Kapitel 6: Wandeln und Wirken des Götterjungen (Teil 1)


Der Götterjunge des Runenbundes aber, welcher war der Gefangennahme des Tut-Anch-Amun entgangen, hatte durchquert die Wüste gen Osten und hatte durchtaucht den Nil und war davongelaufen schnellen Fußes immer weiter ohne Unterlass.

Und es kam aber dazu, dass seine Kräfte nachließen und er also zu Boden sank und nicht mehr weiter gehen konnte.

Und er konnte sich nur noch mühsam weiterschleppen und hatte auch kein Trinkwasser mehr bei sich, und alsbald geschah es, dass er endgültig zusammenbrach inmitten all des Wüstensandes, so dass sein Ende in der Wüste schien besiegelt.

Es geschah aber, dass ein Bauer durch die Wüste zog, welcher große Feldsteine suchte zum Ausbau seiner Behausung, dieser aber entdeckte den Jungen und sah ihn bewusstlos liegen und eilte daraufhin ihm zu.

Und er war froh, denn er konnte noch Leben in ihm fühlen, und beschloss ihn mitzunehmen und eilte mit ihm zurück zu seiner Behausung und er wunderte sich aber auch, woher dieser Junge stammte und was er hier in die Wüste wollte.

Seine Behausung aber lag in einem Dorfe am Fuße des Roten Meeres und also hatte der Götterjunge Glück, dass er schon nahe an diesem herangekommen war.

Und als der Bauer ankam an seinem Hause, da rief er herbei sein Weib und sie legten den Jungen gemeinsam bei sich zu Bette und das Weib ging hin, zu kühlen des Jungen Körper alle Weile und zu benetzen seine Lippen mit Wasser, und wachte seiner.

Und der Bauer ging durchs Dorfe zu einem jeden Dorfbewohner und berichtete von seinem Fund und sie kamen alle zu seinem Hause und schauten neugierig nach dem Jungen und niemand aber kannte ihn. Und sie gingen heim und wunderten herum über diesen fremden Jungen und wollten unbedingt wiederkommen, wenn der Junge bei Sinnen war.

Am Abend aber erwachte der Junge von seinen Mühen und fragte den Bauern und der Frau, wo er war. Und der Bauer sagte es ihm und fragte nach seiner Herkunft und wie er in der Wüste kam.

Der Götterjunge aber sagte ihnen, dass er fliehen musste vor bösen Kriegern die ihm gefangen nehmen wollten, und sagte ihm also nichts von dem Grund der Flucht, noch von seiner wahren Herkunft.

Und er ging hinaus und sah sich um in dem Dorfe und die anderen Dorfbewohner sahen ihn durchs Dorfe gehen und eilten ihm zu und fragten ihm gleichfalls nach Befinden und Herkunft.

Der Götterjunge aber erzählte ihnen allen das Gleiche, was er auch schon dem Bauern und seiner Frau hatte gesagt, und als ihn etliche aber nach seinem Namen fragten, log er sie an und sagte ihnen, dass er seinen Namen vergessen hatte.

Und er war mittlerweile aber gleich einem Bube im siebten Lebensjahr und war schön anzusehen und hatte also einen kräftigen kleinen Körper und ein strahlendes Gesicht mit hellen, leuchtenden blauen Augen und sein braunes, kräftiges Haar war lockig bis an die Schultern.

Und die Dorfbewohner wunderten sich aber über ihn, denn niemand konnte so recht glauben, dass ein solcher Junge ohne Schwierigkeiten die ganze Wüste von Westen her durchquert haben sollte.

Der Junge aber sah sich im Dorfe um, und da bemerkte er, dass alle Häuser des Dorfes Schaden hatten, denn eines jeden Dach war eingestürzt und manche Wand fehlte an der Rückseite.

Und er ging wieder zurück zu des Bauern Haus und stellte fest, dass auch dieses arg beschädigt war, und die Leute aber waren ihm ebenso nachgefolgt.

