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„Tannenfunken! Sammele deinen verrückten Sohn ein! Er wurde am Versammlungsfelsen aufgegabelt, wo sich Schüler aus mehreren Clans getroffen haben. Eine Schülerin aus dem FlutClan wurde schwer verletzt."

Wellenbruch brüllte durch das gesamte Lager und ein dunkel-orangeroter, fast schon dunkelbrauner Kater hob den Kopf, die Erschöpfung nach einem langen Tag deutlich sichtbar auf die Schnauze geschrieben.

Der Krieger seufzte und ließ seine Wühlmaus auf dem dicken Moospolster liegen, wo er eben noch gespeist hatte.

Iltispfote saß am Eingang des DonnerClan-Lagers und starrte gedankenverloren in die Luft. Tannenfunken tippte ihn mit der Schwanzspitze an und miaute müde: „Was habt ihr angestellt, Iltispfote?"

Der kleine Schüler blickte weiter in den Himmel. Sein Vater wartete geduldig, er wusste, der junge Kater musste sich seine Worte erst zurechtlegen.

„Minzpfote hat einen Tiger gebissen. Sie ist sehr mutig. Aber sie musste auch die Katze beschützen, die wertvoller ist als Gold. Jetzt ist sie verletzt."

Entnervt sah der Dunkle ihn an. Was sollte er nun mit dieser Aussage anfangen? Minzpfote hatte wohl einen Tiger gebissen, aber was wollte ein Tiger am Versammlungsfelsen? Er hinterfragte es einfach nicht. Und sie hatte wohl Safranpfote, ihre Wurfgefährtin, beschützt. Vor wem?

Er wusste, es hatten sich Schüler aus verschiedenen Clans getroffen, DonnerClan und FlutClan waren auf jeden Fall dabei. Jetzt musste er nur noch herausfinden, welche anderen.

Der Krieger fuhr sich mit der Pfote über sein Gesicht. Was machte Iltispfote bloß?

„Welche anderen Clans waren denn noch dabei?"

Eine Stimme ertönte an seiner Seite und Mondrose nahm ihrem Sohn seine Frage vorweg.

„Die, die unter den Sternen jagen, die Baumkletterer und die mit dem Fichtenduft. Die Krebsfischer waren nicht da, sie sind zu schlau."

Erneut kam die ältere Kätzin Tannenfunken zuvor.

„Und in welchem Clan war der, der Minzpfote so zugerichtet hat?"

Der Krieger sah nun das erste Mal an diesem Abend echte Emotionen im Gesicht seines Kindes. Zorn, unbändige, verschlingende Wut legte sich auf seine Züge. Der Weiße knurrte und fuhr seine Krallen ein und wieder aus.

„Die Rote hat sie angegriffen. Die Rote."

Tannenfunken versuchte den gesamten restlichen Abend, eine sinnvolle Antwort aus Iltispfote herauszubekommen, doch der wiederholte nur die Worte „die Rote, die Rote". Die ganze Nacht über tat er kein Auge zu. Was meinte der Kleine bloß damit?

Eine rote Kätzin, das war sicher, aber es gab nur eine einzige, die auf diese Beschreibung passte. Und das wollte er sich nicht eingestehen.

Als er sich schließlich früher als alle anderen reckte und sein Fell putzte, hatte er eine Entscheidung getroffen. Schneestern musste hören, wen er im Verdacht hatte. Er konnte ein solches Verbrechen nicht verschleiern.

Auch wenn sein Herz ihm sagte, dass er ihr Vertrauen missbrauchte und sie verriet.

So stolperte er aus dem Kriegerbau, riss das Maul zu einem gewaltigen Gähnen auf und überquerte die Lichtung, die in sanftes Morgenlicht getaucht war. Die Blätter raschelten unter seinen unkoordinierten Schritten und ihm schwindelte. Die letzten Nächte hatte er kaum geschlafen, hatte wach gelegen, war durch das Territorium gestreunt.

Irgendetwas hielt ihn wach, eine Vorahnung vielleicht, ein Gefühl? Er wusste es nicht.

„Schneestern? Bist du schon auf?"

Cremeweißes Fell tauchte am Eingang auf und Sonnentiger lugte heraus, mit müden, zusammengekniffenen Augen. Die Anführerin schien nicht hier zu sein, war sie mit der Morgenpatrouille aufgebrochen?

Nach einem kurzen Plausch mit der Heilerin war seine Befürchtung bewahrheitet worden. Sie war unterwegs, kontrollierte mit Wüstendorn, Adlerflug und Glücksklee die Grenzen und würde erst spät nach Sonnenaufgang zurückkehren.

„Danke, Sonnentiger, ich gehe dann mal eine Runde jagen. Wenn sie vor mir zurückkommt, kannst du ihr ausrichten, dass ich mit ihr reden muss?"

Die Heilerin nickte nur und verschwand wieder im Inneren des Baus. Die Gefährtin der Anführerin zu sein, brachte sicher auch Vorteile mit sich. Tannenfunken beneidete sie sehr, da sie sich nur einen Bau mit einer anderen Katze teilen musste.

Kältesee, so hübsch sie auch wahr, schnaufte in der Nacht wie ein Zweibeiner, der für einen ganzen Morgen pausenlos durch den Wald gerannt war. Warum sie das taten, war dem Krieger immer noch ein Rätsel.

Und von Bergquell wollte er erst garnicht anfangen. Ein Baumreißer mit vier Beinen. Wie die Mutter, so der Sohn, sagte er sich und tappte aus dem Lager.

