Vier
Ivy, Marik und ich hatten die letzte Viertelstunde damit verbracht, Ara, Tierra und Lani auf den neuesten Stand zu bringen. Wir saßen im Kreis auf der Lichtung im Wald der wechselnden Jahreszeiten. Die Lichtung war umgeben von einem Meer aus Bäumen, deren Blätter in unzähligen Farben leuchteten – von kräftigem Grün bis hin zu einem glühenden Rot. Der Wald schien sich ständig zu verändern, und die Farben der Blätter verschmolzen miteinander wie in einem lebendigen Gemälde. Die Stille war fast greifbar, nur durchbrochen vom gelegentlichen Rascheln der Blätter und dem leisen Summen der Insekten.
„Wir müssen zur Höhle zurück", sagte ich und blickte in die Runde. „Maila sagte, dass dort die Antworten auf uns warten. Wir müssen unsere Kräfte wieder ins Gleichgewicht bringen."
Ara nickte entschlossen, ihre Augen blitzten vor Entschlossenheit. „Das klingt nach einem klaren Ziel. Wir sollten keine Zeit verlieren."
Tierra zupfte nervös an ihrem Anhänger, der die Form eines Blattes hatte. „Aber wie sollen wir die Höhle finden? Sie ist doch verschwunden."
„Maila sagte, der Weg ist in uns", erklärte Ivy, ihre Augen suchend über die Lichtung streifend. „Wir müssen uns auf unsere Verbindung zu den Elementen verlassen. Das wird uns leiten."
Während wir sprachen, hörte ich plötzlich ein seltsames Rascheln, das sich von dem gewöhnlichen Wind unterschied, der durch die Bäume strich. Es war nicht das sanfte Flüstern des Windes, sondern ein bedrohliches Knurren, das die Luft durchzog. Ein Kältegefühl kroch langsam in die Umgebung und ließ uns frösteln, als ob der Wald selbst auf eine Bedrohung reagierte.
„Habt ihr das gehört?" fragte Lani, deren Hand bereits auf ihrem Anhänger, der die Form einer Wolke hatte, lag. Die Wolke begann schwach zu leuchten, und ein sanfter Nebel bildete sich um uns herum.
Ivy sprang auf, ihre Augen verengten sich. „Etwas ist in Bewegung." Ihr Anhänger, ein Blatt, begann heller zu leuchten, als sich der Boden unter uns zu bewegen begann.
Ein tiefes Grollen ertönte, und der Boden begann zu vibrieren. Ein seltsames Gefühl der Ohnmacht ergriff uns, als ob der Wald selbst auf eine tief verwurzelte Gefahr reagierte. Die Luft wurde schwer, und ein unheilvolles Rauschen erfasste uns.
Plötzlich brach der Boden vor uns auf. Eine massive Welle aus Erde und Wind schoss in die Höhe. Vor unseren Augen formte sich ein Golem aus gebrochenem Stein und wirbelnden Blättern – eine groteske Mischung aus Erde und Natur, umgeben von einer unnatürlichen Luftströmung, die wie eine Barriere um das Geschöpf herum tanzte. Der Golem hatte leuchtende, glühende Augen aus purer Energie, die uns wie dunkle Scheinwerfer anstarrten.
„Was... ist das?" stieß Tierra erschrocken aus. Ihr Blatt-Anhänger begann zu blitzen, als sie sich ängstlich zurückzog.
„Das ist von den Räubern der Elemente erschaffen", sagte Ivy mit fester Stimme. Ihre Augen waren fest auf das Geschöpf gerichtet. „Das ist ihre Art, uns aufzuhalten."
„Das Wesen ist aus Erde und Wind geformt", murmelte Lani, deren Wolken-Anhänger ebenfalls zu leuchten begann. „Vielleicht kann ich es beeinflussen..."
„Wir haben keine Wahl", sagte ich entschlossen. „Ivy, Lani – ihr müsst eure Kräfte einsetzen, um es zu stoppen!"
Ivy schloss die Augen und streckte ihre Hände aus. Der Boden unter uns begann zu zittern, als ob die Erde selbst in Antwort auf ihre Kraft pulsierte. Kleine Risse bildeten sich, und das Gras wogte wie von unsichtbaren Händen bewegt. Sie versuchte, die Kontrolle über die Erde zu übernehmen, aus der das Wesen bestand.
