Die Rückkehr und die Fragen
Die Rückkehr und die Fragen
Nachdem Melina und Leah Elrond von den vergangenen Ereignissen berichtet hatten, wobei jedoch hauptsächlich Melina gesprochen hatte, hatte sich Leah zurückgezogen. Sie stand auf dem Balkon ihres Zimmers und betrachtete Bruchtal, während ihre roten Haare von der leichten Brise des Windes durchzogen wurden.
Leah sah immer noch den erfreuten Blick ihres Vaters vor sich, der überglücklich über ihre Rückkehr war. Auch Melina schien darüber mehr als erfreut zu sein, obwohl sie ihre Freude eher bedeckt hielt und stattdessen eher Fragen stellte. Natürlich wusste Leah, dass ihre Schwester nur wissen wollte, was sie die vergangenen 60 Jahre erlebt hatte, aber trotzdem fiel es Leah nicht leicht, darüber zu sprechen. Aber ihr war auch klar, dass sie diesem Gespräch nicht ewig ausweichen konnte.
Wie aufs Stichwort öffnete sich auf einmal ihre Zimmertür und Leah brauchte sich nicht umzudrehen, um die Schritte ihrer Schwester zu erkennen. Melina tauchte neben ihr auf und Leah bemerkte, dass sie nun andere Kleidung trug als vorher.
Melina war nun in einer dunkelblauen Tunika gekleidet und trug eine schwarze Hose, samt ihrer schwarzen Stiefel. Ihre dunkelbraunen langen Haare waren offen, aber die vorderen Strähnen locker zurückgesteckt. Sie musterte Leah mit ihren blauen Augen und legte ihre Hände auf das silberne Geländer.
,,Ist alles in Ordnung?", fragte sie ruhig und Leah sah weiter auf Bruchtal herab.
,,Es ist seltsam. Als wir nach Bruchtal gekommen sind, da habe ich eigentlich erwartet, dass ich hier ein Gefühl von Heimat verspüre. Aber stattdessen...fühle ich nach wie vor Leere."
,,Mit der Zeit wird sich das sicher ändern.", ermutigte Melina sie und Leah seufzte kaum merklich.
,,Vermutlich hast du Recht! Wie immer."
Melina schmunzelte und Leah erwiderte es. Ihre Schwester war seit jeher die Verantwortungsbewusstere von ihnen beiden gewesen, was sie auch seit ihrem Abschied vor 60 Jahren nicht verloren zu haben schien. Und manchmal kam es Leah schon so vor, als gäbe Melina Weisheiten von sich, wie es auch ihr Vater nur zu gerne tat.
,,Leah,", setzte Melina an und warf ihrer Schwester einen erwartungsvollen Blick zu. ,,wirst du mir nun verraten, wie du uns gefunden hast? Ich meine...wir haben uns 60 Jahre lang nicht gesehen und ich wüsste schon gerne, wie du uns gefunden hast."
Melina wartete geduldig auf die Antwort, denn sie wusste, dass Leah keineswegs mehr die war, von der sie sich damals verabschiedet hatte. Zuerst befürchtete Melina, dass ihre Schwester sich wieder in eisiges Schweigen hüllen würde, aber sie sah ihr nun in die Augen und zuckte kaum merklich mit den Schultern.
,,Ehrlich gesagt...ich weiß es nicht genau. Ich war in der Gegend...hatte mich gerade dazu entschlossen, nach Hause zurückzukehren und dann habe ich ein Gefühl verspürt, welches ich seit 60 Jahren nicht mehr gespürt habe.", erklärte sie und Melina runzelte die Stirn.
,,Welches Gefühl?"
,,Euch! Eure Anwesenheit...gewissermaßen. Ich meine, dich allein habe ich ja schon gespürt, als du damals nach mir gesucht hast...aber euch zusammen...das spürte ich zuletzt am Tage unseres Abschiedes. Ich fühlte, dass ihr in der Nähe ward und Hilfe braucht. Da habe ich mich auf die Suche nach euch gemacht und zum Glück war die erfolgreich. Wir 5 scheinen eben stärker miteinander verbunden zu sein, als nur auf freundschaftliche Art und Weise."
Der Blick von Leah verlor sich wieder in der Ferne und die Schwestern beobachteten, wie die Sonne langsam unterging. Aragorn war mit ihren Freundinnen und den Hobbits sicher längst auf dem Weg hierher und lange würde es nicht mehr dauern, bis sie hier eintrafen.
Melina sah zu Leah und obwohl es für sie auch ein komisches Gefühl war, ihrer Schwester nach so langer Zeit gegenüber zu stehenso war sie unendlich erleichtert, dass sie wieder vereint waren.
