Máhanaxar

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Retrospektive Bil

Verborgen unter wärmenden Decken und Fellen erwache ich und muss einige Male blinzeln, da die vorherrschende Dunkelheit des Gemachs mich kurz orientierungslos zurückließ. Obwohl ich einige Stunden geschlafen haben muss, fühle ich mich noch immer erschöpf und so unglaublich müde wie noch nie in meinem Leben. Trotzdem Fís bislang ein ausgeglichener und ruhiger Säugling ist, die Strapazen der schweren Geburt, das Wochenbett und das Stillen waren und sind kräftezehrend für Körper und Geist.

Behutsam drehe ich mich um, immer darauf bedacht, die heiße Schwere der Brüste ein wenig zu stützen und will in das kleine Bettchen neben mir blicken, um sie fasziniert wie am ersten Tag nach ihrer Geburt beim Schlafen zu beobachten, wie so oft seitdem ... aber es ist leer. Beunruhigt richte ich mich auf und nehme erst jetzt das flackernde Licht aus dem Salon war, dass durch die Bogenöffnung fällt. Langsam stehe ich auf, lege mir eine wärmende Decke um die Schultern und gehe auf den Feuerschein zu. Und kaum, dass ich den Türrahmen durchschritten habe, halte ich berührt inne.

Thorin sitzt in meinem Lieblingssessel vor dem flackernden Kaminfeuer und birgt in seinen Armen unsere kleine Tochter, die in der behütenden Überfülle aus Stoff und Muskeln und Liebe fast gänzlich zu versinken droht. Sie schläft ruhig, die Nase leicht gekräuselt und mit einem zufriedenen Ausdruck in ihrem winzigen Gesichtchen. Thorin singt leise und brummend ... ein altes Schlaflied in Khuzdûl, das von Treue und Schutz und unbeschwerten Tagen voller Wärme und Herzlichkeit handelt. Der Anblick ist so wundervoll ergreifend und treibt mir haltlos Tränen der Rührung in die Augen und lässt mein Herz vor Liebe und Stolz beinahe überlaufen ... und auf einmal, ist jegliche Müdigkeit und Erschöpfung vertrieben...

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„Du holst mich sowieso nicht mehr ein!", lache ich laut über die grasgrüne und buntblühende Ebene und treibe meine Rappenstute zur Eile an, als Thorin mit seinem Schimmel dennoch immer näherkommt. Das im Sonnenlicht glitzernde Wasser des Sees ... Ziel unseres Wettrennens ... taucht bereits hinter einer kleinen Anhöhe auf, als er es schließlich trotz meiner Zuversicht schafft neben mich zu galoppieren. Ich sehe das siegessichere Funkeln des entschlossenen Kriegers in seinen Augen aufblitzen, als er mich kurz ansieht und beschließe, meinen letzten Vorteil hervorzuholen, um doch noch zu gewinnen. „Noro lim, Nargâ, noro lim!", flüstere ich meinem Pony zu und sofort wird es schneller, scheint regelrecht über das Gras zu fliegen und reißt mit den eisenbewährten Hufen Blumen, Gras und Erde nach oben, die Thorins Blickfeld zusätzlich behindern.

Mit einem gewagten Bremsmanöver kommen wir schließlich als erste am Ufer zum Halten und Nargâ, meine Schwarze, tänzelt trotz des kräftezehrenden Rennes schnaubend auf der Stelle, um mir zu verdeutlichen, dass sie noch nicht genug Bewegung hatte. „Das war unfair. Einem Elbenpferd elbische Wörter ins Ohr flüstern, damit es schneller galoppiert", schimpft Thorin sofort, als er uns wenige Momente später erreicht und verzieht seinen Mund gespielt böse zu einem Schmollen. „Was kann ich dafür, dass du immer noch kein Sindarin sprichst", gebe ich ihn lachend als Antwort und lasse mich aus dem Damensattel heben, nachdem er abgestiegen ist. „Ich lebe zwar in Frieden mit den Elben, aber mir ihre Sprache aneignen, das geht nun wirklich zu weit", erwidert Thorin und ehe ich erneut zu einer Gegenrede ansetzen kann, erstickt er jedes Aufbegehren mit einem zärtlichen Kuss, das Einzige, mit dem er unsere Auseinandersetzungen bisweilen zu stoppen vermag.

