23.2 Kapitel - Großartige Beschützer

„Komm mit, wir müssen reden!"

Oliva sah mehr als unglücklich aus, als Meo sie an der Schulter berührte und ihr bedeutete, dass sie Celine und ihm folgen sollte. Der Protest in ihren Augen hätte sich beinahe in Worte verfestigt, aber dann trottete sie ihnen nach. Darian war gerade dabei seinem Cousin in einem ungewöhnlich überschwänglichen Tonfall das kämpferische Talent von Ruth vorzustellen und so lange die Werwölfe miteinander beschäftigt waren, hatten sie Zeit für eine Intervention.

„Müssen wir jetzt nicht dort sein? Ihnen wird auffallen, dass wir uns hier unterhalten!", beschwerte die Elektrizitäts-Beschwörerin sich.

Meo blickte zurück zu ihnen und sah gerade noch wie Ruth immer größer zu werden schien, während Emira versuchte sich kleiner zu machen. „Sie werden uns nicht hören. Der Wind steht gerade sehr schlecht."

„Oliva! Wir müssen über dich und den Beta sprechen!"

Sie zuckte bei Celines Worten zusammen und verschränkte dann die Arme vor der Brust. „Warum? Ich ma..."

„Werwölfe lieben uns nicht! Nicht so!"

Wütend richtete Oliva ihre Augen zu Boden. „Das müsst ihr beide ja wissen!"

Celine griff nach ihrem Arm und drehte Oliva so, dass sie zu dem Alpha und seinem Gefolge sehen konnte. „Das ist die Art wie Werwölfe uns lieben!" Darian grinste Emira gönnerhaft an, seine Lippen bewegten sich und Meo meinte Gift von ihnen tropfen zu sehen, seine Worte hörte er nicht, dafür war seine Sphäre der Stille zu stark. Das Menschenmädchen wirkte verwirrt, als wüsste sie nicht womit sie diese Behandlung verdient hatte. Er hatte mitbekommen, was gestern Abend zwischen ihnen vorgefallen war und obwohl sie jetzt bei ihnen stand, hatte Darian ihr sicher noch nicht ganz verziehen. Niemand enttäuschte den Alpha von Esparias und kam damit so leicht davon. Zusätzlich war sie ein Mensch, also fühlte er sich ihr gegenüber immer überlegen und als müsse er ihr alles erklären.

„Ich mache doch gar nichts! Ich bin schließlich nicht dumm!", verteidigte Oliva sich barsch. „Aber man kann es nicht leugnen: Die Okkura bilden uns aus, aber bei den Werwölfen leben wir. So ist es eben."

Das war der Lieblingsspruch aller umtriebigen Shinejey, sobald sie ihre Ausbildungsstätten verließen und kein Rabenmensch mehr in der Nähe war, um auf sie aufzupassen. Meo hatte ihn das erste Mal von Celine selbst gehört, als sie vom Dienst bei den Shinejey einer hohen Werwolf-Dame auf dem Land zurückgekehrt war. Damals war sie überschwänglich und glücklich gewesen, ehe sie ihn an die Wand gedrückt hatte, nun wirkte sie verzweifelt.

„Ein so hoher Werwolf kann dein ganzes Leben ruinieren. Weißt du was mit Rena Ramirez, Giulia Pena und Mila Calvo passiert ist?"

Oliva schluckte und sah ihr betreten entgegen. Celine sprach nicht oft über ihre alten Freundinnen. „Ich – ja. Aber so ist das nicht ..."

„Und weißt du was mit Edric Bleck passiert ist, nachdem er mit ihnen fertig war?"

Unwohl verlagerte sie ihr Gewicht von einem Bein auf das andere. „Er – er wurde verbannt."

„Nein", knurrte Celine. „Wurde er nicht."

„Aber ..."

„Edric Bleck wurde wegen seines unaussprechlichen Verhaltens aus der Zitadelle verbannt, ein unaussprechliches Verhalten, das er gegenüber diesen drei Shinejey schon vorher an den Tag gelegt hatte, aber geahndet wurde es erst, als er es an einer Werwölfin versuchen wollte." Nicht irgendeine Werwölfin. Ruth Temmener. Als kleine Erinnerung hatte sie ihm ein Geschenk gemacht, an das er sich sicher noch immer erinnerte und ihm den Arm, den Kiefer und die Nase gebrochen.

„Ja – aber so ist das nicht! Ben lügt mich ja nicht an und wir machen auch nichts ..."

„Weißt du was passiert, wenn du bei einem Werwolf liegst und die Okkura oder die Erste Inquisitio davon erfahren?"

