• 2.3 •
Achtung! In diesem Kapitel gibt es eine detaillierte Beschreibung eines Suizidversuchs durch eine außenstehende Person. Lesen auf eigene Gefahr!
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Jasminhimmel gähnte und hielt nur mit Mühe die Augen offen. Es war kurz vor Sonnenaufgang und sie hatte die ganze Nacht vor dem Schilfgraseingang zum Lager Wache gehalten.
Eiswald neben ihr war vor einer Weile eingeschlafen, aber die schwarze Kätzin nahm es ihm nicht übel, hatte er doch am vorherigen Tag noch eine Jagdschicht gehabt, bevor Silberstern ihn auch zur Nachtwache eingeteilt hatte.
Sein weicher, grauweißer Pelz drückte gegen ihre Seite. Er hatte sich zu einer Kugel zusammengerollt und an sie gekuschelt, wenn auch vermutlich eher unbewusst. Sie schnurrte leise und fuhr mit ihrem Schwanz über seinen Rücken. Er war anhänglich geworden in den wenigen Monden, die sie nun schon im FlussClan verbracht hatte.
Die junge Kriegerin konnte allerdings nicht sagen, dass sie es nicht mochte. Sie mochte ihn gerne, den Grauweißen.
Sanft fuhr der Wind durch das Schilfgras und ließ es rascheln. Am anderen Ufer des Jaspis, einer der beiden Flüsse, der die FlussClan-Insel umspülte, zwitscherten die Vögel in den hohen, schlanken Birken, die dort dicht an der Böschung wuchsen.
Die ganze Szenerie hatte etwas idyllisches, mit der Sonne, die ihre Ohrenspitzen über den Horizont schob und dem Gurgeln des Baches, der den Onyx mit dem Jaspis verband.
Aus dem Heilerbau hörten Jasminhimmels große Ohren die ersten Bewegungen und auch bei den Kriegern schienen die ersten, morgendlichen Weckrituale stattzufinden. Leises Maunzen erregte ihre Aufmerksamkeit erst weitaus später.
Hummeljunges, eines der Jungen von Schneehummel, krabbelte mit weit aufgerissenen Augen durch den Eingang ins Lager, direkt in Jasminhimmels wartende Pfoten.
„Hummeljunges, was hast du denn außerhalb des Lagers gemacht?"
Sie wunderte sich, das Junge war gerade einmal drei Monde alt, was machte es draußen?
Statt zu antworten, wimmerte das Kätzchen auf und presste sich an das Bauchfell der Kriegerin. Sie ringelte ihren schlanken Körper um das kleine, zitternde Wesen, wie sie es wenige Monde zuvor noch mit Farnjunges getan hatte. Dann stupste sie vorsichtig Eiswald an und versuchte, ihn zu wecken.
„Eiswald. Eiswald, komm, wach auf. Wir haben ein Problem."
Der Kater sprang auf und sah sich hektisch um, während er unverständliche Dinge vor sich hin murmelte.
„Jasminhimmel! Was ist los?"
„Leise, Eiswald. Schau mal, wer gerade ins Lager gekrabbelt kam."
Sie hob ihren Schwanz ein wenig beiseite und Eiswald spähte in die Höhle, die sie mit ihrem Körper geschaffen hatte.
„Das ist doch Hummeljunges, die Tochter von Schneehummel, oder? Die kleine Regelbrecherin?"
Die Schwarze nickte.
„Aber wie eine Regelbrecherin kam sie mir nicht vor. Eher wie ein auf ewig verstörtes Junges, so wie sie gezittert und gewimmert hat. Ich glaube nicht, dass sie noch viele Regeln brechen wird."
„Bei den drei Flüssen. Ich gehe mal nachsehen, was sie so verstört haben könnte."
„Mach das, Eiswald. Aber sei bitte vorsichtig, ja? Und nimm doch jemanden mit. Ich glaube, Feuerdorn ist schon wach."
Sie beobachtete, wie der weißgraue Krieger von ihrer Seite und in den Bau verschwand. Kurz darauf kamen er, Feuerdorn und Mottenfluch wieder heraus.
