Kapitel 1: Von Runen und Menschen


Einst haben die Götter den Menschen die Runen gegeben, dass sie sie gebrauchen, zu vollbringen viele gute Taten daselbst an sich als auch an Anderen und zum Schutze vor allem Bösen und vor jedweder Gefahr. Und der Runen Vielfalt war groß, denn die Götter meinten es gut mit den Menschen.

Sie sandten aber zunächst drei mächtige Runen, welches die Erzrunen waren: die Rune der unerschöpflichen Naturkraft, die Rune der völligen Geistesmacht und die Rune des mächtigen Kriegers. Und vor vielen tausend Jahren geschah es, dass die drei Erzrunen kamen aus der Götter Himmel und aufschlugen auf der Erde und in viele einzelne Runen zersplitterten.

Und siehe: die Rune der unerschöpflichen Naturkraft wurde zersplittert in Feuerrunen, Erdrunen, Windrunen und Wasserrunen; 
die Rune der völligen Geistesmacht in Runen des Lichtes, des Schattens, der Wahrheit und der Weisheit, als auch in Runen des Glaubens, der Hoffnung, der Liebe und des Schicksals;
die Rune des mächtigen Kriegers aber wurde zersplittert in Runen der Stärke, des Mutes, der Geschicklichkeit und der Schnelligkeit, als auch in Runen der Reinheit, der Treue, des Willens und der Gerechtigkeit.

Und die Runensplitter aber waren heiß wie Vulkanströme und dennoch durchsichtig wie Glas und wurden verstreut auf der ganzen Erde und fielen gleichfalls auf festes Land wie ins Meer, gleichfalls auf hohen Felsen wie in tiefen Seen, und zogen sich zurück an dunkle Orte, an denen nur ein Hauch von Licht gelangt, und erstarrten an jenen Stellen zu festen Steinen.
Und die Steine waren den Runen eine Hülle des Schutzes, so dass niemand mit Gewalt an eine Rune gelangen konnte, und kein Schwert, kein Speer, noch sonst irgendeine Kraft, vermochte die Steine zu öffnen.

Diese Steine aber wurden Runensteine genannt und sie waren an der unteren Seite flach, so dass sie gerade auf der Erde lagen, und waren rundherum so abgerundet, dass ihre flache Seite einem Oval glich, und waren gleichermaßen zur Oberseite hin abgerundet;
und waren also eine Elle lang, eine halbe Elle breit, und an ihrem Höchsten der Punkte eine halbe Elle hoch; und wären also gut zu nehmen mit zwei Händen, doch waren sie aber schwerer anzuheben denn der größte Berg auf Erden, so dass niemand sie konnte aufnehmen und fortschaffen von ihrem Platze.

Und auf jedem Runenstein ein Zeichen sich befand, welches zu sehen war mittig auf der Oberseite eines jeden Steins, und dies war das Zeichen derjenigen Rune, welche in dem Stein ruhte und es war wie von Zauberhand dort in den Stein eingeritzt und leuchtete sobald man sich dem Runensteine näherte. Und so kamen die Runen also in die Welt, gesandt von den Göttern, zu dienen den Menschen auf Erden.

Und in ihnen waren verborgen verschiedene Zauber, welche der Mensch also gebrauchen sollte. Und eine jede Rune hatte aber andere Zauber, denn eine jede Rune war für eine andere Art von Aufgabe gedacht.
Die Runen des Feuers, des Wassers, des Windes und der Erde etwa, konnten Runen zu den Naturkräften entfachen, auf dass der Mensch sollte Herr über das Feuer werden oder dass er konnte gebieten über Wind und Wellen des Meeres.

Die Runen des Geistes aber, zu welchen etwa zählte die Rune der Weisheit oder die Rune des Schicksals, konnten den Menschen bestimmte geistige Eigenschaften verleihen, so dass sie sollten an Klugheit und Wissen zunehmen oder dass sie konnten in die Zukunft sehen.
Die Runen des Kriegers aber, wie etwa die Rune der Stärke oder die Rune der Schnelligkeit, sollten bestimmte körperliche Eigenschaften ihrer Träger verstärken, auf dass sich diese würden im Kampf durchsetzen können.
Was aber weiter zu den Runen und all ihren Zaubern zu sagen wäre, siehe das steht geschrieben im Runenbuch des Obadia.

