Kapitel 5-1
„Was ist mit ihm?", fragte David bestürzt.
„Sieht mir nach einem Hitzekollaps aus", mutmaßte Viktor. Er trat an Prof heran und befühlte seine Stirn. „Als würde man in einen Ofen greifen."
„Wir müssen ihn in den Schatten tragen. Schnell!" Nami hob seinen Körper an, aber sie war nicht stark genug, ihn längere Zeit zu tragen.
„Und das Wasser?" David und Viktor waren beide mit prall gefüllten Rucksäcken beladen. Sie waren die Gravitation so schon nicht gewohnt. Noch mehr Gewicht wäre ihnen nicht zuzumuten. Nami lachte innerlich auf. Nun wäre Bibi einmal wirklich nützlich gewesen.
„Werft einen davon weg!"
„Willst du verdursten?!", brüllte David.
„Soll er hier draußen sterben?"
„Der Mann ist doch mindestens dreihundert Jahre alt!"
Nami ballte ihre Hand zur Faust. Das war zu viel. Sie sendete einen psychokinetischen Stoß in seine Richtung und ließ ihn zurücktorkeln.
„Und euer Freund hier ist dem Tod durch Wundbrand näher, als dem Leben!"
„Er ist um einiges jünger als dieses Artefakt da!" David ließ sich von ihrem Angriff nicht beeindrucken. Seine Hand lag bereits an seinem Waffengurt.
„Er wird als Behinderter weiterleben müssen. Ach nein warte, dank diesem Artefakt könnten wir sein Bein sogar wiederherstellen. Du hast keine Ahnung, was dieser Mann schon alles für die Menschheit geleistet hat."
„Dann bleib doch bei ihm! Hier!" Er warf ihr seinen Rucksack hin und wandte sich zum Gehen.
„Hier geht es doch gar nicht um ihn, oder?", sagte Nami tonlos.
Er drehte sich noch einmal und hob eine Braue.
„Du würdest uns alle opfern. Hauptsache, du bleibst am Leben und kannst zu deinem beschissenen Weibchen zurück, das da unten darauf wartet, dass du ihr in den Schoß fällst!"
„Zumindest ist sie kein mutiertes Drecksstück wie du!"
Er griff nach seiner Waffe. Nami reagierte geistesgegenwärtig, machte einen Armschwenk und ließ ihn einen halben Salto zur Seite schlagen. Viktor wollte sich einmischen, aber Eddie warf sich zwischen die beiden.
„Schluss jetzt!", rief er. Sein Gesicht war ein einziges Abbild der Pein. Hinter ihnen lag seine Waffe. Er musste auf seinem Stumpf hierher gehumpelt sein.
Ja, sie würde jetzt Schluss machen und diese Europäer endlich ihrem verdienten Schicksal zuführen. Irgendwie würde sie das Wasser schon tragen können. Ein Poltern von Stein auf Stein hinter ihr ließ sie stattdessen herumfahren.
David stand stöhnend auf und griff sich auf die blutige Stirn. Seine Augen weiteten sich, als er sah, was auf sie zukam. Statt das Feuer auf Nami zu richten, schoss er auf die anrückende Lilimhorde. Es waren vielbeinige längliche Gestalten, vielleicht halb so groß wie ein Mensch, aber um einiges schneller.
„Es sind zu viele, wir müssen laufen!", schrie Nami. Ein Knirschen von oben ließ sie aufmerken. Die Sonne behinderte ihre Sicht, aber sie konnte einen schwarzen Punkt am Himmel ausmachen. Ein Lilim mit übermäßig langen Beinen prallte gleich darauf zu Boden. Er ging tief in die Hocke und federte den Sturz, schien keinen Moment davon betäubt zu sein. Nami wurde von seinem Aufprall zur Seite gestoßen. Einer seiner langen, klingenbewehrten Arme hob sich über Prof.
Die Zeit schien stillzustehen. Namis Gedanken rasten, schneller als je zuvor. Sie musste ihn retten. Andererseits hatte David Recht, er war alt, ausgedient. Sie brachte sich selbst, ein effizientes Modell ihrer Rasse unnötig in Gefahr. Die Zeit fehlte, ihre psionischen Fähigkeiten einzusetzen. Er war der Einzige, der sie akzeptierte. Auf allen Vieren stürzte sie nach vorne, hielt ihren Arm schützend über seinen Körper. Der Lilim kreischte auf, als wäre er verängstigt. Seine Muskeln spannten sich, machten wulstige Adern sichtbar, bei dem Versuch, die Klinge zu stoppen. Der Versuch misslang: Geschärftes Horn traf auf das dünne Material ihres Kleides, drang mühelos vor zu ihrer Haut. Die dünne Schutzschicht wurde zerrissen, Fleisch zerteilt, Sehnen rissen, Knochen brach.
Nami gewahrte ihr Blut, das sich erst in kleinen kugelrunden Spritzern in der Umgebung verteilte, ehe ein Schwall Rot aus ihrer Schulter lief. Sie konnte nicht schreien, ihre Stimme versagte. All der Schmerz, bisher leidlich unterdrückt, vermischte sich mit dem neu hinzukommenden zu einem erbitterten Crescendo der Pein.
David feuerte auf das Monstrum, wieder und wieder. Jeder Treffer saß, als wäre er ein Scharfschütze. Der Lilim sackte in sich zusammen. David riss Nami nach oben und warf sich Prof über die Schulter, als wären Titanenkräfte in ihm geweckt worden. Namis Beine drohten unter ihr nachzugeben, sie verlor sich in ihrer Qual. Ihr Blick ging ins Leere, als wäre sie bereits tot, richtete sich mit quälender Langsamkeit auf ihren Arm, der vor ihr am Boden lag.
David schrie sie an, aber sie hörte ihn nicht, sah nur sein verzerrtes Gesicht. Panik. Nackte Panik. Viktor zerrte Eddie nach oben und sie liefen. Sie hatte keine Ahnung wie, aber ihr Körper schien auch ohne ihren Geist arbeiten zu können. Sie wurde einfach mitgezerrt, wie eine willenlose Puppe.
Dann erreichten sie den Schatten. Der Boden wirkte hier nicht mehr nur schwarz, sondern als wäre er nicht vorhanden. Als tauchten sie ein in das Nichts. Nami stürzte auf die Knie. Ihre Organe schienen die Arbeit wieder aufzunehmen. Sie hörte David rufen: „Sie sind weg!"
Dann endlich konnte sie schreien, die Hand auf die gewaltige Wunde pressen. Sie rollte sich am Boden hin und her. Viktor versuchte sie zu fixieren, kam mit einer klaren Flüssigkeit an sie heran und goss sie über den Stumpf. Der Gedanke, dass sich dieser Schmerz noch steigern konnte, war absurd aber wahr. Bewusstlosigkeit drohte sie zu übermannen. Aber irgendetwas in ihr hielt sie wach. War es der Chip? Dabei wünschte sie sich einfach wegzudriften. Am liebsten wäre sie gestorben. So konnte sie nur schreien und weinen.
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