An deiner Seite

Vorsichtig taste ich mich an der glitschigen Wand entlang und folge dem keuchenden Atem des Wesens durch die Dunkelheit. Immer tiefer führt es mich in den Berg hinein und kommt schließlich an eine Unterführung, die es krabbelnder Weise und immer noch den Ork hinter sich her schleifend einfach passiert. Ich lasse mich ebenfalls auf die Knie sinken und drücke mich unter dem Gestein hindurch. Und plötzlich stoßen meine tastenden Finger auf etwas kaltes, metallisches, das auf dem Boden liegt. Behutsam hebe ich es auf und als ich die Öffnung durchquert habe, betrachte ich es argwöhnisch und so genau, wie es mir die Dunkelheit erlaubt. Es ist ein einfacher, kleiner, goldener Ring, der sich aber trotz alledem ungewöhnlich schwer und kühl in meiner Hand anfühlt. Ich lasse ihn in meine Jackentasche gleiten ... keine Ahnung warum ... irgendetwas Mächtiges scheint mich dazu zu bringen.

Behutsam schleiche ich weiter, in die Richtung, in der das Wesen verschwunden ist ... vielleicht ist es ja halbwegs friedlich und kann mir sagen, wie ich hier wieder hinauskomme. Obwohl mein Verstand mir verbietet zu denken, dass überhaupt etwas Freundliches hier unten existieren kann. Ich drücke mich zwischen engen Felsspalten hindurch, krabble über Gesteinsbrocken, tapse durch Pfützen ... aber plötzlich, verstummt das Krächzen der Kreatur. Gespannt höre ich in die Stille ... aber dort ist nichts und augenblicklich breitet sich eine unglaubliche Panik in mir aus, denn jetzt bin ich noch tiefer in den Berg vorgedrungen, und würde unter keinen Umständen mehr alleine hinausgelangen können. „Es folgt uns, mein Schatzzz ...", höre ich es überraschend neben mir zischen und im nächsten Moment merke ich lediglich, wie mich etwas anspringt und zu Boden wirft. „Was ist es, mein Schatzzz?!", fragt die Kreatur und widerlicher, nach fauligem Fisch und verwesenden Fleisch stinkender Atem schlägt mir ins Gesicht und ich muss all meine Beherrschung aufbringen, damit ich nicht das Bewusstsein vor aufsteigender Übelkeit verliere. „Ich heiße Bil Beutlin und bin ein Hobbit ... aus dem Auenland", stoße ich unter größter Anstrengung aus, denn das Wesen sitzt auf meinem Brustkorb und nimmt mir fast die Luft zum Leben. Die Kreatur beugt sich noch näher zu mir hinunter und seine riesigen blassen Augen mustern mich eindringlich.

Allerdings verlagert sich somit ungünstig ihr Schwerpunkt und schneller, als sie reagieren kann, habe ich die dünnen Arme gepackt und den leichten Körper umgedreht, sodass ich nun auf ihr sitze. Das Wesen jault sofort auf ... ein widerwertiger in den Ohren schmerzender gekreischter Laut und ich widerstehe dem Drang mein Gehör davor zu schützen. „Tötet mich nicht ... bitte ... Beutlinzzze ist netter Hobbit ... würde Gollum doch nichts tun ... oder mein Schatzzz!?", fleht es augenblicklich und windet sich wie ein kleiner Wurm unter meinem festen Griff. „Sei still ... ich will nur meine Freunde finden und mit ihnen hier wieder herauskommen, hast du verstanden!?", zische ich aufgebracht, den sein Jaulen wird noch die ganze Orkschaar auf uns aufmerksam machen. „Ich werde Euch helfen ... lasst mich los ... Gollum wird Euch nichts tun ... versprochen!", versichert es mir und sein energisches und tränenreiches Betteln erreicht schließlich mein Herz. Langsam lockere ich meinen Griff und sofort springt das Wesen unter mir hervor und verkriecht sich wie ein geschundenes Tier hinter einem Felsen. Ich richte mich auf und ziehe sicherheitshalber mein Schwert und wie ich befürchtet habe, leuchtet es bereits wieder schwach bläulich.

