Kapitel 10
Am nächsten Morgen öffnete ich meine Augen, da bereits gleisende Sonnenstrahlen durch die alten Fenster schienen und den ganzen Raum in ein wunderschönes Farbenspiel tauchten. Jedoch erwachte ich nicht wegen dieser Schönheit oder der angenehmen Wärme, sondern viel mehr wegen einem furchtbarem Brennen auf meiner blassen Haut, die sich bereits rot verfärbte. Panisch rannte ich hinüber zu einem kleinen Sessel, auf den ich gestern Nacht meine Jacke gelegt hatte und fischte verzweifelt in der Tasche nach dem kleinen Fläschchen, ehe ich etwas Kühles zwischen meinen Finger spürte und erleichter meinen Arm heraus zog und einen Tropfe auf meine Zunge tropfen ließ. Augenblicklich ließ der Schmerz nach und bereits nach wenigen Sekunden regenerierte sich meine Haut vollends, sodass sie wieder schneeweiß war. „Deswegen hasse ich es zu schlafen", gab ich genervt von mir, während ich ins Bad lief um mich etwas frisch zu machen. Die Badewanne stand frei im Zimmer und besaß goldene Füße und auch die Wasserhähne, sowie die Armarturen der Dusche waren aus dem golden schimmernden Metall gefertigt, wohingegen die Fließen cremefarben waren und den ganzen Raum wärmer und heller wirken ließen. Meine roten Haare vielen mir in leichten Wellen über die Schultern, da ich sie gestern Nacht, nach meinem Schaumbad, zu einem Zopf geflochten hatte, meine Augen hingegen waren wie immer eisblau. Zögerlich griff ich zu einer verzierten Haarbürste und begann Strähne für Strähne durch zu bürsten, bevor ich eine nicht weniger verschnörkelte Zahnbürste aus einem Becher nahm und mir die Zähne putzte, selbst wenn solche hygienischen Dinge nicht unbedingt notwendig für mich waren. Trotzdem tat ich es nach all den Jahren noch immer gerne, es ließ mich menschlicher wirken, redete ich mir zumindest ein und außerdem konnte ich so etwas die Zeit totschlagen, bevor ich hinunter ging.
Nachdem ich ausgiebig mein Gesicht gewaschen hatte und mit einer nach Lavendel riechenden Creme eingeschmiert hatte, trat ich an den weißen Kleiderschrank heran, auf dem sich ein schönes Blumenmuster befand, und öffnete diesen. Leider musste ich sehr rasch feststellen, dass die Mode der Frauen hier nicht ganz meinen Erwartungen befand und so zog ich ein Kleid nach dem anderen aus dem Schrank, nur um festzustellen, dass sie alle so wirkten, als hätte man sie auf einem Mittelaltermarkt erstanden. Leicht seufzten ließ ich mich wieder auf mein Bett sinken und sah die offene Schranktür an. Wenn das hier wirklich nur eine Illusion war, wieso konnte es dann nicht etwas schöneres zum anziehen geben, aber ich wusste, dass es mir nichts bringen würde noch länger hier sitzen zu bleiben, früher oder später würde Loki hier hoch kommen, um mich in seinen Plan einzuweisen. Also beschloss ich einfach irgendetwas anzuziehen, weswegen ich ein hellblaues Kleid heraus zog, das dünne Träger besaß und knapp unter der Brust in mehreren Lagen bis zu den Knien fiel. „Das könnte so halbwegs als tumblr Style durchgehen", schoss es mir in den Kopf, nachdem ich meine Haare nach oben gebunden und mir ein Paar weiße Römersandalen angezogen hatte.
