Auf den Schwingen des Todes
Auf den Schwingen des Todes
Dunkelheit umgab die Hüter von Mittelerde, als sie langsam ihre Augen öffneten und ihnen ein helles Licht entgegen schien. Die fünf Freundinnen nahmen die neue, ihnen fremde, Umgebung in Augenschein und sahen nichts als weiße Unendlichkeit. Eine merkwürdige Stille herrschte hier, die den Mädchen wie der reinste Frieden vorkam.
Melina war die Erste, die sich vom Boden erhob und an sich heruntersah. Die blutige Wunde, wo Adrian sie mit dem Dolch durchbohrt hatte war verschwunden und es schien so, als wäre nie etwas gewesen. Auch die anderen hatten sich mittlerweile aufgerappelt und sahen sich irritiert um.
,,Wo...wo sind wir?", brachte Sofia ehrfürchtig hervor, während Alex einen skeptischen Blick aufsetzte.
,,Ja, was läuft hier?"
,,Nun...", erklang eine fremde Stimme, welche die Freundinnen herumfahre ließ, wo sie eine unbekannte männliche Gestalt vor sich entdeckten. ,,darüber, sollten wir reden."
Die Freundinnen tauschten unsichere Blicke und waren von Misstrauen erfüllt. Sie kannten den Mann nicht, doch sie konnten nicht leugnen, dass er der Inbegriff der Perfektion schlechthin war. Seine äußere Erscheinung war makellos und wunderschön, was die Hüter von Mittelerde in Staunen versetzte und er war von einem hellen Licht umgeben, was die Freundinnen zunächst an Gandalf erinnerte. Doch ihnen war bewusst, dass dies hier ganz und gar nicht Gandalf war und Leah war die Erste, die langsam ihre Fassung wiederfand.
,,Wer seid Ihr?", wollte sie wissen und der Mann im weißen Gewand verschränkte die Hände gelassen ineinander.
,,Ich trage viele Namen und ebenso kann ich jede erdenkliche Gestalt annehmen, aber ihr könnt mich Eru Ilûvater nennen, oder ihr sagt einfach Vater zu mir. Schließlich habe ich euch erschaffen und ihr seid meine Kinder, meine größte Schöpfung und das hellste Licht in meiner Existenz."
Völlig perplex starrten die Freundinnen den Fremden an, denn sie glaubten sich verhört zu haben. Der Unbekannte musste seinen Verstand verloren haben, denn sie konnten doch unmöglich seine Kinder sein, wo sie ihm nie zuvor begegnet waren. Als ihm die schockierten Blicke der Freundinnen nicht entgingen, schmunzelte er und schien recht amüsiert zu sein.
,,Wie ich sehe, seid ihr alle stark verwirrt und das verwundert mich nicht. Schließlich könnt ihr euch nicht an die Vergangenheit erinnern und somit auch nicht an euren wahren Ursprung. Deshalb lasst mich etwas Licht ins Dunkel bringen: vor langer langer Zeit, erschuf ich das Reich Mittelerde und wollte, dass es das atemberaubendste Land im ganzen Universum wird. Doch das Böse bemächtigte sich des Landes und deshalb erschuf ich euch...die fünf Hüter von Mittelerde-dazu bestimmt, das Land zu beschützen und das Böse zu vernichten!"
Noch immer herrschte Schweigen bei den Freundinnen, denn sie waren viel zu überwältigt von seinen Worten, um reagieren zu können. Und angesichts dessen, fuhr der Fremde unbeirrt fort und erzählte weiter.
,,Als ich euch schuf, leistete jede von euch den bedingungslosen Eid, das Land Mittelerde zu beschützen und ich entsandte euch schließlich, um den dunklen Herrscher Sauron zu vernichten. Nur leider hatte er sein abscheuliches Werk, den Einen Ring, bereits geschmiedet und mir war nichts von der Existenz seines Sohnes Tiras bewusst. Wäre er nicht gewesen, hättet ihr den Kampf gegen Sauron sicherlich gewonnen. Aber dieser Schatten des Bösen lockte euch in eine Falle und verwendete die dunkle Macht des Ringes, den sein Vater geschaffen hatte, um euch zu bezwingen. Dies hatte enorme Auswirkungen auf euch. Es hat eure Fähigkeiten und Erinnerungen hinter einer unüberwindbaren Mauer eures eigenen Geistes gesperrt. Und auch euer Erscheinungsbild ist teilweise beeinträchtigt worden, aber jetzt ist es wieder hergestellt. Schön, dass du deine blonden Haare zurück hast, Amelia. Sie passen so viel besser zu dir als Prinzessin des Lichts von Lothlorien."
