Kapitel 3
Jesse saß frisch geduscht auf dem Sofa, eine Tasse heißen Tee in der Hand.
„Wenn du ihn nicht gefunden und so schnell hergebracht hättest, hätte er es nicht geschafft", sagte Caden. Dieser schaute seinen Bruder an, der einfach nur schwieg. Was ist passiert?
„Wie dem auch sein, wir bereiten uns für den Angriff gegen die Timberwolves vor", fügte er an und Jesse schaute erschrocken auf.
„Warum?"
„Weil sie ein Junges auf unserem Gebiet angegriffen haben."
„Caden, das waren sie nicht. Es war ein anderes Rudel", sagte Jesse, der fest an Camerons Worte glaubte.
Der Alpha schaute seinen Bruder überrascht an. Woher weiß er von dem anderen Rudel und vor allem woher weiß er, dass es kein Angehöriger der Timberwolves war?
„Jesse, woher weißt du von dem fremden Rudel, das versucht sich in unseren Gebieten breit zu machen? Wer hat dir davon erzählt? Ein Timberwolf vielleicht?", fragte Caden, doch der Blick in den Augen seines Bruders war Antwort genug. Er trifft sich mit einem Feind.
Paul, Jack, Luis, kommt sofort her.
Innerhalb weniger Sekunden waren die drei da und Jesse stand auf, lief einen Schritt zurück.
„Was hast du vor, Caden?", fragte er unsicher.
„Überwältigt ihn und sperrt ihn in die Zelle", sagte sein Bruder mit kalter Stimme.
Die drei zögerten, doch letztendlich gehorchten sie ihrem Alpha. Jesse schrie und wehrte sich, doch sie überwältigten ihn und zerrten ihn in eine Zelle, die als Gefängnis für Wildtiere erschaffen worden war.
„Caden, lass mich raus!", schrie Jesse, doch er traf auf taube Ohren. Bald gab er auf und sank in eine Ecke, zog seine Beine an. „Cameron", schluchzte er, seine Katze jaulte.
„Alpha, was hat Jesse verbrochen?", fragte sein Beta unsicher.
„Das werden wir bald herausfinden. Organisiere ein Treffen mit dem Alpha der Timberwolves", sagte Caden und ging.
༻✧༺
Wenige Stunden später traten Caden, sein Beta Paul und vier weitere Kämpfer in das Zimmer, in dem der Alpha des Wolfrudels wartete. Dieser hatte weiße Haare und ein gelbes und blaues Auge. Er hatte grausame Gesichtszüge und eine Narbe im Gesicht, die senkrecht über das linke Augen bis über seinen Wangenknochen verlief.
„Was willst du, Alpha Caden?", fragte dieser mit kalter Stimme.
„Ich denke, das weißt du. Ein Junges wurde auf unserer Seite schwerverletzt gefunden, entstellt von Wolfskrallen", antwortete diese im selben Ton.
Die Luft fühlte sich dick und schwer an, denn die beiden Alphas strahlten so viel Dominanz aus, dass es fast unerträglich war.
„Das waren wir nicht. Es war das fremde Rudel, das sich in unser Gebiet drängen möchte. Mein Beta kann es bezeugen, er war beim Fund dabei."
Alle Augen schwenkten zu dem Schwarzhaarigen, der hinter dem Alpha stand. Sofort sah Caden es – Jesses Markierung. Jesse hatte diesen Wolf markiert, wenn auch nur leicht. Andere würden es nicht wahrnehmen, doch er konnte es.
Cameron schaute ihn mit aufgerissenen Augen an und er wusste auch warum.
Jesse ist hier? Er ist ein Alpha? Doch Cameron spürte, dass etwas nicht stimmte. Nein, das ist nicht Jesse.
Mit seiner Vermutung lag er richtig, Caden sah aus wie Jesse, denn er war sein eineiiger Zwillingsbruder, wenn auch der Jüngere. Deshalb konnte er auch dessen fast verschwundene Markierung erkennen.
„Wie dem auch sei. Sorgt dafür, dass das nicht noch einmal vorkommt, oder unser Abkommen ist nichtig. Und noch etwas", er hielt kurz inne und seine Augen richteten sich auf den Beta „haltet euch von meinen Leuten fern, denn das sehe ich ebenfalls als Kriegserklärung." Die letzten Worte waren eiskalt und tödlich.
Als die Leoparden gingen, sagte der Alpha: „Ich möchte, dass alle bis auf Cameron gehen."
