Frau Galadriel

Während des Festes und auch danach wollen viele Elben mit mir reden, und ich habe Mühe allen Gesprächsangeboten nachzukommen ohne unhöflich zu werden. Zum Glück kenne ich Elrond, Arwen und Heriol, sonst wäre ich ein wenig aufgeschmissen gewesen. Aber alle anderen Elben machen wichtige Gesichter, und ich habe das ungute Gefühl, dass sie sehr wichtig sind und ich sie eigentlich kennen müsste.
"Vielleicht stimmt das, aber nicht für alles", sagt plötzlich eine sanfte weibliche Stimme in meinem Kopf.
Es ist nach dem reichlichen Essen und wir befinden uns in einem anderen Saal. Ich drehe mich suchend um und erblicke eine wunderschöne Elbe, die langsam auf mich zu kommt.
Sie ist in ein weißes Kleid gehüllt und strahlt wie ein heller Stern. Ihre blonden Haare haben leichte Locken und ein leichtes Lächeln umspielt ihre Lippen. Sie ist blass, schlank und ihre Bewegungen sind eleganter als die aller anderen Elben. Sie scheint auf mich zuzuschweben, und bei ihren gemessenen Schritten sehe ich, dass sie barfuß geht.
Unwillkürlich machen alle umstehenden Elben ihr Platz, sodass sich eine Art Gang zu mir bildet. Mit großen Augen schaue ich ihr staunend entgegen und neige einem Impuls folgend den Kopf. Als ich wieder aufblicke, steht die Elbin direkt vor mir und lächelt mich sanft an. Ihre strahlend blauen Augen blitzen lebendig und leuchten aufmerksam. Ich bin von ihrer Erscheinung wie verzaubert und fühle mich neben ihr plötzlich klein und bedeutungslos. Doch da ist wieder diese Stimme.
"Das bist du ganz und gar nicht."
'Seit ihr das?', frage ich sie in meinen Gedanken und sie nickt lächelnd.
"Ich bin Frau Galadriel, Herrin und Wächterin von Lothlórien und Trägerin von Nenya, einem der drei Elbenringe."
Ich starre sie an und erröte vor Scham, weil mir ihr Name nichts sagt, ich aber spüre, dass sie äußerst wichtig und ehrwürdig ist.
"Gräme dich nicht, mein Kind. Eines Tages wirst du alles wissen, doch dieser Tag ist noch nicht da, Jedwiga, verloren geglaubte Tochter von Elrond, die zurückkehrte. Sammele und spare deine Kräfte, denn in der Zukunft werden dir noch schwere Prüfungen bevorstehen."
Bei den letzten Worten fixiert sie mich mit ihren Augen und ihr Lächeln ist wie weggewischt.
"Und die erste Prüfung liegt schon vor dir. In naher Zukunft wirst du sie sehen."
Ein kalter Schauer rieselt meinen Rücken hinab und ich schlucke.
"Doch habe keine Angst. Es werden auch schöne Dinge auf dich warten und dich mit offenen Armen willkommen heißen."
Sie schmunzelt und berührt meine Hand kurz mit ihrer.
"Danke, Frau Galadriel", erwidere ich mit leiser Stimme, zu mehr bin ich im Moment nicht fähig. Dann wendet sie sich von mir ab und geht weiter, sofort setzen die Gespräche im Raum wieder ein. Ich habe gar nicht bemerkt, dass sie aufgehört haben, so durcheinander bin ich. Ich atme leise durch und versuche mich zu sammeln.
"Jedwiga?"
Ich hebe den Kopf und lächle Arwen zu, die sich neben mich stellt und mich angrinst.
"Na, wie geht es dir?"
"Ganz gut... glaube ich."
Mit einem schiefen Grinsen hebe ich die Schultern.
"Ehrlich gesagt, hat Frau Galadriel mich ein wenig aus der Fassung gebracht."
Arwen hebt belustigt eine Augenbraue.
"Ein wenig?"
"Na gut, sehr. Aber sag mal, ist es eigentlich normal, dass sie so... leuchtet?"
Sie lacht leise bevor sie mir antwortet.
"Ja, irgendwie schon. Sie ist die Herrin des Lichts und besitzt besondere Kräfte."
'Oh ja, die habe ich mitbekommen.' Da kommt auf einmal ein junger Elb auf uns zu, den ich noch nie gesehen habe. Seine Haare sind schwarz und seine Augen grau. Generell sieht er nicht besonders angenehm aus. Angenehm im Sinne von freundlich.
"Gestatten, mein Name ist Orlindas, Sohn von Kilian. Mein Vater ist ein äußerst erfolgreicher Händler aus dem Süden und besitzt eine Menge Ländereien."
Verdattert starre ich ihn an. 'Was soll das denn? Ich brauche keine Biographie von ihm!' Erwartungsvoll mustert er mich, doch sein Gesicht zeigt keinerlei Gefühle. Er sieht nicht so aus, als würde er viel lachen.
"Äh, danke. Ich bin Jedwiga, wie ihr sicherlich wisst", gebe ich etwas unbeholfen zurück und schaue hilfesuchend zu Arwen. Doch sie schaut Orlindas mit einem seltsamen Ausdruck in den Augen an und wirkt nicht sehr angetan von ihm. Ich ehrlich gesagt auch nicht.
Seine ganze Art ist mir unheimlich und in seinen Augen liegt eine Härte, die unnatürlich für Elben ist.
"Natürlich weiß ich wer ihr seid. Schon erstaunlich, dass eine Elbe in so jungen Jahren überhaupt Bildung bei gewöhnlichen Menschen genossen hat. Ich hörte, es seien einfache Bauern gewesen, ist das richtig?"