Alle Blicke schnellten zu Amy und tatsächlich hatten sich die schwarzen Haare in ein helles Blond umgewandelt, was Amy verdutzt betrachtete, als sie einzelne Strähnen durch ihre Hände fahren ließ. Und nun war Melina erst recht gewillt, die ganze Wahrheit zu erfahren, weshalb sie sich an den Mann wandte.
,,Was hatte der Ring noch für Auswirkungen auf uns?"
,,Nun, Sofia hat er dunkle Magie beschert, sodass sie nun beide Seiten der Magie ausüben kann. Meine Macht besteht lediglich aus Licht, weshalb ich ihr nur helle Magie verleihen konnte. Und bei dir, Melina, bewirkte der Ring eine gewisse Emotionslosigkeit. Das dürfte dir als Erklärung dienen, weshalb du nie im Leben verliebt gewesen bist. Zumindest, bevor du deinem Elbenprinzen begegnet bist. Seine Liebe ist in der Tat stark genug, um den Bann des Ringes zu brechen.", erklärte er und Amy starrte erschüttert vor sich hin.
,,Dann ist es also wirklich wahr...wir sind mit dem Ring verbunden."
,,Nein! Ihr wart mit dem Ring verbunden, doch euer Tod hat diesen Bann gebrochen. Der Ring ist jetzt einzig und allein an Sauron gebunden.", korrigierte der Schöpfer und Sofia seufzte.
,,Also sind wir wirklich tot. Adrian, oder Tiras, wie auch immer er heißt, hat uns getötet."
,,Für den Moment mag es den Anschein haben, doch du irrst dich, Sofia. Er hat euch nicht getötet...zumindest nicht wahrhaftig. Das kann er nicht, das kann niemand.", erwiderte der Mann und nun starrte Alex ihn verwirrt an.
,,Was soll das denn heißen?"
,,Es bedeutet, dass ihr nicht sterben könnt, Alex. Ihr seid die Hüter von Mittelerde...durch euren Eid seid ihr mit dem Land verbunden. Solange das Land existiert...existiert ihr auch!"
So langsam verstanden die Freundinnen zwar, worauf er hinauswollte, aber all die Informationen waren zu viel auf einmal. Es kam ihnen so unwirklich vor, dass dies alles die Wahrheit sein sollte und Melina hatte das Gefühl, dass sie noch mehr Fragen hatte als vorher.
,,Wir...sind also nicht wirklich tot?", fragte sie und er schüttelte den Kopf.
,,Nein! Ihr befindet euch lediglich in einer, nennen wir es Zwischenwelt. Wo alle anderen sich zwischen Leben und Tod entscheiden müssen, seid ihr nur hier, weil ich euch hergerufen habe. Es war an der Zeit, dass ihr euch erinnert und die ganze Wahrheit offenbart wird."
,,Was ist damals passiert, nachdem wir mit dem Ring verbunden wurden?", wollte Leah wissen und der Schöpfer gab ein Seufzen von sich.
,,Sauron hat euch getötet oder zumindest geglaubt, er hätte es getan. Mir wurde klar, dass er in diesem Moment zu mächtig war und rief euch zu mir zurück. Ich wusste, dass ich einen anderen Zeitpunkt abwarten musste, um euch dieser Bürde auszusetzen und deshalb schickte ich euch erst im dritten Zeitalter zurück nach Mittelerde. Dort wurdet ihr in die vier mächtigsten Familien hineingeboren: Melina und Leah als Töchter von Elrond, Amy als Tochter von Galadriel und Celeborn, Alex wurde die Nichte von König Thranduil und Sofia schickte ich als Enkeltochter von Gandalf zurück. Im Jahre 261 erneuerte jede von euch den Schwur als Hüterin von Mittelerde, doch eure wahre Identität hielten alle bewusst vor euch geheim."
,,Moment, dann wussten Gandalf und Elrond also von Anfang an, wer wir wirklich sind? Also, dass wir nicht wirklich zu ihren Familien gehörten?", entfuhr es Melina, doch der Schöpfer hob abwehrend die rechte Hand.
,,Ihr gehört zu ihren Familien, Melina. Es war mein Wille, dass eure wahre Herkunft verborgen bleibt, denn Sauron durfte nichts davon erfahren. Jeder von ihnen musste ein Schwur mir gegenüber leisten und hätte mit dem Leben bezahlt, sollte er ihn jemals brechen."
Ungläubig sahen sich die Mädchen an, denn ihnen war das alles langsam aber sicher etwas zu viel. Doch andererseits waren sie auch froh, dass sie nun die ganze Wahrheit erfuhren und Amy sah den Schöpfer nun erwartungsvoll an.
,,Warum haben Gandalf und die anderen uns aus Mittelerde fortgeschickt?"
