Liebesglück ...
Mit trübsinniger Miene versorge ich wenig später in der Gesindeküche so gut es mir möglich ist die äußerlich sichtbaren Wunden von Fili ... die tief in seinem Inneren, vermag kein Wesen dieser Welt zu heilen ... das weiß ich, denn auch ich kenne sie nur zu gut, denn Thorins rücksichtloses und gefühlskaltes Verhalten hat auch in mir tief klaffende Verletzungen hinterlassen. Meine noch immer zitternden Hände entfernen wie mechanisch die letzten Spuren des blutigen Rinnsales aus seinem hellen Bart, als sich unsere Blicke beiläufig treffen. Die Pein, Sorge und Schwermut über das wahnhafte Benehmen seines Onkels ist darin nur zu gut erkennbar und angesichts dieser Veränderung im Antlitz des sonst so herzensguten, unbeschwerten und fröhlichen jungen Zwerges, beginne ich unvermeidlich zu schluchzen. Die ganze Verzweiflung, Trostlosigkeit und Besorgnis der letzten Tage schwappt unbeherrscht an die Oberfläche meiner belasteten Seele und materialisiert sich in leidvolle Tränen. Mit der Gewissheit, dass ich das alles verursacht habe, verschwindet jegliche Hoffnung aus meinem Dasein und ich breche schließlich niedergeschlagen zusammen. Fili und Kili ... eigentlich im Moment selber mehr der Aussichtslosigkeit nahe ... knien sich sofort neben mich und versuchen mir dennoch Trost zu spenden.
„Es ist alles meine Schuld ...", wimmere ich tränenreich und vergrabe haltsuchend meine Hände in Kilis Hemd, damit mich die gewaltige Flutwelle nicht mit sich hinfort reißen kann. „Was redest du da, Bil ... niemand von uns ist daran schuld, dass Thorin dem Wahn verfällt", versucht er mich zu beruhigen, aber ich sehe ihn nur mit tränenverschleierten Blick an und schüttle trostlos meinen Kopf zur Verneinung. „Doch, ich habe sein Herz geschwächt ... mit unachtsam ausgesprochenen Worten ... habe ich ihn von mir gestoßen ... weil ich dachte, dass ein so starker Herrscher wie er mich nicht braucht. Weil er mich nicht lieben darf, und schon gar nicht will ... dass meine Liebe ihm unwürdig ist ... ihn entehren könnte", schluchze ich stockend und entkräftet und die Tränen brennen unablässig auf meiner Haut.
Die Brüder tauschen bedeutsame Blicke aus. „Bil, hör zu ... Thorin liebt dich ... von ganzem Herzen und mit jeder Faser seines Seins ... ungeachtet deiner Herkunft und schon sehr lange", höre ich Filis nachdrückliche Worte neben mir ... aber sie an mich heranlassen ... sie akzeptieren ... das kann ich nicht. „Seine schlechteste Eigenschaft ist es, dass er Gefühle nicht auszudrücken vermag und diese lieber tief in seinem Inneren aufbewahrt. Glaub uns, wir kennen ihn in vielen Situationen ... er liebt dich ... das sehen wir an der Art, wie er dich ansieht, wie er dich berührt, welche Herzlichkeit sein Lächeln an dich hat ...", vertieft Kili die Erklärung einfühlsam. „Und zuletzt daran, welche Geschenke er dir zukommen lässt", fügt Fili hinzu und streicht liebevoll über die Perlen in meinem Haar. Er dreht mich schließlich zu sich um und große warme Hände versuchen die Tränen von meinen Wangen zu löschen, die schon nicht mehr ganz so unkontrolliert rinnen.
Fili schnaubt nachdenklich aus, so als würde er mit sich ringen, ob er mir das folgende Geheimnis offenbaren kann oder nicht. „Bil, ich erzähle dir jetzt etwas, was eigentlich nur an andere Zwerge weitergegeben werden darf", sagt er letztendlich bedeutungsvoll und ich sehe ihn mit erstaunt großen, tränenverhangenen Augen an. Aules Kinder sind so traditionsbewusst, dass sie Informationen die ihre Bräuche, Sitten, Regeln und Rituale betreffen nicht einmal schriftlich festhalten und an andere Rassen überliefern, daher fühle ich mich schon jetzt sehr für das Vertrauen, dass er mir hiermit erweisen will, geschätzt.