Das Geschöpf, dessen Namen Gollum zu sein scheint, schielt zögerlich hinter dem Gesteinsbrocken hervor und knurrt ärgerlich, als es meine Waffe sieht. „Garstige Elbenklinge ... steckt sie weg, sonst ist unser Versprechen hinfällig", zischt es und anders als eben, ist seine Stimme plötzlich grollend-dunkel und boshaft. „Nein, das werde ich nicht ... noch weiß ich nicht, was du vorhast ... du könntest auch einfach gelogen haben", sage ich mit fester Stimme und begebe mich demonstrativ in Verteidigungsposition. Gollum verschwindet kurz, nur um im nächsten Moment hoch oben auf den Felsen wiederauftauchen. Seine Bewegungen erinnern mich an die einer Katze, so kreuchend und geduckt, wie es so auf allen vieren stelzt und sich schließlich hinkauert. „Beutlinzzze sind mutig ... mein Schatzzz ... aber das wird ihr nichts nützen ...", zischt es unheilvoll und ohne meinen Blick lange von ihm zu nehmen, sehe ich mich kurz auf der Suche nach diesem Schatz um ... kann aber niemanden außer einigen kopfüberhängenden Fledermäusen entdecken. „Also, du hast versprochen mich zu meinen Freunden und hier heraus zu führen, wenn ich dich verschone ... also los ... oder ich werde dich doch noch töten müssen", befehle und drohe ich ihm mit fester Stimme und hoffe, dass er den Widerspruch darin nicht findet, denn ohne ihn habe ich keine Chance, jemals wieder das Tageslicht zu sehen. „Nur wenn es mir noch einige Fragen beantwortet ...", versucht das Wesen Zeit zu schinden und krabbelt wie eine Eidechse den Felsen hinunter. Automatisch konfrontiere ich ihm mit der Klinge meines Schwertes, aber es hält bereits von ganz alleine einen gebührenden Abstand dazu. Seine musternden Augen schimmern unheilvoll in dem bläulichen Licht. „Ich will aber auf keine Fragen von dir antworten!", entgegne ich verärgert und folge ihm mit der Spitze meiner Waffe, während es mich abschätzen umkreist. „Entweder Beutlinzzze beantwortet unsere Fragen, oder wir führen sie nicht hinaus", kontert es und schließlich gebe ich mit einem missmutigen Brummen nach ... was für Auskünfte möchte ein in solch einer Isolation lebendes Wesen schon von mir wollen. „Also gut ... dann frag ... aber nur drei", gewähre ich ihm seine Forderung und es setzt sich sofort wie eine Katze vor mich.

„Woher hat es die Perlen im Haar?", möchte es als erstes von mir wissen und ich frage mich, warum ihn gerade das interessiert. „Von einem ... Freund", gebe ich als Antwort und lasse willenlos meine Finger über die kleinen Erhebungen fahren, als plötzlich Thorins Gesicht vor mir aufblitzt. „Bedeutet dieser ‚Freund' Beutlinzzze etwas?", lautet die zweite Frage und augenblicklich nimmt ein komisches nicht deutbares Gefühl mein Herz ein. Ich habe mir noch nie darüber Gedanken gemacht, was Thorin für mich ist, also muss ich ein wenig über dieses komische Ersuchen nachdenken. „Ja ... er bedeutet mir etwas", sage ich schließlich, aber es ist nur die halbe Wahrheit. „Würde Beutlinzzze für diesen wertvollen ‚Freund' sterben?". Diese dritte Frage geht mir nun doch etwas zu weit. „Das reicht ... das geht dich wirklich nichts an und überhaupt ... warum möchtest du so etwas wissen!?", gebe ich ihm erbost klingend als Einwand und wende meinen Blick ab, damit es die aus meinem Herzen dringenden Gefühle, die plötzlich versuchen mein Dasein einzunehmen, nicht darin lesen kann. Aber Gollum gibt nicht auf und umkreist mich, sodass er mich wieder ansehen kann. „Beantwortet die Frage ... und ich lass Beutlinzzze gehen, mein Schatzzz ...", versichert er mir noch einmal. Ich beiße mir auf die Unterlippe und plötzlich sagt mir mein Herz die Antwort. „Ja ... ja ich würde für ihn sterben ...", gebe ich schließlich zu und dieses komische namenlose Gefühl ist bis in meinen Geist vorgedrungen und erfüllt ihn mit wundervollen und auserlesenen Bildern und Empfindung. „Und jetzt zeige mir, wo mein Freund ist und wie ich ihn hier herausbringen kann", sage ich komischerweise erschöpft wirkend und merke gar nicht, dass ich nur noch von ihm spreche.