Die Erschöpfung der schlaflosen Nacht ließ ihn durch den Wald torkeln, an Jagderfolge war nicht zu denken. Das einzige, was er heute gefangen hätte, wären die Blätter gewesen, die bei jedem Schritt um ihn herum aufstoben und vom Wind in alle Richtungen getragen wurden.

Die Sonne erhob sich am Himmel, rot floss ihre Glut über das Firmament und Tannenfunken hatte das Gefühl, die Welt bestände nur noch aus Blattfall.

Die roten, orangenen, braunen Blätter gegen den feuerroten Himmel. Ein Farbenspiel, das so schnell nicht überboten werden würde.

„Glücksklee. Halt dich zurück, wir wollen keinen Streit."

Eine Stimme ertönte nicht weit entfernt und der Dunkelbraune richtete seine Ohren in ihre Richtung, um mehr zu hören. Sein Schwanz peitschte unruhig und plötzlich zweifelte er seine Entscheidung an, Schneestern seinen Verdacht zu berichten.

Doch bevor er es sich anders überlegen konnte, trugen ihn seine Pfoten in die Richtung der DonnerClan-Katzen.

Da waren sie, Glücksklee hatte sich einer SchattenClan-Kriegerin gegenüber aufgebaut, sein Rückenfell war aufgestellt, seine Fänge entblößt. Der zierliche Kater wirkte doppelt so groß wie sonst und fauchte zornig.

„Schneestern? Was ist denn hier los?", hörte Tannenfunken sich sagen. Er blickte verwirrt von einer Patrouille zur anderen und konnte nicht anders, als den Kopf zu schütteln.

„Die Schüler, die letzte Nacht am Versammlungsfelsen erwischt wurden, waren zum Teil auch SchattenClan-Schüler. Nun hat einer von ihnen so laut geprahlt, dass er Iltispfote besiegt hat, da ist Glücksklee der Geduldsfaden gerissen. Sie", die Anführerin deutete auf die grauschwarze Kriegerin gegenüber von Glücksklee, „ist die Mutter besagten Schülers, der dort hinten sitzt."

Der Krieger richtete seine grünen Augen auf einen weißen Kater mit rostbraunem Bauch, der mit sturem Blick hinter seiner Mutter kauerte.

Konnte er so die Unschuld seiner kleinen Freundin beweisen?

„Weißt du, wer letzte Nacht Minzpfote aus dem FlutClan angegriffen hat? War es Ebereschenpfote aus dem WolkenClan?"

Der Schüler schaute nun sehr selbstgefällig drein und nickte langsam.

„Ja, sie war's. Sie hätt fast Safranpfote erwischt, dann is Minzpfote in den Weg und hat mit ihr gekämpft. Sie is ne verdammte Heldin, die gegen das Böse kämpft."

Dem Kater wurde eiskalt. Das konnte doch nicht sein. Die nachdenkliche, friedliebende Ebereschenpfote, die er kennengelernt hatte, würde so etwas nie tun.

Er wollte es nicht glauben. Es musste etwas vorgefallen sein, das sie so reagieren ließ.

Sie griff nicht grundlos an. Beim SternenClan, sie hatte ihn nicht angegriffen, obwohl er nach der Großen Versammlung das WolkenClan-Territorium betreten hatte.

Schneestern schien es anders zu sehen.

„Tannenfunken, Wüstendorn, wir werden uns jetzt sofort auf den Weg zum WolkenClan machen. Ich will diese Schülerin nicht in der Nähe meines Clans sehen. Adlerflug, Glücksklee, kehrt sofort ins Lager zurück. Achtet darauf, dass Goldfell, ihre Jungen, Iltispfote und die Ältesten geschützt sind. SchattenClan, die Angelegenheit zwischen uns ist vergessen, es würde dir aber gut tun, etwas Bescheidenheit zu lernen, kleiner Schüler."

Mit diesen Worten drehte sich die Anführerin in Richtung Fluss und jagte davon. Tannenfunken strauchelte immer wieder, weil seine müden Pfoten ihm nicht gehorchen wollten.

Sie rannten durch den Wald, wollten so schnell wie möglich zum WolkenClan. Schneestern führte die beiden Krieger durch den Gang, der unter dem Rubin hinweg führte und am Versammlungsfelsen wieder heraus.

„Wir werden nicht auf die Grenzpatrouille warten, ich riskiere nicht die Sicherheit des Clans wegen irgendwelcher Grenzen."

Sie stürmte voran und Wüstendorn hinterher, während Tannenfunken etwas langsamer war.

„Eisenstern!"

Die Kätzin mit dem Eisenfell wirbelte herum und der Krieger prallte fast in sie hinein. Schneestern jedoch kam direkt zur Sache.

„Ich will Ebereschenpfote nicht sehen, sie soll sich vom DonnerClan fernhalten. Sollte sie jemals eine Kralle gegen einen der meinen erheben, steht der ganze DonnerClan gegen euch. Merk dir das, diese Schülerin ist gemeingefährlich!"

Tannenfunken bemerkte die bernsteinfarbenen Augen nicht, die ihn durch die Wand des Schülerbaus anstarrten und deren Licht zu erlöschen schien, die der Verrat tiefer traf, als er jemals ahnen konnte.

Und als die drei DonnerClan-Katzen in ihr Lager zurückkehrten, ließen sie ein Donnerwetter und eine gebrochene Schülerin zurück, die sich nichts als Frieden wünschte.

—~—

Ahoi!

Bis hierhin geht die Geschichte bisher, die ihr lesen könnt, denn ich habe mir vorgenommen, ein bisschen vorzuschreiben und eher im Real Life unterwegs zu sein.

Macht es gut, meine Lieben, eure Kapitänin Wolke ❤️

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