Kapitel 17
Piper (überrascht?)
Die Trauerfeier fand nach dem Frühstück statt. Wir versammelten uns in der Arena um die Feuerstelle. Wir hatten ein Leichentuch vorbereitet, dass wir nach Lauras und Richards wünschen gestaltet haben. Auf dem Tuch war ein Bach abgebildet, der in einen See floss. Der See war von einem Wald umgeben und man sah den blauen Himmel.
Chiron hielt eine Rede über Michael, die nicht zu lang war, da er ihn kaum kennen gelernt hatte. Ich trauerte um Michael. Ich hatte ihn im Camp herumgeführt und ihm erklärt, dass die griechische Mythologie wirklich existierte. Als ich realisierte, dass er sich opfern wollte, um das Schiff ausser Reichweite zu bringen, wollte ich dass unter allen Umständen verhindern.
Ich wollte nicht, dass er so jung und plötzlich stirbt. Er kommt in unser Camp und zwei Tage später stirbt er. Als er mit dem Schiff losfuhr, wollte ich nicht, dass er das tut. Ich wollte an seiner Stelle auf dem Schiff sein. Ich setzte den Charmesprech ein, damit er von Bord springt. Ich wollte selber auf das Schiff gelangen um es dann selbst ausser Reichweite zu bringen. Ich wollte mich opfern, damit nicht er es tun müsste. Doch er schaffte es irgendwie meinen Charmesprech gleich zweimal zu überwinden und setzte dann diese blöden Kopfhörer auf.
Leo fühlte sich ähnlich wie ich. Er hatte die Steuerung der Galeeren programmiert, also auch das Totmannpedal. Er machte sich deshalb Vorwürfe. Hätte das Schiff einen Autopiloten gehabt, hätte Michael von Bord springen können. Er hätte die Vorrichtung auch deaktivieren können. Aber Michael wusste, dass die Zeit nicht reichte. Nicht für Leo und nicht für mich. Wir hätten beide zu lange gebraucht um an Bord zu gelangen. Es fiel mir trotzdem schwer.
Ich schaute zu Laura und Richard. Ich hatte gehört, dass Laura sich fast erstochen hätte und dass ihrer Meinung nach, die griechische Mythologie daran schuld sei. ich konnte sie verstehen, jeder Halbgott fühlt sich mal so. Laura weinte leise, während Chiron seine Rede hielt. Richard sah ebenfalls traurig aus, aber ich sah in seinem Gesicht auch noch etwas Anderes. Er kannte dieses Gefühl bereits. Verlust. Und er schien es schon mehrmals gehabt zu haben. Ihm musste so etwas schon mehrere Male passiert sein.
Chiron beendete seine Rede und wir legten das Leichentuch auf das Feuer. Die Leiche befand sich nicht darin. Percy hatte das Gebiet stundenlang abgesucht, aber dass einzige, dass er gefunden hatte, waren Rüstungsteile und massive Unterwasserschäden, die die Explosion verursacht hatte. Die Rüstungsteile waren von uns. Wir hatten sie losgemacht, damit wir einfacher schwimmen konnten. Ich hatte auch nicht erwartet, dass er eine Leiche findet. Griechisches Feuer ist viel zu stark und er war zu nah an der Explosion. Es musste ihn komplett aufgelöst haben.
Nach der Trauerfeier verstreuten die Camper sich. Ich ging mit Percy, Annabeth, Leo, Kalypso und Nico an den Strand. Leo war etwa zwei Monate nach dem Krieg gegen Gaia ins Camp zurückgekehrt und mit ihm war Kalypso, die Tochter des Atlas dabei gewesen. Er hatte sie von ihrem Exil befreit und sie waren hierhergekommen. Und sie liebten sich gegenseitig über alles. Ich war so froh, dass Leo jetzt auch Jemanden gefunden hatte. Jason und Hazel waren in Camp Jupiter und Frank war auf einem Einsatz.