Und er ging hin zum Bauern und fragte ihn: „So sagt ihr mir doch bitte, was ist hier geschehen, dass alle Dächer sind eingestürzt und so manche Hauswand hat Schaden genommen?!"

Der Bauer aber antwortete und sprach: „Ein Erdbeben war es, welches über uns kam vor zwei Tagen, wie es öfter hier geschieht, und hat uns diesen Schaden hinterlassen. Dies aber war auch der Grund, dass ich dich in der Wüste fand, denn ich war ausgezogen zu finden einige große Steine, um den Schaden meines Hauses auszubessern!"

Da aber gedachte der Junge der Worte Odalons über die besondere Kraft in ihm und sah alle versammelten Bewohner nacheinander ernst an und sprach: „Vielleicht kann ich euch helfen."

Und bevor jemand etwas entgegnen konnte, schloss der Junge seine Augen und erhob seine Hand zum Haus des Bauern und in der gleichen Weise, wie er sich den Einsturz des Runentempels hatte vorgestellt, rief er sich nun ein Bild von einem selbstaufbauenden Haus in sein Gedächtnis.

Und es geschah, dass seine Handfläche aufleuchtete und ein klingendes Geräusch zu vernehmen war, und mit einem Male richtete sich das zusammengefallene Haus des Bauern wieder auf von selbst und die herumliegenden Steine des Einsturzes rollten wie von selbst zusammen und setzten sich wieder an die gebrochenen Stellen und es währte nicht lange, da stand das Haus wieder unversehrt vor ihnen.

Da aber waren alle Dorfbewohner erstaunt und verwundert und blickten ehrfürchtig und mit offenen Mündern auf den Götterjungen herab.

Dieser aber freute sich nach seiner Tat über das Gelingen derselben und gleich darauf aber waren alle neugierig um ihn gescharrt und fragten ihn wie ihm das gelingen konnte und woher.

Und da aber erst erzählte der Junge ihnen von seinen geheimnisvollen Kräften, die in ihm schlummern und von denen er selbst aber nicht um ihre Herkunft wusste und sagte ihnen auch die Wahrheit um seinen Namen, dass er aufgewachsen war unter besonderen Priestern, welche ihm keinen richtigen Namen hatten gegeben, sondern ihn nur allezeit mit ‚Götterjunge' hatten angesprochen, wegen der besonderen Kräfte in ihm.

Und er erzählte ihnen von der Flucht und der Gefangennahme der Priester und dass die Krieger aber nicht um ihn wussten und er also aus diesem Grunde entkommen konnte in die Wüste.

Und die Dorfbewohner aber zweifelten nun nicht mehr seiner Worte und glaubten nun, dass er es wahrhaftig geschafft hatte, die Wüste zu durchqueren, und sie freuten sich über diesen Wunderjungen, der nun hier in ihrer Mitte weilte.

Der Dorfälteste aber gebot Ruhe und trat nach vorn zu dem Jungen und fragte ihn: „Diese Priester von denen du sprachst, nannten diese sich etwa Runenpriester?"

Und sofort war alles verstummt und der Junge aber bejahte die Frage mit einem Kopfnicken.

Der Dorfälteste aber antwortete und sprach: „Wir alle aus dem Dorfe hier wissen um den Bund der Runenpriester und haben schon von ihm gehört durch Andere. Uns ist auch zu Ohren gekommen von der Gefangennahme, gleichwohl wir nicht wissen, was diesen vorgeworfen wird!

Wir aber, die wir hier leben, glauben an die Unschuld dieses Bundes, und daher sage ich dir, dass du bei uns bleiben kannst und dass wir dich verbergen werden, sollte der Pharao von dir erfahren und Krieger nach dir ausschicken lassen!"

Da aber war der Junge erleichtert und froh darüber und wollte also vorerst auch bei ihnen bleiben und die Dorfbewohner bereiteten ein großes Festmahl und schlachteten eines von ihren besten Schafen und begingen gemeinsam ein kleines Willkommensfest für den Götterjungen.