,,Leah...ich weiß, die letzten Jahre waren sehr schwer für dich...aber ich bin froh, dass du jetzt hier bist.", brachte Melina hervor und nun schenkte Leah ihr ein zaghaftes Lächeln.
,,Ich auch!"
,,Wo bist du denn gewesen...all die Jahre?"
,,Hier und dort...nach der Schlacht wollte ich irgendwo hin, wo mich niemand kennt. Wo niemand weiß, dass ich eine Hüterin von Mittelerde bi. Ich war gewissermaßen im Exil wenn ich das so sagen kann. Was ist mit dir? Ich habe hin und wieder Augen und Ohren offen gehalten und von den anderen habe ich auch teilweise etwas aufgeschnappt...aber von dir...gar nichts. Naja, bis auf das eine Mal, wo du mich fast gefunden hättest. Wo warst du die letzten 60 Jahre?", wollte Leah wissen und Melina strich sich ihr dunkles Haar zurück.
,,Ich? Nun, ich bin durch ganz Mittelerde gezogen und habe versucht, so viel wie möglich über unsere Vergangenheit und Bestimmung in Erfahrung zu bringen."
,,Und? Konntest du was rausfinden?"
,,Bedauerlicherweise nicht sehr viel. Das Meiste waren nur Legenden und Mythen...Gute-Nacht-Geschichten, wenn man so will...aber eine Spur habe ich.", erwiderte Melina und zog mit einem Mal eine kleine Schriftrolle hervor, die sie Leah reichte und diese rollte sie kurzer Hand auseinander.
Das Pergament war älter...sehr viel älter und die feinen Linien waren teilweise schon etwas verblasst. Aber dennoch konnte Leah erkennen, was geschrieben stand und sie warf einen verwirrten Blick zu Melina.
,,Was ist das?"
,,Eine Prophezeiung...über uns."
Leah überflog den geschriebenen Text, doch sie las ihn zum allerersten Mal. Die eigenartigen Verse waren ein Mysterium in sich und die Rothaarige konnte sich nicht erinnern, je etwas davon aufgeschnappt zu haben.
,,Das ergibt keinen Sinn!", meinte Leah und Melina deutete auf den unteren Rand des Pergamentes.
,,Weil sie nicht vollständig ist. Siehst du? Da unten ist etwas abgerissen...die andere Hälfte fehlt also."
,,Tja...", setzte Leah an und rollte die Prophezeiung wieder zusammen, ehe sie diese wieder an Melina übergab. ,,dann werden wir wohl nach dem Rest suchen müssen."
,,Wir?", wiederholte Melina und hob prüfend eine Augenbraue. ,,Bedeutet das...du wirst bleiben?"
Leah schwieg für einen Moment. Lange hatte sie sich die Frage gestellt, wie es wohl werden würde, wenn sie ihrer Schwester und ihren Freundinnen wieder gegenüberstehen würde und was sie dann wohl tun würde. Aber sie hatte beschlossen nach Hause zu kommen und sie wusste, dass sie als Hüter zusammenhalten mussten.
,,Naja...ich war jetzt lange genug im Exil. Ich schätze, ich sollte mal wieder etwas Zeit mit meinen Freundinnen und meiner Schwester verbringen."
,,Gutes Stichwort!"
Verwirrt fuhren die beiden Schwestern herum und entdeckten Amy, die ihnen zulächelte und dann auf Leah zuging, um sie zu umarmen. Auch Alex und Sofia betraten den Balkon und nach einer kurzen Umarmung zur Begrüßung sah Melina ihre Freundinnen überrascht an.
,,Ihr habt Bruchtal ja ziemlich schnell erreicht. Wir hatten euch nicht so früh erwartet."
,,Naja...Streicher hielt es kaum aus, denn er hat die ganze Zeit befürchtet, die Ringgeister würden euch erwischen. Da hat er ordentlich Gas gegeben.", meinte Alex und Melina schüttelte grinsend den Kopf.
,,Ja...das sieht ihm ähnlich."
,,Auf jeden Fall waren wir eben schon bei Elrond und er sagte, dass Frodo bald wieder auf den Beinen ist.", sagte Sofia und Leah nickte.
,,Das stimmt! Es war zwar knapp, aber wir haben es zum Glück noch rechtzeitig geschafft."
Die Freundinnen schwiegen einen Augenblick und sie waren alle erleichtert, dass Frodo über den Berg war. Sie hätten es sich niemals verziehen, wenn dem Hobbit unter ihrer Aufsicht noch Schlimmeres zugestoßen wäre und Gandalf hätte sie umgebracht, wäre Frodo gestorben. Aber Amy unterbrach die Stille, denn sie warf einen prüfenden Blick auf Leah.
,,Hat Melina dir von ihrem Fund erzählt?"
