Kapitel 8 // Eine himmlische Liebe

Nach den wuterfüllten Worten war meine Lehrerin verschwunden und die gesamte Klasse saß in Schweigen gehüllt dabei. Manche schliefen auf dem Tisch, andere zerschnitten ihre Blöcke, die meisten jedoch spielten brutale Spiele an ihren Mobiltelefonen oder kommunizierten über ebendiese mit Freundinnen, wie auch immer das gehen sollte. Ich selbst war zwar für die Mittwochnachmittage in einem Kurs über solche Angelegenheiten, aber selbst die Rentnerin, die mit mir dort teilnahmen, verstanden es besser als ich. Wozu brauchte man auch so etwas, wenn ich einfach mein Lehrbuch aufschlagen musste und es mir alles zeigte, was ich in diesem Moment brauchte? Aber nein, ich musste diese Menschen und all ihre Beschäftigungen näher kennenlernen. Als ob ich nicht schon genug mit Gloria zu tun hätte, wegen der ich nun bis siebzehn Uhr nachsitzen durfte. Mich interessierte es überhaupt nicht mehr, wie ich die Situation noch retten konnte, denn ich wollte nur noch in den Himmel zurück. Mit all meinen Schwestern und Brüder dort oben ein friedliches Leben zu führen, war mein einziger Wunsch, diese Menschen konnte man sowieso nicht mehr ändern. 

Immer noch rannen mir die Tränen die Wangen hinunter und ich betrachtete trotzig den Tisch. Immer lauter wurde ein scheußlicher Gedanke in mir; was wäre, wenn ich mich so grauenhaft als Engel verhalte, dass ich nachhause geschickt werde? Nein, das war ein zu schrecklicher Gedanke, aber ich hatte schon jetzt Heimweh. Wieso konnten sich Menschen nicht wie Engel verhalten? Wieso gab es überhaupt Teufel? Wieso hatte Gloria gegen mich gewonnen? Wenn ich die Welt sowieso nicht besser machen konnte, wieso war ich dann hier? So viele Fragen und keine Antwort. Nicht einmal meine Gebete hatten etwas gebracht. Es war, als wäre durch all diese Menschlichkeit, die ich mit meinem Auftrag bekommen hatte, der gesamte Kontakt zum Himmel abgebrochen. Egal wieso, aber daran war einzig und allein Gloria schuld. 

Plötzlich flog ein Papierflieger auf meinen Tisch. Ich drehte mich um, doch ich konnte nicht erkennen, wer ihn geworfen hatte. Ich traute mich auf nicht zu fragen, da ich bei dieser Klasse nicht mehr wusste, was sie tun würden. Noch nie hatte ich jemanden so wenig verstanden wie die fünfundzwanzig Schüler in diesem Raum, mit denen ich ein ganzes Jahr verbringen musste. 

So faltete ich den Flieger gedankenverloren auf. Überrascht hielt ich inne, als ich auf der Innenseite einen Text entdeckte. 

"Liebe Vitalina, ich finde, du bist das klügste und hübscheste Mädchen überhaupt. Und mutig bist du auch noch. Weißt du was? Ich bleibe nach der Schule auch gerne hier und sitze freiwillig nach. Du kannst mir dann ja bei den Matheaufgaben helfen, die wir über die Sommerferien aufhatten. Tut mir wirklich leid, dass ich nicht an für dich gesprochen habe, als Gloria dich beschuldigt hat, aber ich hatte einfach Angst. Du bist so viel mutiger als ich, auch wenn ich ein Junge bin. Ich könnte auch mit der Lehrerin spreche, also nach der Schule, wenn dir das recht wäre, aber vermutlich glaubt sie mir nicht. Weißt du was? Den besten Menschen auf der Welt glaubt nie jemand, nur andere so tolle Menschen. Und darum mag ich dich. Liebe Grüße, Bobby." 

Das war so süß von ihm! Und hübsch war er auch noch, mit dieser niedlichen Strähnen im Gesicht und dem offenen Lächeln ... Er war einfach so wunderbar, da konnte ich ihm nur verzeihen. Du dieser Brief erst ... Ich hatte noch nie einen Liebesbrief erhalten, aber genau so hatte ich mir einen vorgestellt. Wie wunderbar die Liebe doch war und wie unerwartet sie einen doch manchmal traf ... 

Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses, so ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung--- 

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