Und so blieb der Junge in dem Dorfe und wohnte bei dem Bauern, der ihn gerettet hatte, und dessen Frau und half ihnen aus Dank dafür mit seinen Kräften.

Er half aber auch den anderen Dorfbewohner bei allem Belang und richtete als Erstes auch die anderen Häuser wieder her.

Und er half ihnen beim Ackerbau und ging hin und lenkte den Pflug von der Ferne aus mit seinen Händen und der Pflug gehorchte seiner Macht und sauste geschwind über den Acker, so dass ein jeder Acker in dem Dorfe war gepflügt innerhalb einer Kürze.

Und er half ihnen beim Fischfang und fuhr mit ihnen hinaus aufs Wasser und sie zeigten ihm einen vorbeiziehenden Fischschwarm von den Booten aus und der Junge hob seine Hände und lenkte den Schwarm zu den Booten hin und in die Boote hinein und es geschah, dass der Schwarm aus dem Wasser in die Boote sprang, und also ein sehr reicher Fang gemacht wurde ohne das Benutzen von Fischnetzen oder anderen Fanggeräten.

Und der Götterjunge aber wuchs immer noch so schnell wie zuvor und die Dorfbewohner merkten darum und staunten wahrhaftig über diesen einmaligen Knaben. Es wurde aber auch viel gesprochen und geschwatzt über ihn und über den Bund der Runenpriester.

Und eines Tages gingen die Dorfbewohner hin zum Dorfältesten und sprachen: „Unser Götterjunge ist schon etwas sehr Besonderes mit all seinen Kräften in sich. Doch sage uns Ältester, woher mögen diese Kräfte wohl kommen?"

Der Älteste aber fragte: „Was denket ihr denn?" 

Da aber antworteten die Dorfbewohner: „Wenn der Junge stammt aus dem Bund der Runenpriester, dann sind diese Kräfte wohl von den Runen her, gleichwohl wir nicht wissen, welche Runen von solcher Weise sein könnten, so dass man sie gebrauchen kann gleich der Junge es tut!"

Der Ältester aber nickte und sprach: „Gleiches ist auch mir schon zur Erkenntnis geworden. Doch vermag auch ich nicht euch die Antwort darüber zu geben!

Alles was ich über die Runenpriester weiß, ist, dass sie Gebrauch und Vereinigung mit den Runen suchten, auf dass sie die volle Macht der Runen haben würden. Sollte dieser Junge etwa das Ergebnis dessen sein, was diese Priester zu erschaffen suchten?! Ich kann weder ja noch nein dazu sagen, denn Vieles ist mir unbekannt darüber!

Gleichwohl wird es wohl stimmen, dass dieser Junge etwas damit zu schaffen hat, doch scheint er selbst nicht darum zu wissen und also wollen wir ihm nicht Fragen stellen und bei ihm nach Antworten bohren, auf dass er nicht ständig mit seiner Vergangenheit beschäftigt wird!"

Und so ließen die Dorfbewohner es dabei bewenden und nahmen den Götterjungen so an wie er war und fragten also nicht weiter nach seiner Macht, sondern freuten sich über sein Dasein.

Nach einiger Weile kam aber die Kunde vom Verbot der Runen und von der Vertreibung des Runenbundes aus Ägypten auch in das Dorfe am Roten Meer.

Und es geschah, dass gleich am darauffolgenden Tage Krieger in das Dorf kamen, und mit ihnen ritt ein Hohepriester des Pharao, der aber hatte die Rune des Sehenden, welche wird geschaffen aus der Vereinigung der Rune des Schicksals und der Rune des Lichts, und also konnte dieser in eines jeden Innersten hinein schauen.

