Vor so langer Zeit
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Die schweren und selbst für Erebor ausschweifend verschwenderisch verzierten Flügeltüren zur Ahnenhalle der Könige von Durins Volk öffnen sich lautlos, wie von Geisterhand geführt, und augenblicklich blendet mich gleisendhelles Licht, verursacht durch Hunderte von Kerzen und Gold und Silber und Juwelen, die das Flackern mannigfach verstärkt und bunt schillernd zurückwerfen. Der Saal ist trotz seiner Weitläufigkeit überfüllt ... acht lange Tischreihen bestimmen das Bild, für jedes geladene Haus einen. Zwischen gewaltigen Säulen, die anmuten wie mit Efeu bewachsene Stämme uralter Bäume, die ein dichtes aus grünschillernder Jade bestehendes Blätterdach stützen, flankieren die stummen Golddenkmäler der Erben Durins die herrschaftlichen Gäste. Ich atme bangend bei diesem bisher alles überragenden Anblick aus. Fili und Kili neben mir greifen gleichzeitig nach meinen Händen, umfassen sie fest und bestärken mich noch einmal, dass ich keine Angst zu haben brauche Thorin zu enttäuschen, denn ich habe seine Achtung und Liebe erlangt, so wie ich bin.
Langsam gehen sie voran, werden von Ori angekündigt als Prinzen des Erebors und die stehende Menge verbeugt sich huldigend, bis sie den ihnen zustehenden Platz an Thorins Seite finden. Ich verweile in dem flackernden Halbdunkel des Ganges. Am ganzen Leib schaudernd, die schweißnassen Hände nervös knetend und mit einem Herzen, das vor Anspannung fast aus der Brust zu springen scheint. Meine Beine wollen fliehen, aber als ich zum Ende des Saales blicke, erkenne ich Thorin ... königlich, wunderschön ... umgeben von Licht, in erlesende Kleider gehüllt, ausgestattet mit Gold, Silber und Pelzen und die kostbare Rabenkrone seiner Ahnen ziert sein Haupt.
Er sieht mich an und in den Augen kann ich selbst aus der Distanz die alles überragende Vorfreude erkennen, mich bald an seiner Seite zu wissen. Ori an der Tür nickt mir herzensgut zu und ich lächle ihn leicht an, bevor ich noch einmal tief durchatmend den ersten Schritt gehe. Mit herrschaftlich erhobenen Kopf, gestraffter Haltung und zitternden, unter zum Glück wallenden edlen Stoff verborgenen Knien. „Bil Beutlin, Tochter der Belladonna Tuk .... Auserwählte des Königs unter dem Berge", kündigt er mich an und augenblicklich fühle ich unverschleiert und zerstörend das Brennen der unzähligen Augen auf mir. Auserwählte ... nicht Geliebte ... nicht Verlobte ... nicht Gemahlin ... nicht Königin ... als wäre ich nur ein besonderes Schmuckstück in Thorins Schatz. Niemand verneigt sich vor mir, denn sie wissen, dass ich nicht von hohem Adel bin und zudem einem fremden Volk angehöre, dass im Verborgenen lebt, unwürdig an der Seite eines allmächtigen Königs zu stehen, und meine schlimmsten Befürchtungen werden wahr.
Ich will bereits umdrehen und flüchten, mich in die tiefsten und dunkelsten Minen verkriechen, in denen mich niemand finden wird ... als ein Ruck durch die Menge geht. Als Erstes sind es die Vertreter der Menschen ... Bard, seine Kinder und einige der Adligen, die überlebt haben ... dann die Elben ... Thranduil, Legolas und sein Gefolge ... und dann folgen die Herrscher und Abgesandten der zwergischen Häuser. Sie alle senken ihr Haupt und verbeugen sich würdigend vor mir ... mir, einem einfachen Halbling ohne adligen Stand, geschweige denn ehrhaften Namen.
Zaghaft und um Atem ringend, da meine Lungen überfüllt von Panik und Respekt sind, schaue ich mich mit großen Augen um. Lasse den Blick über die vielen geneigten Köpfe schweifen, bis er letztendlich an dem Haupttisch verweilt, an dessen Stirn sich meine Gefährten und Gandalf ebenfalls ehrerbietend vor mir verneigen. Einzig Thorin und ich stehen noch aufrecht und diese gewaltige Bedeutung und Würdigung lässt mich nur noch mehr erzittern. Und dann, senkt auch er sein gekröntes Haupt ... nur einen Moment lang, Sekunden in der Gefühlswelt anderer, aber in meiner so ewiglich dauernd wie ein ganzes Leben.
