Verbannung
Kaya kramte verzweifelt in den Schubladen der alten Kommode. Ihre Eltern waren vor einer halben Stunde zu einem wichtigen Termin losgegangen und hatten ihr befohlen im Haus zu bleiben. Doch natürlich hatte Kaya erst gar nicht versucht sich daran zuhalten.
Sie war zwar sonst sehr lieb und hielt sich an die Regeln ihrer Mutter, doch diesmal war sie stinksauer. Seit einer Woche hatte sie nun schon Hausarrest und durfte ihre Freunde nicht sehen. Ihre Mutter wollte nämlich nicht, dass ihr etwas passierte.
Kaya wusste, dass es etwas mit der komischen Frau zutun hatte, die sie Anfang der Ferien getroffen hatte. Ihre Mutter verhielt sich seitdem total komisch. Sie telefonierte die ganze Zeit und hatte nie etwas für ihre Tochter übrig. Das nervte Kaya so sehr, dass sie sich geschworen hatte, sich nicht länger herumkommandieren zu lassen.
Also hatte sie vorgehabt ihren Eltern zu folgen, kurz nach dem sie aus dem Haus waren. Doch natürlich war ihre Mutter so schlau gewesen, die Tür abzuschließen und den Schlüssel zu verstecken. Nun suchte Kaya schon seit geschlagenen 25 Minuten nach dem Schlüssel. So langsam hatte sie die Vermutung, dass ihre Mutter ihn mitgenommen hatte.
Seufzend ließ sie sich an der Haustür hinunter sinken. Sie wollte unbedingt hier raus. Nicht nur, weil sie sich ihren Eltern widersetzten wollte, sondern weil sie herausfinden wollte, warum ihre Mutter in letzter Zeit so beschäftigt war. Nachdem ihre Mutter sie allerdings einmal dabei erwischt hatte, wie sie sie bei einem Telefongespräch belauschte, hatte Kaya keine Möglichkeit mehr gehabt, sie zu belauschen.
Verzweifelt stand sie auf und rüttelte an der Türklinke. Eine einzelne Träne rollte ihre Wange hinunter doch sie kniff nur die Augen zusammen und schüttelte den Kopf. Angestrengt überlegte sie sich, wie sie hier herauskommen könnte. Da fiel es ihr plötzlich ein und sie schlug sich mit der Hand gegen die Stirn, weil es ihr nicht schon früher eingefallen war.
Das Kellerfenster! Es war das einzige Fenster im ganzen Haus, das kein Gitter hatte. Die wenigen Fenster, die und waren und die man öffnen konnte (viele Fenster waren hauptsächlich dafür, Licht hereinzulassen und damit man heraus schauen konnte) waren mit einem Eisen Gitter versehen, damit keine Einbrecher ins Haus konnten. Und die oberen Fenster waren zu hoch und Kaya wollte sich nichts brechen oder verstauchen.
Sie schulterte ihr Tasche, in der Handy war, lief schnell den Flur entlang und öffnete die Kellertür. Vor ihr lag nun eine alte Steintreppe die in tiefe Dunkelheit führte. Ein leichter Schauer lief ihr über den Rücken. Sie war noch nie dort unten gewesen. Als Kind hatte sie sich gefürchtet und als sie älter wurden, sagte ihre Eltern, sie dürfte dort nicht hin, da alle Mögliche im Keller gelagert wurde und sie nicht wollten, dass sie sich verletzte.
Sie drückte den Lichtschalter und unter flackerte eine kleine Glühbirne und warf ein spärliches Licht. „Na toll, genau so wie an allen Horrofilmen!", dachte sie und schüttelte sich angewidert.
Trotz ihrer Abneigung gegenüber dieses Ortes, ging sie hinunter. Es war schließlich ihre einzige Chance. Die Treppenstufen war rutschig und uneben sodass sie fast ausrutschte, was sie zum Glück aber nicht tat.
Unten angekommen da sich erst einmal gründlich um. Zu ihrer Verwunderung war der Keller alles andere als Vollgestellt und es standen auch keine scharfen Gegenstände herum.
An der linken Wand stand ein großen Regal, in dem Getränke, kleinere Kartons und ein bisschen Kleinkram stand und lag. An der rechten Seite stapelten sich Kartons voller Deko, was man daran erkennen konnte, da es auf ihnen geschrieben stand. Gegenüber der Tür stapelten sich haufenweise andere Kartons ohne Beschriftung. Über ihnen war das kleine Fenster. Es hatte zum Glück kein Gitter und es war gerade groß genug, dass sie hindurch konnte.