Die Sonne scheint wärmend und klar von dem wolkenlosen Himmel. Das flache Wasser des Sees funkelt wie tausende Diamanten, da unsere vom Zaumzeug befreiten Pferde langsam durch es hindurchwaten und sich seicht ausbreitende Wellen verursachen. Der Wind rauscht leise durch die Baumkronen und unzählige Vögel singen fröhlich und unbeschwert ihre Sommerlieder. Ich lasse mich nach hinten in das hohe, weiche, grüne Gras fallen, schließe entspannt die Augen und gebe den Geist ganz der friedlichen und beruhigenden Atmosphäre hin. Seit der Geburt von Fís vor fast vier Monaten waren wir nicht mehr alleine und genießen diesen Moment der absoluten Entlastung und Zweisamkeit.

Das helle Licht der Sonne wird plötzlich verdeckt und als ich meine Augen öffne, sehe ich das Gesicht von Thorin über mir schweben und oh er ist so wunderschön und begehrenswert und mir wird erneut bewusst, wie sehr ich ihn doch liebe. Wir verführen uns langsam und zärtlich ... nicht mit dem Ziel Befriedigung zu erreichen, sondern einzig um unsere Verbundenheit zueinander zu stärken. Er erkundet interessiert jeden Zentimeter meines durch die Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit gezeichneten Körpers. Verharrt gefesselt an den Veränderungen und lässt ihnen besonders viel Aufmerksamkeit zukommen, gibt mir so das Gefühl, nicht einen Deut weniger begehrenswert auf ihn zu wirken als vorher. „Ich liebe dich, Bil ... und selbst in der Ewigkeit, werde ich mich nur an dich erinnern ..."

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Nur langsam kehrt das Bewusstsein in mich zurück. Als Erstes sind es die Vögel, die über mir ihre Lieder singen ... dann ist es die Wärme, die ich auf der Haut spüren kann ... und schließlich öffne ich meine Augen und für den Bruchteil einer Sekunde wähne ich Thorins Gesicht über mir schweben zu sehen, bevor es dem Blau des Himmels weicht. Verwirrt setze ich mich ruckartig auf. Der Rappe liegt neben mir im Gras und sieht sich weidend aufmerksam um, so als ob er mich in der Besinnungslosigkeit beschützen wollte.

Betroffen und zweifelnd, ob das eben Geschehende wirklich passiert ist, fahre ich mit der Hand über die schmerzenden Augen und erst als ich sie wieder sinken lasse, bemerke ich in der anderen einen Gegenstand, den ich fest umklammere. Ich löse die verkrampften Finger und als er dadurch in seiner Vollkommenheit zu sehen ist, beginne ich zu schluchzen und zu begreifen, dass die Begegnung mit den Valar kein Traum war. Denn ich erwartete ihn nie wieder zu sehen, da Aule ihn als Entlohnung für seinen Rat in der Verzweiflung während Thorins Wahnsinn an sich nahm. Es ist der kleine Spielzeugdrache, den mir einst das kleine Mädchen aus der Seestadt schenkte.

Noch lange sitze ich im Gras und betrachte das Kleinod, das mir damals das Wichtigste und Kostbarste war, was ich besaß. Und auch jetzt scheint es seine Bedeutung und Wertigkeit nicht verloren zu haben, denn es bringt mich der Erfüllung meiner Hoffnungen, die ich dennoch nie gewagt habe zu erträumen, so unglaublich nahe wie noch nie. Achtsam und überlegend drehe und wende ich den kleinen Drachen aus dunklem Eichenholz in den Händen. Auch wenn die Angst vor dem Versagen und der damit einhergehenden Endgültigkeit seines Verlustes übermächtig scheint, ich muss es versuchen.

Bedächtig betrachte ich das kunstvolle Stück Zuversicht und erinnere mich an Thorin. An die unzähligen geflüsterten Liebesbekundungen ... an das Lachen, das er verursachte und die Tränen, die ich wegen ihm vergoss ... die Liebe und Leidenschaft die wir teilten ... an all die kleinen und großen Augenblicke unseres gemeinsamen Lebens und es scheint mir, dass ich mit jeder von ihr mich immer mehr auflöse und schließlich in einen gewaltig-bedeutsamen Raum zwischen Hier und Jetzt gleite.