Gollum knurrt ärgerlich und setzt sich schließlich in Bewegung. „Folgt mir ...", faucht er missmutig und kreucht zwischen einer Felsspalte hindurch. Nur unter größter Mühe und im schwachen Schein meines Schwertes, der allerdings immer intensiver wird, folge ich Gollum den Stollen entlang. Die Luft ist drückend, heiß und stinkt bestialisch nach Orks, Fäkalien und Verwesung. Mehrmals muss ich kurz anhalten, weil eine unglaubliche Übelkeit mich überrollt, wenn dieses ätzende Gemisch zusätzlich durch einen kurzen Luftstrom aufgewirbelt wird. Aber plötzlich sehe ich ein rotschimmerndes Licht am Ende des engen Tunnels und kurze Zeit später stehe ich an einer Felsspalte, die den Blick auf eine große Höhle preisgibt, die durch hunderte Fackeln erhellt wird. „Dort sind Beutlinzzz Freunde ...", zischt Gollum und kauert sich neben mich. Und tatsächlich, auf einer breiten Brücke in der Mitte der Höhle stehen meine Gefährten, umringt von Orks und der direkt vor ihnen, ist so groß und hässlich wie zehn dieser abartigen Geschöpfe. Deutlich kann ich Thorin erkennen, der direkt vor dem Widerling steht ... trotz alledem mit erhobenen Kopf und majestätisch gestrafter Haltung. „In Ordnung ... und jetzt zeig mir, welcher Weg uns hinausführt!", befehle ich streng und Gollum weißt mit seinem knochigen Finger auf einen Durchgang am anderen Ende der Höhle. „Langer Tunnel, der nach einer Biegung nach rechts direkt nach draußen führt", antwortet er sofort. Ich sehe mich suchend um und verstaue unvorsichtigerweise mein Schwert in der Scheide, als ich mich an den Abstieg machen will.

Aber noch bevor ich den ersten Fuß auf einen kleinen Felsvorsprung setzen kann, höre ich ein fürchterliches Jaulen neben mir. „Er ist weg ... mein Schatzzz!!!", kreischt Gollum und springt wie ein Grashüpfer hin und her ... fluchend, kreischend und um sich schlagend und automatisch greife ich in meine Jackentasche, in der der Ring sein Versteckt hat, denn als ob mich eine innere Macht darauf bringt, befürchte ich, dass genau er das Verlorene ist. Plötzlich sieht mich Gollum an ... hasserfüllt und mit einer solchen Intensität, dass sofort jeglicher Mut aus meinen Gliedern schwindet. „Sie hat ihn uns gestohlen!", kreischt er aufgebracht und stürmt sofort auf mich zu. Automatisch umfasse ich den Ring fester und wie von selbst, gleitet er auf meinen Finger.

Mich blendet augenblicklich ein gleißend helles Licht und als ich die Augen wieder öffne, ist die Umgebung um mich herum wie verschwommen. Alles scheint, verblasst in einem undurchdringlichen Nebel zu flimmern, selbst mein Körper. Gollum springt an mir vorbei und obwohl er mich danach direkt ansieht, scheint er mich nicht wahrzunehmen ... so als wäre ich unsichtbar. Plötzlich bringt ein gewaltiger Donner die Höhle zum Erzittern und ein heller Blitz erfüllt sie. Ängstlich schiele ich um Gollum herum, der sich ebenfalls furchtsam, ob der neuen Situation an die Felswand drängt und sehe zu meiner allergrößten Freude, wie Gandalf und die Zwerge bereits fliehen können. Geschickt kämpfend schlagen sie sich durch die Reihen der unzähligen Feinde und kommen den vom Gollum gezeigten Ausgang immer näher.

