Kapitel 24: Die Fremde

Ihre Ankunft blieb unbemerkt. Niemand hatte das Licht des Portals gesehen, als es sich geöffnet hatte und die Frau aus dem bunten Wirbel gekommen war.
Kaum war sie einen Schritt vom Portal entfernt schloss es sich wieder und nur ein leiser Windhauch streifte noch durch ihr Haar.
Sie stand nur einige Meter neben dem Tor, welches in die Stadt führte. Doch es war bewacht. Vier Soldaten in einfacher Lederrüstung standen mit Lanzen bewaffnet neben dem Eingang und kontrollierten die herankommenden Personen, die wie ein Fluss hinter die Mauer strömten.

Sie beobachtete die Menge eine Weile, dann trat sie zu einer Gruppe älterer Personen und zog die dunkelgrüne Kapuze über den Kopf. Dies genügte, um ihr Aussehen anzupassen und als eine der Frauen die Gruppe zu begleiten. Niemand würde sie erkennen, solange der Umhang ihre Gestalt verschleierte.
Langsam kam sie so mit der Gruppe und dem Strom der Leute dem Torbogen näher. Die Wachen kontrollierten die Gruppen anscheinend doch nicht regelmäßig. Die Gruppe vor ihnen wurde von dem linken der vier befragt und ihre Sachen durchsucht, dann gingen sie weiter.
Auch ihre Gruppe bewegte sich einige Schritte weiter, doch dann trat plötzlich der rechte neben der Wache von eben in ihren Weg, musterte die Gruppe und fragte dann: "Rücksiedler?"
Ihre unwissenden Begleiter nickten eilig, also sie auch.
"Was habt ihr dabei?"
Die Begleiter zogen Stoffbeutel von den Rücken und öffneten sie. Die Wache warf einen kurzen Blick auf die Kleider in den Stoffsäcken, nickte dann und ließ sie wieder einpacken.
Die Frau hielt den Blick gesenkt und hoffte, das Fehlen ihres Gepäcks würde nicht auffallen. Doch sie irrte sich, denn die Wache packte sie plötzlich an der Schulter und hielt sie fest, während die anderen weitergingen.
"Und Sie? Was haben Sie dabei?"
"Nichts. Nur mich und sonst nichts.", antwortete sie und war erstaunt, dass ihr Zauber so gut funktionierte. Ihre Stimme klang tatsächlich brüchig und als wäre sie schon zu oft benutzt worden. Und sie fing an den Zauber zu hassen. Niemals wollte sie so alt werden.
Die Wache musterte sie kurz. Vielleicht war es die dünne Pergamenthaut, die gekrümmte Haltung oder die Stimme, jedenfalls schien er ihr zu glauben. Er nahm die Hand von ihrer Schulter und schickte sie weiter. Zufrieden, dass sie nicht zu sehr aufgefallen war tauchte sie wieder in der Menge der Reisenden unter. Der Strom trug sie hinter die Mauer ins Innere der Stadt.

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Sie zog die Kapuze wieder vom Kopf und stand nun in ihrem normalen Aussehen und Alter in den Straßen. Das Chaos, welches durch die Rücksiedlung entstanden war, erschien ihr als Vorteil, da dabei vor allem auf die Alten geachtet wurde und alle unter einem Alter von 30 Jahren unbehelligt durch Stadt gehen konnten.
Sie fragte sich, wie lange Rose die Umsiedlung dulden würde, bis ihr das ewige Sterben der Bewohner erneut zu viel wird. Immerhin war nach ihren Informationen dies der Grund für die Aussiedlung der Alten.

Sie bewegte sich zielsicher und unauffällig durch die Straßen der Stadt. Sie fiel vielleicht wegen ihres Alters nicht auf, oder weil sie genau wusste, wie sie zu gehen hatte. Immerhin hatte sie Rose oft beobachtet, sie verfolgt und dadurch die Stadt und den Planeten kennengelernt.
Sie bog in eine enge Seitengasse ein, von der sie wusste, dass sie einen kürzeren Weg in die Burg verschaffte.
Über einen Geheimgang, der vor dem Thronsaal endete - oder begann, je nach dem, von wo man kam. Diese Gänge waren bereits vor vielen Jahren - zumindest länger als die Elemente diesen Planeten kannten - angelegt worden und hatten nichts ihrer Funktionalität verloren.
In kürzester Zeit konnte man von außen in die Burg oder aus der Burg heraus gelangen. Einige Gänge verliefen auch nur im Inneren der Burgmauern und verbanden einzelne Räume miteinander.
Diese ganzen Gänge waren dem Zweck zugedacht, den Bewohnern der Burg die schnelle Flucht im Falle von Angriffen zu ermöglichen. Als sich die Länder vereint haben waren diese Gänge von da an nicht mehr von einem solchen Zweck nutzen und wurden langsam vergessen.
Nur die im Inneren wurden noch häufiger genutzt.
Der Sinn dahinter, Leute heimlich in andere Zimmer zu bringen, hatte sich ihr jedoch nie erschlossen. Sie hatte andere Wege, um zu verschwinden und vor allem, einen Raum zu wechseln.

Sie hatte während des Laufens fast nur über die Gänge nachgedacht und ihren Weg von selbst gefunden. Die Sandsteinwand vor ihr, gegen die sie trotzdem fast gelaufen wäre, war jedoch neu und die Frau wunderte sich. Hier sollte der Eingang liegen.
Sie blickte sich um und ärgerte sich dann über sich selbst.
Natürlich wäre Rose nicht so dumm, den Eingang ungesichert zu lassen. Die Frau sah kurz in den Himmel und schloss die Augen. Dann hauchte sie: "Rakkà." Es bedeutet Ranke und oft genug hatte sie Roses Zauberworte mitbekommen. Das war der Schlüssel. "Zu offensichtlich... Wüstendornen gehörten schon immer zu Roses Lieblingsverwandten.", murmelte sie zu sich selbst, als die Mauer begann sich zu bewegen, dann zu einem braunen Gewirr dornenbesetzter Ranken wurde und diese sich anschließend in den Boden zurückzogen.

So konnte sie nun ungehindert auf die dahinterliegende Holztür zugehen.

Da plant man was und dann erzählt man fast 200 Wörter über Geheimgänge. Das kann auch nur ich...

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