Gleichzeitig hob Lani die Hände in die Luft. Ein starker Windstoß erhob sich, der wie eine unsichtbare Wand gegen das Geschöpf stieß. Die Luft um sie herum begann sich zu wirbeln und zu heulen, als ob der Wind selbst auf ihren Befehl wartete.
Das Geschöpf brüllte tief und bedrohlich. Es war ein markerschütterndes Geräusch, das wie ein Echo der Urgewalten klang. Mit einem gewaltigen Satz bewegte sich der Golem auf uns zu. Seine massiven Steinfäuste hoben sich, und die Luft vor seinen Schlägen schien sich zu verziehen, als ob sie gegen eine unsichtbare Wand prallte.
„Es ist zu stark!" rief Ivy, als die Erde unter dem Golem aufbrach. Die gewaltigen Stöße des Geschöpfes erzeugten Risse, die wie schneidende Klingen durch den Boden schossen. Lani versuchte verzweifelt, den Wind zu lenken, der sich jetzt wie eine zerstörerische Peitsche durch die Luft schlug.
„Wir müssen zusammenarbeiten", rief Ara, während sie ihren Wassertropfen-Anhänger hob. Ihre Augen funkelten vor Entschlossenheit. „Ich werde versuchen, es zu schwächen!"
Ara hob ihre Hände, und aus der Luft begann sich Wasser zu sammeln. Feine Tropfen kondensierten und bildeten Ströme, die sich wie lebendige Schlangen um die Beine des Golems schlängelten. Der Golem schien einen Moment zu zögern, als das Wasser ihn umschloss und seine Bewegungen verlangsamte.
„Jetzt!" rief ich, meine Stimme durch den Lärm der Auseinandersetzung dröhnend. Ivy konzentrierte sich und öffnete den Boden unter dem Golem weiter. Die Erde senkte sich und stürzte wie eine Welle unter dem Gewicht des Geschöpfes ab. Gleichzeitig verstärkte Lani den Wind zu einem Sturm, der die Luft schneidend und mächtig machte. Der Wind schnitt durch die Luft, lenkte die Bewegungen des Golems und brachte ihn weiter ins Taumeln.
Mit einem gewaltigen Knall stürzte das Wesen zu Boden. Die Erde unter ihm brach auf, und der Wind zerstreute die letzten Überreste des Geschöpfes in alle Richtungen. Der Golem zerfiel in eine Mischung aus Schutt, Erde und wirbelnden Blättern, die sich mit dem Wind verflüchtigten.
Schwer atmend standen wir da, während die Luft sich wieder beruhigte und die Gefahr vorüber war. Die Lichtung, die sich zuvor in ein Chaos verwandelt hatte, begann sich langsam zu beruhigen. Die Blätter fielen sanft von den Bäumen, und der Wald schien die Ruhe nach dem Sturm wiederherzustellen.
„Das war knapp", murmelte Marik, der immer noch neben mir stand, seine Augen weit aufgerissen und voller Staunen über das, was geschehen war.
„Sie haben uns gefunden", sagte Ivy. Ihre Stimme war ruhig, aber durchzogen von Entschlossenheit. „Und sie werden nicht aufhören."
Ich nickte und sah zu den anderen. „Wir müssen stärker werden. Die Räuber der Elemente werden uns weiter angreifen, und wenn wir nicht im Einklang mit unseren Kräften sind, werden wir verlieren."
„Aber wir haben gezeigt, dass wir es können", sagte Ara lächelnd. Ihr Lächeln war voller Hoffnung und Zuversicht. „Wir haben zusammengearbeitet und gewonnen. Wir werden das schaffen."
Ich konnte nicht anders, als ebenfalls zu lächeln. Ara hatte recht – wir hatten einen Sieg errungen, und wir hatten gezeigt, dass wir trotz der Herausforderungen stark und vereint bleiben konnten. Doch der Weg vor uns war lang und voller Gefahren. Die größte Herausforderung lag noch vor uns, und wir mussten uns auf alles vorbereiten, was noch kommen würde.
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