„Ich – ja." Betreten blickte sie zu Boden. „Ich werde verbannt."

„Und weißt du was passiert, wenn du dumm und unvorsichtig bist und von ihm schwanger wirst?"

„Ja." Oliva schluckte. „Dann werde ich hingerichtet."

„Nein." Verwirrt blickte die Elektrizitäts-Beschwörerin auf und Celines Stimme wurde weich. „Wenn das passiert dann kommst du zu Meo und mir und wir suchen dir eine Sternenmacherin." Die Anspannung wich aus ihren Schultern und dankbar umarmte sie sie. Meo lächelte. „Aber danach verbannen wir dich auf irgendein Gehöft damit du dort auf eine uralte Werwolf-Fürstin aufpasst! Verstanden?"

„Ja. Es tut mir leid, Celine."



„Meine Werwölfe sind beeindruckend", endete Darian schließlich seine Lobrede auf Ruth, die, wie Emira gerade erfahren hatte, jüngste Offiziersanwärterin, die es je in Esparias gegeben hatte.

„Ja, in der Tat." Franz nickte anerkennend zu der Werwolf-Schönheit. „Aber lass uns nun zu etwas anderem übergehen."

„Was denn? Jagen? Ich habe neue Perytone bekommen. Oder wir gehen ins Billardzimmer." Sinnierend wandte Darian sich zu seiner Zitadelle um.

„Wo ist eigentlich deine Krone?"

„Was?" Emira bemerkte die plötzliche Änderung in der Luft und blickte verwirrt auf, doch der Moment war zu schnell wieder vorbei.

„Deine Krone. Du trägst sie gar nicht", bemerkte Franz und er hatte natürlich Recht, Emira hatte aber noch nie davon gehört, dass der Alpha von Esparias seine Krone immer tragen musste.

„Ja. Warum sollte ich auch?" Kurz dachte sie Darian würde ihn anfahren, dass er seine ebenfalls nicht trug, aber die Schwarze Krone von Esparias war etwas ganz anderes als der goldene Haarschmuck der anderen Alphas.

„Zu deiner Krönung kam ich damals ja leider viel zu spät. Wie wäre es, wenn..."

„Wie wäre es, wenn Meine Werwölfe dir und deinem Gefährten eine Demonstration ihrer Kräfte darbieten!", unterbrach ihn Darian und wandte sich sofort an Ruth.

Die Werwölfin verbeugte sich tief. „Alphas von Esparias und Couvarde, es wäre mir eine Ehre!"

„Oh, werdet Ihr sie gegen Eure Shinejey kämpfen lassen?", fragte Till und sah aufgeregt zu Meo und seinem Gefolge.

Der Luft-Beschwörer verneigte sich ebenfalls und Emira bemerkte, dass er dabei viel zu steif war. Er würde keine Chance gegen Ruth haben.

„Ein Kampf zwischen einem Menschen und einem Werwolf ist nun wirklich nicht fesselnd", merkte Franz an. Wenn es nach ihr ginge, wollte sie auch lieber reingehen.

„Außer sie würden ihre Silberschwerter verwenden!" Darians fordernde Stimme ließ keinen Widerspruch, selbst wenn Ruth kurz verunsichert wirkte.

„Ja, natürlich Alpha! Ich bin bereit!"

„Du wirst es lieben! Ich verspreche es dir!" Till ergriff aufgeregt die Hände von Franz. Der Bitte seines Gefährten und den Bemühungen seines Cousins konnte dieser nicht widersprechen und so lehnte sich der Alpha gegen die Absperrung und wartete. Emira hatte gehofft, dass er noch irgendetwas sagen würde, irgendetwas, damit sie nicht hierbleiben musste. Selbst Alina und Otto traten näher an die Umzäunung heran. Ruth nickte aufgeregt Meo zu, dem der Protest ins Gesicht geschrieben stand.

„Ich werde kämpfen!" Celine trat vor und die Aufmerksamkeit der Anwesenden richtete sich auf sie. „Wenn es den Herrschaften beliebt."

Darian verzog abschätzig sein Gesicht, aber Till schien noch begeisterter. „Von Mir aus!"

Die Shinejey rotteten sich auf der anderen Seite der improvisierten Arena zusammen, Emira musste sich wohl daran gewöhnen der einzige Mensch in einem Pulk von hellhäutigen Bestien zu sein. Als Celine und Ruth ihre Kampfpositionen einnahmen seufzte sie innerlich. Kämpfe hatten sie noch nie sonderlich interessiert, doch nun kamen Herzrasen und eiskalte Finger mit hinzu. Sie schloss die Augen und begann sich gedanklich gut zuzureden. Das war alles nicht real. Nur ein Trainingskampf. Als das Singen von aufeinandertreffenden Klingen in ihren Ohren klingelte, öffnete sie erschrocken ihre Augen. Ihr Herz raste. Aber es war alles in Ordnung.