Ich sehe die Kreatur, deren Augen plötzlich von Trauer, Wut, Angst und so unglaublich vielen anderen schmerzlichen Empfindungen und Erinnerungen geprägt sind, noch einmal an und laufe dann den Gang zurück. Mich immer rechts haltend, gelange ich wie einem Wunder gleich schließlich an einen langen Stollen, dessen Luft reiner und frischer riecht als die vielen anderen und als ich ihn ein klein wenig bergauf laufe, sehe ich bald einen schwachen Lichtschimmer um eine Ecke fallen. Ich haste wieder nach unten, immer mit der Hoffnung, dass meine Freunde den Ausgang ebenfalls gefunden haben, und komme schließlich an eine Wegkreuzung. Hier höre ich bereits die donnernden Befehle von Thorin zu mir hinaufdringen und noch nie habe ich mich mehr über seine strenge Stimme gefreut, als in diesem kostbaren Moment. Ich ziehe den Ring von meinem Finger und augenblicklich lichtet sich der wabernde Nebel und ich sehe wieder klar.

„Thorin!", rufe ich aus Leibeskräften in die Dunkelheit hinein, um meine Gefährten zu mir zu führen, und keine Sekunde später, sehe ich sie um eine Wegbiegung kommen. Gandalf und Thorin an der Spitze und mein Herz macht einen freudigen Sprung, während Tränen der Erleichterung in meine Augen treten. „Bil ... bei Mahal!", stößt Thorin überrascht klingend aus, als er mich erblickt und umfasst kurz meine Schultern, nachdem er bei mir angekommen ist. „Ich habe einen Ausgang gefunden ... folgt mir!", sage ich sofort aufgeregt und haste eilig voraus. Die unzähligen schweren Stiefelschritte der Zwerge hinter mir geben mir die Sicherheit, dass es alle geschafft haben und kurz darauf erreichen wir erneut den Lichtschein. Allerdings stehen am Ausgang zwei Orksöldner, die sich, sobald sie uns gehört haben, umdrehen und ihre Schwerter ziehen. Aber Thorin und ich, die wir nun an der Spitze laufen, können sie mit jeweils einen gezielten Schlag unserer Waffen von ihren von Überraschung und Verwunderung gezeichneten Köpfen befreien.

Die Sonne geht gerade hell und klar auf, als wir den mit dicht beieinanderstehenden Bäumen bepflanzten Berghang hinabhasten ... uns immer weiter vom Höhleneingang und den darin lauernden wütenden Orks entfernen. Erst nach unzähligen Meilen des schnellen Laufens, in denen wir kein Wort miteinander sprechen können, bleiben wir endlich stehen. Der hinter uns liegende Berg und die Schrecken darin sind nur noch eine Ahnung, denn der dunstige Morgennebel verschluckt sein imposantes Aufragen. Erschöpft und völlig außer Atem stütze ich meine Hände auf den Knien ab und muss mehrmals tief Luft holen, damit ich die tanzenden Sterne der Entkräftung vor meinen geschlossenen Augen wieder unter Kontrolle bringen kann. „Bil ... bei Mahal!", höre ich plötzlich Filis verwundert klingende Stimme in meinen umnebelten Geist dringen und sehe auf. Wie als hätte er nicht die letzten Stunden seines Lebens unter Todesangst und einer kräftezehrenden Flucht gelitten, steht er neben seinem Bruder ... herrschaftlich und augenscheinlich ausgeruht wie eh und je. Ich sehe mich um und jeder der Zwerg und selbst Gandalf scheinen nicht unter meiner Luftnot zu leiden, also richte ich mich einen letzten tiefen Atemzug nehmend wieder auf, um mich nicht gänzlich ihrem verächtlichen Spott auszusetzen.