,,Tiras hat herausgefunden, dass ihr wiedergeboren worden seid. Deshalb wollte er euch vernichten, weshalb Gandalf und der Rat euch zur Sicherheit in ein anderes Land ohne jegliche Magie schickten. Aber es war nur eine Frage der Zeit, bis ihr irgendwann nach Mittelerde zurückkehren würdet und das seid ihr ja schließlich auch."
Der Schöpfer warf vielsagende Blicke in die Runde und den Freundinnen schwirrten die Köpfe. Das waren ziemlich viele Offenbarungen auf einmal und Sofia wandte sich etwas verunsichert an den Schöpfer vor ihnen.
,,Werden wir uns jemals selbst wieder an alles erinnern können?"
,,Das werdet ihr...mit der Zeit. Es wäre zu viel, wenn ich eure Erinnerungen mit einem Schlag zurückkehren würden, das würde selbst euch überwältigen. Aber eure Fähigkeiten werden zu euch zurückkehren, wenn ihr wieder auf Mittelerde wandelt und ihr werdet euch daran erinnern, wie ihr sie einsetzen könnt.", versicherte er und Leah hob eine Augenbraue.
,,Ihr schickt uns also wieder zurück?"
,,Eure Aufgabe ist noch nicht vollendet, Kinder. Außerdem gehört ihr nicht hierher, sondern nach Mittelerde. Dort ist euer Platz, so war es immer schon. Ganz gleich, wie oft ihr auch fort wart, ihr seid stets zurückgekehrt."
,,Wir sind alle...Eure Kinder?", hakte Amy nach und er lächelte ein wenig.
,,In der Tat. Nur auf eine andere Weise als üblich. Ihr fünf seid meine größte Hoffnung und ich bin wahrlich stolz auf euch."
Die Hüter von Mittelerde waren überwältigt von dem, was sich ihnen hier eben offenbart hatte und konnten es kaum glauben. Doch ihr Instinkt sagte ihnen, dass es die Wahrheit war und Melina wandte sich entschlossen an ihren Schöpfer.
,,Wie können wir Sauron vernichten?"
,,Ihr werdet es wissen, wenn ihr ihm erst einmal gegenübersteht. Erst im Lande Mordor wird sich die letzte Wahrheit offenbaren, die der Schlüssel zur Vernichtung des Bösen ist. Hört gut zu, meine Kinder...denn ich verkünde euch hier und jetzt ein einziges Mal eure vollständige Prophezeiung:
„Fünf Hüter wurden einst erwählt,
nach langer Zeit sie sind zurückgekehrt!
Sie stellen müssen sich dem Einen,
zum Sieg sie müssen sich vereinen.
Der Kreis des Blutes sich vollendet,
es des Einen Untergang beendet.
Zur Rettung sie sind auserkoren,
durch sie der Eine wird wiedergeboren.
Die Macht des Lebens wird entstehen,
die Ära der Hüter zu Ende gehen.
Gefallen erst die Erwählten sind,
darauf ein neues Zeitalter beginnt.
Doch wird ihr Niedergang erzwungen,
sie ihre Macht zurück erlangen.
Durch den Tod ihr wahres Schicksal erben,
die Hüter sich erheben werden!
Ist gebrochen die Verbindung zu dem Einen,
wird es die Mächte der Hüter wieder vereinen.
Ihr Schwur währt es für jetzt und alle Zeit,
vom Tode hat er sie auf ewig befreit.
Und bringen sie im Kampf die entscheidende Wende,
führt dies zu des Einen ewigen Ende."
Mit diesen Worten verschwand er im hellen Licht und die Freundinnen blieben allein zurück. Die Prophezeiung schien sich in diesen Augenblick in ihr Gedächtnis eingebrannt zu haben und nun brache einzig und allein die Stimme ihres wahren Schöpfers über sie alle herein.
,,Und so schicke ich euch zurück nach Mittelerde! Erfüllt eure Bestimmung und vernichtet das Böse auf ewig. Das ist und war schon immer...euer Schicksal!"
Ein gewaltiger Knall ertönte und katapultierte die Hüter aus der Zwischenwelt heraus. Ihre Seelen wurden vom allmächtigen Schöpfer zurück nach Mittelerde geschickt, um die letzte alles entscheidende Schlacht zu schlagen.
Einzig und allein Leah verblieb noch einen Moment länger in der Zwischenwelt, weshalb sie sich irritiert umsah, als ihre Freundinnen und auch ihre Schwester Melina mit einem Mal spurlos verschwunden waren.
,,Wo sind sie?", brachte Leah hervor, als mit einem Mal eine andere Stimme die Stille zerschnitt.