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Mit einem Ruck komme ich schließlich wieder in meinem Körper an und befinde mich erstaunlicherweise in einer riesigen Halle. Gewaltige Säulen, die aus purem Licht zu bestehen scheinen, stützen im Kreis angeordnet dennoch mit Leichtigkeit eine hohe, kuppelförmige Decke, auf der sich der Nachthimmel mit unzähligen Sternen abbildet. Der Boden und die Wände sind aus gutem und starken, wie Marmor anmutenden Gestein gefertigt. Zwischen den Lichtpfeilern stehen Thronsessel. Vierzehn an der Zahl, zwei von ihnen größer als die anderen. Bestehend aus unterschiedlichen Materialien und in mannigfachen Farbnuancen schimmernd.

Ich sehe mich angstvoll um und drücke den kleinen Drachen Halt und Mut suchend an meine Brust, denn ich weiß nicht wo ich mich befinde und was mir bevorsteht. Und dann beginnt die Luft drückend schwer vor Macht und Einfluss zu werden und ich muss mich entkräftet auf die Knie fallen lassen, da die Gewaltigkeit dröhnend durch Glieder und Kopf donnert und den Körper niederdrückt. Furchtsam zwinge ich mich aufzublicken, und auf den Thronen um mich herum beginnen sich flackernd Erscheinungen zu materialisieren ... werden deutlicher und ihre farblich unterschiedlichen Auren verbinden sich schließlich zu einem Gemisch aus überirdischen Licht, das mich schmerzhaft blendet.

Und dann verblasst zumindest die entmutigende Macht in meinem Inneren und wird durch ein Gefühl der Erfüllung und Wärme ersetzt, dass mein Herz noch schneller schlagen lässt, so heftig, dass es mir beinahe aus der beengten Brust springt. „Erhebt Euch, Bil Beutlin ... Ringträgerin und Beschwörerin von Frieden zwischen den Völkern Mittelerdes", höre ich eine sonore und einflussreiche Stimme in Valarin sprechen und als ich zu ihrem Ursprung aufschaue, sehe ich Manwe vor mir auf seinem Thron sitzen ... Herr der Lüfte, Winde und Wolken und König von Arda. Das reinweiße Licht, das ihn umgibt ist auserlesen mächtig und makellos wie die ebenfalls farblosen Gewänder, in die er gehüllt ist. Sein Antlitz ist erhaben und einschüchternd, so wie ich es von einem König erwarte. Einzig seine falben Augen bereiten mir Angst, denn sie starren gehaltlos durch mich hindurch.

Langsam und vorsichtig stehe ich so wie er es mir befohlen hat auf, drücke aber weiterhin fast schmerzhaft den Drachen an mich, damit ich weiß, dass das alles hier gerade wirklich geschieht ... ich nicht träume. Bedächtig sehe ich mich um und auf den anderen Thronen erkenne ich auch die anderen großen Valar sitzen, obwohl ich sie nur aus Erzählungen Gandalfs und meiner Bücher kenne.

Neben Manwe thront seine Gemahlin Varda und die in Sternlicht gehüllte Erschafferin des Selbigen ist das schönste und anmutigste Wesen, das ich jemals sehen durfte. Sternendiamanten schmücken die langen nachhimmelblauschwarzen Haare und das Kleid scheint einzig aus Glanz zu bestehen. Aber auch die anderen Valar und Valier visualisieren die Reinheit und Makellosigkeit und Autorität dieser und jeder anderen Welt in ihren perfekten Gestalten, die dennoch nur angenommen sind, denn die Erscheinung ihrer Geistwesen würde die Gedanken und Empfindungen jedes weltlichen Wesens zerrütten.

Aule und Yavanna flankieren als zweitstärkste Macht den König und die Königin. Neben dem Schöpfer der Berge, sein Freund und Herr über alles Wasser, Ulmo. Das Meeresgrünblau von Kleidung und Aura scheint zu fließen und zu plätschern wie sein Element und vereinzelt kann ich darin kleine Fische wahrnehmen, die ihn umkreisen und spielerisch necken. Altbekannt und gefürchtet Mandos an seiner Seite. Das Schwarz der Erscheinung ist noch immer angstauslösend und beschwört Erinnerungen von Qual und Schmerz herauf, die mich beklommen erschaudern lassen. Seine in Schwefelfarben gehüllte Gemahlin Vaire, die Weberin, die auf Wandteppichen die die Ewigen Hallen verzieren die glorreichen Taten aller Zeitalter festhält, verweilt elegant neben ihm. Nienna, die Tränenreiche, deren violette Aura Ruhe und Buße symbolisiert, wandelt meines Wissens oft in den Hallen ihres Bruders, denn alle die dort warten rufen sie und die hervorgebrachte Stärkung für den Geist und Verwandlung von Kummer in Weisheit an. Der Platz neben ihr ist leer, sodass ich mich den Valar an der Seite Vardas begrüßend zuwende.

