Nach dem Kampf

Als wir endlich wieder im Palast sind, sehe ich erst wie viele Tote es wirklich gab.
Acht Elbenkrieger haben nicht überlebt, zwölf weitere sind verletzt und zwei davon sogar so schwer, dass sie wahrscheinlich die Nacht nicht überleben werden.
Meine Euphorie über die Orks, die ich getötet habe, sinkt als ich die mit weiße Laken zugedeckten Leichname sehe, bis ich schließlich Tränen in den Augen habe. 'So viele Elben sind ohne Grund gestorben.' Der Angriff der Orks war zwar heftig und erfolgte mit aller Kraft, aber er hatte kein konkretes Ziel. Er diente einzig und alleine dazu, unsere Reihen zu dezimieren.
Ich wende das Gesicht von einem übel zugerichteten Elben ab, der auf einer Bahre gerade hereingetragen wird. Traurig schaue ich mich unter den Kriegern um und halte Ausschau nach einem ganz bestimmten Elben.
"Meine Herrin, ich fürchte Herr Legolas ist im Wald geblieben um die Verfolgung der letzten Orks anzuführen", informiert mich ein Krieger mit dem Arm in einer Schlinge. Er scheint gerade aus dem Haus der Heiler zu kommen.
"Danke für die Auskunft", sage freundlich ich zu ihm und bringe dann meinen Bogen mit dem Köcher wieder in die Waffenkammer.
Ich muss mich dringend ablenken, also beginne ich, den Bogen angemessen zu pflegen und ihn danach wieder an seinen Platz zu legen.
Als ich wieder zum Haupttor komme stehen dort nur noch wenige Elben, hauptsächlich Wachen, die aufmerksam den Waldrand beobachten. Für einen Moment überlege ich, ob ich mich zu ihnen gesellen soll um auf Legolas zu warten, doch ich entscheide mich dagegen und laufe stattdessen zu meinem Zimmer hinauf. Mein Schwert muss dringend gereinigt werden und auch ich sehne mich nach einer heißen Badewanne um mich zu waschen.
In meinem Raum angekommen klingele ich nach einer Dienerin und reinige dann mein Schwert von dem schwarzen, klebrigen Orkblut, während die Dienerin mir heißes Wasser bereitmacht.
"Vielen Dank", meine ich lächelnd zu ihr, sie verbeugt sich und verlässt leise das Zimmer. Seufzend lege ich das gereinigte Schwert zur Seite und gehe ins Bad.
Das heiße Wasser ist wundervoll und ich lehne mich entspannt in der Wanne zurück. Die Dienerin hat die Lampe im Raum angezündet, da es draußen bereits sehr düster ist und ein rauer Wind weht.
Nach einer halben Stunde steige ich wieder aus der Wanne, ziehe mir ein einfaches, hellblaues Stoffkleid zum Schlafen an und bürste mir die Haare. Dann lösche ich das Licht und gehe in mein Schlafzimmer zurück.
Der Hunger ist mir vergangen und ich spüre die Müdigkeit überall in meinem Körper, also lege ich mich in mein Bett. Es ist ein wenig kühl, deswegen lege ich die leichte Decke über mich und kuschele mich in die Kissen. Mein Blick fällt auf das Holzpferdchen und ich schmunzele leicht. Dann schließe ich die Augen und sinke in einen tiefen Schlaf, der frei ist von irgendwelchen Träumen, egal ob gute oder schlechte.

Später in der Nacht, es ist bereits ganz dunkel, werde ich von einem Geräusch geweckt, doch als ich wach bin, ist es nicht mehr zu hören. Einen Moment lange lausche ich aufmerksam, da senkt sich plötzlich die Matratze hinter mir ein wenig ab und ich erschrecke.
"Shhh, ich bin es."
Legolas beugt sich über mich und gibt mir einen Kuss auf die Wange. Sein Geruch weht mir in die Nase und ich atme tief ein.
"Schlaf ruhig weiter", flüstert er an meinem Ohr und legt sich dann hinter mich. Schläfrig kuschele ich mich an ihn und schlafe dann tatsächlich wieder ein.

