Kapitel 4: Der Prophet Obadia (Teil 1)
Das Land Ägypten aber war nun besiegt worden durch den Fall Alexandrias. Und gleich in den nächsten Tagen nach jenem Geschehen ließ Octavianus seine Männer weiterreiten in alle anderen Orte des Landes, auf dass die Herrschaft Roms sollte bis in den hintersten Winkel Ägyptens sichergestellt sein. Und also ritten die Krieger des Octavianus aus in die anderen Städte Ägyptens, um auch dort die Unterwerfung des Landes festzumachen und gleichermaßen auch zu verkünden den Tode der Königin Kleopatra.
Und in den anderen Städten aber gab es nur noch wenig Krieger, die sich den Römern entgegenstellen konnten, waren doch zuvor so viele Krieger wie möglich nach Alexandria berufen worden, auf dass sie die Stadt ihrer Königin verteidigen. Und also fanden die Römer nur noch geringen Widerstand in den anderen Orten und dies aber war der Grund, dass sich alle anderen Orte bald dem römischen Heere unterwarfen, so dass der Wille des Octavianus von der Einverleibung Ägyptens konnte ohne weitere Schwierigkeiten vonstatten gehen.
Die Bewohner der Städte aber waren auch viel zu geschockt, als dass sie konnten gegen die Römer in den Kampf ziehen, waren sie doch sprachlos, als sie vernahmen, was sich in Alexandria ereignet hatte, und waren gleichermaßen auch traurig ob des Verlusts ihrer geliebten Königin.
Nach einiger Weile aber kam es auch in der Stadt Memphis dazu, dass eine römische Kriegerschar Einzug hielt, zu verkünden von den neuen Zeiten, und der Anführer jener Schar war kein geringerer denn der mächtige Feldherr Agrippa, denn dieser war inzwischen von den Kämpfen in Spanien an die Seite seines Herrn Octavianus zurückgekehrt.
Und die Menschen von Memphis strömten allesamt murmelnd und raunend auf dem großen Platz zusammen, wo der Markt wurde abgehalten, und gleich darauf verkündete Agrippa der versammelten Menschenmenge von den Geschehnissen in Alexandria und dass sie fortan nun zum römischen Reiche würden gehören. Da aber waren die Menschen allesamt erschrocken und bestürzt zugleich und viele sanken vor Angst und Trauer zu Boden und haderten voller Verzweiflung über dieses Schicksal und weinten um ihre verlorene Königin.
Unter den Anwesenden aber war auch die Mutter des Obadia und als diese aber nun von all den Dingen hörte, bekam sie einen solchen Schock, dass ihre Glieder steif wurden und eine große Blässe ihre Haut befiel. Denn sie erkannte nun, dass ihr Sohn hatte mit seinen Worten wahrhaftig Recht behalten, und erkannte dadurch fernerhin, dass ihr Sohn konnte wahrhaftig Dinge der Zukunft sehen, was sie zutiefst verschreckte.
Sie war aber auch wegen des Todes der Kleopatra erschrocken, denn sie hatte Kleopatra allzeit als starke, unangreifbare Königin gesehen und sie zutiefst verehrt und also hatte sie niemals für möglich gehalten, dass die Königin würde überhaupt sterben können. All diese Empfindungen aber, über den Tod der Königin als auch über die Fähigkeiten ihres Sohnes, trafen nun mit einem Male in solch starker Weise in ihrem Herzen zusammen, dass der Schock dazu führte, dass ihr Herz augenblicklich stillstand, und also brach sie zusammen und war tot.
Und einige der Marktleute, die zu ihren Freunden gehörten, merkten aber darum und erschraken über jenes Geschehen und fragten sich aber auch, was die Frau so stark verschreckt haben mochte. Da aber gedachten sie ihrer Worte, dass ihr Sohn hatte ihr schon zuvor gesagt, dass die Königin würde sterben, und sie erinnerten sich daran, dass sie Angst hatte, es könnte Wirklichkeit werden.
Als sie aber daran gedachten, erschreckten auch sie nun darüber und erkannten nun, dass es mit dem Jungen Obadia wohl etwas wahrhaft Besonderes auf sich haben musste. Und sie erinnerten sich auch daran, dass Obadias Mutter ihnen zuvor schon davon berichtet, dass Obadia gleichermaßen auch die Niederlage des Antonius bereits hatte vorhergesagt und dass er dabei gesagt hatte, dass die Flotte war in Brand umgekommen, obgleich keiner aus dem Volke davon wissen konnte.