,,Leah!"
Die Hüterin erstarrte und hatte das Gefühl, als wäre die Zeit vollkommen stehen geblieben, als eine vertraute sanfte Stimme hinter ihr erklang. Langsam drehte sich Leah um und ihr Herz wurde weich wie Butter, als sie ihrer einstigen Liebe gegenüber stand.
,,Thorin!", hauchte sie und dem Zwergenprinz glitt ein leichtes Lächeln über das Gesicht.
Leah erwiderte es, ehe sie auf ihn zulief und ihre Arme um ihn schlang. Thorin erwiderte die Umarmung und zog sie eng an sich, während Leah Freudentränen über die Wangen liefen.
,,Ich dachte, ich sehe dich nie wieder.", brachte sie hervor und Thorin strich ihr über den Rücken.
,,Ich war immer bei dir, Leah. All die Jahre...du warst niemals allein."
Für einen Moment verharrten sie noch so, doch dann löste sich Thorin aus der Umarmung. Er lächelte zaghaft und strich Leah ihr rotes Haar zurück, während er sie liebevoll ansah.
,,Ich bin so stolz auf dich. Und ich konnte dich nicht zurückkehren lassen, ohne dich ein letztes Mal zu sehen.", sagte er und Leah war etwas verwirrt.
,,Ein letztes Mal?"
,,Ich habe über dich gewacht, Leah. Und viele Jahre musste ich mit ansehen, wie du dich vor der Welt und allen anderen versteckt hast. Aber das Exil sollte niemals dein Schicksal sein."
,,Thorin, ich hatte keine andere Wahl. Als ich dich verloren habe, da war die Welt sinnlos für mich. Ich habe mich gefragt, was ich hätte tun können, um es zu verhindern und ich habe mir nichts sehnlicher gewünscht, als wieder mit dir vereint zu sein."
,,Leah, nichts und niemand kann mich zurückbringen. Mein Weg ist zu Ende, aber deiner fängt gerade erst an. Ich möchte, dass du zurückkehrst und dein Schicksal erfüllst. Und ich möchte, dass du glücklich bist."
,,Aber du fehlst mir so sehr. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an dich denke."
,,Ich weiß. Doch es ist an der Zeit, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Was geschehen ist, das ist geschehen. Du hast nun die Chance auf einen Neuanfang und sie solltest du nutzen. Und du bist nicht allein, vergiss das nie.", brachte Thorin hervor und Leah wusste, was er ihr damit sagen wollte.
,,Aragorn!"
,,Ja! Er liebt dich und er kann dich glücklich machen. Gemeinsam seid ihr stark und könnt alles erreichen, was ihr euch je erträumt habt."
,,Ich liebe dich immer noch, Thorin. Und ich werde auch niemals aufhören dich zu lieben.", beteuerte Leah, woraufhin Thorin ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich.
,,Ich weiß! Aber ihn liebst du auch und das ist gut so. Du sollst glücklich werden und nicht dein Leben von Trauer erfüllt verbringen."
Thorin sah sie zuversichtlich an und schien überzeugt von dem zu sein, was er da sprach. Früher hätte Leah wahrscheinlich an seinen Worten gezweifelt, doch sie hatte nun in der Tat die Hoffnung, dass wirklich alles gut werden würde und dennoch wurde ihr eine Tatsache bewusst, die sie ein wenig traurig machte.
,,Wir werden uns nicht wiedersehen, oder?", fragte Leah zögernd und Thorin schüttelte kaum merklich den Kopf.
,,Nein! Es ist Zeit für mich weiterzuziehen und du musst zurückkehren. Deine Freunde brauchen dich und ganz Mittelerde braucht die Hüter von Mittelerde!"
Leah wusste, dass er Recht hatte und Thorin entfernte sich langsam von ihr, woraufhin er ihre Hände freigab. Es war mehr als nur ein Abschied, denn in dem Moment spürte die Hüterin tief im Inneren, dass er sie voll und ganz freigab. Hinter Thorin erschien ein weißes Licht und er warf Leah ein letztes Lächeln zu, das sie für immer in Erinnerung behalten würde.
,,Leb wohl, Leah! Erfüllt euer Schicksal und bringt den Frieden zurück nach Mittelerde. So, wie es euch schon immer bestimmt war!"
Mit den Worten verschwand Thorin und Leah spürte, wie eine unsichtbare Macht sie von diesem Ort fortzog. Sie wusste, dass auch sie jeden Moment nach Mittelerde zurückkehren würde und war entschlossen, den letzten Willen von Thorin zu erfüllen: gemeinsam mit ihren Freundinnen würde sie das Böse vernichten und Mittelerde den Frieden wiedergeben!
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