Sie ging drauf zu und merkte, dass sie erst die ganzen Kartons vor dem Fenster wegschaffen musste und etwas suchen musste um überhaupt an das Fenster heranzukommen, da es sehr hochgelegen war. Die Kartons konnte sie dafür schlecht benutzen, da sie nicht besonders stabil wirkten. Sie seufzte und machte sich an die Arbeit. Doch bei dieser Gelegenheit konnte sie es kocht nehmen lassen, einen Blick in die Kartons zu werfen.
Der erste Karton war ziemlich schwer und es lagen Bücher in ihm. Im zweiten Karton sah es nicht anders aus, genau sie wie im dritten und vierten. „Man, wie viele Bücher haben wir denn?", fragte sich Kaya verwirrt.
Im fünften Karton waren in Watte und Zeitungspapier eingewickelte Glassfiguren, im sechsten waren alte Fotos und Bilderrahmen. Im siebten und achten Karton, entdeckte sie voller Freude, altes Kinderspielzeug von sich. Sie sah sogar ihren alten Aufzieh Hamster mit dem sie früher so gerne gespielt hatte. Auch ihre ganzen Puppen, Spielzeugpferde und sogar ein paar von ihren Kinderfotos lagen darin.
Schließlich war sie beim letzten Karton angelangt. Sie schwitzte schon sehr, trotz der recht kühlen Temperaturen im Keller. Sie spähte in den Karton und entdeckte etwas, das ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ. Im ersten Moment sah es wie weiteres von ihrem Spielzeug aus, doch dieses sah anders aus. Sie sah eine hübsche Puppe mit braunen Haaren, blauen Augen und einem lila farbenem Kleid. Da Kaya viele alte Kinderfotos von sich hatte und selbst einen Großteil ihres Spielzeugs aussortiert hatte, wusste sie, dass dies nicht eine ihrer Puppen war. Diese war aus einem anderen Material und wirkte auch älter. Mit dem Rest des Spielzeugs sah es nicht anders aus. Keines davon kannte sie oder konnte es identifizieren. Es sah alles auch älter und staubiger als ihres aus.
In ihrem Kopf ratterte es und sie konnte alles nicht so recht einordnen. Sie klappte wie paralysiert den Karton zu und starte eine Weile gegen die Wand. Dann schüttelte sie den Kopf und erinnerte sich ans ihre Mission.
Sie stand auf und schaute zu dem Fenster. Irgendwas brauchte sie, um es zu erreichen. Ihre Blick huschte im Raum umher und fiel auf einen kleinen Hocker. Sie schnappte ihn sich und schob ihn unter das Fenster. Zufrieden stellte sie fest, dass er hoch genug war, dass sie problemlos das Fenster erreichen und sich hochziehen konnte. Ihr Herz pochte bei der Vorstellung endlich hier raus zu sein. Schon seit Tagen war sie hier drin und ihre Eltern hatten keine Zeit, geschweige denn wollten sagen warum.
Sie kletterte auf den Hocker, packte den Griff des Fensters und zog es auf. Sie legte ihre Hände auf das kleine Fensterbrett und drückte sich hoch. Gerade als sie ihr Bein hochschwingen wollte, fiel ihr Blick auf einen glänzenden Gegenstand der halb unter dem Hocker lag. Vorsichtig ließ sie sich nach unten sinken und kam mit den Füßen wieder auf dem Hocker auf.
Behutsam schob sie den Hocker zur Seite und sah, dass der Gegenstand ein alter Bilderrahmen war. Sie hob ihn auf betrachtet ihn vorsichtig. Es war ein dunkler, schlichter Rahmen mit einer schönen Holzoptik. In ihm war ein schöne, mit Aquarell Farben gemalte Blumenwiese zu sehen. Es sah aus, wie eines von den Bildern, die ihre Mutter in ihrer Freizeit früher gerne gemalt hatte, doch dieses Bild kannte Kaya nicht. Es war genauso schlicht gehalten, wie der Bilderrahmen und schien auch etwa so alt wie er zu sein.
Doch etwas fand sie merkwürdig. Das Bild schien nicht so recht in den Bilderrahmen zu passen. Von der Größe her passte es zwar wie die Faust aufs Auge, doch es wirkte irgendwie an den Rahmen...gepresst. Es war, als würde sich noch ein Bild unter dem Aquarell befinden. Kaya runzelte die Stirn. Warum sollte ihre Mutter so etwas tun? Mit vor Verwunderung zusammengekniffenen Augen, drehte sie den Rahmen um und klappte vorsichtig die Klammern um, die die Rückseite des Bildes hielten. Sie nahm die Rückseite ab und stockte.