Sie gehorchten ihm. Die Augen sahen Cameron an und er wusste, dass er nun ganz vorsichtig sein musste.
„Wer?", fragte Crane.
Er weiß es. Es hatte keinen Sinn zu lügen. „Jesse. Der Bruder des Alpha."
Crane zischte. „Verdammt, Cam! Das ist nicht gut." Wütend wischte sich der Alpha über das Gesicht.
Das wusste Cameron, doch was sollte er tun?
„Gut. Hör zu, ich weiß, es ist hart, aber du darfst ihn vorerst nicht sehen. Wenn wir dieses fremde Rudel vertrieben haben, werde ich mit dem Alpha der Claws reden. Er kann zwei Gefährten nicht voneinander fernhalten, auch wenn er seinen Bruder noch so beschützen will. Er wird ihn umbringen und ich habe keine Lust meinen Beta an den Wahnsinn zu verlieren."
In diesem Moment war er unglaublich erleichtert. Doch was ihm bevorstand, würde die härteste Prüfung sein, die es gab. Geduld, bald bist du in meinen Armen.
Nach drei Tagen lag Jesse auf der Matratze, bewegte sich nicht mehr. Er hatte aufgehört zu essen und Caden stand vor der Zelle, schaute auf seinen Bruder. Verdammt, Jess. Sei nicht so unvernünftig. Seine Befürchtung wurde mit jedem Tag, der verging, realer. Das kann nicht sein.
„Lass mich gehen", erklang eine leise Stimme.
„Erst, wenn du mir schwörst, dass du ihn nicht mehr wiedersehen wirst", sagte Caden.
Der Schwur einem Alpha gegenüber war unbrechbar, also eine Fessel, die sich niemals lösen würde, außer der Alpha entband einen davon.
Ein trauriges Lachen erklang. „Vorher sterbe ich."
Die Worte waren wie eine Klinge, die er ihm direkt ins Herz rammte. Er wird darüber hinwegkommen. Dann ging Caden.
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Paul kam zu der Zelle, in der Jesse lag. Was hast du getan? Warum schweigt Caden eisern darüber?
„Ich gebe auf. Bring mich zu ihm", sagte die leise Stimme. Sie war so emotionslos, so leer.
Er nickte und schloss die Zelle auf. Er ergriff Jesse unter den Arm und half ihm, da dieser zu schwach war, um alleine zu stehen. Seine Augen waren leer. Gemeinsam gingen sie in den Gemeinschaftsraum, in dem Caden mit einigen anderen Kriegern gerade über einem Plan gebeugt stand. Es wurde still und alle schauten zu Jesse.
„Du bist also bereit dazu, den Schwur zu leisten?", fragte Caden und stellte sich vor seinen Bruder.
Dessen Mundwinkel zuckten und er schaute seinen Bruder direkt an. „Nein, ich bin gekommen, um dich zu bitten, mich zu töten."
Das Entsetzen stand in allen Gesichtern. Jesse nahm Cadens Hand und legte sie an seine eigene Kehle. „Bring es zu Ende. Einen weiteren Tag ohne ihn ertrage ich nicht", sagte Jesse und eine Träne rann über seine Wange.
Caden wusste nicht, was er sagen sollte. Er wählt den Tod? Er stellt ihn über mich, seine Familie, sein Rudel? Nun war es nicht mehr zu bestreiten, dieser Beta war der Gefährte seines Bruders.
„Na los, tu es oder ich tue es selbst!", schrie Jesse und Caden zuckte zurück. Jesses Hand verwandelte sich in eine Leopardenkralle und er setzte sie an seiner eigenen Kehle an.
„Nein", schrie der Alpha, riss Jesse um.
Die Tür wurde aufgerissen und ein keuchender Rudelangehöriger stand dort.
„Die Timberwolves! Sie werden angegriffen!"
Bevor Caden etwas tun konnte, riss sich Jesse los. Er verwandelte sich in einen Leoparden und stürmte aus dem Raum. Caden tat es ihm gleich, versuchte ihn einzuholen, doch er hatte keine Chance. Jesse war der schnellste unter ihnen und es ging um das Leben seines Gefährten. Frustriert blieb der Alpha stehen und brüllte, doch der Leopard vor ihm hielt nicht an und war bald darauf verschwunden. Wütend kehrte Caden zurück.
„Alpha, was sollen wir tun?", fragte Paul.
Wenn der Beta starb, würde er seinen Bruder verlieren. Das konnte er nicht zulassen, also gab es nur eine Möglichkeit. Er drehte sich um und schaute seine Männer an.
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