... und warum es kam, ...

Atlas hielt die Welt auf seinen Schultern und Sophia das Leben von zweihundert Menschen. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, wie der Mann sich gefühlt haben musste. Es fühlte sich an, als würde eine Efeuranke mit ihren giften Blättern um ihr Herz wachsen und es mit seinen Schlingen erdrücken. Sie hatte enttäuscht. Ein schriller Alarm erhob sich. Er wurde von den kahlen Wänden zurückgegeben und sie wusste, was das hieß. Die Zellen würden evakuiert werden und man würde alle zweihundert Insassen in den Isolationstrakt bringen. Von der versprochenen Freiheit würden sie sich dann verabschieden können. Es hatte an Sophia gehangen. Sie hatte es versprochen und ihr Wort hatte zu schwer gewogen, als dass sie es hätte halten können

Bela machte Anstalten, seinen Arm um mich zu legen, aber ich wand mich heraus und lief zu meinem Zelt zurück. Tränen verschleierten meine Sicht und das Kribbeln in meiner Brust wurde nur noch schlimmer. Was hatte ich getan? Wo war Jacob? Der Gedanke daran, ihn wegen meiner Nachlässigkeit auf dem Gewissen zu haben, schnürte mir die Kehle zu. Ich zerrte an dem Reißverschluss des Zelts, da bemerkte ich, dass ein Zettel unter einem der Heringe steckte. Ich zog ihn vorsichtig heraus.

Nimm nur das Wichtigste mit und lauf in den Wald. Wir treffen uns, Jacob. Die zitternde Hand, in der ich den Zettel hielt, konnte ich genauso schlecht unter Kontrolle bringen, wie die Ameisen in meiner Lunge. Es hatte einen Grund, weshalb Jacob weg war. Vorsichtig sah ich mich um und vergewisserte mich, dass niemand mich beobachtet hatte. Ich kroch ins Innere meines Zelts und suchte meinen Roman, die Taschenlampe und eine Flasche Wasser zusammen. Diese stopfte ich in meinen Rucksack und lief davon. Die Nacht würde noch andauern. Im Wald war ich so gut wie verloren, doch ich betrat ihn ohne zu zögern. Als ich weit genug vom Camp entfernt war, schaltete ich die Taschenlampe ein und leuchtete wahllos auf den Boden. Es lagen ausgerupfte Blütenblätter verstreut herum, wie man es am Valentinstag machte - eine Blütenspur zur Badewanne, auf deren Rand eine Flasche Sekt und zwei Gläser standen.

„Jacob?", zischte ich in den Wald hinein. Als ich keine Antwort erhielt, folgte ich der Blütenspur. Sie endete genau unter einem riesengroßen Baum, dessen Stamm Durchmesser und Höhe eines Fernsehturms hatte. Ich sah nach oben, dann schloss sich ein Netz um mich und ich wurde mit einem Ruck einige Meter nach oben gezogen. Obwohl es aussichtslos war, zappelte ich wie ein Fisch im Netz und versuchte vergeblich, mich zu befreien. Hinter dem Stamm kam nun Jacob hervor, der seinerseits mit einer Taschenlampe zu mir hoch leuchtete.

„Wie ist die Luft da oben?", rief er. Seine Stimme hatte den fröhlichen Ton von vorhin nicht verloren.

„Das ist nicht lustig! Lass mich wieder runter!", rief ich zurück.

„Wie fühlt sich deine Lunge an? Es wimmelt und kribbelt darin, nicht wahr?", fragte er.

„Woher weißt du das?", fragte ich.

„Man hat es dir angesehen. Aber nicht nur das", gab er zurück. Trotz der Dunkelheit konnte ich ein Grinsen auf seinem Gesicht erkennen, obwohl der fröhliche Unterton sich bereits verabschiedet hatte. Diese Situation gefiel mir ganz und gar nicht.

„Sag mir, warum du das tust", forderte er nun vollkommen ernst.

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