{ 2.7 }
Hummelnacht drehte sich unruhig in ihrem Nest hin und her. Sie fand einfach keine Ruhe, was immer sie auch tat. Mit einem tiefen Seufzer streckte sie ihre Pfote aus dem behaglichen Moospolster und richtete sich auf.
Es war ohnehin langsam Zeit, aufzustehen und den Tag beginnen zu lassen.
Die graue Kriegerin fuhr sich mit der Zunge durch den Pelz und durchquerte leise die steinerne Höhle, die den Kriegerbau bildete. Vorsichtig setzte sie ihre Ballen auf den warmen Boden, der nie auszukühlen schien und achtete genau darauf, keinen ihrer Baugefährten in ihrem friedlichen Schlummer zu stören.
Am Eingang sah sie kurz zurück und ihr Herz wurde schwer, als sie die zwei leeren Kuhlen betrachtete, in denen Abendlicht und Blaubeerherz normalerweise dicht aneinander gekuschelt schliefen.
Warum hatten ihre Eltern auch unbedingt dem WolkenClan helfen müssen? Warum hatten sie - ?
Daran wollte sie nicht denken. Sie hatten sie nicht verlassen, sie würden zurückkehren, unbeschadet und mit dem guten Gewissen, dass die Waldläufer sicher und gesund durch die Blattleere gekommen waren.
Blaubeerherz war nicht wie Schneehummel. Schneehummel war selbstsüchtig gewesen, hatte vor Trauer den Verstand verloren und sich schließlich in den Fluss gestürzt - das würde ihre Mutter, ihre echte Mutter, niemals tun.
Abendlicht war kein Stück wie Quarzstein. Der Vater, den sie selbst in ihrer verfluchten Erinnerung nur als Schemen, als undeutliche Gestalt wahrnahm, war ihr nie ein Vertrauter gewesen, ein Unterstützer, ein Vater. Diese Rolle hatte immer der rotgetigerte Krieger eingenommen.
Sie wusste nicht, wie lange sie letztendlich bewegungslos dagestanden hatte und in Gedanken versunken war. Schließlich war es eine sanfte Berührung an ihrer Schulter, die sie in die Gegenwart zurückholte. Da stand Eulenstaub mit einem liebevollen Funkeln in seinen weisen, bernsteinfarbenen Augen.
„Schwester. Komm mit mir, ich möchte mit dir reden", miaute er, ohne zu zögern oder sie auch nur zu begrüßen. Unter der Fassade, die er mit der Zeit aufgebaut hatte, erkannte die Kätzin Sorge und Furcht und mit einem Mal wusste sie nicht, ob sie nicht doch hätte mitgehen sollen zum WolkenClan.
In ihr breitete sich Angst aus wie eine Schmarotzer-Pflanze, die mit ihren Wurzeln alles umschlang und erwürgte, was sie erreichen konnte. Hummelnacht schluckte und holte tief Luft, dann wandte sie sich dem Heiler zu, der unruhig umherlief.
„Ich hatte eine Vision", begann er und die Ohren der Grauen zuckten besorgt, „ich war auf einer weiten Ebene, über mir nichts als der Sternenhimmel. Plötzlich erschien eine riesige Gestalt, die einer Katze ähnelte und es war, als läge - "
„ - das Auge des Universums auf dir", vervollständigte sie zu ihrer eigenen Überraschung seinen Satz. Eine der unzähligen Erinnerungen jener Nacht schlich sich in den Vordergrund ihrer Gedanken und sie erkannte, wann sie ein solches Erlebnis gehabt hatte.
Blut. Der Geruch von Milch und Kräutern. Und ihr Herz in Splittern.
Die Kriegerin schwankte und ließ sich auf ihren Bauch fallen. Nichts in der Welt konnte die Erinnerung vergehen lassen, so sehr sie es sich auch wünschte. Unterbewusst murmelte sie, was die SternenClan-Katzen ihr damals verkündet hatten, fünfzehn Monde zuvor.
„Wer liebt, darf wandeln im friedvollen Schatten der Eberesche. Doch brennt der Wald, werden Tod und Kummer herrschen."