Hinter dem Aquarell-Bild war tatsächlich ein Foto. Kaya nahm das Bild und legte den Rahmen langsam neben sich auf den Boden. Sie drehte das Foto um und sah etwas, dass ihr Herz kurz aussetzten lies. Auf dem Bild waren ihre Eltern zu sehen, nur das sie 15 Jahre jünger waren und sie hielten ein 8 oder 9 Jahre altes Mädchen auf dem Arm. Es erinnerte Kaya an sich selbst, als sie so alt war. Das Mädchen hatte die gleiche Stupsnase und das gleiche spitze Kinn, allerdings hatte sie strohblondes Haar. Doch ihre Augen waren in dem gleichen Intensiven grün, wie Kaya.
Ihr Kopf dröhnte und sie merkte wie Tränen in ihre Augen stiegen. Sie wusste selber nicht warum sie mit ihren Nerven so am Ende war. Es war so verwirrend für sie und sie konnte alles nicht zuordnen, geschweige den erklären was das alles sollte. Ihre Eltern sperrten sie ein, sie fand Spielzeug von jemand anderem und ein Bild auf dem ein Mädchen war, dass fast so aussah wie sie. Hatten ihre Eltern sie angelogen?
Sie ließ das Foto langsam sinken und massierte mit ihren Fingern vorsichtig ihre Schläfen. Das Sonnenlicht fiel sanft durch das Fenster und hüllte sie in gelbliches Licht. Auf einen Schlag wurde ihr klar, dass sie schon seit einiger Zeit im Keller hockte und immer noch nicht draußen war, obwohl sie es konnte. Ihre Eltern waren schon seit langem unterwegs und wenn Kaya sie nicht bald einholte, dann würde es wahrscheinlich zu spät sein.
Sie schüttelte den Kopf und kniff die Augen zusammen. Egal was ihre Eltern ihr verheimlichten, sie würde es herausfinden und zwar beide Geheimnisse. Doch dafür musste sie erstmal hier raus und ein komisches Bild würde sie nicht davon abhalten! Schnell schob sie das Bild in ihre kleine Tasche, vielleicht würde es später noch nützlich sein.
Noch etwas wackelig auf den Beinen stand sie auf und stieg vorsichtig auf den Hocker. Wie beim letzten Mal legt sie ihre Hände auf das Fensterbrett und schwang ihr Bein hoch. In dem Moment kippte unter ihre der Stuhl um und sie hing mit den Beinen halb in der Luft. Mit all ihrer Kraft presste sie ihre Bein auf das Brett und quetschte sich durch das kleine Fenster. Sie löste langsam ihre Hände vom Fensterbrett und krallte sich im Rasen des Gartens fest. Mit ihren Beinen strampelte sie sich raus und kam sich dabei sehr komisch vor.
Mit einem letzten Ruck quetschte sie sich heraus und lag schwer atmend im Gras. Schnaufend stand sie auf und reckte sich, sodass ein kleines knacken durch ihren Rücken ging. Doch dass war ihre im Moment egal. Sie war endlich aus diesem Haus raus und konnte endlich die Antworten finden, die ihr seit geraumer Zeit in ihrem Kopf herum schwirrten.
Mit schnellen Schritten lief sie zum kleinen Gartentor und schwang sich darüber hinweg. Sie eilte weiter durch das Gassengewirr in dem sie sich blind auskannte. Ihre Schritte wurden Größen und immer schneller. Sie fing an zu rennen und stürmte durch die Menschenleeren Straßen. Über ihr erstreckte sich der Wolkenlose blaue Himmel und die Sonne brannte auf ihren Kopf.
Die Fenster der Häuser waren zu und die Vorhänge zugezogen. Kaya blieb verwirrt stehen. Die sonst so belebten Straßen, waren wie ausgestorben. Was war hier los? Sie schaute sich um und lauschte in die Stille. Langsam ging sie die Straßen weiter, im der Hoffnung, jemanden zu entdecken. Doch sie sah und hörte niemanden.
Sie wurde wieder schneller und eilte durch die verwinkelten Gassen und Straßen und guckte in jede Seitenstraße. Plötzlich hörte sie zwei Stimmen, die miteinander flüsterten. Sie waren in einer kleinen Sackgasse. Vorsichtig schlich Kaya näher.