„Wir haben sie auf dem Weg auch noch aufgesammelt und dachten uns, es könnte nicht schaden, zu dritt loszuziehen."
„Wir sind gleich wieder da, Jasminhimmel."
Eiswald fuhr ihr im Hinausgehen mit dem Schweif über den Rücken und sie schnurrte leise, dankbar für jede Mauselänge Unterstützung, die sie bekam.
Angespannt wartete sie darauf, dass die drei Krieger zurückkehrten, doch als sie es taten, wünschte sie sich, sie hätten es nicht getan.
Eine schlaffe, leblose Gestalt baumelte zwischen Feuerdorn und Eiswald, während Mottenfluch mit schreckgeweiteten Augen zwei kleine Bündel im Maul trug. Schnell erkannte Jasminhimmel, wen die beiden Krieger auf ihren Rücken trugen. Sie schnappte nach Luft. Das war Schneehummel, die Mutter von Hummeljunges und sie wirkte alles andere als lebendig!
Die cremefarbene Kriegerin, die die beiden begleitete, setzte Rußjunges und Federjunges vorsichtig vor Jasminhimmel ab, die sie sofort an ihren warmen Bauch schob, damit sie wenigstens ein wenig das Gefühl hatten, geschützt zu sein. Federjunges' blaue Augen waren riesig und voller Angst, während Rußjunges die Ihren einfach fest geschlossen hatte.
Sanft fuhr die schwarze Kätzin mit ihrer Zunge über die Rücken der Kätzchen und hielt dabei ihren Blick nach unten gerichtet. Sie wollte nicht die Blutspur sehen, die Schneehummels Körper hinterlassen hatte.
Ein großer, zitternder Körper wandte sich um sie und die Kätzin erstarrte mitten in ihrer Bewegung. Eine Schnauze war in ihren Nacken gepresst und leises Wimmern verließ das Maul des Katers.
„Eiswald?"
Sanft, leise und behutsam fragte sie, nicht aufdringlich. Sie wusste, wenn er so weit war, würde er ihr erzählen, was vorgefallen war.
„Sie hat sich umgebracht, Jasminhimmel. Einfach so. Und sie hat ihre Jungen dazu gebracht, zusehen zu müssen."
Die Schwarze spürte, wie ihr unwohl wurde und sie sprang auf, stürzte in das Schilfgras und erbrach sich. Der bittere Nachgeschmack verließ ihr Maul nicht, egal, wie viel Wasser aus dem Bach sie auch trank.
„Jasminhimmel? Ich brauche dich, bitte. Schneehummels Jungen fragen nach ihrer Mutter und ich weiß nicht, was ich machen soll."
Eiswald war wacklig auf den Beinen und seine Nase war unheimlich blass.
„Mir geht es schon wieder besser, Eiswald, ich komme jetzt wieder und helfe dir."
Schnell machte sie einen Satz über den Bach und nahm Hummeljunges vorsichtig zwischen ihre Zähne. Mit ihrem Schweif deutete sie auf die Kinderstube und der Weißgraue schien sofort zu verstehen. Er nahm die anderen beiden Jungen auf und trug sie hinüber zu den Königinnen.
Sie legte sich in ein Nest und wand ihren Körper um Hummeljunges, Rußjunges und Federjunges. Alle drei sahen mit weit aufgerissenen Augen zu ihr hoch.
„Was wird jetzt aus uns, wo Mami zum SternenClan gegangen ist?"
Hummeljunges' Stimme war leise, nicht so tönend wie sonst. Jasminhimmel fuhr ihr tröstend mit der Zunge über den Rücken und miaute nur leise, damit es niemand sonst mitbekam:
„Was wohl, meine Kleinen? Ich werde euch aufnehmen."
„Und ich."
Eiswald war aus dem Nichts gekommen und hatte seinen Körper um die schwarze Kätzin gelegt. Damit beschützte er ebenso effektiv die Jungen, wie der ehemaligen Einzelläuferin schnell klar wurde.
