Versagt


Thorins tiefe Stimme bittet mich nur wenige Augenblicke später durch das dunkle Holz der Tür hinein. Achtsam drücke ich die Klinge herunter und trete in das nur mit wenigen flackernden Kerzen erhellte Königsgemach. Selten war ich bislang hier ... es ist ähnlich geschnitten wie meine Räumlichkeiten, aber bedeutend prunkvoller eingerichtet. Mit Raben verzierte, wie Bäume anmutende steinerne Säulen, die eine hohe kuppelförmige Decke stützen, kunstvolle Banner des Hauses Durins an den mit zum Glück wenigen Goldadern durchwirkten Wänden, schwere Sessel vor einem elbhohen feuerlosen Kamin, jedes Geräusch verschluckende Teppiche und ein gigantischer schwarzer Sekretär bestimmen den Salon. Thorin steht an dem zuletzt bemerkten und studiert stumm eine große Karte von Rhovanion. Das flammende Licht der Kerze vor ihm illuminiert schattenhaft sein ernstes Gesicht. Er hat die Rüstung abgelegt, trägt nur eine einfache dunkelblaue Tunika über der schwarzen Hose und die dichten Haare fallen ihm lockig und schwer über die Schultern. Ich muss unruhig schlucken, denn in diesem so schmucklosen Moment wirkt er dermaßen vollkommen und erhaben auf mich ... stark, majestätisch, bescheiden und vor allem begehrenswert ... so wie ein unbearbeitetes Mineral ... nur in der Natürlichkeit wunderschön.

Wie es sich geziemt, schweige ich untergeben bis er mich anspricht ... was zum Glück nicht lange auf sich warten lässt, denn wie schon so oft, scheint er meine Anwesenheit regelrecht spüren zu können. „Was möchtest du, Bil?", fragt er mich schließlich brummig, ohne sich auch nur einmal umzublicken. Ich würge beständig den harten Kloß in meinem Hals herunter, der sich darin unablässig bildet ... mir fast die Luft zum Atmen nimmt und schwer auf meinem Dasein lastet. Mein Innerstes beginnt aufgeregt zu zittern und das Herz scheint aus meiner Brust springen zu wollen, so unruhig schlägt es darin. Ich muss es tun, jetzt oder nie, vielleicht ist die Hoffnung, die wir alle haben, noch nicht gänzlich vergebens. „Eure Majestät ... ich möchte Euch mitteilen, dass ich den Arkenstein gefunden habe", sage ich respektvoll mit verblüffend fester Stimme und augenblicklich dreht sich Thorin um. Mit Kummer stelle ich fest, dass in seinen Augen erneut die tiefschwarze, leblose Leere herrscht, die mir so unsägliche Angst bereitet.

Wie es die Etikette verlangt, beuge ich leicht die Knie und senke meinen Blick, als er mich direkt ansieht. „Du hast was!?", stößt er aufgebracht aus. „Der Arkenstein befindet sich in meinem Besitz, Majestät ..." Ich traue mich nicht ihn anzusehen, vornehmlich, weil ich Panik davor habe, was mich nach meinen nächsten Worten erwarten wird. „... aber ich werde ihn Euch nicht geben können ..." Der Versuch so entschlossen und unerschrocken zu klingen, wie nur irgend möglich, scheitert kläglich. Und einen Moment lang bereue ich es, Stich nicht dabei zu haben ... auch wenn ich trotz allen Trainings im direkten Kampf mit ihm nie eine Chance haben würde.

Der König unter dem Berge tobt aufgebracht auf mich zu und bringt die sowieso schon anfällige Entschlossenheit zum furchtsamen Erzittern. „WAS hat das zu bedeuten!?", donnert er erregt und da ist er wieder, dieser grenzenlose, gefährliche Hass in seiner Tonlage, der die Reinheit der Stimme so sehr verzerrt. Jetzt gibt es keinen Ausweg mehr aus der Misere, die ich heraufbeschworen habe. Ich muss meine nächsten Worte mit Bedacht wählen, damit ich keinen neuerlichen Wutanfall von ihm heraufbeschwöre, der vielleicht eskalieren kann ... körperlich habe ich ihm nichts entgegenzusetzen und alleine werde ich seinem ungezügelten Hass nicht standhalten können, das musste ich schon mehrmals leidvoll erfahren. „Thorin ... dieser Krieg, der uns bevorsteht ... er wird alles zerstören ... ist dir das überhaupt bewusst?!", beginne ich unsicher und richte mich wieder auf.