Aber Fili hat widererwartend keinen Hohn für mich parat. „Du hast uns gerettet ...", stößt er überraschend aus und kommt einen Schritt auf mich zu. Ich sehe ihn an, immer noch mit der Atemnot und erschöpften Schwindel kämpfend, die aber innerhalb eines Wimpernschlages verschwinden, als er mich in eine Umarmung zieht. „Bei Mahal ... du hast uns gerettet ...", wiederholt er und kann das leichte gerührte Brechen seiner Stimme nicht verstecken. Nach etlichen Sekunden, in denen er mich so fest und innig an sich gedrückt hat, dass ich erneut kaum atmen konnte, schiebt er mich wieder von sich. „Wie bist du den Orks entkommen und hast einen Ausgang gefunden?", will er von mir wissen und seine Saphireaugen sind so voller Dankbarkeit und Herzenswärme. Ich lächle leicht und als ich ihm antworte, treten auch alle anderen Zwerge um mich herum. „Tja, ich bin halt eine Meisterdiebin par excellence und habe einen außerordentlich guten Orientierungssinn", lüge ich schamlos und weiß selber nicht warum. Meine Gefährten beginnen gelöst zu lachen und kaum einen Atemzug später, umarmen sie mich alle gleichzeitig. Glücklich kichernd und gespielt erbost zugleich winde ich mich in ihren fest um mich gelegten Armen. „Aufhören ... ihr zerquetscht mich noch alle", rufe ich lachend und bekomme als Entgegnung von allen Seiten lediglich einen herzlichen Kuss auf die Wange gedrückt.

„Schluss jetzt!", höre ich plötzlich Thorins tief-grollende Stimme über unsere Köpfe hinwegbrausen und augenblicklich verstummen die ausgelassenen Laute. Wir sehen gleichzeitig zu ihm hinüber. Er steht mit erbost verschränkten Armen und gewohnt strengen Gesichtsausdruck da und sofort durchfährt mich eine komische Empfindung, denn in seinen Augen sehe ich keinerlei der Gefühle, die seine Körperhaltung so unverhüllt ausdrücken ... eher im Gegenteil, sie mustern mich bedeutungsvoll und fast schon zugetan und sofort flackert dieses komische Gefühl erneut in meinem Dasein auf.

Die restlichen Zwerge entfernen sich sofort respektvoll von mir, als er einen Schritt auf uns zukommt und ich senke ehrerbietend und eingeschüchtert zugleich meinen Blick. Erst als er direkt vor mir steht, sehe ich wieder auf und werde fast ohnmächtig, als mich seine tiefgründigen Augen einfangen. „Warum hast du uns gerettet?", möchte er geflüstert von mir wissen, so als ob die anderen seine Frage nicht hören sollen. „Warum bist du nicht gegangen, so wie du es wolltest?" Ich lächle leicht und als ob mein Mienenspiel auf ihn überspringen würde, hellen sich seine Augen noch ein klein wenig mehr auf ... beginnen fast zu leuchten. „Weil ihr meine Gefährten ... nein ... eigentlich mehr noch als das ... meine Freunde seid und es meine Schuldigkeit ist, euch zu helfen, denn ihr habt bereits so viel für mich getan", sage ich genauso flüsternd und nach kurzem Zögern, nehme ich fast zärtlich seine Hand, auch wenn es mir eigentlich nicht zusteht. Sie ist im Gegensatz zu meiner so groß, dass meine Finger gänzlich in ihr verschwinden ... schwielig und rau, geprägt von harter Arbeit und ruhmreichen Kämpfen und ich erinnere mich ungewollt an unsere erste Begegnung, als ich seine Hand befreit und vertrauensvoll umfasst habe, um ihn zu führen. Ich muss mich anstrengen, um meine Faszination von dieser so bizarr wirkenden Unähnlichkeit zu nehmen, damit ich flüsternd weitersprechen kann. „Genauso wie es meine Pflicht ist, dabei behilflich zu sein, eure Heimat wiederzuerlangen ... an deiner Seite zu stehen, Thorin, damit du deine Krone, die dir nicht nur vom Geburtsrecht her zusteht, zurückerobern kannst und diese Aufgabe werde ich erfüllen, egal ob eine Unterschrift mich daran bindet oder nicht." Meine Worte sind abgrundtief ehrlich und scheinen fast selbstständig von meinem Herzen aus durch den Mund nach außen zu dringen.