Am nächsten Morgen öffne ich die Augen und glaube erst nicht, dass es wieder Tag ist, so düster ist es draußen. Dunkle Wolken ziehen über den Himmel und der Wind peitscht die Baumwipfel darunter.
Da erinnere ich mich an heute Nacht und spüre auch sogleich einen warmen Körper hinter mir. Legolas' Arm ist um mich geschlungen und hält mich sanft fest, seine Nase berührt meinen Nacken und ich fühle seinen warmen, gleichmäßigen Atem auf meiner Haut.
Leise lausche ich seinen ruhigen, tiefen Atemzügen und schließe die Augen wieder. Sofort taucht die Erinnerung an seinen Antrag unter dem großen Baum im Palastgarten in mir auf und ein warmes Gefühl breitet sich in mir aus. Da fällt mir auf, dass ich den Ring, seit Legolas ihn mir aufgesteckt hat, nicht mehr abgenommen habe, weder zum Kampf, noch zum Schlafen. Nur beim Baden habe ich darauf geachtet, dass er nicht nass wird.
Da murmelt Legolas irgendetwas, bei dem ich meinen Namen höre und zieht mich enger an sich, dann ist er wieder still. Seine Hand ruht nun auf meinem Bauch und er hat ein Bein halb über meine Beine gelegt. Behutsam hole ich meine Haare nach vorne, damit sie ihn nicht kitzeln und womöglich aufwecken, und versuche noch ein bisschen zu schlafen.
Doch schon kurze Zeit später wacht Legolas auf und gähnt einmal lang, bevor er einen überraschten Laut von sich gibt.
"Guten Morgen", begrüße ich ihn liebevoll.
"Darf ich dich freundlich daran erinnern, dass du diese Nacht noch zu mir gekommen bist und bei mir geschlafen hast?"
Er lacht leise und dann spüre ich seine Lippen an meinem Nacken.
"Klar darfst du das", sagt er und küsst zärtlich meine Haut. Ein wohliger Schauer rieselt durch meinen Körper.
"Wie geht es dir?", fragt er mich.
"Sehr, sehr gut. Bis auf den Angriff von gestern Nachmittag mit den Orks", erwidere ich und Legolas seufzt.
"Ich wünschte das würde aufhören. Wir haben schon wieder so viele treue Männer und Frauen verloren, und das vollkommen grundlos."
"Dann ist es also wahr, dass die Orks lediglich versuchen unsere Verteidigung zu schwächen?"
"Ja leider. Aber lass uns jetzt nicht mehr davon sprechen, ich werde mich heute noch genug damit auseinander setzen müssen, da will ich mir nicht schon morgens die Laune verderben. Vorallem nicht, wenn ich mit meiner zukünftigen Ehefrau zusammen bin."
Diese Worte lösen wieder enorme Glücksgefühle in mir aus und ich drehe mich in Legolas' Umarmung herum, sodass ich ihm in die Augen schauen kann. Eine Hand lege ich sanft an seine Wange und schaue ihn liebevoll an. Seine blauen Augen leuchten und er lächelt mich zärtlich an.
"Ich danke dir dafür", flüstere ich und küsse ihn dann sanft auf den Mund. Er erwidert den Kuss und streicht mir über die Seite.
"Was hältst du davon, wenn wir heute den ganzen Tag lang im Bett bleiben?", frage ich ihn leise.
"Du ahnst gar nicht wie verlockend diese Idee ist, aber ich muss zu meinem Vater. Er will einen vollständigen Bericht über den Angriff und ich bin nunmal der Anführer seiner Wache."
"In Ordnung."
Er küsst mich wieder, dann lehnt er mit geschlossenen Augen seine Stirn an meine.
"Manchmal möchte ich all diese Verantwortung einfach abschütteln und davonlaufen", murmelt er leise und ich streiche eine Strähne seines blonden Haares hinter sein Ohr zurück.
"Das kann ich verstehen. Aber du bist der Prinz des Düsterwaldes, jedoch bin ich da um dir zu helfen. Ich könnte mit dir kommen."
Da öffnet er die Augen, bewegt seinen Kopf ein Stückchen zurück und schaut mich überrascht an.
"Wenn du das willst... ich würde mich sehr darüber freuen."
Er lächelt und ich nicke.
"Natürlich will ich. Bei dem Wetter ist Training nicht ganz so gut, ausserdem kann ich vielleicht helfen. Ich war nämlich gestern auch draußen, auf Geheiß deines Vaters."
Legolas runzelt missbilligend die Stirn und zieht einen leichten Schmollmund.
"Ich hatte doch gesagt, dass du drinnen bleiben solltest", grummelt er vor sich hin und ich muss lachen.
Zum Glück nimmt er es nicht so schwer wenn ich seine Anordnungen missachte und lässt mir stattdessen einige Freiheiten, auch wenn es ihn eigentlich stört. In manchen Büchern, die ich lese, ist der Mann sehr viel strenger und lässt seine Frau fast nichts alleine machen.
"Oh Legolas", sage ich lachend. Doch er hält sich zurück und sieht mich weiter so an, bis er es nicht mehr schafft und grinst.
"Das sieht irgendwie echt niedlich aus wenn du das machst."
"Ach wirklich?", fragt er und zieht grinsend eine Augenbraue nach oben.
"Ich bin aber total sauer auf dich."
"Ja, ganz bestimmt", gebe ich kichernd zurück und Legolas lacht nun auch. Dann küsst er mich auf den Mund und dreht mich währenddessen auf den Rücken.
"Legolas, wir sollten uns fertig machen, sonst kommt noch ein Bediensteter um nach uns zu schauen und finden uns so vor", meine ich bei einer Atempause und Legolas lässt ab von mir. Er kniet sich auf das Bett und ich setze mich auf.
Mit schiefgelegtem Kopf betrachtet er mich und bemerkt meinen Ring. Augenblicklich fangen seine Augen an zu strahlen.
"Du trägst ihn also?"
"Aber natürlich! Er ist doch von dir."
Er senkt schüchtern den Kopf, aber ich kann sein glückliches Lächeln sehen und lege zwei Finger unter sein Kinn. Sanft hebe ich es an, sodass er mich ansieht und schmunzele.
"Du hast, ach was, du machst mich damit so glücklich, warum sollte ich den Ring denn abnehmen."
Ich greife nach seiner Hand, an der sein Ring unscheinbar glänzt und verschränke unsere Finger so, dass die beiden Ringe nebeneinander sind.

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