Endgültig geheilt

Legolas P.O.V.

Das ist wahrscheinlich das schlimmste Erlebnis in meinem ganzen Leben.
Jedwiga schreit vor Schmerz als ihr Vater ihr das Messer an die Schulter setzt und leicht einschneidet. Die Adern um ihre Wunde sind ungesund blau verfärbt. Es tut mir körperlich weh, dass sie solche Schmerzen erleiden muss, aber ich halte sie unerbittlich fest, auch wenn sie sich heftig wehrt und ich sie am liebsten ganz fest in den Arm nehmen will.
Kaum dass der Schnitt gesetzt ist, fließt Blut daraus, aber es ist nicht rot, sondern bläulich. Schnell hält Elrond die Schale mit heißem Wasser neben die Wunde und murmelt ein paar elbische Worte. Augenblicklich strömt das Blut in die Wasserschale und zieht die blaue Farbe aus der Wunde.
Jedwiga hat mittlerweile aufgehört zu schreien und wird immer ruhiger. Ihre Atmung beruhigt sich und sie hat die Augen halb geschlossen.
Sofort schaue ich panisch zu Elrond, doch dieser starrt konzentriert auf die Wunde. Das Blut, was darausfließt ist nun hellrot und er nimmt die Schale weg, legt seine Hand auf die Wunde und murmelt eine Formel.
Als er die Hand wegnimmt, hat sich die Wunde geschlossen, aber seine Finger sind blutig. Langsam bewegt er sie weg und ich betrachte Jedwigas Gesicht.
Sie hat die Augen mittlerweile ganz geschlossen und den Kopf auf die Seite gelegt, aber ihre Gesichtsfarbe ist noch gesund.
"Was war das?", frage ich mit zitternder Stimme und lasse Jedwiga los um meine Hand an ihre Wange zu legen.
Elrond atmet tief durch und erhebt sich.
"Das war das Gift. Es hat sich im Hintergrund gehalten und bei zu viel Bewegung wurde es wieder aktiviert. Eure Heiler kennen dieses Gift nicht, und auch ich bin ihm nur selten begegnet. Von wo kamen die Orks?"
"Von Süden. Sie ist kühl."
Elrond nickt.
"Am besten bleibst du die Nacht hier und wärmst sie, denn ihr ganzes Immunsystem ist außer Kraft gesetzt worden und sie kann sich nicht mehr warm halten. Sie darf aber nicht auskühlen."
"Das wird sie nicht", sage ich leise und helfe Elrond dann, ihr vorsichtig einen neuen Verband anzulegen.
Er bringt die Wasserschale weg und wäscht seine Hände.
"Das Gift kann nur von Elben hergestellt werden. Wir müssen also davon ausgehen, dass die Orks entweder Elben entführt und zur Herstellung des Gifts gezwungen, oder dass sie sich mit abtrünnigen Elben verbündet haben", meint er nachdenklich als er wieder da ist.
Er reicht mir eine Decke, die ich sanft über Jedwigas Körper ausbreite. Ich nicke nur über seine Ausführungen, dabei schaue ich die ganze Zeit über Jedwiga an.
Ihr Gesicht ist so schön, selbst wenn sie dem Tode nah ist.
"Weck mich, wenn sie aufwacht. Ich bin nur drei Zimmer weiter oben untergebracht."
Ich nicke wieder, dann höre ich die Tür, die sich hinter Elrond schließt. Ich will Jedwiga nie wieder verlassen müssen, obwohl ich weiß, dass das nicht möglich ist.
Dann küsse ich Jedwigas Wange und lege mich ganz dicht neben sie, einen Arm über ihrem Bauch. Ganz eng schmiege ich mich an sie und schließe meine Augen, auch wenn ich weiß, dass ich nicht werde schlafen können. Doch zu meiner Überraschung schlafe ich schon kurz nach diesem Gedanken ein.

Jedwiga P.O.V.