Stille kehrte ein im Heilerbau und beide Katzen waren tief in Gedanken versunken, überlegten, was diese geheimnisvolle Aussage wohl bedeuten mochte.
Der Schatten der Eberesche war nicht friedvoll, das wusste Hummelnacht nur all zu gut. Die Eberesche war es gewesen, die Minzpfote angegriffen hatte, die beinahe eine FlutClan-Schülerin getötet hatte.
Mit schwerem Herzen erhob sie sich schließlich und nickte Eulenstaub kurz zu, dann verließ sie den Heilerbau und tappte aus der Lagerhöhle hinaus in ein Unwetter, mit dem sie niemals gerechnet hätte.
Schnee wirbelte um sie herum, der Wind peitschte gegen die Felsen und die Flocken legten sich in ihr Fell. Schnell war sie bis zu den Ohrenspitzen durchgefroren, obwohl sie nur wenige Pfotenschritte vom Lagereingang entfernt war.
„Was machst du hier draußen, Hummelnacht? Willst du krank werden?", miaute jemand neben ihr und ein Lächeln schlich sich auf die Schnauze der kleinen Kätzin. Rosenfall verdrehte sicher jetzt gerade die Augen, nur um ihr dann den Schweif auf die Schultern zu legen und sich an sie zu lehnen.
Genau das passierte schließlich auch und die jüngere Kriegerin genoss die Nähe, die die Rote ihr gewährte, wo sie doch sonst so stur auf Abstand beharrte. Sie meinte immer, das lange Fell würde sie in der Nase kitzeln. Hummelnacht glaubte ihr nicht, warum auch sollte die Ältere sie so oft aufsuchen, wenn ihr Pelz ein solches Hindernis war?
Sie versuchte erst gar nicht, den Verstand der dunkelroten Kriegerin, die sich so frech einen Weg in ihr Herz gegraben hatte, zu verstehen, denn Rosenfall war selbst Schwarzwasser ein unlösbares Rätsel.
„Hummelnacht, ich - ", Rosenfall brach ab und die graue Kätzin legte den Kopf schief, ein leises „Ja?" auf der Zunge liegend.
„Nichts, es ist nichts. Nur ein dummer Gedanke", murmelte die andere schnell, doch sie spürte, wie schnell das Herz ihrer Gesprächspartnerin schlug und zuckte verwirrt mit den Schnurrhaaren.
Mit großen Augen beobachtete Hummelnacht, wie Rosenfall sich zurückzog und ohne ein weiteres Wort wieder im Lager verschwand. Was war bloß los?
Und warum fühlte es sich an, als sei ihr Herz zerschlagen und ein Stück gestohlen worden?
Die Kriegerin starrte hinauf in das Schneetreiben. Irgendwo dort oben waren die Sterne, ihre Vorfahren. Was hatte sie bloß hier unten zu suchen? Was tat sie hier?
Sie leistete keinen hilfreichen Dienst für den Clan, sie konnte noch nicht einmal Junge bekommen und so das Fortbestehen sichern.
Immer schon war es ihr bewusst gewesen, jedes Mal, wenn Rußvogel vor Schmerzen für mehrere Sonnenaufgänge das Nest gehütet hatte, wenn das Moos blutig gewesen war, hatte sie erkannt, dass sie anders war als die anderen Kätzinnen.
Rotpfote hatte ihr einmal erklärt, sie rieche seltsam, denn laut ihm hatte jede Kätzin, der er begegnet war, eine bestimmte Duftnote gehabt.
Hummelnacht hatte diese nicht.
Sie atmete einmal tief ein, ließ die Kälte in ihre Lungen strömen. Dann drehte sie sich um und tappte durch den Lagereingang in die warme Höhle, ließ alle dunklen Gedanken im Schnee zurück und schickte ein letztes Gebet zum SternenClan, dass ihre Familie wohlbehalten zurückkehren würde.
—~—
Ahoi!
Ihr habt wohl alle nicht mit einem Update gerechnet, was? ^~^ Ich war einfach so motiviert, da konnte ich nicht anders :)
Theorien?
Eure Wolke <33
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