In warmes Braun und Grün der Wälder gekleidet neben Yavanna der große Jäger Orome, der Urtyp jeglichen Heldentums in Ea. Einschüchternd ist seine herkulische Gestalt und der Bogen, der über seine Schulter liegt ein wahres Meisterwerk. Seine Gemahlin Vána schimmert im Blau des Himmels, in dem ihre Geschöpfe anzutreffen sind und kleine vielfarbige Blumen leuchten in dem langen feuerroten Haar. Tulkas, der bullige Kämpfer, der mächtige Feinde mit bloßen Fäusten niederringt, trägt eine golden-glänzende Aura, die seine gefürchtete, ja beinahe mit zwergischen Willen vergleichbare Unnachgiebigkeit symbolisiert. Seine Gattin Nessa hingegen ist so graziös und schlank wie es eine Tänzerin nur sein kann und die blaugrüne Aura wabert in anmutigen Bewegungen um sie, als würde sie allzeit mit ihr tanzen. Zuletzt Este in Grau, die Heilerin von Wunden und Müdigkeit, die Geschöpfen, die die Gärten ihres Gatten Ilmo im Traum aufsuchen die Gaben Barmherzigkeit, Weisheit und Geduld schenkt. Aber noch bevor ich mich fragen kann, warum der Herr über Lorien und Meister der Wünsche nicht anwesend ist, erscheint er vor mir.

Das gedeckt-warme Orange-Rot eines Sonnenuntergangs strahlt mir entgegen und bildet einen Kontrast zu dem edlen Grau seiner Haare und Augen. Das Angesicht vermittelt Gutmütigkeit, aber dennoch sehe ich auch Härte darin. Die Unnachgiebigkeit die Erfüllung nicht jeden Wunsches, den man an ihn richtet zu gewähren. Ich trete einen Schritt zurück und senke ehrerbietend den Blick. „Seid uns willkommen, Bil Beutlin aus dem Auenland. Oft sah ich Euch in meinen Gärten wandeln, die Blumen und Bäume bewundern, mit den Vögeln singen und verzweifelt auf der Suche nach Ruhe und Frieden, die ihr noch immer nicht gefunden habt." Seine Stimme flüstert, obwohl er laut redet und ich nicke beklommen und schuldbewusst zur Bestätigung seiner Aussage. „Trotz all der Schönheit die mich in Aman umgibt und unter der Güte der Valar, die mir ermöglicht ein Dasein ohne Krankheit und Leid zu erleben, in der Gestalt die mir die liebste in meinem vergangenen Leben war, ich werde hier keinen Einklang finden, denn die Hälfte meines Herzens verweilt eingesperrt in den Hallen des Ewigen Wartens und allein der Gedanke an ihn begleitet mich."

Ich spüre wie die machtvolle und dennoch beruhigende Aura Ilmos auf mich zukommt und wenig später, wie sich eine warme Hand um mein Gesicht schließt. „Nienna berichtete uns mit Sorge von Eurer tränenreichen Trauer, die sonst in Valinor nicht existiert und die selbst sie nicht zu lindern vermag. Ich bitte Euch, sagt uns wie wir Euch diese nehmen können, richtet einen Wunsch an mich, den Sehnlichsten, den ihr zu formulieren vermögt und der direkt aus Eurem Herzen entspringt." Ich sehe auf und erschrecke zutiefst, denn sein Antlitz hat sich gewandelt zu einem Schattenwesen, einem Nichts das dennoch aus purer Energie zu bestehen scheint. Deshalb habe ich sie nie wahrgenommen, obwohl sie allzeit in meiner Nähe zu verweilen schienen, so gut wie sie über Herzweh und Leiden Bescheid wissen. Wie oft und unbemerkt begleiten sie uns wohl in unserem irdischen Leben, verborgen im Lichtschatten der Zwischenwelten?