"Laura und Richard tun mir leid.", sagte ich. "Michael ist viel zu früh gegangen.", fügte Percy hinzu. "Er war erst zwei Tage im Camp und dann passiert so etwas. Und das war eindeutig ein Versuch uns alle zu töten. Wieso bin ich nur KO gegangen? Ich hätte das alles verhindern können." Jetzt schaltete sich auch noch Annabeth ein. "Es war Michael, der dich KO geschlagen hat. Von hinten und du warst komplett unvorbereitet. Du bist gegen den Mast geknallt. So etwas schaltet einen halt aus. Du konntest danach nichts mehr tun." "Ich würde so viel dafür geben, wenn ich an seiner Stelle hätte sein können.", seufzte er. "Was passiert ist, ist passiert.", sagte ich. Wir können daran jetzt nichts mehr ändern. Es war nicht fair, aber das ist es für uns nie. Wir können jetzt nur noch dafür sorgen, dass es Laura und Richard gut geht und dass wir die Person schnappen, die dafür verantwortlich war, damit ihnen nicht auch so etwas passieren wird."
Wir alle schwiegen für einen Moment. Dann ergriff Nico das Wort: "Ich glaube, dass Richard ziemlich gut darüber hinweg kommen wird. Ich weiss nicht wieso, aber ich habe ihn beobachtet. Ich glaube er hat so etwas schon erlebt. Laura wird grössere Schwierigkeiten haben, um ihren Verlust zu verkraften." "Das habe ich auch bemerkt.", sagte ich. "Wir müssen sie gut ihm Auge behalten, falls sie etwas dummes anstellt." "Ich glaube nicht, dass wir das müssen.", sagte Nico. "Das könnte sogar kontraproduktiv werden, weil sie die ganze Zeit daran erinnert wird, was passiert ist. Ausserdem ist Richard bei ihr und er weiss, dass er auf sie aufpassen muss."
"Habt ihr eigentlich eine Idee, wer ihre göttlichen Elternteile sein könnten?", fragte Annabeth. Wir schüttelten unsere Köpfe. Percy räusperte sich und begann vorsichtig zu reden: "Habt ihr Richards Augen gesehen? Und seine Haare? Beides ist silber beziehungsweise schwarz mit silbernem Glanz. Ich überlege mir ob es möglich ist, dass Arte-..." "Percy", unterbrach ihn Annabeth. "Das ist kompletter blödsinn. Sie ist eine Jungfräuliche Göttin, die Männer hasst. Das ist vollkommen unmöglich." "Ich weiss.", verteidigte sich Percy. "Ich habe nur die Ähnlichkeiten erwähnt. Auch wenn ich weiss, dass das nicht möglich ist. Er ist jedenfalls ein guter Kämpfer. Er hat auch Ähnlichkeiten mit Leo. Auch Richard scheint teilweise mexikanischer Abstammung zu sein. Seine Hautfarbe deutet darauf hin. Aber wir wissen nicht, ob es Mutter oder Vater ist. Es könnte praktisch jede Gottheit sein." "Er erinnert mich an irgendjemanden", sagte Annabeth. "An eine Person, die ebenfalls ein Latino ist und schwarze Locken hat. Sie ist ein bisschen bekannt, aber ich weiss gerade nicht welche."
"Wieso versuchen wir es erst mit dem schwierigen?", fragte Leo, während er an irgendeiner Maschiene bastelte. "Versuchen wir doch Lauras göttlichen Elternteil rauszufinden. Wir wissen, dass es ihr Vater ist." "Leo hat recht.", sagte Calypso. "Ausserdem kenne ich sehr viele Götter, ihr bevorzugtes Aussehen und die Merkmale, die die meisten ihrer Kinder besitzen." "Sie hat braune und glatte Haare.", sagte ich und dachte nach. "Und blaue Augen." "Was für ein Blau?", fragte Calypso. "Darauf habe ich mich nicht wirklich geachtet. Ich war von Richards silbernen Augen abgelenkt. Es ist nicht das gleiche Blau wie dass von Jasons Augen. Es ist kein Himmelblau." "Hatten Michael und Laura die gleichen Augenfarben?" "Ja. ich denke schon." sagte ich. Kalypso überlegte eine Weile, kam aber anscheinend zu keinem Ergebniss. Sie schüttelte den Kopf: "Ich kann sie nicht eindeutig einschätzen. Ich fürchte, wir müssen warten, bis sie anerkannt werden."