Das Wort Bauern spuckt er fast aus und verzieht das Gesicht leicht vor Ekel. Sofort kocht Wut in mir hoch.
"Schon erstaunlich, dass ein mir wildfremder Mann ankommt und mir unhöfliche Bemerkungen über meine Herkunft und Bildung macht ohne zu wissen wie das überhaupt war. Ebenfalls erstaunlich, dass besagter wildfremde Mann die Dreistigkeit besitzt, sich für etwas besseres zu halten und mir gleich dies beweisen muss, indem er sich mit dem Namen seines Vaters, von dem ich nicht mal ansatzweise irgendetwas gehört habe, bei mir vorstellt."
Wütend starre ich ihn an und er starrt verwirrt zurück. Doch da fasst er sich wieder, dreht mir den Rücken zu und geht mit hoch erhobenem Kopf weg. Sein Blick hätte töten können.
"Was sollte das denn?", zische ich immernoch aufgebracht zwischen den Zähnen hervor, aber ich sage das eher zu mir selbst.
Arwen rührt sich endlich, packt mich am Arm und zieht mich mit sich auf einen Balkon.
"Hey!", protestiere ich als sie mich loslässt. Auf dem Balkon ist niemand und die Stimmen sind nur noch gedämpft zu hören.
Sie schaut mich eindringlich an, aber irgendwie liegt auch Mitleid in ihrem Blick.
"Was ist los?", frage ich sie ein wenig verwirrt.
"War ich zu heftig?"
Doch sie schüttelt energisch den Kopf.
"Nein, ganz und gar nicht, du hast alles richtig gemacht. Aber ich muss dir noch etwas sagen, was die Männer betrifft."
Sofort wird mir mulmig zumute.
"Du bist ja jetzt Mitglied im Hause Elronds, einer der Träger der drei Elbenringe und Herr über das sicherste Haus in westlich von Bree. Du bist seine Tochter. Glaubst du nicht, dass es viele gibt die es verlockend finden, jemanden wie dich sein eigen nennen zu können?"
Langsam dämmert es mir, was sie mir damit sagen will, aber so ganz habe ich es noch nicht verstanden. Arwen scheint mir das anzusehen.
"Diese Männer finden es besonders ehrenvoll, jemanden wie dich oder mich als Ehefrau zu haben. Da würde ihr Ruhm und ihr Ansehen beträchtlich steigen. Deshalb umwerben uns auch so viele. Glaub mir, ich weiß wovon ich rede."
Ich schlucke.
"Das heißt, dass die mich eigentlich gar nicht wirklich mögen, sondern mich nur zur Frau haben wollen, um dadurch beliebter zu werden?"
"Genau! Das ist natürlich nicht immer so, aber bis du das selbst entscheiden und auseinander halten kannst, halte dich besser von Männern fern, wenn du sie noch nicht kennst. Elrond wird dich aber auch davor schützen, keine Sorge."
Sie legt mir beruhigend eine Hand auf die Schulter.
"Toll, das ist ja super", murmele ich, ein wenig abgeschreckt. Keine Ahnung ob das Arwens Absicht war, aber falls ja, dann hat sie Erfolg gehabt.
Gemeinsam gehen wir wieder hinein und ich rede noch eine Weile lang mit anderen Gästen, doch von Orlindas halte ich mich bewusst fern, und er ignoriert mich vollkommen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit ist das Fest zu Ende und ich gehe erschöpft zu meinem Zimmer.
"Gute Nacht, Ada. Gute Nacht Arwen", verabschiede ich mich noch von den beiden, bevor ich in meinem Zimmer verschwinde. Sie haben mich nämlich dorthin gebracht, da ich den Weg im Dunkeln erst recht nicht kenne. In meinem Zimmer wartet schon Leara auf mich, um mir aus dem Kleid zu helfen.
"Darf ich fragen wie es war?", fragt sie mich fröhlich, doch auch sie ist müde, das sehe ich ihr an.
"Natürlich darfst du. Es war... schön, aber anstrengend. Herrin Galadriel ist da gewesen, und noch ganz viele andere die ich nicht kenne", erzähle ich müde und Leara hört mir zu, während sie meine Frisur entwirrt und mir die Haare bürstet. Unwillkürlich erinnert mich das an meine Kindheit, als Angathel mir Abends immer die Haare gekämmt und mich dann ins Bett gebracht hat.
Für einen Moment schließe ich die Augen und gebe mich der Illusion hin, dass es Angathel ist, die hier ist, und nicht Leara. Doch schnell ist dieser Moment vorbei und ich seufze leise auf. Es tut gut so umsorgt zu werden.
"Danke Leara. Gute Nacht."
Sie nickt und verlässt mein Zimmer. Ich lege mich in mein Bett und denke noch kurz über Galadriels Worte nach, die mir einfach nicht aus dem Kopf gehen wollen, doch dann schlafe ich auch schon ein.

Hallo, ihr lieben Leser und Leserinnen!
Ich habe mich endlich dazu entschieden, auch mal ein bisschen was unter eins meiner Kapitel zu schreiben, um euch etwas mitzuteilen ^^
Es freut mich, dass die Geschichte überhaupt von jemandem gelesen wird, deshalb schonmal ein großes Dankeschön an euch! Aber ich würde gerne wissen, ob euch meine Geschichte gefällt, damit ich noch etwas ändern kann, oder ob ihr positive Rückmeldung habt. Ich freue mich über alles, Votes oder Kommis ist egal. Danke ^^

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