Kapitel 17 // In Brand gesetzte Herzen
Rache. Rache war alles, woran ich gerade denken konnte. Sie würde mir nicht meine Position in dieser Schule wegnehmen. Sie würde mein Talent nicht in den Schatten stellen. Sie würde mir meinen Bobby nicht wegnehmen. Und vor allem würde sie mich nicht vor dem Teufel aller Teufel so sehr ungestraft blamieren, wie sie es getan hatte. Ich war gekränkt und zu absolut allem bereit, nur um Rache zu nehmen. Kein Risiko war mir zu groß, keine Unwahrscheinlichkeit zu klein, keine Mühe zu schwer. Ich würde es schaffen, sie ein für alle Male zu zerstören, da war ich mir sicher.
Es klingelte zur Pause. Ich beeilte mich, so schnell wie nur möglich meinen Kram im meine Tasche zu packen und hinauszurennen. Ich musste schnell sein, sehr schnell sogar, sonst wäre die Chance vorbei. Nur jetzt, kurz nach dem Klingeln und vor der Lehrerkonferenz unseres Jahrgangs hatte ich die Möglichkeit, ins Lehrerzimmer zu kommen. Ich musste es einfach schaffen, ich musste.
So schnell ich nur konnte, rannte ich den Gang hinunter bis zur Ecke. Die Erzieherin sah mich an, die Aufsicht war auf mich aufmerksam geworden. Mist. Außer mir vor Wut wollte ich schon weitergehen, als ich über meine eigenen Füße stolperte. Der Schnürsenkel war offen. Meine Rettung. Grinsend hockte ich mich auf den Boden und wartete die Schülermaße ab, die heraus- und an mir vorbeistürmte.
Die meisten Schüler brauchten nur Sekunden, um über den Gang und die alte Treppe herunterzueilen. Die Lehrerschaft war fast genauso schnell auf dem Weg nach oben und sogar die Aufsicht machte sich von dannen. Irgendein kranker Knirps kam angerannt und beschäftigte nun auch die Erzieherin. Nur noch ein paar trödelnde Schüler waren so auf dem Gang. Die konnte ich getrost außer Acht lassen, niemand davon würde mich verpetzen, vermutlich würden sie mich nicht einmal bemerken.
Dann fiel mein Blick auf Vitalina. Beinahe als wüsste sie, dass ich etwas Böses im Sinn hatte, starrte sie mir ins Gesicht. Wütend war sie, mehr als es ihr guttun würde. Doch bald würde sie noch mehr Grund zur Wut haben und einzig und allein als Schuldige dastehen.
Kaum dass auch sie hinuntergegangen war, riss ich die Tür hinter mir auf und verschwand schnell im Lehrerzimmer. Ich war verdammt erleichtert, es geschafft zu haben. Fröhlich lehnte ich meinen Kopf an die schwere Holztür, als jemand nach meiner Schulter griff.
Beinahe hätte ich die ganze Schule niedergeschrien, so erschrocken wie ich war. Aus Erfahrung hielt ich mich jedoch kurz zurück, auch wenn mein Herz mir bis zum Halse schlug. Alles war besser als eine Blamage, sogar eine vielleicht gefährliche Situation. Bloß nicht noch einmal lächerlich machen, ermahnte ich mich selbst.
Ich drehte mich um und atmete tief aus. Vor mir stand bloß Herr Wur-Zielloy. Ein dummer Ochse, doch ihn zu täuschen, würde nicht schwer sein. Und selbst wenn meine Lügen irgendwann auffallen würden, er würde dann die Schuld bekommen. Ein neuer Lehrer ohne großartige Bekannte und im Begriff, Vitalinas Lieblingslehrer zu werden; besser ging es gar nicht.
"Herr Lehrer, Herr Lehrer, Sie habe ich gesucht! Bitte, ich muss Ihnen etwas sagen!" Fieberhaft überlegte ich mir meine Wortwahl, während er mich besorgt anstarrte.
"Was ist los, Gorilla?" Genau diese Sache mit den Namen trieb mich bei ihm in den Wahnsinn. Vitalina mochte sich vielleicht nicht daran stören, Vanilla zu heißen, aber mich störte mein Spitzname total. Da mochte der Lehrer noch so freundlich sein und sich Mühe geben, aber ich hieß nicht Gorilla! Diese Schule schien sowieso keinen einzigen Namen vernünftig auf die Reihe zu bekommen, ganz zum Vergnügen von Frau Weinstädter, deren Humor beinahe im Erdkern lag.
"Vitalina hat mir gesagt, dass sie die Schule anzünden will!"
Sofort stürmte der alte Typ heraus und ließ mich allein. Prima! Ich wühlte ein wenig auf seinem Pult herum, dann fand ich eine Schachtel Streichhölzer. Augenblicklich machte ich mich auf den Weg, ihr hinterherzurennen, um möglichst wenig aufzufallen. Dennoch war sie schneller und ich stand auf dem Schulhof wieder allein da.
Während alle hinter ihr hersahen, gesellte ich mich zu meiner Klasse. Minuten vergingen und wir beschlossen, ins Kiosk zu gehen. Hinter meinem Rücken zündete ich noch kurz ein Streichholz an und steckte es in meine Schultasche. Noch eins, dann noch eins und dann qualmte es schon ein wenig und ich beeilte mich, meine Klasse von hier wegzubringen. Nur Vitalina blieb dort sitzen. Ich hatte es geschafft. Für meine Ehre, für meinen Chef und auch für meinen Bobby.
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