Aber noch immer kann ich ihn nicht ansehen, obwohl er direkt vor mir steht. Seine an den Seiten verweilenden Hände ballen sich zu Fäusten und beginnen vor aufkommender Erregung zu zittern. „Du setzt dein und das Leben derer, die dir treu ergeben sind ... die dich bedingungslos lieben ... aufs Spiel ... für Dinge, die keinen besonderen Wert haben", erläutere ich sorgenvoll weiter. „Das deiner geliebten Neffen, die dir wie Söhne sind ... das von Balin, mehr Freund als Berater ... deiner Gefährten, die unbezwingbar immer an deiner Seite stehen werden ... und auch meines. Willst du noch mehr Schmerz und Leid ertragen müssen als sowieso schon? Thorin ... komm wieder zur Vernunft ... erst dann werde ich dir den Arkenstein aushändigen."

Ich weiß, dass mein Vorhaben wagemutig ist ... ja schon fast lebensgefährlich ... aber es ist die einzige Chance, die wir noch haben werden. Bitten und Flehen und eindringliche Reden, all das hat nicht funktioniert, ihn nicht erreicht ... ich muss ihn erpressen, mit dem einzigen Objekt, das ihm wichtiger ist als alles andere auf dieser Welt. Unerwartet stürmisch greift Thorin nach meinen Schultern und schüttelt mich grob. „DU wagst es ihn mir vorzuenthalten!", donnert seine Stimme in mein Bewusstsein, unberührt von den mahnenden Worten.

Seine Finger graben sich schmerzhaft in die Haut und ich schaue ihn entsetzt und mit schreckensgeweiteten Augen an, in denen sich ungeplant die ersten Angsttränen bilden. Seine Gesichtszüge sind zu einer grotesken Maske aus Raserei, Verbitterung und Wut verzogen ... mit tief liegenden Augen, in denen jegliches Strahlen erloschen ist ... pechschwarz und regungslos starren sie durch mich hindurch. Schließlich lösen sich die ersten dicken Tränentropfen aus meinen Augenwinkeln und perlen die Haut hinab ... unablässig und still, denn meine Kehle ist wie zugeschnürt und noch nicht einmal ein qualvolles Wimmern kann ihr entrinnen. Mein Körper zittert unkontrolliert angesichts seiner heftigen Reaktion und der Furcht, die mich umwebt wie ein klebriges Spinnennetz. Die Last auf mein Innerstes wird noch unerbittlicher, droht gnadenlos jede kostbare Empfindung die ich für ihn habe zu zerquetschen. Im Moment würde ich ihm sogar zutrauen, dass er mich umbringt, nur um an diesen verfluchten Stein zu gelangen.

Aber dann, ganz plötzlich, zuckt Thorins Miene fast unmerklich und ein ganz kleiner heller Lichtschatten durchfährt seine Augen. Unerwartet lockert er den schmerzhaften Griff und tritt einen Schritt zurück. „Du hast Angst vor mir!?", stößt er mit erschöpfter und von unerwartetem Entsetzen erfüllter Stimme aus. Ich starre ihn überrascht an ... das ist meine Chance ... die Verblendung ist momentan geschwächt. „Thorin ... ich habe keine Angst vor dir ... nur vor dem, was aus dir geworden ist", beginne ich bedächtig und gehe misstrauisch auf ihn zu. „Der Zwerg, der noch vor Kurzem auf meiner Türschwelle stand, hätte niemals sein Wort gebrochen ... er hätte niemals das Leben Anderer auf Spiel gesetzt, nur um einen Schatz willen, denn er wusste, dass es Kostbareres auf dieser Welt gibt, als Gold, Silber, Edelsteine und auch den Arkenstein." Behutsam streiche ich eine störrische weiche Haarsträhne aus seinem Gesicht und lasse meine Finger dabei zärtlich über die Wange fahren. „Hör auf Thorin ... du hast den Berg ... du hast deine Krone ... du hast dein so lange und so schmerzvoll vermisstes Zuhause wieder ... und du hast die bedingungslose Liebe derer, die dir das Wichtigste im Leben sind." Ich unterlasse es unbewusst, mich unmissverständlich darunter zu zählen ... ein folgenschwerer Fehler ... den augenblicklich ist die unheilbringende Düsternis wieder in seine Augen zurückgekehrt.