„Wenn wir Zwerge um eine Frau werben, dann schenken wir ihr etwas ... aber nicht irgendwelche Dinge, sondern ganz bestimmte, in einer gewissen Reihenfolge und mit tiefer Bedeutung dahinter ... das hat bei uns Tradition", sagt er schließlich und lässt erneut die Finger über die Perlen gleiten. „Als Erstes ... Schmuck für ihr Haar, den wir selbstständig einflechten ... um ihre Schönheit zu unterstreichen."
Seine Fingerspitzen berühren sanft meine Wange. „Als Zweites ... reicht der Mann ihr etwas zu Essen ... damit er zeigt, dass er sie ernähren kann." Bilder blitzen in meinem Inneren auf ... Erinnerungen daran, dass Thorin mir einen Teller Suppe bei unserem ersten gemeinsamen Essen im Erebor übergeben hat und wie seltsam mir diese so bedeutungsvoll erschienene Geste vorkam.
Dann streichen Filis Hände die seidenen Ärmel meines Kleides hinab. „Als Drittes ... ein Kleid ... um zu zeigen, dass man sie auch angemessen zu kleiden vermag."
Darauffolgend berühren seine Finger respektvoll den eisblauen Anhänger an der ledernden Kette. „Als Viertes ... ein Schmuckstück in der Farbe seiner Augen ... damit er immer bei ihr ist und über sie wacht." Ich atme stockend aus und mein ganzes Dasein beginnt aufgeregt zu zittern, als mir die gewaltige Bedeutung dieser unbegreiflich erscheinenden Aufklärung bewusst wird.
„Als fünftes ... ein Mittel zur Verteidigung ... damit Schwert und Axt der zukünftigen Liebe nichts anzuhaben vermag ... Als sechstes ... schenkt er ihr seine Liebe und als siebtes und Letztes ... den Ehering ... als ewiges Zeichen ihrer Verbundenheit zueinander", schließt er mit inhaltsreichem Blick meine Erhellung ab.
Erneut treten mir Tränen in die Augen und ich muss die Hand vor den Mund legen, damit ihm kein mitgenommenes Wimmern entkommt. Thorin wirbt um mich ... er liebt mich ... Die Satzgebilde hallen immer und immer wieder in meinem Kopf nach und breiten sich mit einer unglaublichen Wärme in meinem ganzen Dasein aus ... wie ein Strom aus wohlig-warmen und kostbaren Gold. Diese vielen Momente ... die gewinnenden Berührungen und ausdrucksvollen Blicke ... die sanften Gesten und liebevollen Behauptungen ... die selbstlosen Taten und unendlichen Kleinigkeiten voller Herzlichkeit ... sie ziehen an mir vorbei und bekommen erst jetzt ihre wahre Grundlage und Stärke. All das war Ausdruck seiner Liebe zu mir ... wie konnte ich nur so Nichts sehend sein ... „Lieben und geliebt werden ... das sind nicht immer zwei unterschiedliche Dinge", höre ich plötzlich Kilis Stimme neben mir und breche nun gänzlich in ein freudig gelöstes, aber noch immer von Tränen ersticktes Lachen aus.
„Und ihr habt es die ganze Zeit gewusst?!", frage ich gespielt erzürnt und kneife den jüngeren Zwerg in die Seite. „Aua ... natürlich ... was denkst du denn, warum wir, nachdem er dir die Perlen geschenkt hat, einen gebührenden Abstand gehalten haben? Unseren Onkel etwas nehmen, auf das er Anspruch erhoben hat ... wir sind doch nicht lebensmüde", lacht er und versucht sich erfolglos gegen meinen Angriff zur Wehr zu setzen. „Anspruch erhoben ...", echoe ich flüsternd und entsetzt klingend und nur langsam stiehlt sich die gigantische Bedeutsamkeit dieser Aussage in mein Bewusstsein.