Sie wusste nicht was sie erwartet hatte, aber Celine drängte Ruth mit meisterlich geführten Schwerthieben zurück, wich ihren Versuchen sie anzugreifen mit eleganten Pirouetten und Ausfallschritten aus und zwang sie erneut in die Defensive, während die anderen Shinejey immer wieder in Jubelrufe ausbrachen. Die Werwölfin hatte die Zähne gefletscht und als Emira blinzelte meinte sie eine Verformung ihres Schädels zu sehen. Celine huschte vor, parierte den Schlag ihrer Gegnerin und ritzte ihr dann den Oberarm auf. Ruth knurrte vor Schmerz, aber das war auch das einzig wölfische an ihr, als sie sich wieder auf ihre Kontrahentin warf.

„Ha!", kommentierte Till und schlug seine Hände zusammen, eine vergleichsweise emotionsarme Geste, wenn man die euphorischen Shinejey am anderen Ende des Platzes bedachte. „Sie unterdrückt ihre Verwandlung! Hast du so etwas schon einmal gesehen?"

Emira war zu beschäftigt ihr Herzrasen zu beruhigen, deswegen brauchte sie eine Weile bis sie bemerkte, dass er sie meinte.

„Ich – ja, ja habe ich."

„Oh je. Emira, du siehst blass aus. Ist etwas nicht in Ordnung?", bemerkte nun auch Franz und sah dann auffordernd zu Darian. Dieser hatte seine Zähne gefletscht, als wolle er mit reiner Willenskraft Ruth zum Gewinnen bringen.

„Ja! Ich – ich bin nur etwas – müde", log sie.

Alina blickte ihr direkt in die Augen, als sie das sagte und nickte dann, als hätte sie etwas richtig gemacht.

„Sieht fast so aus, als wäre das gute Leben doch nicht so gut wie man immer denkt!" Ottos knurrende Stimme hatte sie fast nicht gehört.

„Hast du was gesagt?", fuhr ihn Darian an, woraufhin sich sein kleiner Bruder stoisch auf den Kampf vor ihm konzentrierte. „Meine kleine Gefährtin hat eine lange Reise hinter sich, deswegen ist sie erschöpft! Zudem – können Menschen überhaupt blass sein?"

Mit einem Seufzen ignorierte sie seine Frage und sah gerade rechtzeitig wie Celine elegant Ruths Angriff mit einer Drehung auswich, dabei an den Schwertgriff ihrer Gegnerin kam und die Werwölfin schließlich mit einem Stoß entwaffnete. Siegreich ließ die Shinejey die zwei Schwerter in der Luft kreisen. Damit hatten die Menschen gewonnen. Etwas zu selbstbewusst legte Celine ihren Kopf schief und grinste auf ihre Gegnerin herab. Ruth krallte ihre Hände in den Staub und warf eine Handvoll Erde nach ihren Augen. Überrascht wich sie zurück und die Werwölfin beförderte sich mit einer wilden Drehung wieder auf die Füße. Anstatt anzugreifen sprang sie zurück, ihre Muskeln zitternd und krampfend, ihr Gesicht angestrengt verzogen knurrte sie ihre Wut hervor. Ruths Verwandlung war ganz anders als die von Martha damals in den Arkaden. Sie schien überhaupt keine Schmerzen zu spüren, als sich ihre Knochen verschoben, als sich ihre Muskeln verformten und ihr Körper zerbrach und sie zu etwas ganz Neuem wurde.

Abwartend wich Celine zurück, die Schwerter erhoben. Die Bestie, die Ruth war, war gewaltig. Ein weißer Werwolf, dessen Haare am Halskragen in rötliche Spitzen ausliefen was sie aussehen ließ, als würde sie permanent mit Blut besprenkelt sein. Ruth hob ihre Pranken und stürmte auf Celine zu, bereit sie zu zerfleischen. Emira wollte zurückweichen, aber war wie versteinert. Das Beben der Erde spürte sie noch in ihren Eingeweiden und verwechselte es mit ihrer Angst bis sich riesige Stalagmiten aus der Erde bohrten und Ruth aufhielten.

