{ 4.2 }
WARNUNG: SUIZIDVERSUCH!
„Wenn du fertig bist, Eisenstern, würde ich gerne auch etwas berichten aus dem WindClan. Uns ist zu Ohren gekommen, dass unsere Kriegerin Margeritenblatt ebenso eine Verbindung mit einem FlutClan-Krieger eingegangen ist. Daher hat ein ausgewählter Rat aus WindClan-Katzen beschlossen, ihr die Wahl zu lassen, ob sie sich ein neues Heim bei einem der anderen Clans sucht oder zu einer Einzelläuferin wird", jaulte Falterstern und die Kätzin am Waldrand riss sichtbar schockiert die Augen auf, bevor sie laut auffauchte.
„Ich erwarte Junge, WindClan! Ihr seid doch sicher nicht so herzlos und überlasst eine Königin den wilden Tieren."
Die Moorläufer wandten sich von ihr ab und Hummelnacht zog scharf die Luft ein. Nun hatte sich der WindClan klar gegenüber den anderen positioniert, sie unterstützten Feuersterns Art, die Dinge anzugehen. Mit angstvoll angelegten Ohren zog sich Margeritenblatt von ihrem Clan zurück und blickte hilfesuchend zum Clan ihres Gefährten.
Da tappte entschlossen eine schlanke, rotbraune Gestalt an der FlutClan-Kriegerin vorbei und Hummelnacht erkannte erstaunt den stillen Hundenase, der meist in der Gruppe seiner Geschwister unterging und vergessen wurde.
Er lief schnellen Schrittes am Versammlungsfelsen vorbei und schmiegte sich an Margeritenblatt, der ein Berg von der Seele zu fallen schien. Liebevoll leckte der Krieger der Kätzin über die Wange und sie sank vor Freude und Liebe beinahe in sich zusammen.
„Ich werde mit ihr gehen, unsere Liebe wird nicht durch eine mäusehirnige Clanrivalität zerstört!", rief er laut und eine andere Stimme fiel in seine ein, „Die Minze wird ohne den Iltis verwelken und ihre Sprösslinge erfrieren. Ich werde ihr folgen, wohin sie auch geht."
Iltisfährte sprang zu seiner Gefährtin herüber, doch Hummelnacht konnte sich nicht mehr auf die Große Versammlung konzentrieren. Ihre Gedanken schweiften zu Mondschatten, dessen gebrochenen, verlorenen Blick sie nicht vergessen konnte.
Sie kannte diese Hoffnungslosigkeit, die Trauer, die Einsamkeit. Nur ein in Splitter gebrochenes, nicht mehr reparierbares Herz konnte diese Gefühle hervorrufen. Sie kannte die Zeichen, sie wusste, was geschehen würde, wenn niemand eingriff.
Warum hatte sie es nicht früher erkannt? Was, wenn es schon zu spät war?
„Blaubeerherz, pass für mich auf Lila auf, bitte. Ich muss zurück ins WolkenClan-Lager, ich hoffe, ich kann es noch verhindern. Weißdorn, ich werde vermutlich deine Hilfe brauchen, bring Himmelsflocke mit. Eulenstaub, du bleibst hier und sorgst dafür, dass niemand Verdacht schöpft", flüsterte sie ihren Clangefährten und Freunden zu, bevor sie davonschlich und ins Unterholz abtauchte.
Er durfte bloß nicht so enden wie SIE, alles andere war ihr egal. Er würde nicht so enden wie Schneehummel, dafür würde sie schon sorgen. Und wenn sie dafür gegen den SternenClan in den Krieg ziehen musste, sie war bereit, alles zu tun.
Vermutlich war sie noch nie so schnell gerannt, in ihrem ganzen Leben nicht. Als sie das WolkenClan-Lager erreichte, konnte sie sich nicht erinnern, welchen Weg sie genommen hatte.
Hinter ihr brachen Weißdorn und Himmelsflocke aus dem Dickicht und Hummelnacht stellte mit vor Erleichterung zitternden Beinen fest, dass Mondschatten noch auf der Lichtung hockte, die Schnauze in Richtung Himmel erhoben und der leblose Körper seiner Gefährtin zu seinen Pfoten.
Er hatte sie nicht verlassen, war nicht zu den Sternen gewandert, sondern hatte das Wohl seiner Kinder in Betracht gezogen. Er hatte sich nicht von seiner Trauer verzehren lassen.
Da beugte er seinen Kopf hinunter zu seiner Gefährtin und kaum sah sie die kleinen Punkte auf ihrem vom Mond beschienenen Fell, stürzte sie vor und stieß ihn von ihr weg. Seine Krallen bohrten sich schmerzhaft in ihre Schultern und seine Zähne fanden ihr Ohr, allerdings ließ sie nicht los.
Schließlich schaffte sie es, ihn zu Boden zu pressen. Der tiefe Verlust in seinen Augen ließ ihr Herz in tausend Stücke zerbrechen, aber sie schwächte ihren Angriff nicht ab. Mit aller Kraft, die sie aufbieten konnte, hielt sie ihn auf der Erde.