Und die Runen waren aber keineswegs ohne Leben, sondern sie waren besondere Geisteswesen, welche eine eigene Denkensweise hatten. Und sie besaßen eine eigene Sprache, welche für den Menschen nicht zu hören war, sondern nur allein die Runen untereinander konnten diese erfassen und verstehen. Gleichfalls konnte man sie niemals zu Angesicht sehen, sondern sie waren allein nur zu fühlen als ein Atemhauch der Götter.

Sie waren aber gefangen in den Steinen und waren nicht selbst in der Lage, ihre Zauber anzuwenden, denn die Götter wollten, dass allein der Mensch Derjenige sei, der die Zauber benützt. Also erschufen sie die Runen derart, dass diese entweder nur in einem Stein oder in einem Mensch sein konnten. Darüber hinaus konnten sie also nicht sein, weder im Freien noch anderswo, so dass die Runen ohne den Menschen also nichts konnten tun.

Die Menschen sollten sich aber erst als würdig erweisen, zu ziehen den Nutzen aus den Runen. Dies war aber der Grund, dass die Runen dennoch einen eigenen Willen hatten, so dass sie den Menschen nicht geschenkt wurden, sondern den Menschen ward gegeben eine besondere Macht, mit welcher sie erst mussten erlernen die Runen zu ziehen und zu gebrauchen.

Denn die Götter gaben den Menschen die magische Kraft, welche aber war dieselbe Kraft mit der die Runen waren gemacht worden von der Götter Hand, und also war sie der Schlüssel zu den verborgenen Kräften in den Runen, welcher ward den Menschen in die Hand gegeben schon von Anfang an. Also konnte der Mensch Macht erlangen über die Runen, indem er sie ziehen konnte aus den Steinen, auf dass er würde werden ein Träger der Rune und ihre Zauber gebrauchen können.

Die Runen aber kannten die magische Kraft, und konnten daher fühlen, wenn ein Mensch an ihrem Runensteine herzutrat. Und dies aber war der Grund, dass ein Runenzeichen zu leuchten begann, wenn man an einen Runenstein herzutrat. Denn die Runen konnten fühlen die Nähe des Menschen und der magischen Kraft in ihm, und die magische Kraft selbst aber war die Ursache, dass ihre Zeichen aufleuchteten. Denn die magische Kraft allein ist der Grund, dass die Zauber der Runen konnten Wirklichkeit werden.

Also wollten die Runen auch, dass der Mensch sie ziehe, auf dass sie Zugang hatten zur magischen Kraft in dem Menschen, so dass sie ihre Zauber konnten zeigen und nicht mehr nur stumme Gefangene ihrer Steine wären. 

Die Menschen aber wurden neugierig auf die Runensteine, weil diese unentwegt leuchteten. Und sie konnten also spüren, dass eine seltsame Lebensquelle in dem Stein hausen musste.
Also berührten die Menschen den Stein, auf dass sie diesen untersuchen konnten. Und damit war hergestellt die Verbindung zwischen Stein und Mensch und die Rune konnte ohne Zutun des Menschen in diesen hineinwechseln.
Und so geschah es vielerlei Orts, zu der Zeit, da die Runen auf die Erde gekommen waren.

Und die Runen missbrauchten die Kraft in den Menschen und nutzten sie für ihre Zauber, denn der Mensch war noch unwissend über den richtigen Umgang mit der Rune. Dies aber war der Grund, dass die Runen am Anfang eine große Gefahr für die Menschen waren. Denn kein Mensch hatte eine unendliche magische Kraft, sondern sie war bei einem jedem begrenzt als ein gewisser Vorrat, der sich nach und nach wieder erneuerte.

Daher darf man von ihr aber nicht zehren und zehren, sonst wird sie immer weniger, und zehrt dadurch auch an der Lebenskraft, welches ist die zweite große Kraft, die in dem Menschen ist. Und die magische Kraft darf erst recht nie ganz versiegen, denn ein Mensch dessen magische Kraft ganz aufgebraucht ist, dessen Lebenskraft wird versiegen während einer Kürze, so dass er sterben muss den jämmerlichen Tod.

