Kapitel 25: Asyl

Sie wunderte sich, dass der Ein- beziehungsweise Ausgang mit einem Banner verhangen war, schob es aber nur akzeptierend zur Seite.
Außerhalb des Gangs sah sie sich um. Der Gang war verlassen, das Banner zeigte zwei gekreuzte Schwerter über denen eine Krone schwebte auf hellblauem Grund. Hatte sie sich doch verlaufen? Der Gang hatte zwar mehrere Abzweigungen, aber eigentlich sollte sie stets die richtige genommen haben. Trotzdem folgte sie dem Weg, den sie kannte. In der Nähe sollte der Thronsaal der Burg sein. Nur ein paar Meter nach links und die Tür sollte...
Sie stand vor einer Wand. Hatte sie doch tatsächlich eine falsche Abzweigung genommen.
Wütend schlug sie mit der Faust auf die Wand ein. Einmal, zweimal, dreimal traf sie die Steine. Mit jedem Schlag rasten grüne Wellen über die Mauer, die für die Dauer der Berührung blieben und danach wieder verschwanden. Für diesen kurzen Moment hatte die Frau die kühle Ruhe verloren und der Wand immerhin eine leichte Delle beigebracht. Sie selbst hingegen war unverletzt geblieben.

Doch war der Großteil der Wut damit auch verraucht. Sie sah zurück zum Banner. Da es das Symbol der Herrscher des Planeten zeigte, dürften die Elemente hier noch nicht gewesen sein. Das wiederum bedeutete, dass sie sich entweder in den unbenutzten oberen Ebenen befand, im Keller und demnächst vor verschlossener Tür stand oder einfach, dass die Elemente noch kein eigenes Symbol haben. Die zweite Möglichkeit schloss sie direkt aus. Der Keller - beziehungsweise der Gang hinter der verschlossenen Tür - sah zum einen anders aus und zum anderen gab es dorthin weder Geheimgänge noch waren Fenster zu erwarten.
Also drehte sie sich von der Delle in der Wand weg und trat auf die gegenüberliegende Wand zu. Durch eine Reihe unverglaster Öffnungen fiel Tageslicht in den Gang und sie konnte hinaussehen.
Ein Blick nach unten auf die Dächer der Stadt bestätigte ihren Verdacht sich in den oberen Ebenen zu befinden. Seit den letzten Kriegen auf dem Planeten waren sie unbenutzt, nur die Wehrgänge, enge Schächte in der Mauer mit dünnen Mauerschlitzen, durch die Bogenschützen ihre Projektile lenken konnten, waren noch mit den Geheimgängen verbunden.
Sie hatte sich tatsächlich für einen Moment gewundert, dass der Gang kurzzeitig enger wurde, dies jedoch nicht als wichtig erachtet.

Sie seufzte. Nun musste sie doch offen durch die Burg laufen. Eigentlich war geplant in der Nähe des Thronsaals den Gang zu verlassen, zu den Elementen zu gehen und ihnen den Himmel zu lügen, wie schon Elba und Rose die Grausamkeit des Lichts erkannt zu haben und sich nun lösen zu wollen.
Sie seufzte erneut. Dann stieß sie sich von dem Anblick der Stadt unter ihr ab und ging weiter nach links. Irgendwo würde die Treppe in die Ebenen schon sein.

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"Ich bitte um Asyl. Das  Licht ist böse und gefährlich. Ich bitte um Asyl.", murmelte die Frau laufend. Sie übte den Satz mit verschiedenen Stimmlagen, Gedanken und Gefühlen, um überzeugend zu wirken. Die Elemente würden ihr nicht sofort glauben, vor allem wenn Rose anwesend sein sollte.
Die Treppen nach unten hatte sie zumindest schnell gefunden, die Gänge waren noch immer relativ leer. Nur vereinzelt begegneten ihr die wenigen Diener, die keinen Kontakt zu ihren Familien suchten. Sie kam unauffällig an ihnen vorbei. Die wenigsten realisierten ihre Anwesenheit, die die sie bemerkten vermieden den Kontakt. Sie vermutete, dass sie noch immer von den Dunklen eingeschüchtert waren - oder von Rose, die bestimmt mehrfach gedroht hatte, den Planeten zu töten.

"Hey, du!", schreckte sie plötzlich eine Stimme auf. Sie klang jung, warm und vertrauensvoll, also drehte die Frau sich zu ihr. Eine andere Frau kam auf sie zu, die Haare schwarz, die Augen golden und mit jeweils drei Tränenzeichnungen unter den Augenwinkeln. Außerdem war sie etwa einen halben Kopf kleiner.
"Hallo.", grüßte die Frau zurück, als die schwarze stehen blieb.
"Wer bist du? Ich habe dich noch nie gesehen?", fragte die sofort, lächelte aber weiter freundlich.
"Ich bin..." Sie stoppte einen Moment, dann sah sie ihre Möglichkeit. "Ich bin Afina, Element der Ordnung. Ich möchte mit eurem Herrscher sprechen."
Afina lächelte. Es tat weh, weil sie den Drang unterdrückte das Element direkt hier auf der Stelle zu töten. Die andere hingegen hatte das Lächeln plötzlich verloren und musterte Afina von unten nach oben und wieder zurück.
"Afina also...", murmelte sie und schwieg. Dann ganz plötzlich, als Afina gerade den Energiedolch in ihrer Hand beschwören wollte, grinste die Frau wieder und meinte: "Da werden sich Rose und Elba aber freuen. Wenn sogar du dich abwendest hat das Licht ja gar keine Chance mehr. Ich bin übrigens Selna, Element der Trauer."
"Ja, keine Chance. Freut mich dich kennen zu lernen, Selna.", entgegnete Afina und grinste. Es schmerzte, als hätte man ihr den Kiefer abgerissen. Selna grinste weiter, dann meinte sie: "Komm' mit, ich bring' dich zum Thronsaal. Eta, Morter und Warof sind gerade als einzige da, da musst du dich mit uns begnügen, aber die anderen können auch nachträglich zustimmen."
Selna griff nach ihrer Hand und Afina kämpfte erneut gegen den Drang sich zu befreien und die Trauer einfach von der Welt zu entfernen.
Sie besiegte den Drang und ließ sich von dem Element in den Thronsaal führen, wo zwei Männer und eine Frau ganz in schwarz gekleidet warteten.

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