Langsam ging ich in den erleuchtenden Gang und nahm Stufe für Stufe nach unten. Ich wollte dieses Gespräch nicht führen, denn um ehrlich zu sein wusste ich nicht genau, wie ich Loki helfen sollte. Immerhin war auch ich an meine Fähigkeiten gebunden und selbst wenn der Tod mir nichts anhaben konnte, so gab es durchaus auch Dinge, die ich nicht schätzte. Etwas verwirrt blickte ich am Ende der Treppe nach rechts und nach links, da ich nicht genau wusste, wo sich Loki befand, jedoch ertönte bereits einen Moment später seine gelangweilte Stimme, die mir sagte, dass er sich im Wohnzimmer aufhielt. Kurz darauf lief ich auch schon durch eine offen stehende Eichentür und sah Loki, der nicht wie üblich seine grün goldene Robe trug, sondern einen komplett schwarzen Anzug. Er saß in einem mächtigen dunkelroten Sessel und hatte seine Füße auf einen kleinen Hocker abgestellt, während er durch ein ziemlich dickes Buch blätterte und mir nur einen kurzen Blick zur Begrüßung zu warf. „DA bist du ja endlich", meinte er abwesend, als er eine Seite umblätterte, ohne auch nur einmal den Blick zu heben. „Dein Frühstück steht da auf dem Tisch, du kannst es aber unterwegs einnehmen, wir sind spät dran", erklärte er mir und legte seine Lektüre auf einen Beistelltisch neben ihm, ehe er seine Beine von dem Hocker nahm und mit viel Schwung aufstand. Wortlos ging ich zu dem Esstisch hinüber, auf dem ein „Coffe to go" -Becher stand, der sicherlich nicht aus Asgard stammte, denn die Skyline von New York war mit Silber aufgezeichnet worden. Mit hochgezogenen Augenbrauen griff ich nach dem Becher und roch zweifeln an seinem Inhalt, wenn Loki mir nun wirklich lauwarmen Kaffee auftischen wollte, dann hatte er entweder null Erfahrung mit Vampiren oder schlechten Humor, vielleicht aber auch beides. Jedoch stellte ich schnell fest, dass es sich bei dem Getränk nicht um Kaffee oder ähnliches handelte, sondern um Blut, um genau zu sein um die Blutgruppe null negativ, die besonders beliebt bei Vampiren war, aufgrund ihrer Seltenheit. Überrascht drehte ich mich zu meinem Mitbewohner um, der gerade dabei war sein Jackett zuzuknöpfen und nur leise murmelte: „Ich hoffe es schmeckt dir", bevor er den Raum verließ und anscheinend von mir erwartete ihm zu folgen. Gierig nahm ich einen Schluck von der klebrigen Flüssigkeit, die wie erfrischendes Wasser meine Kehle hinunter lief und schon kurz darauf merkte ich, wie meine Kräfte zurück kamen. Es war wohl doch etwas zu lange her, seit meiner letzten Mahlzeit und auch mein Körper konnte nicht ewig ohne Nahrung auskommen. Doch ich wusste auch, dass Loki bereits auf mich wartete, weswegen ich hastig noch einen Schluck nahm und danach die Verfolgung aufnahm.
Wir waren ungefähr zehn Minuten unterwegs, als wir auf einem Hügel ankamen, auf dessen Spitze sich ein kleiner Pavillon befand, von dem aus man eine malerische Aussicht auf die Stadt hatte, weswegen ich mich locker gegen das Geländer stützte und den Moment genoss. „Es ist wirklich sehr schön hier", meinte ich beiläufig und beobachtete das Treiben der Wellen, die ich gestochen scharf sehen konnte. „Ja ich weiß", antwortete mein Begleiter etwas zurückhaltend und stellte sich ein paar Meter entfernt neben mich. „Was hast du jetzt vor? Ich meine jetzt wo wir hier sind ist der Thron nur noch einen Katzensprung entfernt und dennoch...", ich hielt kurz inne, da ich nicht sicher war, ob Loki mit meiner Bemerkung umgehen konnte, doch ehe ich fortfahren konnte sagte er: „Ja, ich weiß, dass es schwer ist, aber ich habe einen Plan, wie wir an unser Ziel kommen können", wobei er sich zu mir umdrehte. „Und wie lautet dieser Plan?", hakte ich nach, ohne meinen Blick von der Aussicht abzuwenden.
„Wir müssen Odin und Heimdall los werden. Wenn Heimdall nicht mehr über den Bifröst wacht, dann wir es für meinen Bruder, deutlich schwerer nach Asgard zu gelangen, außerdem könnten wir uns so leichter ungebetene Gäste von Hals halten. Und das Odin ein Problem darstellt ist ja wohl mehr als deutlich...", fing er an zu erzählen. „Und wie willst du das anstellen?", fragte ich, denn auch wenn seine Ansätze logisch waren, so fehlte noch immer der ausschlaggebende Plan. „Wir besitigen zuerst Heimdall, er wacht den ganzen Tag alleine über den Bifröst, mit deiner Hilfe wird es ein leichtes sein ihn zu überwinden und in die Verbannung zu schicken und danach kümmern wir uns um Odin", fuhr er fort. „Aber wie willst du den Göttervater stürzen, er hat sicherlich eine Armee und wir sind nur zu zweit, selbst wenn es uns gelingt Odin alleine zu überwältigen, wie willst du Asgard halten?", bohrte ich weiter nach und wandte nun meinen Blick vom Meer ab. Lokis schwarze Haare fielen im ins Gesicht und er