Kapitel 1


Daphne beobachtete unbemerkt den schwarzhaarigen Jungen, der ihre Aufmerksamkeit erregt hatte. Er hatte eine Aura, als wäre er ein Gott, eine Idee, welche Daphne aber sofort wieder verwarf, als sie ihn von hinten studierte. Ein Gott würde sich nicht so anziehen. Er schlenderte scheinbar unbesorgt mit seinem Vater durch die Straßen und stritt sich mit ihm. Der Vater trug schrille Bermudashorts mit Fischen, was ihn seltsamerweise nicht daran hinderte verdammt gut auszusehen. Heimlich folgte sie den beiden. „...das ist mir klar Dad, aber warum das ganze Theater drum herum?" ,fragte der Junge gerade. Sein Vater seufzte. „Schau, Percy, diese Schule wird von extrem reichen und verwöhnten Kindern benutzt. Jeder hat Geld und trägt Designerklamotten. Ihr würdet auffallen, wenn ihr in zerfetzten Jeans und Camp-Shirts auftaucht." Percy grummelte. „Natürlich, auffallen wollen wir ja nicht." ,meinte er ironisch. Sein Vater unterdrückte ein Lachen. „Ja, ich gebe zu, ihr seid nicht gerade unauffällig. Aber schließlich -"

„Warte." Percy hob die Hand. Dann wirbelte er herum. Im selben Moment hatte Daphne ein bronzenes Schwert an der Kehle und sah in die meergrünen Augen des Jungen. „Wer oder was bist du?" ,knurrte er. Daphne antwortete nicht. Sie versuchte seine Hand mit ihrer Walkürenstärke weg zu schieben, scheiterte aber. Die Hand des Jungen bewegte sich nur um ein paar Millimeter. „Bist du ein Wikinger?" ,fragte Daphne krächzend.

„Wikinger?" Der Junge ließ von ihr ab, packte sie aber dennoch am Arm. Sein Vater kam lächelnd näher. Er mutete mit seiner Ruhe an einen erfahrenen Angler an. „Lass sie los, Percy, sie ist eine von denen ich dir erzählt habe. Sie ist eine Walküre."

„Die fliegenden Mädchen die die Seele von Annabeth' Cousin eingesammelt haben?" Percy ließ ihren Arm los. „Sind die nicht immer bewaffnet, vorzugsweise mit einer Axt?"

Percys Vater schüttelte den Kopf. „Sie ist keine echte Walküre. An der Mythos Academie werden Mädchen und Jungs so aufgeteilt."

„He!" Daphne rieb sich den Arm. Zum Glück hatte ihr Shirt keinen Schaden genommen. „Ich bin sehr wohl eine echte Walküre. Und ich will Antworten."

Percy zuckte mit den Schultern. „Schön. Was willst du denn wissen?"

„Bist du ein Wikinger? Warum weißt du nichts über die Mythos Akademie? Wie hast du mich bemerkt? Hast du eine Freundin?" Der letzte Teil kam, als Daphne den Jungen prüfend musterte.

„Hast du eine Freundin? Echt jetzt?" Percy guckte sie irritiert an. „Also, Dad?" Der Vater nickte gelassen. „Ähm, ich habe eine Freundin, ich bin kein Wikinger. Und ich wusste bis heute nichts von Mythos." Er schenkte seinem Vater einen bösen Blick, welchen der mit einem netten Lächeln konterte. „Und, mal ganz im Ernst, du bist zwar besser als Sterbliche, aber sogar die Aphrodite-Hütte wäre leiser. Zumindest unter Pipers Führung." Percys Vater lachte brausend. Sein Lachen hörte sich an, wie das Meer welches gegen die Klippen schlug. „Unter Pipers Führung würde sogar die Ares-Hütte spuren, Sohn." Percy nickte gedankenlos. „Auch wieder wahr."

Daphne verfolgte das Gespräch zunehmend verwirrter. „Was bist du dann? Wo kommst du her?" Percy seufzte. Sein Vater schenkte ihm ein amüsiertes Lächeln. „Geh doch mit ihr in den Sonnenengel. Ich hau ab, du weißt was du wissen musst." Damit verschwand der Mann. Also, er ging nicht weg, er verschwand ganz einfach. „Wie ... hat er das gemacht?"

„Indem er ein alter Angeber ist." ,grummelte Percy. Der Himmel donnerte. „Ja ja, schon gut. Die Dramaqueen ist besser!" ,rief Percy zum Himmel, was ihm einige verwunderte Blicke einbrachte. Wieder grollte der Himmel. „Komm, wir gehen." ,murmelte der Junge und zog Daphne mit.

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Sie hielten vor einem schwarz-gelb verzierten Gebäude. Daphne schüttelte Percys Hand ab. „Hey, das kenn ich." ,rief sie aufgeregt. „Carson war mal mit mir hier."