„Emira?" Die warme Berührung an ihrer Schulter ließ sie verwirrt aufsehen. Till hatte versucht ihre Aufmerksamkeit zu erringen. „Celine ist unglaublich! Weißt du wie die Okkura sie gefunden haben? Sie war acht Jahre alt, als sie den ganzen Korynk-Bezirk dem Erdboden gleich gemacht hat!" Daran zweifelte sie. Einer der ärmsten Bezirke von Craycarasz war riesig und den sollte ein Kind vollkommen zerstören? Till ruderte zurück, als er ihren Gesichtsausdruck sah. „Gut, gut. Wahrscheinlich nur den halben. Oder ein Viertel? Sie hat auf jeden Fall einen Haufen Schaden angerichtet! Gebäude eingerissen und die Straßen zerstört! Mit acht Jahren!"

Nun beschwor sie die Erde, um ihre Gegnerin aufzuhalten. Ruth wurde immer wieder zurückgezwungen, wenn sie vorstürmte, darauf bedacht nicht von den Steinsäulen aufgespießt oder von ihren Blöcken zerquetscht zu werden. Ihre Kampfschreie klangen frustriert. „Und warum hat sie das getan?"

„Ich glaube die Okkura waren gekommen, um eines ihrer Geschwister mitzunehmen. Auf jeden Fall kannst du dich glücklich schätzen, Emira!" Knurrend sprang Ruth über die Verteidigung ihrer Gegnerin, wich einem Brocken aus und schlug schließlich ihre Klauen nach Celine. Ihre Schwerter sangen, als sie sie zu ihrem Schutz hob. Meisterhaft wehrte sie die Krallenhiebe ab und wich den zuschnappenden Zähnen aus. „Du kannst dir keine besseren Beschützer vorstellen, als Meo und Celine und all die, die sie ausgebildet haben! Sie sind großartig, glaub mir!"

„Du musst sehr lange mit ihnen allen gedient haben."

Das nächste Erdbeben ging Emira durch alle Knochen, heulend wurde die Wölfin in die Luft geschleudert, ehe sie mit einem dumpfen Geräusch wieder aufkam und Celine sich über sie stellte, ihre Schwerter zum letzten Schlag erhoben. Emira zuckte zusammen. Das Metall glänzte auf und mit einem wilden Schrei ließ Celine ihre Waffen hinabfahren. Irgendwo in ihr wusste sie, dass sie sie nicht töten würde, aber die ganze Szenerie strotzte vor einer Brutalität, die ihr schlecht werden ließ. Sie wollte die Augen schließen.

Mit einem stumpfen Geräusch drang die Schneide des Schwertes in die Erde neben Ruths Schädel ein. Die Shinejey stieg mit einem Sprung, den sie direkt in eine tiefe Verbeugung enden ließ von der weißen Wölfin hinab. Franz und Till schienen begeistert und das war wohl das einzige was zählte. Otto und Alina fielen pflichtbewusst in den Applaus mit ein, nur Darian wirkte unzufrieden, sagte jedoch nichts. Celine erhob sich und streckte vor ihren Shinejey siegreich ihre Arme in die Luft, die sie jubelnd empfingen. Ruth erhob sich schwerfällig zurück auf die Pfoten und schüttelte sich den Staub vom Pelz.

„Nun das war unterhaltsam, dies muss ich zugeben", begann Franz. „Aber lasst uns nun dahin zurückkehren was wir ..."

„Wie wäre es mit noch einem Kampf, Cousin?", unterbrach ihn Darian. „Vielleicht dieses Mal mit einem anderen Werwolf. Vielleicht möchte Till ja antreten?"

Heftig versuchte Emira gegen den riesigen Kloß in ihrem Hals anzuschlucken.

Die beiden Werwolf-Männer aus Couvarde wechselten einen Blick.

„Ich würde mich geehrt fühlen, Alpha Darian, aber, mit Verlaub, Eure Gefährtin sieht nicht gut aus," Sie spürte die Hitze in ihrem Gesicht als sie wieder alle anstarrten. Alina so besorgt wie Till und Franz, Otto abschätzig und Darian überrascht.

„Wieso nicht? Was hast du denn?"

„Ich – ich – gar nichts!" Der kalte Schweiß durchnässte ihr Kleid.

„Wir sollten vielleicht etwas anderes machen. Wie ich bereits sagte ..."

„Wir machen einen Rundgang durch die Uhrwerk-Zitadelle!", entschied Darian dann und stellte dieses Mal sicher, dass er es war, der neben Emira ging. Seine Nähe war anders als die von Franz.

„Wir kennen die Zitadelle schon!"

„Nun ja – aber Meine kleine Gefährtin noch nicht! Ich will sie ihr zeigen! Sie nicht durch ihr neues Umfeld zu führen, wäre unhöflich!" Er hakte sich bei ihr unter und ihr wurde warm. „Und unhöflich bin Ich nicht!"