hatte seine Kiefer fest aufeinander gepresst, sodass seine Wangenknochen sich noch mehr an der Oberfläche seiner Haut abzeichneten, als sie es eh schon taten. „Ich habe auch eine Armee, aber um sie anzuführen brauche ich dich...Alyssa versprich mir, dass du mich nicht verrätst, ansonsten können wir die ganze Sache gleich sein lassen, denn ich gehe sicherlich nicht wieder in eine Zelle", beinahe hörte er sich flehenden an, wie er so dastand, seine Hände zu Fäusten geballt und seinen traurigen Blick auf die schimmernden Türme von Asgard gerichtet. Irgendwo tief in mir drin tat er mir leid, verstoßen von seiner Familie, selbst wenn er daran nicht ganz unschuldig war, aber dennoch er tat mir leid, weswegen ich zaghaft erwiderte: „Ich werde dich nicht verraten, wir stecken zusammen in dieser Sache drin und ich habe dir versprochen, dass ich dir helfen werden." „Gut...denn es gibt eine Armee, sie wurde vor Jahrtausenden von meinen Vater auf den Planet Mortemus verbannt, ein toter und verlassener Ort, genauso wie diese Armee, sie besteht aus Toten, aus den verfluchten Seelen gefallener Soldaten. Sie ist unbesiegbar, jedoch lässt sie sich nur von einem Toten befehligen. Ich mag zwar ein Gott sein, aber so viel Macht besitze nicht einmal ich, nicht einmal Odin kann ihnen Herr werden, weswegen er sie in die Verbannung geschickt hat...", erklärte er mir. Erschrocken weitenden sich meine Augen, als ich begriff, was er mir sagen wollte. „Du meinst also, dass ich die Heerfrüherin werden soll, von einer Bande Untoter?", platze es aus mir heraus und ich sah ihn entgeistert an. „Alyssa, es ist unsere einzige Chance Asgard einzunehmen und auch zu halten und nur du bist dazu fähig sie zu kontrollieren", es war das zweite Mal binnen Minuten, dass er meinen Namen in einem solch flehenden Ton sagte, das sich beinahe vergaß wer hier vor mir stand. Er wirkte wie ein verlorener kleiner Junge, der sich verlaufen hatte und mich bat ihm zurück zu helfen und egal wie viel es ich kostete, ich wusste, dass ich es tun musste, weil es sonst niemand konnte. „Na gut, ich werde es versuchen, aber werden sie überhaupt auf jemanden, wie mich hören?", entgegnete ich ihm und wandte meinen Blick erneut ab, da ich es nicht aushielt, wie er mich ansah. „Nun ja, es gibt einen Haken bei der Sache, du hast Recht, sie würden niemals eine normal Sterbliche als ihre Anführerin, aber bei einer Göttin oder einem Vampir, der göttliches Blut in sich trägt, da sähe die ganze Situation anders aus", sprach er weiter und ich spürte, wie sein Blick sich in mich bohrte. Ein kleiner Lacher entfuhr mir, während ich mich umdrehte und ich belustigt ansah „Ja klar und wie soll ich das anstellen, ich war eben zu meinen Lebzeiten ein Mensch und kein Gott, außerdem habe ich keine Möglichkeit Blut von einem Gott zu trinken, immerhin...", mitten im Satz blieb ich abrupt stehen und sah Loki entsetzt an, der mich einfach nur angrinste. „Nein, das kann ich nicht tun, das wäre abartig, widerlich und zudem weiß ich nicht, ob du das überlebst", stotterte ich und sah ihn entsetzt an. Er konnte doch nicht ernsthaft von mir verlangen, dass ich sein Blut trank, wie als wäre ich ein Monster. „Alyssa, es gibt keine andere Möglichkeit, es ist doch viel leichter, wenn du mein Blut trinkst, als wenn du mich in einen Vampir verwandelst, um ehrlich zu sein weiß ich nicht einmal ob das möglich ist und zudem bin ich sehr zufrieden mit meiner göttlichen Unsterblichkeit", redete er ruhig auf mich ein trat etwas näher. „Aber das ist doch vollkommener Wahnsinn, ich hab noch nie Blut von einem Gott getrunken, ich weiß gar nicht, was danach passiert, vielleicht kann ich nicht aufhören und bringe dich um oder es bringt mich um, weil mein Körper das nicht verkraftet", meinte ich und krallte mich an dem metallischen Geländer fest. „Ich glaube nicht, dass du mich umbringst und keine Sorge, ich habe ein Buch in unserem Quartier, da kannst du nachlesen was mit dir passieren wird, aber ich kann dir versichern, dass du nicht in Flammen aufgehst oder ähnliches", er stand mir jetzt so nah, dass ich die Wärme die von seinem Körper ausging spüren konnte. „Ich will, dass wir das hier gemeinsam durchziehen und es tut mir leid das jetzt sagen zu müssen, aber in deiner jetzigen Verfassung bist du einfach zu schwach, um über Asgard zu herrschen, ich will aber das du an meiner Seite und mir ebenbürtig bist", meinte er leise, während langsam eine Strähne meines roten Haares hinter mein Ohr schob, die sich aus meiner Frisur gelöst hatte. Erschrocken über seine sanfte Bemühung sah ich ihn an und er blieb augenblicklich in seiner Bewegung stehen und erwiderte meinen Blick.
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