Fili lächelt sanft über die sichtliche Fassungslosigkeit. „Er war sich lange nicht sicher, was er für dich empfindet ... ich glaube, richtig erfassen konnte er die Wirkungskraft seiner Gefühle zu dir erst in der Seestadt ... nachdem er dich fast an das Fieber verloren hatte. Er hat sich die Bestätigung von Balin, Kili und mir gewünscht, weiter gehen zu können, als nur diesen ersten Anspruch zu erheben. Denn die Führ- oder Gegensprache zur Verbindung, dürfen nur die engsten Vertrauten oder nächsten Verwandten des Mannes aussprechen und das nur unmittelbar nach dem zweiten Geschenk", sagt Fili ruhig und lenkt somit meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn. „Balin hat euch damals seinen Segen gegeben, indem er dich als ein wichtiges Mitglied unserer Gemeinschaft, mit einer bedeutungsvollen Aufgabe in den Hallen Erebors benannt hat ... als Königin also auch für das Reich von Belang. Kili und ich haben ihn beigepflichtet und deinen Einfluss auf uns alle hervorgehoben ... und somit das Verantwortungsbewusstsein gegenüber deinem Volk dargelegt. Die Verbindung wurde von uns mehr als gebilligt und bestärkt. Danach war es für uns nur eine Frage der Zeit ... und Thorins beständiges Bemühen um dich, deine Fähigkeit ihn zuletzt als Einzige aus der Dunkelheit zurückholen zu können ... all das hat in uns die Hoffnung erhalten, dass sein Herz noch nicht gänzlich von der Drachenkrankheit eingenommen wurde", erläutert er und wird schlagartig wieder ernst und trübsinnig. „Aber nach heute ... weiß ich nicht ... ob ihr Beide diese Zeit jemals bekommt." Ich sehe ihn ebenfalls mit erneut traurigen Augen an, da ich genau weiß, was er damit meint.
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Retrospektive Thorin
Selbst die Aura des Feuers scheint in der Welt der Elben heller, glühender und flammender zu sein als anderswo. Die Sonne ist wärmer, die Blumen duftender, die Lichter funkelnder, die Gedanken gelöster ... und die Empfindungen bedeutungsvoller.
Ich sitze auf einer filigran-hölzernen Bank und betrachte mit Stolz die Gruppe meiner Gefährten, die sich unweit um ein loderndes Feuer versammelt haben und laut lachen, scherzen und plaudern. Bruchtal scheint ihnen allen gutzutun, und genau deswegen habe ich entschieden eine kleine Weile hier zu verweilen, um sie neue Kräfte sammeln zu lassen, ungeachtet meiner grollenden Abneigung dem Volk der Elben gegenüber. Das bin ich ihnen nach der bisherigen gefahrenvollen und entbehrungsreichen Etappe unserer Reise als guter Anführer schuldig.
Aber auch mir scheint dieser Ort ungewöhnliche Ruhe zu bringen, zumindest körperlich ... meine Gedanken und Sinneseindrücke überschlagen sich allerdings seitdem ich die Grenzen von Elronds Reich überschritten habe. Der Rauch meiner Pfeife bildet fast unscheinbare blaue Wolken, als ich meinen Blick sinnierend zu dem Quell meiner neusten einflussreichen Impressionen wandern lasse ... kleine Grundlage großer Fantasien, die ich selbst im Schlaf nicht bändigen kann ... dem Hobbit. Sie sitzt zwischen Ori und Kili und scherzt mit den jungen Zwergen herum, als wären sie alle noch Kinder und wüssten nichts von den Gefahren und Bestien dieser Welt, die in dieser Friedlichkeit tatsächlich fast aus den Reflexionen verschwinden. Als ich ihr das erste Mal gegenüberstand, erschien sie mir wenig geeignet ein Mitglied meiner Mission zu werden. Zu gefangen schien sie in kleingeistiger Monotonie und behüteter Umgrenzung ihrer beschränkten Welt.
Als sie mir offenbarte wer ihre Mutter war, fiel ich beinahe in einen Schockzustand. Bellas Tochter ... bei Mahal ... warum war ich nicht schon bei ihrem ersten so ähnlichen Anblick ... der unvermittelten Gefangennahme durch leuchtende himmelblaue Augen, als sie die Eingangstür öffnete ... den selbstsicheren Worten und den braunen langen Locken darauf gekommen.
Mein Innerstes sträubte sich dagegen sie mitzunehmen ... ich suchte nach Ausreden, Kunstgriffe um Gandalf davon zu überzeugen, dass ich sie nicht gebrauchen könnte, aber Tharkûn kann sehr überzeugend sein, wenn er sich seiner Sache sicher ist. Und während der Reise wurde mir langsam bewusst, warum meine Innenwelt sich gegen sie wehrte. Sie ist ihrer Mutter so ähnlich und auch wieder nicht. Intelligent und wortgewandt ... angenehm und immer hilfsbereit ... loyal und ehrlich ... sie fügte sich perfekt in mein Gefolge ein. Aber sie hat etwas an sich, was Bella fehlte ... Erfahrung und Verständnis für andere ... sie weiß genau, was ihre Handlungen und Worte auslösen, aber sie ist fast schon belustigend unsicher, schreckt oft vor der Machtposition, die ich in ihren Augen vermeintlich innehabe, zurück. Und mein Herz neigte sich ihr, ohne dass ich es beeinflussen konnte, ohne dass es auf meine mahnenden Einwürfe hörte, ohne dass ich es wirklich wollte, immer mehr entgegen.