Ungehalten stößt er mich und meine Annäherung von sich und kommt stattdessen gefahrdrohend auf mich zu gestapft. „DU wagst es MIR Ratschläge zu erteilen, elendiger Halbling ... ICH bin der König!" Über seinen erneuten Rückfall verzweifelt, werde nun auch ich wütend ... auf mich, auf ihn, auf den Arkenstein, auf alles. „Dann bei Mahal benimmt dich auch endlich wie einer!", fahre ich ihn zornig an und hebe waghalsig meine zu Fäusten geballten Hände. „Du traust es dir mir das im Namen unseres Schöpfers zu raten ... du undankbare, ehrlose und unwürdige Kreatur ... du hast keinerlei RECHT dazu!" Seine verächtlichen Worte bohren sich unbarmherzig in mein Dasein und treiben mir erneut die Tränen in die Augen, auch wenn ich weiß, dass er sie nur in seinem Wahn ausstößt. „Vielleicht hörst du wenigstens auf ihn, wenn schon nicht auf uns ..." Mein Ausbruch ... nur noch der verzweifelte Versuch ihn wieder zur Besinnung zu bringen, das weiß ich ... und als ich erneut in seine immer noch von Hass und Verlangen gezeichneten Gesichtszüge blicke, begreife ich, dass es sinnlos ist. Sein gebrochenes Herz und die leidende Seele sind schon zu sehr von der Drachenkrankheit eingenommen worden, sodass nicht auf dieser Welt sie wieder befreien kann.

Unbarmherzig schleicht sich diese schreckliche Erkenntnis in mein Dasein und auf einmal, schwindet jede Zuversicht aus mir und hinterlässt ein dunkles Nichts. Resignierend lasse ich meine Fäuste und den Blick sinken. „Verzeiht mir bitte ... Ihr hab recht, ich bin Euer unwürdig und darf Euch keinerlei Ratschläge erteilen oder etwas vorenthalten", sage ich leise mit tränenerstickter Stimme.

Versagt ... ich bin gescheitert ... mit aller Kraft habe ich versucht ihn zu mir zurückzubringen ... versucht ihn nicht zu verlieren ... versucht das Unvermeidliche aufzuhalten ... aber es ist sinnlos ... Und ich bin an diesem verderbenbringenden Unglück schuld ...

Langsam lasse ich die Hand in die Tasche meines Kleides wandern und hole den Arkenstein daraus hervor. Sein Innerstes leuchtet flammend-rot, so als wolle er das zerstörerische Drachenfeuer nachahmen ... bezeichnend, wenn man bedenkt, was er alles mit seinem Einfluss vernichtet hat. Er wiegt verhängnisvoll schwer in meiner Hand, droht mich unerbittlich mit sich in das Verderben zu ziehen, sodass ich ihn schnell auf den kleinen Tisch neben mir legen muss, da Thorin keinerlei Anzeichen macht, ihn mir abzunehmen. Selbst als ich wieder zu ihm aufblicke, sieht er nur mich und nicht den Stein an, so als ob er ihn noch nicht einmal wahrnimmt ... es ihn nicht zu interessieren scheint, dass diese verfluchte Wertlosigkeit endlich sein ist.

Ich schniefe unglücklich und wende mich letztlich schweigend mit zerrissenem Herzen zum Gehen. Als ich die Türklinke bereits in der Hand halte, drehe ich mich aber dennoch wiederkehrend um ... ich muss es ihm sagen, auch wenn es ihn vermeintlich noch nicht einmal mehr berührt. „Weiß du Thorin, mir wurde einmal folgendes Sprichwort anvertraut: Wahrhaftige Gefühle sind kostbarer, als alles Gold und Silber dieser Erde, denn sie sind das wertvollste Juwel, das man einen anderen schenken kann. Erst jetzt versteht mein Herz vollkommen, was diese Aussage bedeutet ... aber von Nutzen, sind mir die Worte dennoch nicht." Er sieht mich allerdings noch immer unbewegt an ... den Blick starr und emotionslos, unfähig etwas anderes als tobenden Wahnsinn zu visualisieren. „Wir sehen uns morgen auf dem Schlachtfeld ...", sage ich abschließend und drehe mich wieder um. Ich muss von hier weg ... weit weg von ihm ... weit weg von dem Schmerz ... weit weg von meinen Gefühlen, die auch nur im Entferntesten eine Chance gegen diese Krankheit haben und vermutlich auch nie hatten.