Verunsichert sah sie über ihre Schulter, um sicherzugehen, dass die anderen ihnen auch folgten, dabei erhaschte sie einen letzten Blick auf Celine und Ruth, wieder in ihrer menschlichen Form, die sich in vollem Respekt die Hände reichten.



Schließlich war sie doch froh, dass Darian bei ihr war. Ohne ihn hätte sie sich wahrscheinlich in diesen Räumen verlaufen und wäre dann irgendwo verhungert. Immer wenn sie dachte, dass sie nun wusste, wo sie waren, kamen sie an etwas anderem vorbei, einer üppigen Pflanze, einem Gemälde in rot und nicht in blau oder einem Schaukasten voll mit angeberisch glänzender Technik, der ihr klar werden ließ, dass sie sich doch vertan hatte. Es kam ihr manchmal vor, als würden die Gänge ihre Richtung ändern. Darians Geschwistern, sowie seine Gäste versuchten entweder höfliches Interesse zu heucheln oder taten ihren Unmut mit gelangweilten Seufzern kund und Emira fühlte sich schlecht, weil sie das alles nur für sie taten. Jedoch wusste sie auch nicht, was sie machen konnte damit es erträglicher wurde.

„Darian...", begann Franz schließlich, aber er ignorierte ihn und stieß eine weitere gläserne Doppelflügeltür auf. Es ging nach draußen und Emira war sich sicher, dass es der Kampfplatz der Shinejey war, bis sie die fein gemachten Kieswege, die Beete und die Büsche erblickte. Sie gab es auf und akzeptierte, dass sie verloren war. Zusammen wandelten sie über die verschlungenen Pfade, jedoch konnte sie kaum gefallen an dem Allen finden. Der Garten wirkte – verletzt und unfertig. Die schwarze Erde aufgewühlt, die Beete leer und dazu wirkte alles wie durch einen Grauschleier.

„Das ist der Halbmond-Garten." Darian sah sie vielsagend an, als müsse sie wissen, was das bedeutete. „Das ist der Garten direkt unter den Gemächern der Luna." Sie sah auf zum Himmel über ihr, der ihr Freiheit vorgaukelte und dann zu den Türmen, die sie von allen Seiten umgaben und diese Illusion zunichtemachten. „Und ich möchte ihn dir schenken!", endete er schließlich gönnerhaft und deutete dann mit großer Geste auf die vor ihnen liegende Grünanlage. Zu den verwaisten Rabatten, zu den Büschen, zitternd ob ihnen das gleiche Schicksal blühen würde wie den Blumen, die hier einst gestanden haben mussten und den wenigen Bäumen, die sich verzweifelt dem Licht entgegenstreckten.

„Ich – ich – oh." Es gab wahrscheinlich nichts mit dem sie weniger anfangen konnte, als mit gärtnern.

Bevor sie sich ein Wort des Dankes abringen konnte, fuhr Otto dazwischen.

„Du hast Mutters Garten zerstören lassen?!"

Sie hatte Otto bis jetzt nur als abweisend und still wahrgenommen, aber nun troff sein ganzer Körper vor Zorn, sein Gesicht war so hochrot wie seine Haare und seine Augen glänzten vor Tränen.

Darian unterbrach sein nonchalantes Gehabe und drehte sich knurrend zu ihm. Die Anwesenheit von Franz und Till wurde erdrückend.

„Das ist der Garten der Luna, also gehört er der Luna." Er räusperte sich und sein Grinsen wurde boshaft. „Und wenn Meine kleine Gefährtin sich später verwirklichen will, sollte er frei sein von – Unkraut."

„Viell...", begann Alina.

„Unkraut!? Dieser Garten war alles für Mutter! Wie konntest du das nur tun? Wie ..."

„Weil Ich der Alpha bin und die alte Luna nun einmal tot ist." Er trat einen Schritt vor und brachte seinen kleinen Bruder mit seiner bloßen Präsenz dazu, zurückzuweichen. Otto fletschte wütend die Zähne und warf einen kurzen Blick zu seiner Schwester. Die blickte zu Boden.

Franz schien das Gespräch unangenehm zu werden. „Wir sollten uns alle wieder beruhigen! Und du solltest vielleicht gehen."

Otto nickte seinem Cousin zu. Bevor er sich umwandte und davonstürmte, hob er seinen Kopf und warf einen Blick voller Zorn, Trauer und Hass direkt in Emiras Richtung. Sie fühlte sich noch schlechter. Das hatte sie gar nicht gewollt und trotzdem war das nun irgendwie ihre Schuld.

„Vergiss ihn. Du kannst mit diesem Ort machen was du willst. Oder auch nicht."

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