„Es ist unglaublich", sprach ein junger Mann, „Ich kann es kaum glauben, dass wir nun endlich diese komische Frau loswerden. Es war schon längst nötig und nun trauen sie sich!"
„Ja, nun müssen wir keine Angst mehr haben! Es gut das Mrs. Winston endlich mal die Sache in die Hand genommen hat!", sprach ein anderer Mann.
Kaya runzelte die Stirn. Warum redeten diese Männer über ihre Mutter?
„Wollen wir auch zum Rathausplatz? Da findet die Verbannung schließlich statt!", meinte der erste Mann.
Der Rathausplatz also, dachte Kaya, da sollte ich dann dort mal nachschauen, was los ist!
Gesagt, getan. Kaya schlich sich leise von den Männern weg und rannte los, als sie in sicherer Entfernung war. Da sie schlecht an den Männern vorbeigehen konnte, musste sie einen kleinen Umweg über die Kirche machen. Sie rannte so schnell sie konnte, doch bald bekam sie heftige Seitenstechen und ihre Lunge brannte. Die Sonne die heiß vom Himmel schien, war auch nicht sonderlich vorteilhaft.
So war sie mehr oder weniger gezwungen, sich einen Moment auszuruhen und normal weiter zu gehen. Es würde ihr wertvolle Zeit stehlen, doch wenn sie hier nicht zusammenbrechen wollte, musste sie aufpassen.
Sie holte aus ihrer Tasche eine kleine Trinkflasche und versuchte im gehen zu trinken. Dass ganze endete damit, dass die Hälfte der Flüssigkeit auf Kayas T-Shirt und dem Boden gelandet war. Sie wischte sich mit dem Handrücken über den Mund und steckte die Flasche zurück in die Tasche. Schnell ging sie weiter und ließ sich von ihrem Gefühl leiten, da ihr Orientierungssinn bei Hitze fast komplett versagte. Irgendwo in ihrem Hirn war dann doch die Strecke abgespeichert, sodass sie ihren Weg fast problemlos meistern konnte. Nur ein paar mal musste sie an Weggabelungen und Kreuzungen überlegen, in welche Richtung es ging.
Nach endlosen Minuten, hörte sie auf einmal in der Ferne laute Rufe und Schreie. Erschrocken begann sie in die Richtung zu rennen, aus der die Schreie kamen. Sie stoppte abrupt, als sie sah, wie eine große Menschenmenge auf dem Rathausplatz stand. Alle hatten Besen oder ähnliche Gegenstände mit denen sie in der Luft herumfuchtelten. Schnell versteckte sie sich hinter einer Hausecke.
Kaya sah geschockt, dass ihre Eltern ganz vorne standen und jemanden offensichtlich mit Steinen oder ähnlichem bewarfen. Sie kniff die Augen zusammen um zu erkennen wer dieser jenige war. Es war die merkwürdige Katzenfrau! Diese wich verängstigt zurück und versuchte den Steinen auszuweichen, während die Menschen sie anschrieen.
„Hau ab du Monster!" „Verschwinde von hier!" „Lass uns ein für alle mal in Ruhe und verschwinde!"
Sie fuchtelten mit ihren Besen und anderen Sachen in ihre Richtung und einige warfen sie sogar nach ihr.
Die Frau schütze mit ihren Armen ihr Gesicht und ging immer weiter zurück. Doch die Menschenmenge drängte sie immer weiter zurück und schrie sie an. Dann drehte sie sich rum und rannte Richtung Stadtausgang. Die Menschen rannte vereinzelt noch kurz hinter ihr her und die anderen begannen laut zu jubeln.
Doch das schlimmste, sie bejubelten Kayas Mutter. Sie klopften ihr auf die Schulter, schüttelten dankend ihre Hand und beriefen sie als Heldin.
„Du hast unsere Stadt befreit!" „Du hast dich getraut sie rauszujagen!" „Du bist unsere Heldin!"
Kaya wurde das zu fiel. Wütend kam sie hinter der Hausecke hervor und schrie wütend:
„Was zur Hölle soll das Mutter?!"
Kayas Mutter drehte sich erschrocken an und starrte sie an. Auch die Menschenmenge verstummte, während Kaya stinksauer auf ihre Mutter zu ging...
So, das war's mit diesem Kapitel. Es tut mir leid, dass ich so lange nichts hochgeladen habe. Ich hatte eine kleine Schreibblockade und wusste nicht was ich schreiben sollte. Ich hoffe es gefällt euch trotzdem und ich habe extra ein langes Kapitel als Entschuldigung gemacht.
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