„Was soll das bedeuten?", hält mich eine ungewöhnlich ruhige und wahnfreie Stimme unerwartet auf und ich sehe verwundert über die Schulter zu ihm zurück. „Denkst du etwa, ich lasse meine Freunde ... meine Brüder ... alleine diesen aussichtslosen Kampf bestreiten!?", antworte ich ihm bedrückt, nichtbegreifend, warum gerade das ihn zu bewegen scheint. „Aber warum ... du hast keine Verpflichtungen mehr mir gegenüber? Du könntest nach Hause gehen ... so wie du es wolltest", sagt er gedämpft und kommt einen ruhigen Schritt auf mich zu, sodass ich mich nun doch wieder gänzlich zu ihm umdrehe. Bedeutungsvoll betrachte ich den Arkenstein, der noch immer sein unheilvoll rötliches Licht verbreitet. „Du hast recht ... ich habe meine Aufgabe dir gegenüber erfüllt", beginne ich leidenschaftslos, nur um dann sofort meine Stimme bedeutungsvoll aufwallen zu lassen. „Aber mehr noch als irgendeine Unterschrift auf einem wertlosen Stück Papier ... sagt mir mein Herz, dass ich an eurer Seite bleiben muss ... an deiner Seite, Thorin." Bedeutungsvoll lege ich während die Worte fast wie von selber meinen Mund verlassen, eine Hand auf die Brust, dort wo mein Herz noch immer schnell und kraftvoll gegen die Rippen schlägt, obwohl es schon längst zersplittert ist. „Wenn du stirbst, dann sterbe ich auch ... körperlich oder geistig ... denn selbst, wenn ich weiterleben würde, könnte ich es nicht ertragen, dass du nicht mehr auf dieser Welt wandelst. Da allein der Gedanke an deinen Tod, mich bereits schier Wahnsinn werden lässt ... und das schon sehr lange. Ich sterbe lieber, als mein restliches Leben ohne dich und damit in Trauer und Gefühllosigkeit zu verbringen." Thorin kommt zögernd auf mich zu, als er die leidenschaftlichen und hemmungslosen Tränen bemerkt, die meine zerstörerischen Gefühle für ihn beweinen und bis dahin kaum wahrnehmbar aus mir hinausfließen. Und wie einem Wunder gleich, huscht ein bleicher Schatten über seine Augen.

„Warum ... warum willst du wegen mir fallen oder in Unglück versinken?", erkundigt er sich und seine Stimme klingt eigenartig erstickt. Ich sehe ihn an ... lange, bedeutungsvoll und voller Liebe ... aber ihm diese wirklich zu gestehen, das fällt mir noch immer schwer. „Weil das nun mal so ist, wenn ... wenn man jemandem ...", stammle ich unsicher, aber er nimmt mir die Aufgabe ab, mich zu erklären. „Was bin ich für dich, Bil?"

Diese Frage ... diese wunderbare Frage ... die er mir schon sooft gestellt hat und auf die ich bis jetzt nie eine ehrliche Antwort gefunden habe.

Ich lasse meinen Blick sinken und presse die Lippen zusammen, damit ich nicht unkontrolliert anfange zu schluchzen ... schließe nachdenklich die Augen, versuche Worte zu finden, die auch nur annähernd auszudrücken vermögen, was ich für ihn fühle ... wie viel er mir bedeutet ... wie sehr ich ihn liebe. „Du bist mein Schicksal ...", beginne ich infolgedessen und meine Stimme ist nur noch ein Flüstern. Zögernd schaue ich wieder zu ihm auf und unerwartet steht er mir so nahe, wie damals, als ich ihm die Eichel gezeigt habe. Ich kann wie in einem Traum den warmen Atem über die Haut flammen fühlen und dass er mir einen wundervollen Schauer beschert. „Du bist meine Zukunft ... mein König ... mein Sinn zum Leben ...", sage ich gedämpft und führe eine Hand an seine Wange. Die Haare des drahtigen Bartes rascheln leise und kitzeln mich, als ich die Fingerspitzen sanft über die Haut fahren lasse. Mit jeder Aufführung sind seine Augen ein kleines Stück Klarer geworden, was mir unglaublichen Mut gibt, ihm endlich die vollumfängliche Wahrheit zu sagen. „Du bist ... meine wahrhaftige Liebe ...", schließe ich endlich meine Offenbarung ab und es ist nur ein gesprochener Hauch ... aber dennoch so voller Kraft, Wahrheit und Leidenschaft, wie ein bedeutungsvolles Geständnis nur sein kann.