Wir blieben noch eine Weile am Strand und redeten, bis sich die Anderen nach und nach verabschiedeten. Ich blieb noch am Strand und legte mich hin, um die Ruhe zu geniessen. "Hallo Piper." Ich setzte mich auf und schaute zur Person, die gesprochen hatte. "Hi Jess. Wie geht es dir?" Es war Jessica Ferrows, die römische Halbgöttin, die die Schiedsrichterin während der Seeschlacht gewesen war. "Mir geht es gut. Ich will mich nur ein bisschen am Strand entspannen." "Ich mich auch.", erwiderte ich. Wir hatten uns nach dem Gigantenkrieg kennengelernt und waren gute Freunde geworden. Sie war 14 Jahre alt und noch nicht anerkannt worden, aber das war ihr egal. Sie sagt immer, dass uns ausmacht was wir tun und nicht wer wir sind. Ich gab ihr da recht. Sie war letztes Jahr nach einem mutigen Einsatz zum Zenturio befördert worden, als sie Reyna aus einer lebensgefährlichen Situation gerettet hatte. Sie war eine gute Strategin und Kämpferin. "Michaels Tod war ein sehr besonderer.", merkte sie an. Ich sah sie überrascht an. "Inwiefern?" "Er kam vor zwei Tagen ins Camp und kannte Niemanden hier. Die Leute hier hatten kaum Zeit ihn kennenzulernen. Und dann opfert er sich, um uns alle zu retten, obwohl er erst vor zwei Tagen angekommen ist und kaum Jemanden hier kennt. Natürlich tat er es hauptsächlich für seine Schwester und seinen Freund, aber er tat es auch für uns. Wir hatten ihn bei uns aufgenommen und er hatte sich bereits ein wenig integriert. Er gehörte zu uns. Wir verstanden es und er verstand es. Und deshalb hatte er sich geopfert. Um zu zeigen, dass wir ihm wichtig sind."
"Wieso bist du dir dabei so sicher?", fragte ich sie. "Ich habe ein wenig Zeit mit verbracht und mit ihm geredet. Wir sind alle gleich und das hat er gemerkt. Er war überall willkommen und er wusste das. Er ging zu den Leuten und redete mit ihnen. Wenn er ein Gespräch sah, ist er zu ihnen gegangen und gefragt, ob er mitreden dürfte. Er war sehr neugierig. Er hat uns kennengelernt und wir haben ihn kennengelernt. Er hat versucht sich so schnell wie möglich zu integrieren und wir haben ihn dabei unterstützt. Er war mit Feuer und Leo bei der Sache (Ja, wir machen Witze über Leo und seiner Entflammbarkeit.). Das macht ihn so besonders. Weil er so schnell zum Teil dieses Camps wurde, lernte man ihn schneller kennen und erinnert sich an ihn. Deshalb waren wir alle betroffen, als er gestorben ist. Weil fast jeder von uns einmal mit ihm geredet hat."