Die Runen aber nutzten am Anfang die Kraft in dem Menschen so oft sie wollten, so dass diejenigen Menschen, welche Runenträger waren, allesamt dem Tode nahe kamen. Der Mensch hatte aber schon sprechen gelernt, und so wurde das Wissen um jene Gefahr von Mund zu Mund und von Land zu Land weiterverbreitet.

Mit der Zeit wussten die Menschen aber immer besser ihre magische Kraft zu gebrauchen.
So geschah es, dass sie lernten den Willen der Runen zu unterwerfen, auf dass sie diese so benutzen konnten, wie es allein ihren Zwecken am dienlichsten war.

Die Runen waren aber alle von unterschiedlichem Verhalten, alle auf die Weise, wie sie sich auch von ihren Zaubern her unterschieden. Also wohnten die Runen am liebsten in solchen Menschen, welche eine ihnen ähnelnde Wesensart hatten. Und also gab es auch Menschen, in welche sie nicht wollten einziehen.

Doch als die Menschen mit ihrer magischen Kraft umgehen konnten, sie auch solche Runen mit Gewalt aus ihrem Stein zu ziehen in der Lage waren. Gleichwohl konnten die Menschen nun auch Runen, welche sie nicht länger haben wollten, zurück in einen Stein bannen. Es konnte aber jeder beliebiger Stein dazu dienen, solange er nicht von zu geringer Größe war.

Und jeder Mensch, der eine Rune trug, an dem ward sichtbar das Zeichen derjenigen Rune, die er gezogen hatte, denn das Zeichen auf dem Runenstein war das Zeugnis des Vorhandenseins der Rune, also war dies Zeichen immer dort zu sehen, wo die Rune sich befand.
Beim Menschen aber war das Zeichen meist auf der Handfläche derjenigen Hand zu sehen, mit welcher er die Rune gezogen hatte.

Und so wandelte sich das Leben der Menschen mit den Runen, dass sie den Willen der Runen zu unterwerfen lernten, und so ward der Mensch fortan der Herrscher über die Runen, gleich dem Willen der Götter. 

Die magische Kraft aber war in den Menschen unterschiedlich ausgesondert worden.
So gab es nur wenige, welche wahrhaftig jede Rune konnten an sich ziehen, und auch jeden Zauber der Runen zu verwirklichen in der Lage waren. Manch einer konnte sogar Träger von zwei Runen sein. So gab es aber auch viele, welche nur wenige Runen konnten an sich ziehen und also konnten sie auch nicht anwenden jeden Zauber, denn ihre magische Kraft war nicht genug ausreichend für so manch bestimmte Rune.

Denn die Runen waren auch alle unterschiedlich mächtig, also bedurfte es ihrem Nutzen auch einer entweder höheren oder geringeren magischen Kraft.
Die höchsten und mächtigsten Runen aber waren die Rune des Lichtes und die Rune des Schattens, welche beide zählten zu den sogenannten Geistesrunen. Denn in ihnen gelegt waren die urtreibenden Kräfte alles Guten sowie alles Unguten, auf dass Gut und Böse vorhanden sein sollten in einem ewigen Gleichgewicht zueinander auf der gesamten Erde.

Die Rune des Lichtes aber war der Abglanz alles Guten und Hellen. Sie ward daher zu späterer Zeit auch als „helle Rune" oder „weisse Rune" benannt. Die Rune des Schattens aber war Sinnbild alles Unguten und Bösen. So ward sie später auch als „dunkle Rune" oder „schwarze Rune" benannt. Und diese beiden Runen über alle anderen Runen standen, besaßen sie doch die Macht, zu wandeln eines Menschen Gesinnung zum Guten oder zum Unguten.

Doch die Menschen waren noch nicht so weit in ihrem Wirken und Wissen, dass sie darum wussten. Sie waren einzig und allein froh über den anfänglichen Nutzen, welchen sie bereits aus den Runen zu ziehen in der Lage waren. Allerdings begannen sie zu trachten immer mehr und mehr nach weiterem Wissen über die Runen, auf dass sie eines Tages erlangen würden der Runen volle Macht.



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