Aus unbedingter Ehrlichkeit wird absolutes Vertrauen geboren und das ist die stärkste Waffe, die man gegen seine Feinde richten kann ... das wird mir in diesem Moment erneut klar, denn auf einmal strahlen seine Seelenspiegel so klar und rein, wie grün-bläulich schimmerndes Eis und mit einer Bedeutsamkeit in ihnen, die ich noch nie in seinem Antlitz empor lodern sah.

In mir erklingt die leise Hoffnung, dass Thorin die Drachenkrankheit ein für alle Mal besiegt hat ... dass sein Herz erfüllt ist von der Liebe zu mir und alles Schlechte darin keinen Platz mehr einnehmen wird ... zu keiner Zeit mehr. Aus den Augenwinkeln nehme ich wahr, wie er seine Hand hebt ... unglaublich bedächtig, um mich nicht zu erschrecken, denn so viel ist passiert ... so viel Schmerz und Angst musste ich durch diese Krankheit erleiden ... und er scheint sich zumindest schemenhaft daran zu erinnern. Zärtlich und liebevoll streichen seine Fingerkuppen schließlich die Haut meiner Wange entlang, fahren durch die Haare und streifen dabei die Perlen darin, wandern weiter und berühren beinahe ehrfürchtig den kleinen eisblauen Edelstein. „Ich weiß mittlerweile, was diese besonderen Geschenke von dir an mich bedeuten ... der Teller Suppe, das Kleid, der Harnisch ... und ich nehme sie erneut an ... Denn ich liebe dich, Thorin ... aus den Tiefen meines Herzens und mit jeder Faser meines Körpers...", hauche ich schließlich aus und es fühlt sich so verdammt gut und richtig an, ihm endlich die vollkommene Wahrheit gesagt zu haben.

Mein bebendes Dasein scheint zu zerfließen, als Thorin sich, ob meines Geständnisses allmählich zu mir herunter beugt. Die störrischen aber dennoch so weichen Haare des Bartes fühlen sich unglaublich an, als sie leicht meine Wange streifen. Ich kann seinen erwärmten Atem und die Ahnung der weichen Haut auf meinen feuchten Lippen spüren und beginne unwillkürlich vor Leidenschaft, Aufregung und Erwartung zu erzittern. „Ich hoffe, Dwalin wird uns dieses Mal in Ruhe lassen ...", haucht er leise aus und ob dieses unerwarteten Scherzes, löst sich jegliche hemmende Anspannung aus mir.

Immer warme Hände umfassen zärtlich mein Gesicht, heben es leicht an und dann ... endlich ... endlich nach all den Wochen und Monaten der beiderseitigen Liebesqual, finden sich unsere Lippen das erste Mal zu einem leidenschaftlichen und von allumfassender, inniger und wahrhaftiger Liebe durchdrungenen Kuss. Zaghaft und unerwartet schüchtern in Anbetracht seiner sonst so ungezierten Art, streichen sie über die glühende Haut ... kaum zu erfühlen, aber dennoch verführerisch anregend. Erst als ich genussvoll meine Augen schließe, mich ihm vollkommen hingebe und gerade so viel Kontrolle über mich erlange, damit ich den Kuss erwidern kann und ihn damit zu verstehen gebe, dass ich mit seiner Annäherung einverstanden bin, wird die Liebkosung wagemutiger und nachdrücklicher.

Schwielige Daumen streichen über meine Wange, weiche lange Haare umhüllen unsere Gesichter, harte und kalte Metallperlen liegen auf der Haut des Dekolletés, begierige Zähne knabbern sanft an meiner Unterlippe ... und jedes einzelne Gefühl ist so unbeschreiblich intensiv und auserlesen vollendet und ich frage mich, wie ich mein bisheriges Leben nur ohne diese Herrlichkeit verbringen konnte. Sein Kuss nimmt mich völlig ein, lässt meinen Körper unter ihm erschaudern. Eine von Thorins Händen wandert in meinen Nacken, drückt mich noch näher und begehrender an ihn heran und die Welt um uns herum beginnt zu flimmern ... verschwindet in einem alles verschluckenden Nebel und nur wir beide scheinen in diesem Augenblick noch in ihr zu existieren. Ersuchend dringt seine Zunge zwischen die leichte Lücke meiner Lippen, bittet fast schon flehend um Einlass, dem ich ihm aber nur allzu gerne gewähre.