Und die Ankömmlinge verkündeten ihnen die Vertreibung des Runenbundes und das damit verbundene Verbot vom Besitz der Runen und ein jeder Dorfbewohner musste also vortreten vor den Hohepriester, auf dass dieser mit seiner Rune konnte in sie hinein schauen, zu sehen ob eine Rune in ihnen hauste.

Und von den Menschen im Dorfe aber hatte niemand eine Rune, mit Ausnahme des Götterjungen, welchen sie aber verborgen hatten, denn sie wussten schon um die ankommenden Krieger durch das Nachbardorfe.

Der Götterjunge aber merkte von seinem Versteck aus von der Rune des Sehenden und also wusste er, dass der Hohepriester ihn konnte mit dieser entdecken.

Da aber sandte er Gedanken der Verhüllung in sein Herz, und also geschah es, dass er verhüllt wurde mit dem ‚Schild des Schattens', welcher ist einer von den drei Zaubern der Schattenrune.

Und nachdem alle Dorfbewohner bei dem Priester waren, durchsuchte Dieser jedes Haus und jede Unterkunft mit seinen Augen und sah mit seiner Rune durch jede Mauer und Wand hindurch, ob sich nicht einige Runenbesitzer versteckt haben vor den Boten des Pharao.

Und gleichwohl die Blicke der Rune des Sehenden sowohl natürlicher als auch geistiger Natur sind, so dass man mit ihnen also auch das Vorhandensein einer Rune erblicken konnte, fanden diese Blicke aber den Götterjungen und auch seine Rune nicht, denn sie wurden von dem Schild des Schattens abgelenkt.

Und so geschah es, dass die Ausgesandten des Tut-Anch-Amun wieder mit leeren Händen von dannen zogen und die Dorfbewohner aber freuten sich alle und umjubelten den Götterjungen und sie begingen gemeinsam ein Freudenfest noch denselben Abend.

Am nächsten Tage aber ließ der Götterjunge sie alle versammeln vor des Dorfältesten Haus und sprach zu ihnen:
„Ihr alle habt mir wirklich sehr geholfen und habt mich alle aufgenommen und in euer Herz geschlossen und hattet also keine Angst vor mir, nachdem ihr um meine Kraft gemerkt hattet, sondern habt mich angenommen als den, der ich war und bin, und habt mir ein Zuhause gegeben hier unter euch und ich half euch dafür so oft ich konnte und wir haben viel gelacht und getanzt zusammen!

Doch brennt in mir auch die Sehnsucht nach denen, bei denen ich geboren und aufgewachsen bin, und da ich nun weiß um die Vertreibung des Runenbundes aus Ägypten, mache ich mir doch nun große Sorgen um diese alle, und besonders aber auch um meinen Vater und meine Mutter, denn ich weiß nun nicht wo sie sind und was aus ihnen wird!

Und gleichwohl ich also auch gerne weiterhin hier bei euch bleiben würde, zieht es mich nun hinaus nach diesen zu suchen, auf dass ich sie finde und ihnen auch helfen kann!

Gleichermaßen aber will ich diesem Lande den Rücken kehren, denn wenn der König vertreibt alle diese, die meine Mutter und Vater sind und meine Lehrer, dann soll auch keiner mehr in diesem Lande etwas erlangen von meiner besonderen Hilfe!

Euch aber habe ich gern geholfen, denn ihr seid einfache Menschen und also habt ihr es verdient, einmal solch besondere Hilfe zu erlangen, denn ihr habt alle Tage schweres Tun!

Und daher lasst mich mit Freuden ziehen, denn dann kann ich auch überall wohin ich komme solchen einfachen Menschen wie euch gleichermaßen eine Hilfe sein!"

Und die Dorfbewohner waren traurig über sein Vorhaben und verstanden ihn aber auch und wünschten ihm alles Gute und alles Gelingen. Und sie gaben ihm noch einige Kleidung und Essen mit und der Götterjunge, welcher war nun gleich einem Bube im zehnten Lebensjahr, zog also von dannen.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top