„Dein Freund?" Ein Mädchen mit einer blauen Feder im Haar tauchte plötzlich hinter ihr auf. Daphne zuckte zusammen. „Ja, der beste." Das Mädchen musterte sie kurz. „Ihr werdet heiraten." ,bestimmte sie und schwang die Glastür auf. Percy folgte ihr, während Daphne ihr mit offenem Mund hinterher sah. „Bei den Göttern, Piper, du kannst doch solche Aussagen nicht einfach raushauen.",schimpfte er. Piper lächelte ihn entschuldigend an. Sogar Daphnes Knie wurden weich, dabei war sie weder bisexuell noch single. Percy schien das nicht zu bemerken. „Als Mädchen das Autos klaut, geht's ja noch, aber-"

„Ich hab die nicht gestohlen, und das weißt du genau." ,sagte Piper leicht verärgert. Percy sprach einfach weiter, als ob nichts passiert sei. „Aber mit dem Segen der Aphrodite glaubt dir doch jeder." ,führte er seinen Satz zu Ende. Piper nickte zerknirscht. „Stimmt. Tut mir leid." Sie sagte etwas, dann fasste Daphne sich an die Stirn. „Tut mir leid, was hast du gesagt?" ,fragte sie benommen. Piper grinste. „Ach nichts." Sie zog einen Block und einen Stift aus der silbernen Umhängetasche die sie trug. „Was darf ich dir bringen?"

Percy setzte zum sprechen an, aber Piper lachte nur glockenhell auf. „Das übliche." ,schrieb sie auf. „Und du?"

Daphne sah in die Speisekarte. „Hmm. Mondscheinchen hört sich gut an."

Piper nickte. „Also, Percy Spezial, Mondscheinchen. Bist du gegen irgendwas allergisch?"

„Glaub nicht." Daphne sah der hübschen Kellnerin nach, bis sie in der Küche verschwand. „Also: Was bei den Göttern bist du?"

Percy seufzte. „Schon mal von den griechischen Göttern gehört?"

„Wie nicht. Aber das erklärt nicht-"

„Lass mich bitte ausreden." ,unterbrach Percy sie. „Ich bin äh ... also, sagen wir, noch bin ich ein Halbgott. Sohn des Poseidon."

Daphne riss die Augen auf. „Aber ... dann ..."

„Ja, der Mann mit den merkwürdigen Bermudashorts bei mir war Poseidon. Gott der Meere, Weltenrüttler, Sturmbringer, Vater der Pferde."

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Percy beobachtete Daphne zweifelnd. Entweder würde sie ihn gleich für verrückt erklären oder ... ja, was eigentlich? Paul und Rachel waren die einzigen Sterblichen, die von seiner waren Herkunft wussten, seine Mum ausgenommen. Und beide hatten ihn am Anfang für verrückt erklärt. Er wusste nicht, wie Leute, die keine Halbgötter, aber auch keine Sterblichen waren reagieren würden. Die Walküre starrte ihn immer noch mit offenem Mund an. Dann schloss sie ihn. „Hm." ,war ihre Antwort. Sie musterte ihn. „Also, ich bin mit Gwen befreundet, denke das es nicht schräger geht und jetzt sagst du mir, du bist ein Halbgott?!"

„Äh, ja?"

Daphne zuckte mit den Schultern. „Meinetwegen." Sie hatte schon seltsamere Sachen gesehen. Gelassen nahm sie eine Weinblattroulade auf ihre Gabel und schob sie in den Mund. „Bist du so wie Herkules?"

Percy sah sie verwirrt an. „Wie meinst du das?"

„Als ich versucht habe dich weg zuschieben hast du dich kaum einen Millimeter bewegt. Und eine der besonderen Fähigkeiten von Walküren sind übermenschliche Kräfte. Solche, wie Herkules sie hatte." ,erklärte Daphne. Das beschäftigte sie immer noch.

Percy dachte nach. Er hatte zwar schwierigkeiten gehabt, seine Hand da zu lassen, aber nicht besonders große. „Ich vermute, das liegt an unserem Training."

Daphne sah ihn skeptisch an. „Wir trainieren auch, trotzdem ist keiner so stark wie Walküren oder Wikinger."

Percy zuckte mit den Achseln. „Wir trainieren um zu überleben. Die meisten werden nicht einmal fünfzehn. So war es jedenfalls früher. Deshalb denke ich, das wir uns da mehr reinlegen als ihr, und es kommen auch unsere Reflexe und ADHS hinzu." Er schob sich eine Gabel voller Pommes in den Mund und kaute genießerisch. „Mmm." Daphne wandte sich ebenfalls dem Essen zu. Als sie schließlich fertig war, hatte Percy schon alles verdrückt. „Und, Daphne."

„Ja?"

„Es werden übermorgen, also Montag, neue Schüler vorgestellt werden. Mach dich auf Halbgötter gefasst. Ich bezahl für dich." Percy hob die Hand und Daphne verschwand in einem Nebel aus Grün.

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„Beiden Göttern!" Daphne starrte auf die Wände. Sie war in ihrem Zimmer im Wohnheim. Wie auch immer sie hier her gekommen war.

„Daphne?" Carson streckte den Kopf herein. Seine braunen Augen suchten Daphnes. Er runzelte die Stirn, als er die Verwirrung in ihrem Gesicht sah. „Alles okay?"

Daphne nickte abwesend. „Sag mal, gab es eigentlich eine Ankündigung für neue Schüler?"

Carson nickte. „Ja, die gab es. Hast du nicht zugehört?" ,fragte er neckend. Daphne lächelte. „Nein." Sie nahm Carsons Hand und führte ihn nach draußen. In ihrer Hand war die Einkaufstüte, für die sie eigentlich in der Stadt gewesen war. Lächelnd reichte sie sie ihm.

„Eine Gitarre!"

Vor ein paar Tagen war seine Gitarre vom dritten Stock gefallen, und auf dem Boden zerschellt. Carson sah Daphne liebevoll an und küsste sie. Daphne spürte wie die Schmetterlinge aufflatterten. „Ich liebe dich."

„Ich liebe dich auch."

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