Thorin schaut mich lange schweigend an, sein Blick ist so unglaublich tiefgründig und lässt eine wohlige Wärme in meiner Brust aufglimmen, wie damals, während er mir beim Kampftraining so nahegekommen ist. Mein Atem beschleunigt sich, ohne dass ich etwas dagegen tun kann, als er ganz zart ... dem Schlagen eines Schmetterlingsflügels gleich ... meine Finger fester umschließt. Langsam senkt er seinen Blick und anschließend tatsächlich für einen kurzen Moment auch den Kopf. Er erweist mir seinen Respekt für meine Worte und das Vorhaben, das ich mit ihnen beschrieben habe. Gelöst und unglaublich glücklich beginne ich daraufhin zu lächeln ...

Nachdem wir uns alle ein wenig ausgeruht haben, marschieren wir weiter, denn wir müssen während die Sonne noch scheint so viele Meilen wie nur möglich zwischen uns und den Orkstollen bringen. Denn Orks verabscheuen Tageslicht zutiefst, dafür sind sie umso schneller bei Nacht. Keinen unserer armen Ponys, vielen Beuteln und Rücksäcken aus Bruchtal konnten wir retten und somit auch keinen Proviant. Glücklicherweise haben zumindest die Zwerge bei der Flucht ihre Waffen zurückerobert. Fili und Kili erzählen mir während unseres Weges alles, was nach meinem Zurückbleiben passiert ist. Wie der Großork, ein überaus abstoßendes und gewaltiges Exemplar seiner Rasse, sie schon grausam foltern wollte und genau im richtigen Moment Gandalf auftauchte, der schon während dem Überfall in der Höhle entkommen konnte. Unterdessen sammeln wir wilde Erdbeeren, Brombeeren, Nüsse und ich kann sogar einige Blaubeeren entdecken, die unsere vor Hunger schmerzenden Mägen zumindest ein wenig beruhigen können. „Hier Thorin, für dich!", sage ich ausgelassen und drücke ihm im Laufen eine besonders große und rote Erdbeere in die Hand, bevor ich erneut auf die Suche gehe. Thorin indes schaut die leuchtende Frucht in seiner Hand an und wirft Balin und Gandalf einen bösen Blick zu, als beide über seinen anscheinend verwunderten Gesichtsausdruck schmunzeln.

Als der Waldpfad endet, wirft die stetig untergehende Sonne bereits lange Schatten. Die Gegend um uns herum wird langsam erneut von zerklüfteten Felsformationen und einigen wenigen Heidekräutern bestimmt. Wir sehen uns schließlich einem Abgrund gegenüber, der auf den ersten Blick keine Möglichkeit bietet, halbwegs in einem Stück hinunter ins Tal zu gelangen. Nur einige wenige Bäume, deren Wurzeln sich in mühevoller Arbeit Halt auf dem kahlen Stein erringen konnten, sind noch von dem dichten Wald hinter uns übrig. In weiter Ferne können wir einen breiten Fluss, umgeben von grasgrünen Ebenen und am verblassenden Horizont dichte Wälder ausmachen.

Und während wir noch beratschlagen, was wir als Nächstes tun können, hören wir plötzlich ein markerschütterndes Geheul über unsere Köpfe hinwegjagen, dicht gefolgt von dem krächzenden Klang eines Orkhorns. Wir drehen uns im Kreis ... hinter uns die Warge und vor uns der Abgrund ... es gibt keinen Ausweg. Unsägliche Panik greift augenblicklich um sich und zeichnet unsere Gesichter.

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