Balin lässt sich laut seufzend neben mir nieder, ebenfalls eine räuchernde Pfeife in der Hand. Wir sitzen lange einfach nur schweigend Seite an Seite ... eine Geste die, auch wenn es nicht so scheint, Grundpfeiler unserer bedeutungsvollen Beziehung zueinander ist, die schon lange meilenweit über die eines Königs zu seinem Berater hinausgeht. „Du hast dich also entschlossen, um sie zu werben?", fragt er schließlich und folgt nachdrücklich meinem Blick, der noch immer auf ihr liegt. Ich brumme leise aus, mehr Verneinung als Zustimmung ausdrückend, genau wissend, dass er den Unterschied heraushört. „Warum dann der Haarschmuck?" Ich kann sein Ersuchen nachvollziehen, denn die Kostbarkeit meines Geschenkes leuchtet im Schein der Flammen perlweiß, unverhüllt und schamlos in ihren braunen Locken ... bezeichnend, wenn man denn die Bedeutung kennt. „Ich wollte sie nur bewahren ... die Dreistigkeit meiner Neffen war nicht mehr mit anzusehen. Zu gegebener Zeit werde ich meinen vorgetäuschten Anspruch auf sie zurücknehmen", unterrichte ich ihn und hoffe, das Thema damit bewältigt zu haben. Balin lacht allerdings leise auf. „Fili und Kili sind doch noch halbe Kinder ... ich glaube nicht, dass sie irgendwelche Hintergedanken hatten, bei was auch immer sie in deinen Augen Unschickliches getan haben ... Sie verstehen sich einfach gut mit ihr, was ich durchaus nachvollziehen kann."
Ich klopfe unter der Zuhilfenahme eines im Mondlicht funkelnden Steines neben mir den Rest Kraut aus der erloschenen Pfeife. „Genauso wie sie gewissermaßen noch ein kleines Mädchen ist." Wieder ertönt dieses kluge Lachen, wie immer, wenn er dabei ist mich fast mühelos zu durchschauen. „Genaugenommen ist sie das nicht ... Hobbits sind nach meinem Wissensstand mit 33 mündig ... Bil ist 50 und nennt eine Menge Wesenszüge ihr Eigen, die sie von einem Kind deutlich unterscheiden." Ich schnaube genau wissend was er damit meint aus, aber dennoch frage ich nach, einen inneren Drang folgend, um zu erfahren, was er von ihr hält. Balin sieht mich kurz an ... Weisheit und Erkenntnis in den Augen aufblitzen lassend ... und dann wieder sie. Bil lacht gerade laut aber dennoch schicklich hinter vorgehaltener Hand über einen Scherz von Kili und erneut wird mir schmerzlich bewusst, wie unbegreiflich ich ihr Lächeln liebe und gleichzeitig glühend hasse, denn es erinnert mich an das ihrer Mutter.
„Sie ist zuvorkommend und bescheiden, wissend und jedoch noch immer wissbegierig, sie besitz ein ehrenwertes und ergebenes Herz und in gewisser Weise ist sie unerschrocken und entschlossen ... Eigenschaften, die einer Königin zugesprochen werden können", sagt er plötzlich bedeutungsvoll und lenkt mich geschockt von ihrem Anblick ab. Aber Balin geht nicht weiter auf den so einflussreichen Gehalt seiner Worte ein, der unzweifelhaft meine Züge in Verblüffung gefangen halten muss. Er erhebt sich schwerfällig und will mich einfach mit seiner aufwühlenden Aussage alleine lassen ... Wenn ich mich erst einmal wieder erholt habe, wird er mir das büßen ... beraten soll er mich, nicht verunsichern. Aber kaum, dass sich mein schockstarres Gemüt wieder regt und ich zu einer Erwiderung ansetzen kann, dreht er sich um und gibt mir dennoch eine weise Empfehlung. „Liebe wer dich liebt, Thorin ... und wir werden es akzeptieren."
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