"Du hast recht.", sagte ich überrascht. "Er war wirklich schon im Camp integriert. Auf jedenfall schneller als die meisten neuen Ankömmlinge. Er hat auch überraschend gut und schnell auf die Neuigkeit reagiert, dass die Götter echt sind. Er reagiert sehr schnell auf neue Situationen. Nico hat mir vom Angriff des Minotaurus erzählt, als er die drei ins Camp brachte. Der Minotaurus hatte ein Auto auf sie geworfen und Nico hatte Laura und Richard gepackt und zu Boden geworfen. Michael war ausserhalb seiner Reichweite gewesen, deshalb habe er geschrien, dass er sich hinlegen sollte und Michael habe es sofort und ohne zu zögern gemacht. Ohne die Situation überhaupt erst zu begreifen oder die Erklärung für diesen Ausruf zu finden. Er hatte es einfach getan. Während des darauffolgenden Kampfes hat er ähnlich reagiert und konnte so Zeit gewinnen, die Nico dann brauchte, um den Minotaurus zu besiegen." "Klingt beeindruckend.", sagte Jessica. "Vorallem, weil er kein ADHS hat." "Echt?", fragte ich. "Das wusste ich nicht" "Ich weiss es auch nicht mit sicherheit, aber ich nehme es mal an, denn er sass sehr still da, als ich mit ihm geredet habe."
Wir hätten noch lange weiterreden können, wenn Nico nicht auf uns zu gerannt wäre. Er rannte neben uns vorbei, blieb am Wasser stehen und suchte mit seinen Augen das Wasser hektisch ab. "Nico, was ist los?", fragte ich ihn. "Das Gefühl ist weg.", sagte er, was wenig hilfreich war. "Welches Gefühl ist weg?", fragte ich weiter. "Das Gefühl, dass er tot ist. Es ist weg." "Dass wer tot ist?", fragte ich weiter. Er streckte den Arm aus und zeigte auf eine Stelle im Wasser, vielleicht hundert Meter entfernt. "Da." Ich sah hin. Dort trieb etwas im Wasser. Es war ein dunkles Gebilde. Ein Körper realisierte ich. "Oh Götter. Da ist Jemand.", rief ich erschrocken aus. Ich zog meine Schuhe aus und sprang ins Wasser.
Ich schwamm so schnell, wie ich vermutlich noch nie geschwommen war. Percy wäre stolz auf mich. Adrenalin ist eine sehr gute Hilfe in einer solchen Situation. Ich schien die Strecke in nur ein paar Sekunden zurückzulegen. Ich erreichte den Körper und packte ihn. Ich liess ihn praktisch sofort wieder los, da er sich eklig anfühlte. Ich besah ihn genauer. Er war komplett verbrannt und unkenntlich, was aber vermutlich daran lag, dass ich Salzwasser in den Augen hatte. Ich packte den Körper erneut und zog ihn hinter mir her, während ich dafür sorgte, dass der Kopf über Wasser blieb. Nach etwa fünfzig Metern kam mir Jessica zu Hilfe und wir schleppten ihn zusammen zum Strand. Nico war am Strand geblieben, weil er ein Sohn des Hades war. Zwar sind Percy und er gute Freunde und er kommt auch mit Poseidon gut aus, aber manchmal ist es trotzdem besser, ausserhalb der Domänen von den anderen Göttern zu bleiben. Als wir den Strand fast erreicht hatten, watete er nun doch noch ins Wasser und packte mit an. Wir schafften den Körper an Land und legten ihn vorsichtig auf eine Grasfläche. Meine Sicht klarte sich endlich und ich konnte das Gesicht erkennen. Es war stark vom Feuer entstellt, genauso wie der Rest des Körpers, aber ich konnte trotzdem erkennen wer es war. Es war...
"Michael?" Ich stolperte zurück. Das war unmöglich. Das griechische Feuer müsste ihn vollständig vaporisiert haben. Ich beugte mich vorsichtig vor und überprüfte seinen Puls. Das war doch komplett unsinnig. Er war zwei Tage lang im kalten Wasser gewesen und sein Gesicht war unter dem Wasser gewesen, als ich ihn erreicht hatte. Ich ging so sehr davon aus, dass er keinen Puls hat, dass ich ihn zuerst überhaupt nicht bemerkte. Doch dann spürte ich ihn. Ich fuhr erneut zurück und schaute Nico und Jessica erschrocken an. "Er lebt noch. Wir brauchen sofort Hilfe." Dann schrie ich aus Leibeskräften: "SANITÄTER!"
18.08.18
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