Sie schmiegte ihren Kopf an seine Schulter und schnurrte leise, ein fast summender Ton.
„Wir werden gut auf euch aufpassen, klar? Und niemand wird euch ein Haar krümmen können."
Der große Kater legte seinen Kopf auf den der Kätzin und sie drückte im Gegenzug ihr Gesicht an seine Brust. Schnell nahm der Schlaf sie mit in seine Fänge.
Als sie aufwachte, saß Silberstern vor ihr. Überrascht zuckte sie zurück und weckte auch Eiswald damit.
„Was ist denn los? Silberstern! Wie schön, dich zu sehen."
Jasminhimmel ließ sich nicht von dem überfreundlichen Ton täuschen, den der Kater angeschlagen hatte. Sie merkte deutlich, dass es ihm lieber gewesen wäre, wenn die Anführerin nicht gekommen wäre.
„Ich brauche eine detaillierte Beschreibung der Ereignisse der letzten Nacht. Weckt bitte die Jungen."
Die junge Kriegerin merkte, wie Wut in ihr aufwallte. Das konnte sie doch nicht ernst meinen?
„Das waren sehr traumatische Erlebnisse für die drei, bist du dir sicher, dass du das möchtest, Silberstern?"
Die braune Kätzin nickte steif und sie seufzte geschlagen. Der Anführerin musste sie wohl gehorchen, ob sie wollte oder nicht.
„Kleine, wacht auf. Silberstern möchte mit euch reden. Keine Sorge, sie tut euch nichts. Sie möchte nur ein paar Fragen stellen."
Rußjunges bohrte ihre winzigen Krallen in den Pelz der Kätzin und kletterte auf ihren Rücken. Schnell folgten auch die anderen beiden, was noch mehr unangenehmes Ziepen in ihrem Pelz zur Folge hatte.
„Ich muss wissen, was genau heute Nacht passiert ist. Könnt ihr mir das sagen?"
Hummeljunges wimmerte und zog sich blitzschnell wieder in die warme Kuhle an Jasminhimmels Bauch zurück. Federjunges war überraschenderweise der, der als erstes zu sprechen begann.
„Mami hat uns mitten in der Nacht geweckt und ist mit uns zu so einem großen Felsen gegangen. Dann hat sie Hummeljunges irgendwas gesagt und ist ins Wasser. Dann auf den Felsen."
Die Stimme des jungen Katers versagte. Rußjunges übernahm.
„Sie stand da oben. Und dann ist sie gesprungen. Der Felsen hatte eine scharfe Kante und da ist sie dagegen geprallt. Wir sind den Fluss runtergelaufen, ganz schnell. Und dann war das ganze Wasser rot und hat komisch gerochen."
„Das war kein komischer Geruch, Rußjunges. Das war Blut. Mami hat geblutet. Und ihr Kopf hatte ein Loch."
Hummeljunges wimmerte leise, nachdem sie die wenigen Worte herausgebracht hatte und Jasminhimmel fuhr ihr mit der Schnauze durch ihr Fell, versuchte sanft, sie und auch sich selbst zu beruhigen. Eiswalds Nase hatte einen fahlen Grünton angenommen und er schien sich zusammenzureißen, seinen Mageninhalt nicht zu verlieren.
Silberstern hingegen wirkte vollkommen unberührt von der gesamten Geschichte. Sie ruckte kurz mit dem Kopf, presste ein „Danke" hervor und verließ strammen Schrittes die Kinderstube.
Die Schwarze presste ihre Wange an die Seite des Kriegers und hörte, wie sein Herz in einem beruhigenden Rhythmus schlug. Wenigstens das war nicht aus den Fugen geraten. Sie miaute leise und legte ihren Kopf auf ihre Pfoten.
„Eiswald?"
„Ja?"
„Wir werden uns um die drei Kleinen kümmern, oder?"
„Wie unsere eigenen Kinder, Jasminhimmel, wie unsere eigenen Kinder."
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Hui... ganz schön harter Tobak um halb eins morgens, oder?
Nun, guten Morgen euch allen.
Einen schönen Tag wünscht Kapitänin Wolke.
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