Und also wollten sie sich Gehör verschaffen vor dem Agrippa, zu sehen, ob Obadia hatte auch darin schon zuvor Recht behalten. Und als die Unruhe ob des Verlusts der Königin um ihnen herum etwas abgenommen hatte, da gingen sie hin zu den Kriegern und verlangten Vorsprache vor dem Agrippa. Und man gewährte ihnen eine kurze Zeit des Sprechens und brachte sie vor Agrippa und als sie vor diesem standen, fragten sie ihn sogleich, was denn eigentlich mit der Flotte des Antonius vor einiger Zeit geschehen war.
Agrippa aber wunderte sich zuerst, hatte er doch nun andere Fragen von den Bewohnern der Stadt erwartet, und dann aber erzählte er den Marktleuten von der Zerstörung der Flotte durch der Feuer Mächte.
Als die Vertrauten von Obadias Mutter aber davon hörten, waren sie erstaunt und sprachen untereinander zu sich: „So kann der Junge also wahrhaftig die Zukunft sehen! Hätten wir doch nur eher daran geglaubt!"
Agrippa aber hörte diese Worte und fragte: „Was soll dies wundern? Von welch einem Jungen sprecht ihr?!"
Und die Marktleute berichteten Agrippa nun von dem, was die Mutter des Obadia ihnen zuvor hatte erzählt und dass Obadia damit hatte auch schon vorher das Ende der Königin und des Landes angekündigt.
Da aber war Agrippa hoch erstaunt, hatte er doch zuvor noch nie von solch einem Vorfall gehört, und er witterte die Gelegenheit, auf etwas Besonderes gestoßen zu sein, und also sagte er sogleich zu den Leuten: „Bringt mir sofort diesen Jungen! Ich will ihn mir einmal aus der Nähe anschauen!"
Die Marktleute aber nickten nur und eilten sogleich zum Hause ihrer Vertrauten und fanden dort Obadia vor, der gerade zum Markte hin aufbrechen wollte, sich den Trubel anzusehen. Und also griffen die Freunde seiner Mutter ihn sogleich auf und ließen ihm keine Zeit für Antworten oder zum Reden, sondern brachten ihn eilends zum Marktplatze hin, so dass Obadia noch nicht einmal etwas von dem Tode seiner Mutter erfuhr oder diesen zu bemerken in der Lage war.
Und sie traten also vor den Agrippa und zeigten ihm Obadia und sprachen: „Dies ist der Junge jener Frau, Herr!" Und Agrippa schaute Obadia verwundert ins Gesicht und bemerkte sogleich eine besondere Ausstrahlung, die von dem Jungen ausging.
Und er sprach zu ihm: „Mir kam zu Ohren, du könntest allerlei Dinge sehen, die kein anderer zu sehen vermag! Ist dem wahrhaftig so?"
Obadia aber zeigte keinerlei Furcht vor dem Feldherrn Agrippa, denn die Rune des Allwissenden wirkte nun noch etwas stärker in ihm als zuvor, und also antwortete er ihm mit beeindruckender Klarheit: „Die Götter sind es gewesen, die in mir die Macht des Sehenden gelegt haben, zu zeigen mir die Schicksale der Menschen! Doch niemals vermag man alles zu sehen!"
Als Agrippa aber dies hörte, wurde er zunächst wütend, denn er nahm an, dass der Junge ihn wollte aufziehen mit solcherlei Art des Redens, doch kaum hatte er dieses gedacht, da nahm Obadia seine Hand und meinte: „Wundere dich nicht ob der Sprache meiner Worte, die mir gegeben wurde durch die Macht der Götter! Es stimmt wahrhaftig, dass ich kann Dinge sehen, bevor sie sind geschehen!"
Da wurde Agrippas Herz wieder etwas versöhnlicher und er sagte zu Obadia daraufhin: „Wenn dem so ist, dann beweise mir deine Fähigkeiten!"