„Was ist mit deinen Kindern, wenn du gehst, Mondschatten? Mit Häherjunges und Echojunges, Krähenjunges und Rabenjunges, Kuckucksjunges und Schleiereulenjunges? Willst du ihnen das wirklich antun?", fauchte sie ihm ins Gesicht und der Kater erschlaffte unter ihren Pfoten, „Versprichst du mir, es nicht noch einmal zu versuchen?"
Er nickte geschlagen und blieb liegen, obwohl sie ihn bereits losgelassen hatte. Er schien erst verarbeiten zu müssen, was er hatte tun wollen und stand unter Schock. Himmelsflocke eilte zu ihnen herüber und seufzte erleichtert auf, als sie erkannte, dass Mondschatten bis auf ein paar Kratzer unversehrt war.
„Ich möchte sie jetzt begraben. Es entspricht nicht ganz den Clantraditionen, aber sie hat die Nacht und das Licht des Mondes geliebt. Sie hat vor den Großen Versammlungen immer möglichst viel Unfug gemacht, damit sie ja nicht mitdurfte und dann ist sie die ganze Nacht im WindClan-Territorium herumgestreunert, um dem Mond und den Sternen so nah zu sein wie nur irgendwie möglich", miaute der WolkenClan-Krieger mit Sehnsucht in der Stimme und Hummelnacht wusste, was zu tun war.
„Ich wecke eure Kinder, sie wollen sicher dabei sein."
Mit diesen Worten ließ sie Mondschatten bei Weißdorn und Himmelsflocke, bevor sie in die Kinderstube abtauchte und zum Nest mit den sechs Kleinen schlich, die sich in der fremden Umgebung eng aneinander gekuschelt hatten.
„Häherjunges, wach auf", murmelte sie leise und tippte die kleine, graugetigerte Kätzin gegen die Schulter. Das Junge öffnete die Augen und war hellwach, als hätte es eben nicht tief und fest geschlafen, sondern nur die Lider gegen das Licht des Vollmondes geschlossen.
„Ja? Ich hoffe, du möchtest Kuckucksjunges nicht auch so wecken, er wird sehr ungehalten, wenn man ihn berührt", miaute Häherjunges, ohne mit der Wimper zu zucken. Ihr Körper verriet keinerlei Gefühle und der Kriegerin wurde schmerzlich bewusst, dass das Junge ihr nicht vertraute.
„Euer Vater möchte eure Mutter im Licht des Mondes beerdigen, wenn ihr ihr Lebewohl sagen wollt, müsst ihr jetzt aufstehen", wisperte sie sanft und nun zeigte sich die erste Emotion auf dem Gesicht der Kleinen.
Trauer. Welterschütternde, herzbrechende, hoffnungsvolle, sanfte, liebevolle, verletzliche und schmerzerfüllte Trauer.
Häherjunges schaffte es, all das in einem einzigen Blick zu vermitteln. Eine solche Tiefe in einem kurzen Augenkontakt zu erleben, hatte ihr bisher nur bei einer Katze erlebt und diese hätte sie nie in Häherjunges gesehen.
Nur Schwarzwasser hatte es je geschafft, in ihr mit einem Blickwechsel einen solchen Gefühlssturm auszulösen und irgendetwas hatten diese beiden Katzen gemeinsam, dass sie einen solchen Eindruck bei der Kriegerin hinterließ.
Es musste die Tatsache sein, dass beide für großes bestimmt waren.
Nur einen Moment später war es vorbei und die Kätzin wandte sich ihren Geschwistern zu, um sie mit einer Liebe zu wecken, die nichts mit der Emotionslosigkeit von vorher zu tun hatte.
„Echo", die Kätzin tippte ihrem Wurfgefährten sanft gegen die Schulter und wartete, bis er die Augen aufgeschlagen hatte, dann fuhr sie deutlich gröber bei ihren anderen Geschwistern fort. Schließlich waren alle außer Schleiereulenjunges wach und Kuckucksjunges seufzte.
„Was ist los? Soll ich ihn wecken?", meinte Hummelnacht verwirrt und blickte die fünf Katzen fragend an. Diese jedoch schüttelten nur die Köpfe, bevor der mächtige Graugetigerte seine Schnauze im Bauchfell seines Bruders versenkte und zu schnurren begann.
Wenige Mäuseherzschläge später stand ein fauchender Schleiereulenjunges aufrecht im Nest und war kurz davor, Kuckucksjunges die Krallen über die Schnauze zu ziehen. Hummelnacht erkannte nun, warum sie ihn nicht hatte wecken sollen. Er wäre sicher auf sie losgegangen.
Sie schluckte, musste dann jedoch husten. Der Wind zog von draußen herein und er trug Unheil mit sich. Als sie hinaustrat, erkannte sie auch, warum.
Flammen färbten den Himmel blutrot.
—~—
Theorien?
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