Kapitel 15
Laura
Das Schiff wurde von einer gewaltigen Explosion zerissen. Ein riesiger Feuerball raste auf uns zu. Erst 50 Meter vor uns, lösten sich die Flammen auf. Michael war tot. Er war tot. Mein Bruder hatte gerade sein Leben gegeben, um uns zu retten. So und nicht anders ist es passiert. So ging mein Leben den Bach runter. So ist meine Seele gestorben.
Als Michael die Galeere in Gang setzte, wollte ich nur, dass er von Bord springt. Ich habe ihn angeschrien und angebrüllt, aber er ignorierte es und setzte die Kopfhörer auf. Ich begann ihm hinterherzuschwimmen, aber Richard sah es und packte mich, damit ich Michael nicht folgen konnte. Ich drehte durch: "Richard, lass mich los! Sofort!" "Nein, dass ist nicht dass, was er wollen würde. Er will uns retten, wir müssen in die entgegengesetzte Richtung schwimmen." "Das ist mir egal. Lass mich jetzt los!", schrie ich ihn an und schlug auf ihn ein. Er liess trotzdem nicht los. Er zog mich in die andere Richtung. Einige folgten uns, andere blieben an Ort und Stelle und wiederum andere schwammen der Galeere hinterher. Ich wäre die Vorderste gewesen, wenn Richard mich nicht festgehalten hätte. Die Galeere explodierte und es gab einen Ohrenbetäubenden Knall, dem eine enorme Druckwelle folgte. Ich sollte danach verdammt laut und ununterbrochen geschrien haben. Es soll so schlimm gewesen sein, dass Richard mich vor Schreck loslies und ich fast untergegangen wäre. Er packte mich erneut und schlug mich anscheinend KO. Ich habe keine Ahnung, ob das wirklich passiert ist. Es sagen jedenfalls alle Camper, dass das wahr ist. Meine erste Erinnerung nach der Explosion ist als alle aus dem Wasser an den Strand krochen. Viele hatten ihre Rüstungen ausgezogen, weil sie so einfacher schwimmen konnten. Wir wurden von den Campern, die nicht an den Spielen teilgenommen hatten, empfangen und medizinisch behandelt, falls man verletzt worden war. Chiron trabte zu Annabeth und fragte sie: "Was ist passiert?" "Auf der Galeere befand sich Griechisches Feuer. Michael Deckers hat das Schiff ausser Reichweite gebracht, um uns zu retten. Er muss tot sein." Ich hätte mich in diesem Moment gerne erstochen. Aber das Schwert hatte ich nicht mehr umgehängt. Richard musste es gelöst haben, um leichter schwimmen zu können. Ich suchte den Strand nach einem scharfen Gegenstand ab und sah, dass Richard seinen Dolch am Gürtel hatte. Chiron und Annabeth kamen zu mir rüber. "Michael war dein Bruder, richtig?", fragte Chiron mich, aber ich hörte nicht zu. Ich sah nur den Dolch an Richards Gürtel. Richard antwortete für mich. "Ja. Es war ihr Bruder." "Es tut mir sehr leid.", sagte Chiron. "Er ist als Held gestorben, um das Camp zu retten. Die Götter werden das zu schätzen wissen. Er wird sicherlich ins Elysium eingehen. Dem Paradis der Unterwelt. Und wir werden herausfinden, wie das passiert ist." Ich packte Richards Dolch und riss ihn vom Gürtel. "Was zum...", setzte Richard an, als ich den Dolch umdrehte, um ihn mir in den Hals zu rammen. Ich holte aus und wollte die Klinge in meinen Hals rammen. Richard und Annabeth reagierten und packten meine Hand mit der Klinge nur Millimeter von meinem Hals entfernt. Sie drehten meinen Arm auf den Rücken und verdrehten ihn, damit ich den Dolch fallen liess. Ich schrie und zappelte wie am Spiess. Sie drückten mich auf den Boden und Annabeth rief: "Kalypso, komm rüber. Du musst sie betäuben. Sie dreht durch." Ein Mädchen mit karamellfarbenen Haaren erschien neben Annabeth, stiess mir eine Spritze in den Arm und ich wurde bewusstlos.