Und als sich unsere Zungenspitzen das erste Mal berühren, schwanke ich leicht, so ungewohnt und betörend ist diese unglaublich intensive Empfindung und das bunt aufsteigende Feuerwerk, das sie auslöst. Aber Thorin fängt mich unvermittelt mit seinen starken Armen auf und zieht meinen Körper dicht an seinen, gibt mir die Entschlossenheit und Stärke seiner altruistischen Liebe standzuhalten. Aber als ich seine Wärme plötzlich überall an mir spüre, muss ich den Kuss unterbrechen und geräuschvoll die Luft aus meinen Lungen lassen. Meine zitternden Hände halten noch immer sein Gesicht umschlossen und nachdem ich in seine Augen blicke, die von so unglaublich viel Hingebung und Begehren zu mir sprechen, wollen meine Beine erneut nachgeben. Verzweifelt wie eine Ertrinkende in dem Ozean seiner Liebe, halte ich mich an seinem Dasein und den Gefühlen zu mir fest.

„Maralmizi, Ghivashel ... ich liebe dich, mein unersetzlicher, kostbarster Schatz aller Schätze ...", haucht er schließlich gegen meine bebenden Lippen und verschließt diese erneut leidenschaftlich und ich nehme die Veränderung und gewonnene Festigkeit ob seines Geständnisses darin war. Ganz tief in meinem Denken erinnere ich mich an dieses geflüsterte und gefühlvolle Wort und die Situation, in der es mir schon einmal offenbart hatte und mir wird bewusst, wie lange dieses ausgesprochene Bekenntnis bereits über uns schwebte.

Unser Kuss wird immer erregter und stürmischer und meine Glieder wollen erneut ihren Dienst verweigern, als Thorins Hände rastlos meinen Rücken hinab gleiten, schließlich auf meinem Gesäß zum Erliegen kommen und ein ersticktes Stöhnen seinen Mund entkommt, dass von unvorstellbarer Erregung und Leidenschaft gebildet wurde. Er verlässt meine Lippen und zieht eine feuchte Spur über die gefühlsempfindliche Haut des Halses, den ich ihm trotz alledem nur allzu gerne vertrauensvoll präsentiere. Kehlig entrinnt mir ein überreiztes Wimmern, als er kleine Küsse auf meiner Halsbeuge verteilt und dabei den noch immer schmerzhaft- geröteten, kaum verheilten Biss streift. „Ich begehre dich so sehr ... bitte werde mein ... noch heute Nacht ... ich will dich gänzlich besitzen", dringt seine durch die auflodernde Liebesglut dunkel und weich und heiß erbebende Stimme in das bereits lustvernebelte Bewusstsein vor und lässt mich augenblicklich erschrocken zusammenfahren.

„Und ich besitze gänzlich, was mir gehört..." Seine drohend ausgesprochenen Worte in dem Moment, in dem ich am meisten Angst vor seinem dunklen Ich verspürte, hallen in meinem Kopf wider und ohne, dass ich es verhindern kann, kriecht ein beklemmender Schauer mein Rückgrat entlang und lässt mich erstarren. Thorin bemerkt unvermittelt meine plötzliche Lähmung und die Bedenken, die meinen Körper gefangen halten. Verstört und erschrocken löst er sich sofort von mir, die Ungewissheit über meine schlagartige Befangenheit blitzt in seinen Augen und zeichnet seine Gesichtszüge ... die so wundervoll befreit, klar und hell sind. Nein ... er ist nicht mehr der dunkle Thorin, der sich einfach genommen hätte was er begehrt ... grob, tyrannisch, machtversessen und rücksichtslos ... ungeachtet meiner verzweifelt-abwehrenden Klageschreie.

„Verzeih, wenn ich dich bedrängt habe ... ich wollte nicht ...", setzt er beschämt klingend an und will furchtsam einen distanzierenden Schritt von mir zurückweichen, aber ich zwinge ihn mich wieder anzusehen,indem ich meine Hände erneut um sein Gesicht lege. „Ich bin dein Thorin ... auf jede Weise, die du dir nur vorstellen kannst", flüstere ich erstickt unter Erregung und Unruhe und hoffe, dass er die einzig verbliebene Furcht vor dem nun Folgenden, nicht darin erkennen kann. Von dem Besitz berauscht lächelnd, vereinigter erneut unsere Lippen miteinander, umfasst meine Mitte, hebt mich mit einer Leichtigkeit, die seine unglaubliche Stärke widerspiegelt nach oben und träg tmich die wenigen Schritte in das angrenzende Schlafgemach.

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