Kapitel 26: Verdachtsmomente
Unterdessen...
"Was wird das, Gleichgewicht?"
Der Flügelwolf sprang überrascht auf, als Roses Stimme ertönte.
"Oh, hallo Rose. Ich...ähm...", murmelte Ziaeän und kratzte verlegen mit einer Pfote am Boden.
"Was suchst du? Vielleicht kann ich dir helfen?", bot das Leben versöhnlich an und lächelte. Doch Ziaeän reagierte anders als erwartete.
"Nein, schon gut. Ich bin schon weg.", antwortete sie, stand auf und ging an dem Element vorbei. Verwundert und misstrauisch sah Rose ihr nach, schüttelte dann aber einfach nur den Kopf.
Sie sah zu der Wand, an der Ziaeän gerade war, konnte jedoch nichts ungewöhnliches erkennen. Grauer Stein, uneben und rau.
Sie befand sich gerade genau über dem Gang, der zum Thronsaal führte - nur mehrere Ebenen darüber. Diese Ebenen waren verlassen worden, als die Bewohner des Planeten es geschafft hatten, sich zusammen zu schließen und nicht mehr gegenseitig zu bekriegen.
Davor dienten diese Ebenen den Soldaten als Wohnräume, einige Zimmer waren Übungsräume, andere gehörten zu den Speisesälen wieder andere waren einfache Krankenzimmer für die Verletzten.
Doch seit der Einigung und der damit verbundene Reduzierung der Armeen auf Sicherheits- und Wachpersonal für die einzige Stadt und die Herrscherfamilien waren diese Räume überflüssig geworden und man hatte sie nicht mehr beachtet. Jetzt befindet sich kaum noch Leben in diesen Ebenen.
Rose sah sich um. An den Wänden hingen noch die Banner der Armee. Zwei gekreuzte Schwerter über denen eine Krone schwebte auf hellblauem Grund. Häufig wurde dieses Zeichen mit dem, der Herrscher verwechselt, doch es gab deutliche Unterschiede. Zum einen zeigten die Banner der Herrscher einen Baum mit gekreuzten Ästen und der Krone, zum anderen lag das Bild auf einem dunkleren Blauton.
Rose ging einige Schritte den Gang entlang und dann auf die Außenwand zu. Licht fiel durch die unverglasten Fenster und ließ den aufgewirbelten Staub in der Luft glitzern. Sie ging einige Schritte weiter, als ihr plötzlich ein Detail ins Auge fiel, das sie irritierte. Ein Banner hing schief an der Wand, darunter waren Abdrücke im Staub zu erkennen - jedoch nur, wenn das Licht richtig fiel. Rose kniete sich leicht auf den Boden, um die Spuren nicht zu verwischen, und musterte sie. Es waren eindeutig Abdrücke von Schuhen. Sie stand auf und folgte den Abdrücken zurück zu dem verrutschten Banner, welches sie zur Seite schob. Ein dunkler Gang offenbarte sich dahinter. Ein Geheimgang, wie es viele in der Burg gab.
Es wunderte sie. Die Wenigsten wussten von den Gängen und selbst ihr war dieser hier oben unbekannt. Hatte ihn jemand zufällig entdeckt? Das Gleichgewicht vielleicht? Was wollte sie sonst hier oben? Oder war er ihr schon bei der ersten Überprüfung nicht aufgefallen? Doch die Spuren waren frisch und zum anderen liefen sie nur in eine Richtung: sie verließen den Gang. Also entschied sich Rose den Spuren ein Stück zu folgen. Wahrscheinlich sowieso nur bis der Staub wieder verschwunden war.
Die Schritte führten sie tatsächlich zu der Wand, an der sie den Flügelwolf entdeckt hatte. Ihr weiteres Interesse galt daher der Wand. Das Gleichgewicht hatte sie offenbar abgesucht, also tat sie dasselbe. Vorsichtig strich sie über die Steine, es erschienen diesmal jedoch keine Rankenmuster, was sie sehr wunderte. Gleichzeitig stiegen Sorgen in ihr auf, als sie eine Delle entdeckte. Sie war klein und kaum sichtbar, doch sie wurde mit viel Wut geschaffen. Das bedeutete, dass das Gleichgewicht vermutlich nichts damit zu tun hat. Es erschien ihr zu ruhig.
Da jedoch Blut fehlt und sie keine Anzeichen für Schlagwaffen bei den Leuten in der Burg gesehen hatte, musste jemand für die Delle verantwortlich sein, der genug Kraft und Wut, aber auch Heilkräfte hatte, um verletzungsfrei durch die Burg zu gehen. Und dazu fiel ihr nur eine Person ein.
"Die Ordnung.", riss sie die Stimme des Gleichgewichts aus der Überlegung. Diesmal drehte Rose sich überrascht um und sah den Flügelwolf hinter sich sitzen.
"Ja, aber woher weißt du das?", hakte Rose nach. Das Gleichgewicht stand auf, trat zu ihr und sah hoch. "Weil die Ordnung gerade im Thronsaal bei Eta, Selna und Morter ist und darum bittet sich hier vor Luminea verstecken zu dürfen.", erklärte sie und fixierte Roses Augen. "Und du hast sie reingelassen, was?"
"Nein. Nein, wie kannst du das von mir denken?" Roses Stimme erhob sich. "Ich habe nichts mit der Anwesenheit der Ordnung zu tun, aber sie ist gefährlich. Gefährlicher als Luminea oder irgendein anderes Element von uns. Sie darf nicht hier bleiben."
Das Gleichgewicht rührte sich nicht. Die ganze Zeit, in der Rose gesprochen hatte, hatten sie beide den Blickkontakt nicht unterbrochen. Doch nun senkte das Gleichgewicht den Blick. Sie nickte und sagte dann: "Du sagst die Wahrheit und ich glaube dir. Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich dir vertraue und möchte es nicht bereuen, deshalb entschuldige mein Verhalten von vorhin."
"Vergeben und vergessen, hohes Gleichgewicht.", antwortete Rose, kniete sich zu dem Flügelwolf und strich ihr über den Kopf.
"Ziaeän, bitte. Nenn' mich einfach Ziaeän. Wir sind doch Freunde." Rose nickte dankbar.
"Dann sollten wir jetzt wohl besser etwas gegen falsches Vertrauen machen, was?", schlug Rose vor und Ziaeän nickte. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg in die Ebene des Thronsaals, wo die Ordnung tatsächlich gerade mit den drei Elementen sprach.
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