Er streckt seine Hand nach mir aus und oh wie ist mir wohler, als ich endlich den langen Saal durchquert habe und sie ergreifen kann ... die Sicherheit der besonnenen Ruhe und die Vertrauen spendende Wärme der rauen Haut spüre. Ich knickse untertänig begrüßend und schaue ihn anschließend an, mit Tränen in den Augen, die meine Ehrfrucht vor dieser Situation ausdrücken und die Unsicherheit und Angst, mit der ich ihr begegne. Aber ein einziges Lächeln von ihm, dass mir die Gewissheit gibt, weder zu träumen, noch dass ich Furcht haben muss, genügt um meinen Willen erneut zu stärken.
Er geleitet mich an seine Seite und die Menge erhebt sich. Noch immer schwankend umklammere ich seine Hand, halte mich mit aller Kraft an der Gelassenheit, mit der er diesen Moment begegnet, fest wie eine Ertrinkende in einem unerbittlichen Strudel von mannigfachen aufwühlenden Gefühlen, die mich beständig versuchen in eine Ohnmacht zu ziehen. „Wehrte Anwesende, ich heiße Euch in den wiedereroberten Hallen des Königreiches Erebor willkommen!", stößt Thorin schließlich mit einer ungeheuren Kraft in der Stimme aus, sodass seine Worte schallend von den steinernen Wänden und goldenen Statuen zurückgeworfen werden. Unsere Gäste applaudieren, während ich bebe vor Furchtsamkeit und Bewunderung und Thorins Hand noch ein wenig festhaltender umklammere. „Der Drache Smaug ist gefallen. Letztendlich hat ein einziger Pfeil, abgeschossen von Bard, Erbe Girions, die Bestie, die Durins Volk so lange seines rechtmäßigen Platzes beraubt hat, getötet. Ein Bündnis aus Zwergen, Elben und Menschen konnte den Frieden, der danach von unseren Feinden den Orks bedroht wurde, verteidigen. Aber der heutige Abend soll nicht nur diese Einigkeit stärken, damit Rhovanion wieder zu neuem Leben erblühen kann und die Toten ehren, die ruhmreich für diese glorreiche Zukunft ihr Leben gaben...", erläutert Thorin bedeutungsvoll und während die Anwesenden erneut ihre Begeisterung ob seiner Worte bekunden, dreht er sich unerwartet zu mir. Erstaunt und nicht einmal annähernd ahnend was er vorhat, starre ich ihn einfach nur sprachlos an. „Dieses Fest soll vor allem einem Wesen gewidmet sein. Einem Geschöpf, das meine Gefährten und mich selbstlos auf der langen Reise begleitete, unverzagt durch viele Gefahren und tiefe Abgründe ... dem Drachen furchtlos entgegentrat ... mich niemals die Hoffnung verlierend von einer Krankheit befreien konnte ... in der Schlacht tapfer als Feldherrin ganze Heerscharen befehligte ... den Berg bereits mit viel Geschick und Talent regierte und ohne dessen grenzenlose Liebe ich heute nicht hier stehen würde."
Mein Mund wird trocken und ich widerstehe dem inneren Drang, verschämt den Blick zu senken, als sich seine Worte wie ein goldener Strom aus Wärme in mir verteilen und die Wangen verräterisch heiß-glühend erröten lassen. Ich starre ihn noch immer an ... schweigend ... zitternd ... großäugig ... gefesselt von seinem Loblied, als ich plötzlich bedächtige Bewegungen hinter ihm wahrnehme. Fili und Kili treten neben uns, in den Händen jeweils ein prachtvoll verziertes Kästchen haltend. Thorin nimmt das Kleinere davon aus Filis Händen und ehe ich protestieren oder auch nur verwundert ausatmen kann, fällt er vor mir auf die Knie.
Der König unter dem Berge ... Besitzer des Arkensteins und damit bedingungsloser Herrscher über alle Königshäuser der Zwerge in Mittelerde ... kniet vor mir. Huldigend, ehrerbietend, dienstbar ... bittend ... denn als er das Kästchen öffnet und einen goldenen Ring zum Vorschein bringt, dessen Ursprung des strahlend-hellen und in sich leuchtender Juwelensplitter mit nur allzu bekannt ist, wird mir die Bedeutung des Augenblicks bewusst und eine Hand findet aufgewühlt und stockend ihren Weg an meinen Mund, in dem aussichtslosen Versuch, ein ergriffenes Schluchzen zu unterdrücken, dass ihn ungestüm verlassen möchte.