„Ich begehre wieder ganz zu werden. Seit dem Tod meines Gemahls vermochte ich zwar mich von der Trauer und dem Kummer abzulenken, aber seitdem ich hier bin, quält mich der Schmerz seines Verlustes so herzzerreißend wie noch nie und tagtäglich leidet die verbliebene Hälfe und droht für immer zu vergehen." Tränen treten aus meinen Augen, fließen brennend über die Haut, treffen auf seine Hand und dort wo sie die schattige Gestalt berühren, bildet sich wieder Körperlichkeit.

Ich blicke zu Mandos und der Herr des Todes betrachtet mich mit diesem bizarren Anflug von selbstempfundener Trauer, den ich schon einmal bei ihm sah, damals, als er mir das Wichtigste im Leben nahm. „Bitte gebt mir Thorin wieder", erflehe ich schluchzend und breche letztendlich von Kummer und Trostlosigkeit niedergedrückt zusammen.

Ich höre, wie durch einen Schleier aus erstickenden Nebel hindurch das sich die Valar beratschlagen, vor mir verhüllt in ihrer melodischen Sprache und mit jedem verstreichenden Augenblick entschwindet die Hoffnung auf die Annahme meines Ersuchens. „Erhebt Euch bitte zur Verkündung unserer Entscheidung", höre ich nach endlos erscheinenden Momenten die achtungsgebietende Stimme von Manwe, die über mich hinwegbraust wie Gewittergrollen.

Mit aller Kraft die ich aufbringen kann, kämpfe ich mich nach oben und versuche wenigstens einen kleinen Funken Beherrschung wiederzuerlangen. Manwe betrachtet mich mit ernstem Gesicht, aber in Vardas glänzenden Sternenaugen spiegelt sich die Ruhe und Güte einer barmherzigen Herrscherin und schenken unbeschreibliche Kraft und Mut.

„Hört nun Manwes Urteil über Euer Ersuchen", beginnt Mandos als Verkünder der Bestimmungen und seine noch nie gehörte frostklirrende Stimme, wie das Singen von Eis auf einem riesigen See, schickt einen beißenden Schauder über die Haut. „Die Öffnung der Ewigen Hallen um der Seele des Zwerges Thorin Eichenschilds, Sohn von Thráin, Sohn von Thrór das Wandeln auf Aman zu gestatten ist mit einer Prüfung verbunden, die uns verdeutlichen soll, wie stark und unerschütterlich Euer Wille und die Liebe ist, die Ihr für ihn empfindet. Ihr müsst die Gestalt Thorins in der Weitläufigkeit finden und die Schatten seiner Erinnerungen und Gedanken durchbrechen, in denen er verweilt. Beeinflusst sie bewusst, zeigt uns die Wahrhaftigkeit und Kraft Eurer Liebe ... wie schon einmal."

Ich schlucke hart den sich sofort bildenden Kloß in meinem Hals herunter und kämpfe darum nicht in die Bewusstlosigkeit zu entschwinden. Die Hallen des Wartens sind riesig und wachsen beständig mit jeder gefallenen Seele. Thorin darin zu finden wird beschwerlich, wenn nicht sogar unmöglich sein. „Nutzt Euer gutmütiges und starkes Herz, dass Euch zum fehlenden Teil seines Seins leiten wird. Vertraut darauf, dass Ihr ihn findet", höre ich die helle Stimme Estes raten, plätschernd wie ein Brunnen mit klarem Wasser in den Gärten Bruchtals.

Ich schließe die zitternden Augenlider, sammle Mut und Entschlossenheit und plötzlich flutet diese schon so lange nicht mehr empfundene wahrhaftige Liebe wohlig und glühend-heißt wie Feuer in einer Esse durch meinen Körper. „Möchtet Ihr zur Prüfung antreten?", fragt Manwe. Ich schaue auf, straffe mit hoch erhobenem Haupt die einst so leidenschaftlich verinnerliche königliche Haltung. Stark und unbeugsam, unnachgiebig selbst beim Anblick grässlicher Feinde und aussichtsloser Unterfangen, tapfer und scharfsinnig in der Entscheidung schwerwiegender Widerstände. „Ja ... ja ich nehme die Aufgabe an."

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