Und Obadia, der immer noch hielt die Hand des Agrippa, gedachte der Rune des Allwissenden in sich und wahrhaftig zeigte ihm die Rune sogleich etwas über das Schicksal des Agrippa und also antwortete er ihm und sprach: „Noch bist du ein großer Feldherr, doch sehe ich, dass dies nicht dein alleiniger Wunsch ist. Denn du willst stärker mitbestimmen können an der Seite des Mannes, den sie Octavianus nennen, und erhoffst dir Einfluss auf sein Erbe. Eines Tages aber wird es wahrhaft geschehen, dass du von Octavianus im Rang gleichgestellt wirst in deinen Rechten, als wärst du sein eigener Sohn!"
Da aber war Agrippa erstaunt ob dieser Worte, denn Obadia hatte wahrhaftig seine tiefsten Absichten erkannt, obgleich er davon nicht wissen konnte, und Agrippa aber wurde gar nicht wütend darüber, denn er war mehr erfreut ob der Tatsache, dass er einen wahrhaftigen Seher in dem Jungen entdeckt zu haben schien, und weil er davon nun überzeugt war, glaubte er also auch den Worten Obadias, was seine Zukunft betraf, und freute sich also insgeheim, dass sein Wunsch nach dem Erbe des Octavianus eines Tages Wirklichkeit werden würde.
Und also war er sofort von Obadia beeindruckt und überzeugt und sagte zu ihm: „Du bist wahrhaftig etwas Besonderes, kleiner Obadia, und also musst du unbedingt mit mir kommen nach Alexandria, so dass auch mein Herr Octavianus dich und deine Macht kennenlernt!"
Obadia aber widersprach ihm daraufhin, denn er wollte weiterhin bei seiner Mutter bleiben. Als aber die Vertrauten seiner Mutter dies hörten, traten sie langsam und bedrückt an ihn heran und brachten ihm vorsichtig und schonend bei, was mit seiner Mutter inzwischen geschehen war.
Da aber war Obadia tief erschrocken und traurig zugleich und er sah nun erst, dass seine Mutter ganz in der Nähe zu Boden lag, und sogleich rannte er zu dem Leichnam, sich Gewissheit zu verschaffen, und als er aber erkannte, dass seine Mutter wahrhaftig so plötzlich verschieden war, übermannte ihn die Trauer vollends und er beugte sich weinend über seine tote Mutter und schluchzte herzzereißend, so dass es selbst dem Agrippa zu Herzen ging, und da aber war für Jeden wieder deutlich zu erkennen, dass Obadia trotz aller weisen Ausstrahlung doch immer noch nur ein kleiner Junge war.
Die Marktleute aber umringten ihn und zogen ihn an sich, ihn zu trösten, und sie redeten ihm zu, dass er mitgehen sollte mit dem Agrippa zur Hauptstadt, und machten ihm deutlich, dass er in Alexandria besser aufgehoben wäre als hier, denn sie waren allesamt arm und hatten also keine Möglichkeit, ihm ein anständiges neues Heim zu geben.
Und Agrippa stimmte den Marktleuten zu und sprach also zu Obadia: „Hier in dieser Stadt hast du nun keine Zukunft mehr. Doch wenn du mit mir kommst an den Hofe Alexandria und dich mit deiner Gabe in den Dienst des Octavianus stellst, wirst du ein neues und besseres Leben erfahren, wie man es sich nicht mal erträumen könnte!"
Und Obadia nickte ihm daraufhin zu, denn er erkannte, dass Agrippa Recht mit diesen Worten hatte, und also wollte er mitziehen nach Alexandria, wo er auch nicht mehr so oft an seine Mutter würde erinnert werden. Er bedauerte aber zugleich auch, dass er nun keine weitere Gelegenheit mehr haben würde, nochmals zu ziehen zu dem früheren Tempel der Runenpriester, um die Schriftsammlung zu bergen und sich weiteres Wissen darüber zu verschaffen.
Am nächsten Tage aber stand schon der Aufbruch nach Alexandria bevor, denn Agrippa übertrug seinem Legaten das Kommando und wollte eilig mit wenigen Soldaten nach Alexandria zurück, auf dass sein Freund und Herr Octavianus möglichst schnell den besonderen Jungen kennen lernte. Und Obadia verabschiedete sich schweren Herzens von den Vertrauten seiner Mutter, welche ihm versprachen, eine würdige Bestattung für diese auszurichten, und bald darauf reiste die kleine Kriegerschar mit Agrippa und Obadia an der Spitze zurück zu der Stadt Alexandria.
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