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Hummelnacht reckte sich müde und fuhr sich mit der Zunge über den zerzausten Pelz. Sie hatten nun die fünfte Nacht bei Mona verbracht und besser geschlafen als die letzten Monde hatte sie trotzdem nicht. Sie wälzte sich nur auf ihrem Moospolster herum, fand keine Ruhe und keine Rast.

Sie machte sich Sorgen, um ihre Familie, um ihre Freunde, sogar um Rosenfall, das Mäusehirn, mit der sie eigentlich abgeschlossen hatte. Eigentlich hatte sie Angst um den ganzen FlutClan, denn wer wusste schon, was Feuerstern mit ihnen tat, wenn sie nicht da war, um als Sündenbock dazustehen.

Alleine die Vorstellung, ihre Mutter oder ihren Vater könnte in irgendeinem Wege Schaden ereilen, sorgte dafür, dass ihr übel wurde und sie sorgsam ihren Schweif um ihre Pfoten schlang, um nicht voller Furcht zu den Clans zu rennen und nach ihrer Familie zu sehen.

Noch konnte sie allerdings nicht zurückkehren, nicht bevor sie Asche wenigstens einmal begegnet waren. Sie wusste, Mona kannte die Kätzin, denn wenn er von ihr sprach, verbarg er mehr schlecht als recht, dass sie noch lebte.

Hummelnacht hatte ihn und die riesige Kätzin, die sich immer am Ende des Zweibeinerbaus in den Schatten zusammenrollte und nur in der Dunkelheit der Nacht herauskam, belauscht, das gab sie offen zu.

Vielleicht war das nicht höflich gewesen, denn sie genossen die Gastfreundschaft des Sphinx, aber darum kümmerte sie sich kaum. Es war die Zukunft der Clans, die auf dem Spiel stand, obwohl sie nicht wusste, wie rosig diese Zukunft aussehen würde.

Mit einem Seufzen tappte sie zu ihren Gefährten, die sich auf einem sonnigen Flecken ausgebreitet hatten und sich die Zungen gaben. Lichtrose lag in der Mitte, den hübschen Kopf auf die Flanke von Mandelfall gebettet, während er sanft mit seiner Schnauze durch ihr Fell fuhr.

Sie hatte sich etwas erholt, war aber nicht reisebereit, deshalb verbrachten sie die Zeit, bis ihre Wunden verheilt waren, bei Mona. Schenkten den zwei Liebenden noch einige wenige wertvolle Augenblicke, in denen sie beisammen sein konnten, ohne sich verstecken zu müssen.

Ein junges Kätzchen sprang zu ihr und hielt ihr mit neugierig geneigtem Kopf einen Spatzen hin, das Maul voller Federn und einem wissensdurstigen Blick. Lächelnd nahm die Kriegerin der kleinen, schildpattfarbenen Kätzin die Frischbeute ab und lehnte sich zu Glanzgeist, um ihr das Stück weiterzugeben.

Dann schlang sie ruhig ihren Schweif um ihre Pfoten und sah ihre Besucherin aufmerksam an, einen freundlichen Ausdruck auf der Schnauze. Schon häufiger waren junge oder auch ältere Katzen zu ihr gekommen und hatten sie über die Clans ausgefragt und wie es dort denn so war.

Sie hatte ihnen die schonungslose Wahrheit erzählt, doch irgendwie hatte sie bei dieser Kätzin das untrügliche Gefühl, sie musste sanfter vorgehen. Ein ungewohntes Gefühl breitete sich in ihr aus, als sie das Junge betrachtete, sie wollte es schützen, vor allen Bedrohungen der gefährlichen Welt abschirmen und sich um es zusammenrollen, alle Gefahren von ihr fernhalten.

„Ich heiße Lila! Und wer bist du?", schnurrte das Kätzchen aufgeregt und blickte sie mit großen Augen an, die schimmerten und sie bewundernd ansahen. Hummelnacht neigte den Kopf und miaute dann mit einer so sanften Stimme, wie sie noch nie jemand von ihr gehört hatte: „Mein Name ist Hummelnacht. Möchtest du eine Geschichte hören, Kleine?"

Lila nickte aufgeregt und die Kriegerin winkte leicht mit ihrem Schweif zu sich. Das Kätzchen sprang zu ihr und kuschelte sich in ihre Seite, bevor sie leise zu schnurren begann.

„Vor langer, langer Zeit lebten einmal fünf große Krieger. Sie waren stark, schlau, gerissen, mutig und wissbegierig. Ihre Namen waren Wind, Donner, Schatten, Fluss und Wolken, und sie waren überall bekannt. Wind war die schnellste Läuferin von allen. Donner war so stark, dass ganze Bäume unter dem Hall seines Gebrülls umstürzten.

Schatten schlich durch die Dunkelheit, ungesehen, und doch wusste er alles, was in seinem Territorium vor sich ging. Fluss war geschmeidig und flink wie das Wasser, scheute jedoch keinen Kampf, wenn er notwendig war. Wolken kletterte in die höchsten Wipfel und strebte stets nach dem Wissen, was es außerhalb der bekannten Wälder noch so gab.