Als ich aufwache sind die Schmerzen verschwunden, aber die Erinnerung an dieses grauenvolle Erlebnis lässt mich kurz zittern.
Da bemerke ich einen Arm auf meinem Bauch und stocke. Neben mir liegt etwas großes, warmes. 'Ist Ada etwa geblieben?' Doch ein Blick dorthin zeigt mir meinen Irrtum, denn es ist keineswegs Elrond, der neben mir liegt und schläft, sondern Legolas. Unwillkürlich lächle ich und betrachte sein friedliches Gesicht.
Seine hohen Wangenknochen, der sanfte Schwung seiner dunklen Augenbrauen und seine weichen Lippen. Die eisblauen Augen sind verdeckt, seine blonden Haare fließen sanft über seine Schultern und er atmet tief und langsam ein und aus.
"Legolas", wispere ich beinahe lautlos, doch augenblicklich bewegt sich Legolas und schlägt die Augen auf. Sein Blick ist besorgt und er mustert mein Gesicht eingehend.
"Ich hatte so Angst um dich. Schon wieder", flüstert er und seine Augen schauen in meine. Ich versinke in seinen blauen Augen, in denen so viel Liebe zu sehen ist, dass ich den Atem anhalte. Sofort weiten sich seine Pupillen vor Schreck.
"Ist alles in Ordnung? Tut dir etwa wieder etwas weh?", fragt er mit leiser Panik in der Stimme und will schon halb aufstehen, doch ich halte ihn zurück.
Sanft lege ich eine Hand an seinen Hinterkopf.
"Mir geht es gut, sehr gut sogar. Aber ich bin neben einem Elb aufgewacht und rein zufällig ist es der Elb den ich liebe. Da bin ich ein wenig überwältigt, verstehst du?"
Doch ich gebe ihm keine Gelegenheit zum antworten, sondern ziehe seinen Kopf zu mir herunter und küsse ihn sanft auf den Mund.
Legolas erwidert nach einem Moment der Überraschung meinen Kuss liebevoll, aber löst sich dann mit einem etwas benommenem Blick von mir.
"Ich verstehe dich absolut, aber dein Vater wies mich an, ihn zu wecken sobald du wach bist und genau das werde ich jetzt tun", sagt er mit rauer Stimme und steht auf. Ich will ihn schon erneut zurückhalten, doch dann lasse ich die Hand sinken und schaue ihn liebevoll an. 'Er macht sich solche Sorgen um mich, da sollte ich ihn machen lassen was er für richtig hält.' Er sieht mich besorgt an, dann eilt er zur Tür und geht hinaus auf den Gang, nicht ohne die Tür wieder zu schließen. Ich seufze leise, lege den Arm auf die Stelle, an der gerade noch Legolas gelegen hat und fühle die Wärme, die sich bereits verflüchtigt.
Da öffnet sich die Tür wieder und Elrond kommt vorsichtig, gefolgt von Legolas, zu mir in den Raum. Ich will mich aufsetzen, da eilt Legolas an meine Seite und stützt mich.
Dann setzt er sich halb hinter mich, legt einen Arm um meine Taille und zieht mich an sich. Elrond setzt sich links neben mich und mustert mich mit ernstem Blick.
"Wie geht es dir?", fragt er ruhig und nimmt meine linke Hand in seine.
"Besser. Wesentlich besser", antworte ich und ziehe erschrocken die Hand zurück, als Elrond einen bestimmten Punkt drückt.
"Au!"
"Verzeih mir, doch ich musste nur sichergehen, dass du alles noch spürst."
Er lächelt schwach, schaut dann aber wieder ernst.
"Warum war das eigentlich auf einmal? Ich meine, ich habe vorher nichts gemacht was wehgetan hat...", erkundige ich mich und versuche unauffällig meinen linken Arm zu bewegen.
"Das war das Gift in der Wunde. Die Wirkung setzt erst sehr viel später ein, deswegen ging es dir vorher auch gut. Aber jetzt ist das Gift raus aus deinem Körper und du bist auf dem Weg der Genesung."
Bei dem letzten Satz zieht mich Legolas noch enger an sich und nimmt seinen anderen Arm hinzu.
Es muss ihm sehr missfallen und auch verletzt haben dabei zuzusehen zu müssen. Beruhigend lege ich meine rechte Hand auf seinen Handrücken und streichle mit dem Daumen über seine Haut.
"Ich möchte mir die Wunde ansehen, damit auch wirklich alles in Ordnung ist."
Ich nicke und Elrond schiebt behutsam das zerschnittene Kleid von meiner Schulter, löst den Verband und befühlt vorsichtig die Haut um meine Wunde herum. Ich spanne mich an und warte ängstlich auf den Schmerz, doch mein Vater ist so behutsam, dass es gar nicht wehtut.
"Es scheint alles gut zu sein. Aber du solltest die nächsten paar Tage lang auf gar keinen Fall trainieren, egal was."
Elrond schaut mich ernst an, doch es ist Legolas der antwortet.
"Keine Sorge, das wird sie nicht."
Seine Stimme hört sich ganz seltsam an, so als hätte er Halsschmerzen und würde die Tränen zurückhalten. Elrond schaut ihn an, dann nickt er langsam und verbindet meine Schulter wieder. