• 4.6 •


Triggerwarnung: Blut, detaillierte Kampfszene, Geburt

Hummelpfote presste sich zitternd an Blaubeerherz' Bauch. Sie spürte die Wellen, die sich in immer kürzeren Abständen durch den Körper ihrer Mutter zogen und wimmerte leise.

Die Königin jaulte bei jedem Mal auf, bohrte ihre Krallen in das dicke Moospolster. Abendlicht hatte sich dicht um sie beide geschlungen und fuhr seiner Gefährtin beruhigend mit der Zunge über den Kopf.

Von draußen ertönten Kampfschreie, das Rauschen des Wasserfalls und der Wind heulte um den Stein herum, in dessen Innerem sie sich versteckten. Urplötzlich wurde eine Katze den Gang hinuntergeschleudert und Hummelpfote erkannte mit Schrecken den DonnerClan-Krieger Moorsprung, der sie mit hasserfülltem Blick anstarrte.

Ein ungewohntes Gefühl durchströmte die kleine Kätzin.

Sie würde sich nicht verstecken. Sie würde Abendlicht, Blaubeerherz und Schwarzwasser nicht ungeschützt zurücklassen. Sie würde mutig sein. Kämpfen.

Eine ungebändigte Wut ließ sie auffahren, ihr Fell sträubte sich und sie bleckte die Zähne.

„Das ist meine Familie, Krähenfraß! Lass sie in Ruhe!"

Mit einem Fauchen stürzte sich der weitaus größere Krieger auf sie, doch sie war schon unter seinem Bauch hinweggefegt. Und bohrte ihre Zähne in den Schweif des Katers.

Schmerzerfüllt kreischte der auf und fuhr herum, eine wahnsinnige, lodernde Mordlust auf die Schnauze geschrieben. Erneut warf er sich auf Hummelpfote, die nun zur Seite ausweichen wollte, doch er hatte es vorhergesehen und krachte mit voller Wucht in sie hinein.

Krallen schlitzten ihre Seite auf, die Wunden brannten wie Feuer und sie jaulte, gab jedoch nicht auf. Sie würde alles für ihre Eltern und ungeborenen Geschwister tun. Ihnen durfte nichts passieren.

Sie war wertlos, würde nicht vermisst werden.

Das Loch, das Blaubeerherz oder Abendlicht hinterlassen würden, wäre viel größer und fatal für die Zukunft des FlutClans. Von Schwarzwasser brauchte sie gar nicht anzufangen.

So schlug sie zurück, mit all ihren Gedanken bei den Katzen, die sie liebte.

Blaubeerherz. Abendlicht. Schwarzwasser. Die ungeborenen Jungen. Und Rosenfall.

Sie wusste nicht, wie sich die junge, dunkelrote Kriegerin in ihre Gedanken geschlichen hatte, doch nun ließ sie sie nicht mehr los. Ihr Überlebenswille war geweckt. Hummelpfote würde überleben. Für sie alle.

Wie eine Furie rammte sie ihre Fänge in die Schulter ihres Gegners und zog ihm ihre Krallen über die Brust. Tiefe, rote Striemen glänzten nun in seinem Fell und mit leiser Genugtuung stellte die Schülerin fest, dass die Wunde heftig blutete.

Auf einmal sah sie nur noch Sterne, Schmerz explodierte in ihrem Kopf und sie sackte zusammen. Blut lief ihr in die Augen und sie wimmerte auf.

Sie würde nicht gehen! Ihre Familie brauchte sie!

Schwach hob sie ihren Kopf. Abendlicht hatte sich vor Blaubeerherz zusammengekauert, beschützte sie mit all seiner Macht, während Moorsprung auf ihn einschlug. Schwarzwasser fuhr der Königin mit den Pfoten über die Flanke. Nicht mehr lange, dann würden die Jungen auf der Welt sein.

Hummelpfote erhob sich schwankend, das Blut rauschte in ihren Ohren und ihr Herz hämmerte in ihrer Brust. Alles verschwamm, doch sie gab nicht auf und stürzte sich auf den DonnerClan-Krieger.

Sie rammte ihre Krallen in seinen Rücken und nutzte ihren Schwung, um ihn umzuwerfen. Mit ihren Hinterpfoten bearbeitete sie ihren Bauch, bis der Krieger endlich erschlaffte und nachgab.

Zögernd ließ sie ihn los und Moorsprung zog sich mit gefletschten Zähnen und angelegten Ohren zurück.

Schon war dort hellorangenes Fell, das sich in ihre Seite drückte, sie stützte und vorsichtig zu Boden gleiten ließ. Sanft fuhr eine Zunge über ihre Wunden an ihrer Seite und die junge Kätzin seufzte erleichtert auf.

Sie war in Sicherheit.

Schneller als der Wind sprang ein dunkler Pelz vor sie. Blut spritzte auf den ohnehin schon feuchten Boden und zwei Körper schlugen mit einem ekelerregenden Geräusch auf dem Stein auf.

Hummelpfote konnte nicht realisieren, was passiert war.

Eben war doch noch alles gut gewesen. Und nun krachte er mit einer klaffenden, blutigen Wunde an seiner Seite auf den Fels, rührte sich nicht mehr.

Moorsprung hatte eine zerfetzte Kehle, lag verdreht unter dem schwarzen Pelz.

Wimmernd stürzte die junge Schülerin zu ihrem Retter und presste ihre Schnauze in sein blutiges Fell. Er atmete, aber nur noch schwach und sie drückte ihre Pfoten auf den Riss, der sich von seinen Schultern bis zur Höhe seines Bauches erstreckte.

Sie konnte nicht mehr, zerbrach. Die Splitter ihrer Seele schlitzten unsichtbare Wunden in ihren Geist, ließen sie zitternd zusammenbrechen und zerstörten jene hauchdünnen Mauern, die sie um den Tod ihrer Mutter gezogen hatte.

Die Grenzen zwischen Erinnerung und Wirklichkeit verschwammen, plötzlich lag dort Schneehummel, ein Loch in ihrem Kopf, dann wieder Schwarzwasser.

Sie wusste nicht mehr, was war echt, was war Traum, was Einbildung, was Realität.

Eine rotbraune Kätzin in einem See aus Blut. Ein trauernder Krieger. Und Sterne, so viele Sterne. Mit einem Mal verschlang Dunkelheit die unzähligen, strahlenden Himmelskörper und Hummelpfote fiel durch einen endlosen Schlund in die Schwärze.

Der Wind heulte um sie herum, schlug gegen ihren Körper.

Und alles war still.

Zartes, weiches Gras unter ihren Pfoten. Ein Halm kitzelte in ihrer Nase und sie schnaubte leise. Der weite Sternenhimmel spiegelte sich in ihren grünen Iriden und ein Schatten ragte hoch vor ihr auf.

Sie starrte hinauf. Eine riesige Katzengestalt blickte zu ihr hinunter und die Schülerin fühlte sich urplötzlich winzig, als läge das Auge des Universums auf ihr, beobachtete sie.

Das geisterhafte Wesen öffnete sein Maul und tausende Stimmen vermischten sich zu einem Chor, mächtig wie ein eisiger Wintersturm und doch so sanft wie eine warme Sommerbrise.

Wer liebt, darf wandeln im friedvollen Schatten der Eberesche. Doch brennt der Wald, werden Tod und Kummer herrschen. Beachte unsere Warnung, kleine Schülerin."

Es war, als hätte die Sternengestalt nie existiert. Die schlanken Glieder waren verschwunden und nur der endlose Nachthimmel wölbte sich über Hummelpfotes grauen Ohrenspitzen.

Sie blinzelte und alles war verschwunden. Ein Moospolster befand sich direkt vor ihren Augen und dahinter lag Schwarzwasser, ein dicker Verband aus Spinnweben und Blätter um seine Wunde.

Er atmete. Tiefe, heilende Atemzüge.

Doch das Moos war feucht, von Schweiß oder Blut, Hummelpfote wusste es nicht. Sie wusste nur, dass Blaubeerherz noch nicht von ihren Qualen befreit war. Die Schülerin roch Milch, ein neues Lebewesen.

Sie konnte sie nicht verlieren, ihre Seele lag so schon in Splittern. Ihr Geist sollte nicht mit Seelensand gefüllt werden.

Die junge Kätzin leckte mit ihrer Zunge über die Seite ihrer Mutter, übte vorsichtig Druck aus. Immer wieder rollten Wehen unter ihr hindurch, ließen die graugetigerte Königin in Schmerzen zurück.

Endlich glitt ein zweites Junges auf die dunkelgrünen Flechten.

Abendlicht, der bis dahin bei Schwarzwasser gekauert hatte, stürzte zu ihnen hinüber und leckte das Junge vorsichtig gegen den Strich.

Die Wehen wurden wieder stärker. Das dritte und letzte Junge war auf dem Weg.

Doch als es in das Moos rutschte, spürte Hummelpfote sofort, irgendetwas war falsch. Sie beugte sich hinunter, leckte dem Kleinen über die Brust, wärmte es gegen den Strich.

Mit Schrecken stellte sie fest, es atmete nicht. Es atmete nicht!

Sie konnte das Blaubeerherz und Abendlicht nicht antun. Die beiden konnten, durften keines ihrer Jungen verlieren!

Mit einer schnellen Bewegung drückte sie ihre Nase auf die Brust des Jungen, versuchte, die Lunge des winzigen Jungen in Bewegung zu setzen. Sie hatte es bei Katzen beobachtet, die Wasser verschluckt hatten und Hilfe beim Atmen brauchten.

Schwarzwasser hatte ihnen mit der Pfote auf die Brust gepresst, bis sie das Wasser ausgehustet hatten. Das selbe musste doch auch mit dem winzigen Kätzchen funktionieren.

Und tatsächlich. Nach einigen angsterfüllten Momenten keuchte das Junge leise und wimmerte auf. Hummelpfote hätte vor Erleichterung aufheulen können. Es würde überleben!

Sie hob es an und legte es Blaubeerherz an den Bauch, damit ihr kleines Geschwisterkind trinken konnte. Gierig reckte es sich der warmen Milchquelle entgegen und die Schülerin presste ihren Kopf erleichtert in Blaubeerherz' Seite.

„Hummel, danke."

Mit großen Augen starrte sie zu der Königin empor. Diese leckte ihr jedoch nur voller Liebe über den Kopf und ringelte sich dann um all ihre Junge, alle vier.

Hummelpfote schloss glücklich die Augen. Sie war endlich angekommen. Endlich hatte sie eine Familie.

Zedernstern, Silberstern und Dunkelkralle waren tot, sie waren sicher.

Wenige Sonnenaufgänge später öffneten Minzjunges, Salbeijunges und Safranjunges, die Hummelpfote hatte benennen dürfen, ihre Augen.

Hummelnacht hieß sie nun, eine stolze Kriegerin.

Und die Blüte des Friedens entfaltete sich.

—~—

Ahoi!

Das ist ein überwältigendes Gefühl. Jetzt kommt noch der Epilog und dann ist die Geschichte tatsächlich beendet. Lange Reise, was?
Wie hat euch dieses letzte Kapitel gefallen? Wart ihr überrascht, dass es noch einmal so brutal geworden ist? XD

Nun, liebe Grüße an euch alle und eine gute Nacht,

Eure Kapitänin Wolke <33

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