„Bil ... mein Schicksal ... meine Zukunft ... mein Beistand ... meine Hoffnung ... die wahrhaftige Liebe, der man nur einmal im Leben begegnet ... ich möchte dich hier, vor allen Anwesenden, bitten, meine Gemahlin zu werden, denn du bist es, die mich zu dem macht, was ich bin. Möchtest du unsere Königin werden und mit mir zusammen in Liebe und Verbundenheit die Zukunft und das Leben in den Hallen meiner Sippe gestalten?" Mein Atem geht schneller, mit aller Kraft darum bemüht genügend Luft in die Lungen zu pressen, damit ich nicht ohnmächtig werde, und bin dennoch zu nichts Anderen mehr fähig, als ihm wie selbstverständlich meine Hand zur Einwilligung zu reichen. Thorin ergreift sie ... federleicht und ich spüre seine zarten, warmen, bartumrandeten Lippen, den lang gezogenen Bruchteil eines Augenblicks, der Vertrauen und Neigung ausdrückt ... ohne Bewegung ... ohne Atem ... aber voller Ehrerbietung. „Ni dûmê zasamkhihiya zahar, ni kurduzi zâmkhihi azhâr." Mir treten Tränen in die Augen und nun weiß ich auch, warum mir Ori erst vor Kurzem die Wörter für Haus und Herz und Zuhause beibrachte. „Ni dûmzu zâmkhihi zahar, ni kurdumê zasamkhihi azhâr", erwidere ich mit bebender Stimme, nicht wissend, woher ich überhaupt die Gedankenstärke nehme, mich an die Worte so fehlerfrei zu erinnern.
Thorin sieht zu mir auf ... namenlosen Stolz und unbezähmbare Freude in den Augen aufblitzen lassend. Er befreit den Ring aus seinem verzierten Käfig und steckt ihn mir an und er passt, als wäre es schon immer sein ihm gehörender Platz gewesen. Erneut führt er meine nun ringgeschmückte Hand an seinen Mund und haucht voller Ergebenheit und Demut einen Kuss darauf, sowohl auf das kühle Metall, wie auf die warme Haut. Er besiegelt unsere Verbindung ... eine Liebe, die ebenfalls mit einem Handkuss begann ... vor so langer Zeit in einer Hobbithöhle im Auenland.
Es ist Gandalf, der neben uns tritt und meine gefesselte Aufmerksamkeit von Thorins ausdrucksvoller Geste nimmt. Bedächtig hebt er den Deckel des zweiten Kästchens in Kilis Hand und enthüllt die Krone der Königin unter dem Berge. Lange habe ich sie nicht mehr betrachten können und dennoch scheint es mir, als ob sie jetzt noch mehr strahlt ... noch prächtiger und bedeutungsvoller ist als jemals zuvor. Vorsichtig setzt der Zauberer, der das alles heraufbeschworen hat, die Krone auf mein Haupt und macht mich damit endlich zur legitimen Königin unter dem Berge ... von Gold und Mithril und Edelsteinen geschmückt an Thorins Seite stehend ... von nun an bis in alle Ewigkeit.
Mein König erhebt sich ... und sein Antlitz ist auserlesen, erfüllt mit so viel Vergnügen und Glück und Lebensfreude, wie ich alles noch nie an ihm sah. Er ist so wunderschön, dass es beinahe schmerzt und die Gewissheit, dass er nun vollkommen Mein ist, erkämpft sich nur langsam ihren begründeten Platz in dem Denken. „Mamahdûn Mahal ku' mahgayada mayasthûn ra mayasthûna", sagt Gandalf andachtsvoll und stellt damit unsere Verbindung auch unter Aules Schutz. Thorin senkt seine Lippen auf meine, zu unserem ersten Kuss als rechtmäßige Angetraute, und ein unbezähmbares Glücksgefühl durchwirkt mich ... flatternd, als wären es unzählige Schmetterlinge ... glühend, wie das flüssige Gold, das aus den Schmelzöfen fließt ... erfüllend, denn das ist was wahrhaftige, beiderseitige Liebe ist. Die Menge applaudiert und die Wünsche nach unserem langen Leben durchdringen immer wieder jubelnd die Hallen des Berges.
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Ni dûmê zasamkhihiya zahar, ni kurduzi zâmkhihi azhâr. -
In meinen Hallen findest du ein Haus, aber in deinem Herzen, werde ich ein Zuhause finden. (Khuzdûl)
Ni dûmzu zâmkhihi zahar, ni kurdumê zasamkhihi azhâr. - In deinen Hallen werde ich ein Haus finden und in meinem Herzen wirst du ein Zuhause finden. (Khuzdûl)
Mamahdûn Mahal ku' mahgayada mayasthûn ra mayasthûna. -
Gesegnet bist du Mahal, der Bräutigam und Braut erfreut. (Khuzdûl)
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