauben, aber dieser Junge hier scheint drei Mal mehr an magischer Kraft zu besitzen als einer der unsrigen!" Da aber war auch Octavianus hoch erstaunt ob dieser anerkennenden Worte und er blickte verwundernd dem Obadia ins Angesicht und auch alle anderen Anwesenden blickten ehrfürchtig zu Obadia hin, welcher aber keineswegs schwitzte oder keuchte, sondern in völliger Ruhe vor ihnen stand.

Die Rune des Allwissenden aber wollte gleichermaßen auf keinen Fall den Jungen Obadia verlassen, in welchem sie die Wiedergeburt ihres lieben alten Herren Odalon erkannte, und also stemmte sie sich gleich Obadia gegen die ziehende Kraft des Hohepriesters und dies aber war auch der Grund, dass Obadia keinerlei Mühe hatte, die Rune bei sich zu behalten, da diese ihn in solch starker Weise unterstützte.

Und die Rune wollte nun auch allen Anderen zeigen, dass sie zu Obadia gehörte und dass niemand sie von ihm würde nehmen können, und so geschah es, dass mit einem Male ein laut klingendes Geräusch ertönte, gleich es beim Gebrauchen einer Rune geschieht, und gleich darauf ward sichtbar das Zeichen der Rune des Allwissenden, doch erschien es nicht über den Händen des Hohepriesters, wie es geschehen würde beim Übergang in diesen, sondern es erstrahlte hell über dem Kopfe des Obadia und im nächsten Augenblicke geschah es gar, dass Obadia anhob zu leuchten, so dass sein ganzer Körper war eingehüllt in einem Mantel voll des Lichtes und also gingen von ihm aus Lichtstrahlen in alle Richtungen des Saales.

Und die Anwesenden waren sprachlos und erstaunt ob dieses Geschehens und der Hohepriester ließ erschrocken ab von der Hand des Obadia und wich stattdessen einige Schritte zurück. Und das Leuchten hielt auch noch weiterhin an und es war dabei ein angenehmes Geräusch zu vernehmen, welches gleichermaßen von der Rune her kommen musste, und Obadia aber, welcher die ganze Zeit war völlig ruhig geblieben, sah nun den Octavianus fest an und sprach zu ihm: „Wie ihr nun sehen könnt, ist diese Gabe wahrhaftig nur mir bestimmt! Lasst daher ab von weiteren Versuchen, mir diese Macht der Götter zu nehmen, o Herr! Niemand wird mich fürchten müssen, denn ich will euch fortan dienen, o Octavianus, und will euch mit dieser Gabe unterstützen, daher bitte ich euch, haltet ein, mit weiteren Unternehmungen mir diese Macht zu rauben!"

Und die Hohepriester als auch die Wächter waren sprachlos all dessen, der Feldherr Agrippa aber erboste sich daraufhin über den Jungen und zog sein Schwert und rief aus: „Welch eine Unverschämtheit, Forderungen an Octavianus Caesar zu stellen! Wenn ihr dem Jungen die Rune eben nicht mit der Hand nehmen könnt, so lasst ihn mich erschlagen, auf dass die Rune frei wird!"

Und er stand auf und wollte gerade seine Worte wahrhaftig werden lassen, als aber Octavianus daraufhin sogleich seine Hand erhob und zu ihm sprach, wobei sein bewundernder Blick allerdings weiterhin auf Obadia ruhte: „Nein! Wir alle sind hier und heute Zeugen geworden, dass ein wahrhaftiger Auserwählter der Götter vor uns steht! Nach allem was nun geschehen ist, bin auch ich nun überzeugt, dass diese Rune wahrhaftig dem Jungen von den Göttern gegeben wurde und sie also daher nur ihm allein zusteht!
Und also sei es, Obadia! Ich habe dir Reichtum und Ehre angeboten und ich stehe auch fernerhin zu meinem Wort! Sei fortan mein Berater und Diener!"

Und Obadia nickte nur würdevoll und lächelte leicht und hatte von demselben Augenblick an nicht nur das Ansehen des Octavianus, sondern auch das der Hohepriester gewonnen.
Und so also kam es dazu, dass der Junge Obadia von dem Tag an galt als ein hoher Würdenträger Roms und er trotz seines jungen Alters gesalbt und gesetzt wurde zu einem ägyptischen Hohepriester, was zuvor undenkbar erschien.

Octavianus aber wollte Obadia mit sich nehmen zu der Stadt Rom, auf dass er dort würde die Gabe des Jungen in seiner Nähe wissen und er ihm allzeit helfen würde mit seiner Macht. Da aber log Obadia ihn an und sagte ihm, dass er die Rune nur würde in Ägypten behalten können, da sie ihm von den ägyptischen Göttern gegeben worden war, so dass er die Rune also würde verlieren, sollte er das Land verlassen.

Er sagte solches alles aber mit dem Grund, dass er eines Tages noch ein weiteres Mal würde zum Tempel der Runenpriester reisen, auf dass er konnte die Schriftsammlung für sich bergen und würde alle vergangenen Geheimnisse des Tempels vollends erforschen können. Und aufgrund seiner besonderen Ausstrahlung aber geschah es wahrhaftig, dass Octavianus ihm dieses alles glaubte und so war es Obadia also fortan vergönnt, zu bleiben am Hofe Alexandrias.

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