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Ich lasse mich auf den Boden fallen, Gras ist wirklich nicht so weich wie alle sagen. Plötzlich bricht Arlon neben mir zusammen. „Alles in Ordnung?", frage ich und er stößt ein leises „Ja", hervor, obwohl offensichtlich nichts in Ordnung ist. Er setzt sich etwas auf und sagt: „Wir müssen sofort hier weg, Ekrasiten sind schon auf dem Weg hierher. Wir müssen nach Süd-Westen, die Ekrasiten kennen nur die Eingänge im Norden und Osten. „Woher weißt du das?", fragt Shila und sieht ihn misstrauisch an. Arlon atmet schwer und hat seine Augen geschlossen. „Ich...Spion, grade erst rausgefunden.", presst er unter zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich habe keine Ahnung was zu tun ist, ich war noch nie in so einer Situation. Wie auch, mein ganzes Leben habe ich isoliert im Palast gelebt und mich bedienen lassen.
Shila ist aufgestanden und läuft umher. Sie hat die Stirn gerunzelt und presst ihre Lippen zusammen. „Arlon hat Recht.", sagt sie dann, „Er ist ein hervorragender Spion und wenn er sagt, dass die Ekrasiten von Nord-Osten kommen, wird es stimmen!" Aus ihrem Mund kommen die Worte einer Anführerin, nicht die meiner besten Freundin und Zofe.
„Aber was machen wir mit Arlon?", frage ich sie. Shilas Blick schweift zu dem im Gras liegenden Arlon. Er hat die Augen geschlossen und würde aussehen, als schliefe er, wenn da nicht dieser zusammengekniffene Gesichtsausdruck wäre. Der Schock vorhin hat seinen Schmerz betäubt, aber das lässt jetzt nach, so wie er aussieht.
„Sera, ich glaube nicht, dass wir viel für ihn tun...", fängt Shila an doch ich unterbreche sie: „Wir können ihn doch nicht hierlassen, er hat uns gerettet!", sage ich eine Spur lauter als nötig. Mein Herz zieht sich zusammen, bei dem Gedanken, ihn hierlassen zu müssen. Seltsam, da ich Arlon doch erst so kurz kenne und eigentlich nicht mal besonders leiden kann. Immerhin wollte er Ben töten. Aber Ben kannte ich ja auch nur kurz und trotzdem habe ich ihn gerettet.
Ich denke ich bin nicht hart genug, um Menschen das Leben zu nehmen. Das ist in meinem derzeitigen Überlebenskampf wohl nicht von Vorteil.
„Er soll doch nicht sterben!", sage ich erneut und Arlon sagt leiser: „Sie hat Recht. Ich soll nicht sterben!" Irgendwie muss ich fast lachen. Shila, die die ganze Zeit geschwiegen hat, beißt auf ihrer Unterlippe herum und antwortet dann: „Gut, Ben und Max, ihr könnt Arlon beim Laufen helfen, aber ich kann nichts versprechen."
Mir ist klar, dass Arlons Überlebenschancen schwinden, wenn er sich nicht ausruht und einen Arzt besucht. Wenn ich religiös wäre, würde ich jetzt vermutlich beten. Max und Ben tragen Arlon mehr, als ihn zu stützen und Shila holt einen kleinen Kompass aus der Tasche. „Dort ist Norden.", sagt sie und zeigt nach vorne. „Wir gehen direkt nach Süd-Westen, Richtung Regane." „Wer ist Regane?", frage ich und runzele die Stirn. Ich ernte nur ungläubige Blicke. Shila lacht: „Das ist eine Stadt. Was bist du nochmal, Königin?"
Ich werde rot vor Scham, ich kenne nicht mal mein eigenes Reich. Norlins und Vaters Reich, verbessere ich mich. Als ich noch Königin war, habe ich eigentlich nur meine Zeit mit Nichtigkeiten und Tratsch verbracht. Das Reich wurde von meinem Ehemann König Norlin von Cresidia verbracht. Allerdings ignorierte dieser mich meistens, sogar bei den Abendessen. Mein Vater dagegen war so etwas wie ein zweiter König. Er zahle Norlin viel Geld, damit er mich heiratet und Vater mehr Macht bekommt. Ich balle meine Hände zu Fäusten, mein eigener Vater hat mich praktisch verkauft. Hätte meine Mutter damals noch gelebt, hätte sie das niemals zugelassen. Als ich an sie denken muss, könnte ich gleich wieder anfangen zu weinen. Ich vermisse sie.
„Sera?", ruft Shila und reißt mich aus meinen Gedanken. Plötzlich merke ich, dass sie schon weitergelaufen ist. „Wartet!", schreie ich und renne ihnen hinterher.