,,Ja, das hat sie. Auch, wenn ich diese ominöse Prophezeiung mehr als rätselhaft finde.", gab Leah zurück, während Sofia seufzte.
,,In der Tat...das ist sie. Aber es wird uns wohl nichts anderes übrig bleiben, als ihr Geheimnis zu lüften, wenn wir die Wahrheit über uns wissen wollen."
,,Dem stimme ich zu...aber wir werden vorher eine andere Angelegenheit klären müssen.", warf Alex ein, woraufhin sie einen verwunderten Blick von Melina erntete.
,,Was meinst du?"
,,Naja, euer Vater hat ein Treffen des Rates einberufen. Die Vertreter der Königreiche werden morgen eintreffen. Und wir alle wissen, was das bedeutet."
,,Worauf willst du hinaus, Alex?", hakte Leah nach, aber Sofia lieferte ihr die Erklärung.
,,Frodo...er wird doch den Einen Ring zerstören und die Gemeinschaft wird sich ihm anschließen. Und wir sollten uns entscheiden, ob wir ebenfalls mit ihm gehen oder es nicht tun."
Die Frage stand im Raum und die Freundinnen tauschten Blicke untereinander. Es bestand kein Zweifel daran, dass die Ereignisse ihren Lauf nehmen würden und ob sie gut oder schlecht ausgingen...das wusste niemand von ihnen. Nur die Entscheidung, ob sie Frodo auf seiner Reise beistanden, musste noch getroffen werden und Melina schaute entschlossen in die Runde.
,,Ich werde mit ihm gehen! Frodo braucht unsere Hilfe und die werde ich ihm nicht verweigern."
,,Melina hat Recht! Wir sollten mit ihm gehen und wer weiß...vielleicht bringt uns die Reise auch die Antworten, nach denen wir suchen.", schloss sich Leah ihrer Schwester an.
Auch Alex, Amy und Sofia waren der Meinung und somit war eigentlich schnell beschlossen, dass sie Frodo auf seiner schweren Unternehmung begleiten würden, obwohl diesbezüglich ja noch nicht einmal die Entscheidung gefällt war.
Das Klopfen an der Tür ließ die Freundinnen zur Tür herumfahren und kurz darauf betrat Lindir auch schon den Raum, ehe er auf sie zukam.
,,Hüter von Mittelerde...ich bringe Kunde von Herrn Elrond. Er lässt euch mitteilen, dass Besuch für euch eingetroffen ist.", teilte er ihnen mit und Sofia runzelte die Stirn.
,,Besuch? Wer denn?"
,,Dies darf ich euch nicht sagen. Herr Elrond erwartet euch im großen Saal.", fügte Lindir nur hinzu und deutete auf die Tür.
Die Freundinnen sahen sich irritiert an, doch dann zuckten sie mit den Schultern und begaben sich Richtung Saal. Lindir ging voraus und die Türen wurden geöffnet, als die Freundinnen den großen Saal betraten. Und dort stand Elrond gemeinsam mit dem mysteriösen Besucher, der den Mädchen aber keineswegs unbekannt war und Sofia sofort mit großer Freude erfüllte.
,,Gandalf!"
Sie lief auf den Zauberer zu und fiel ihm um den Hals. Gandalf lachte leise und schloss seine Arme um seine Enkeltochter. Die anderen waren ebenfalls mehr als erleichtert, dass Gandalf zu ihnen gestoßen war, aber die Sorge stand ihnen dennoch ins Gesicht geschrieben.
,,Gandalf...geht es dir gut? Wir haben uns Sorgen um dich gemacht.", warf Amy aus und Gandalf nickte, während er die Umarmung löste.
,,Ja, es geht mir gut. Entschuldigt meine Verspätung. Und wie ich von Elrond höre...habt ihr Frodo das Leben gerettet."
,,Das waren Leah und Melina.", erwiderte Alex und deutete auf die beiden Schwestern. ,,Sie haben Frodo hergebracht. Ohne sie wäre er gestorben."
Gandalf sah zu den beiden und während Melina ihm lediglich einen erleichterten Blick zuwarf, fiel der Blick des Zauberers nun auf Leah. Und ihre Anwesenheit machte die Hüter nun komplett, was Gandalf das Gefühl von Hoffnung gab. Aber es bedeutete auch, dass Frodo nicht das einzige Gesprächsthema sein würde, was zu klären war. Dessen schien sich auch Elrond bewusst zu sein, denn er legte Gandalf eine Hand auf die Schulter und schaute vielsagend in die Runde.
,,Kommt jetzt! Es gibt wichtige Entscheidungen zu treffen. Und je eher wir dies tun...desto mehr Chancen haben wir, das Böse zu bezwingen. Und zwar, bevor es zu spät ist."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top