Es kam schließlich dazu, dass diese fünf Katzen nicht mehr alleine durch die Welt wandern wollten und so schlossen sie sich zusammen, suchten sich andere, die ebenso ihrem Weg folgen wollten. Sie gründeten die Clans, den WindClan, den DonnerClan, den WolkenClan, den SchattenClan und den FlussClan.

Doch eines Tages, lange nachdem die großen Anführer zum Silbervlies geworden waren, kam ein schlimmes Unwetter auf und alle Clans waren in großer Gefahr. Da sprachen die Ahnen vom Himmel herab in die Träume der Heiler und warnten sie. Den Rest der Geschichte kann ich dir ein anderes Mal erzählen, jetzt muss ich mich um die Gruppe kümmern, Kleine."

Lila starrte sie mit großen Augen an und miaute mit bettelnder Stimme: „Erzähl mehr, erzähl mehr! Ich will wissen, wie es weitergeht!" Hummelnacht warf ihren Weggefährten einen zweifelnden Blick zu, doch dann trafen ihre Augen auf die von Bronzeblut, der entschieden nickte und leicht mit den Ohren zuckte. Sie kannte diese Gesten nur zu gut, er würde die Gruppe nicht aus den Augen lassen.

Mit einem sanften Lächeln ringelte sie sich um das kleine Kätzchen zusammen und fuhr ihr mit der Zunge über das weiche, noch flaumige Fell. Mit einem Mal wunderte sie sich, wieso Lila alleine war, denn sie konnte nicht älter als drei Monde sein. Wo waren ihre Eltern, Wurfgefährten oder Freunde?

Sicher hatte sie doch irgendwelche Spielgefährten, oder? Schon wollte sie sich suchend umsehen, da hing ein Gewicht an ihrem langen Halsfell und sie entdeckte das Junge, das sich mit seinen Krallen darin verhakt hatte und sie bettelnd ansah.

„Gut, Lila, dann erzähle ich weiter. Einige Ahnen kehrten aus dem Sternenvlies zu ihren Familien zurück, doch als sie dort angekommen waren, hatten sie längst vergessen, was ihre Aufgabe gewesen war, denn der Weg von den Sternen hinab ist ein sehr, sehr langer, musst du wissen. Als sie bei den Clans ankamen, war der Sturm schon lange vorbeigezogen und die Ahnen wieder zu Jungen geworden.

So kann es auch jetzt noch immer wieder vorkommen, dass Ahnen in kleinen Jungen wiedergeboren werden, sich nicht an ihr früheres Leben erinnern und ein neues Leben führen. Doch diese Katzen haben ein Glück, das der Sternenwanderer, der in ihnen wiedergeboren wurde, nie hatte. Sie sind vom Mond und den Sternen gesegnet.

Und so wandeln sie auch heute noch unter uns, verborgen und unentdeckt. Wer weiß, vielleicht schlummert auch in dir ein legendärer Krieger, der nur darauf wartet, geweckt zu werden."

Mit einem leisen Schnurren fuhr sie dem Jungen über den Kopf, denn es hatte sich in ihr weiches Bauchfell gekuschelt und schlief tief und fest. Wärme erfüllte ihr Herz und sie fragte sich, ob es sich so anfühlte, eigene Junge zu haben.

„Das war eine sehr schöne Geschichte, danke, dass du dich Lila angenommen hast", miaute eine helle Stimme leise neben ihr und die Kätzin fuhr hoch. Dort hockte, von den Schatten halb verborgen, die riesige Kätzin, die normalerweise nur in der Dunkelheit der Nacht hervorkam.

Ihre bernsteinfarbenen Augen leuchteten begeistert und mit einem Mal wurde Hummelnacht bewusst, die Schattenwandlerin war auch gerade erst dem Jungenalter entwachsen. Lächelnd zuckte sie mit den Ohren und fuhr dem Jungen an ihrem Bauch über den Rücken.

„Wir wissen nicht, wo ihre Eltern sind, denn sie ist vor einigen Nächten einfach aufgetaucht. Ich kann mich nur nicht mehr erinnern, warum - auch wenn ich mir sicher bin, ich wusste es eben noch", frustriert fuhr sich die Kätzin im Schüleralter über die langen Schnurrhaare, „das passiert mir ständig, dass ich Dinge vergesse, die ich eben noch wusste. Ich heiße Crescent in the Night und lebe schon seit einiger Zeit bei den Zwielichtläufern. Mein Name bedeutet Nacht des Sichelmonds. Entschuldige, mir hilft nur eine Aufzählung meistens, damit ich wieder darauf komme, was ich sagen wollte."

Hummelnacht nickte verständnisvoll und war insgeheim froh, dass Lila keine Eltern mehr hatte, denn sie würde die Kleine, wenn sie wollte, als ihre eigene Tochter zu den Clans zurückbringen. Was Feuerstern dazu sagte, war ihr egal, Lila würde er nichts antun können, zuerst musste er an ihr vorbei.

Mit diesem Gedanken legte sie den Kopf auf ihre Pfoten und lauschte dem rumpelnden Schnurren der Jungkatze, die sich neben ihr in der Sonne ausgebreitet hatte, bis sie in einen sanften Schlummer fiel.

—~—

Theorien?

Crescent in the Night spielt in einem geplanten Short Adventure eine Rolle, sie ist hier quasi nur ein Gastauftritt :)

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