Wir sind schon eine ganze Weile gelaufen und meine Füße schmerzen, als Max das Wort ergreift: „Sorry, wenn das erbärmlich kling aber ich brauche wirklich eine Pause!" „Ja, bis Regane ist es noch ganz schön weit und Arlon hier ist auch nicht gerade leicht.", fügt Ben hinzu. „Alles Muskeln.", sagt da Arlon. Irgendwie bin ich erleichtert, ihm scheint es etwas besser zu gehen. Moment mal, hat er gerade einen Witz gemacht? Ich ziehe das mit dem besser-gehen sofort zurück! Ein Lächeln schleicht sich auf mein Gesicht, vielleicht hat er doch so eine Art Humor.
„Gut. Aber nur kurz. Wir brauchen dringend Wasser und Proviant, wir müssen Regane heute noch erreichen, am besten vor Anbruch der Dunkelheit!" Ben und Max setzen sich auf den Boden und auch Arlon setzt sich. Sie schnaufen. Ich lasse mich auch fallen, meine Füße fallen sonst bestimmt gleich ab. Erstmals habe ich die Gelegenheit, alle meine neuen Freunde etwas näher zu betrachten. Ben, Shila und Arlon kenne ich ja schon etwas, aber Max habe ich vor unserer Flucht aus dem Hauptquartier noch nie gesehen. Mir fällt auf, wie jung er wirklich aussieht, noch fast ein Kind. Abe in seinem Blick liegt etwas Erwachsenes. Ich frage mich, welches Leid diese Augen schon sehen mussten.
„Bei allem Respekt, ich glaube nicht, dass es klug ist, heute zu versuchen bis nach Regane zu laufen.", ergreift Ben wieder das Wort. „Wer hat dich gefragt? Und wer sagt uns, dass du uns nicht direkt in eine Ekrasitenfalle führst?", faucht Shila ihn an. Ben senkt seinen Blick. Wenn ich so sehe, wie Ben behandelt wird, beginnt die Wut in mir zu brodeln und ich balle meine Fäuste. Niemand sollte wie ein Aussätziger behandelt werden, wir sind ja dann genauso wie die Ekrasiten.
„Er hat Recht. Wir brauchen eine Alternative.", sage ich mit fester Stimme und versuche nicht zu scharf zu klingen. Shila blickt mich an und zieht die Augenbrauen hoch. „Also gut.", lenkt sein schließlich ein, „Hat irgendjemand eine grobe Idee wo es hier in der Nähe einen Unterschlupf geben könnte?"
Betretenes Schweigen. Ich kaue auf meiner Lippe herum, ich als Königin sollte mein Reich kennen, auch wenn ich mich nicht wirklich wie eine Königin gefühlt habe.
Plötzlich erhebt Ben die Stimme: „Hier in der Nähe gibt es eine Hütte mit Vorräten für drei Tage." Er klingt wie ein schüchternes Schulkind. „Es ist ein verlassener Ekrasitenunterschlupf.", fügt er sichtlich peinlich berührt hinzu. Shila ist die einzige, die nicht sitzt und nun schaut sie Ben buchstäblich von oben herab an. Sie murmelt etwas, dass sich wie „Verfluchte Ekrasiten" anhört. „Wie können wir sicher sein, dass dort keine Ekrasiten mehr sind?", meldet sich Max, „Ich hatte eigentlich vor noch etwas länger zu leben."
„Wenn du Ost-Lizha meinst ist dort sicher keiner mehr. Dieser Unterschlupf wurde vor sieben Monaten aufgegeben.", sagt eine Stimme. Es ist Arlon. Woher zur Hölle weiß er soviel über die Ekrasiten. Als könnte er meine Gedanken lesen sagt er: „Ich bin – war – halt ein guter Spion." Shila nickt langsam. „Okay, dann gehen wir zu diesem mysteriösen Ost-Lizha.", entscheidet sie und beginnt zu laufen. Max und Ben helfen Arlon hoch und ich sehe an seinem Gesicht, wie sehr es ihm missfällt, Hilfe zu brauchen.
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Vielen Dank fürs Lesen! Über ein Vote und einen Kommentar würde ich mich sehr freuen.
Würde euch eigentlich mal eine Art Führung durch meinen "Buch-Hefter" interessieren? Ich habe nämlich einen Hefter, wo ich alle Hintergrundgeschichten, die Karte von Cresidia und den Plot aufschreibe (also handschriftlich). Ich dachte mir, dann könntet ihr sehen, wie ich ein Buch plane. Schreibt einfach einen Kommentar und ich mache dazu ein Kapitel 😉
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