Als ich wieder aufwachte, befand ich mich auf der Krankenstation des Camps und war auf ein Bett gefesselt. Ich schüttelte hin und her, um die Fesseln vielleicht irgendwie zu lösen, aber sie hielten. Jetzt bemerkte ich Richard, der neben mir gegen einen Tisch lehnte. "Du musst dich beruhigen. Das hilft jetzt Niemandem, wenn du so herumzappelst." "Du verstehst es nicht.", schrie ich ihn an." "Natürlich verstehe ich es.", schrie er zurück und ich erschrak. Er hatte noch nie geschrien. Normalerweise, war er die Ruhe selbst. "Aber ich verstehe ebenfalls, dass seine Aktion notwendig gewesen ist. Auch wenn ich es nicht mag und nicht akzeptiere. Jemand musste das Schiff ausser Reichweite bringen oder wir wären alle umgekommen. Alles andere hätte zu lange gedauert.", jetzt lief ihm eine einzelne Träne sein Gesicht runter. "Er realisierte, dass er es tun musste und er tat es, ohne zu zögern. Das ist Michael. Niemand hätte ihn davon abbringen können. Nicht ich und auch nicht du. Niemand." Der Vorhang, der mein Bett umgab, öffnete sich und Will und dieses Mädchen, Kalypso, kamen herein. Beide trugen Camp T-Shirts und einen weissen Arztkuttel darüber. Beide setzten sich vor mein Bett auf zwei Stühle. Jetzt konnte ich Kalypso richtig betrachten. Sie sah sehr schön aus, was auch daran lag, dass sie überhaupt kein Make-Up trug. Sie sah einfach natürlich aus. Ich hätte sie ohne zu zögern für Aphrodite gehalten, wenn nicht gewusst hätte, dass sie Kalypso hiess. Auch wenn sie vielleicht einen falschen Namen verwenden könnte, aber sie hatte keine so starke Aura, wie Mister D sie hatte, der, so wie ich erfahren hatte, eigentlich Dionysos war. Und beide waren schliesslich Götter im Olympischen Rat. Dann sollten beide doch auch eine ähnliche Aura haben. Aber ihre Aura war trozdem stärker, als die von den meisten Halbgöttern hier. Vielleicht auch von allen.
Kalypso stellte sich vor: "Hallo Laura, ich bin Kalypso. Ich bin die Stellvertretende Chefärztin, falls Will nicht verfügbar ist." "Du hast mich betäubt.", erwiderte ich. "Du hättest dich fast selbst erstochen.", antwortete sie. "Mein Bruder ist gerade vorhin mit diesem Schiff in die Luft geflogen. Ich wollte nicht mehr Leben." Alle drei wechselten einen Blick. "Was?", fragte ich verwirrt. "Ist etwas passiert?" "Nein.", sagte Richard. "Das nicht, aber du warst einen Tag lang bewusstlos. Es ist nicht gerade vorhin passiert sondern vor 26 Stunden."
Das musste ich erstmal verdauen. "Ich war ein Tag lang bewusstlos?", fragte ich sie erstaunt. "Das ist doch gar nichts.", winkte Will ab. "Halbgötter können manchmal über eine Woche lang KO sein. Besonders, wenn sie ihre Kräfte überanstrengen. Nico ist einmal drei Tage lang bewusstlos gewesen, weil er sich mit seiner Unterweltmagie übernommen hat. Wenn man ihn anfassen wollte, ging die Hand einfach durch ihn durch. So etwas kann einen innerlich auszehren. Wenn du deine Fähigkeiten entdeckst, wirst du dich Anfangs sehr schnell erschöpfen und auch mal einschlafen. Das ist für Halbgötter normal, auch wenn sie es vermeiden sollten." Das letzte sagte er ein bisschen zerknirscht. "Wie dem auch sei. Wie fühlst du dich?" "Ich fühle mich ziemlich ausgeruht. Ich habe keine Schmerzen. Aber ich bin psychisch am Ende und würde mich am liebsten erschiessen." "Wieso denn? Weil dein Bruder umgekommen ist oder ist es etwas anderes?", fragte mich Kalypso. Sie schien sehr nett zu sein. "Es ist auch etwas anderes. Das alles hier. Diese verdammte Mythologie. Die griechische Mythologie. Sie ist einfach so in mein normales Leben eingetreten und hat gesagt: 'Hallo, ich bin übrigens echt. Ich nehme mal deinen Bruder.' Die griechische Mythologie hat meinen Bruder getötet. Wenn das nicht echt wäre, wäre er nicht tot. Diese Explosion wäre nie passiert. Vielleicht wäre Cincinnati nie passiert. Ich hätte meinen Bruder ohne diese blöde Mythologie nie verloren." Ich weinte. Kalypso und Will sahen mich betroffen an. Will antwortete: "Ich verstehe, was du meinst. Glaube mir. Jeder Halbgott hat sich das genau selbe gewünscht. Dass das alles hier nicht wahr ist und dass die griechische Mythologie nicht existiert. Du bist allerdings eine der wenigen, die das laut ausprechen. Ausserdem solltest du das nicht zu oft tun, da du sonst die Götter verärgerst." "Genau das meine ich.", sagte ich aufgebracht. "Wir dürfen nicht böse über sie sprechen, wir müssen ihnen Essen opfern und Aufträge erledigen. Das Letzte ist für mich zwar noch nicht zutreffend, aber ich will das trotzdem nicht." Will sah jetzt schon beinahe ängstlich aus. "Wenn du jetzt nicht bald still bist, wirst du von einem Blitz eingeäschert. Es gibt eindeutig angenehmere Tode." "Von mir aus.", seufzte ich resigniert. Sie untersuchten mich noch kurz und sagten mir, dass ich gesund sei, aber noch einen Tag in der Krankenstation bleiben sollte. Ich würde aber morgen bei der Trauerfeier dabeiseindürfen.
05.08.18
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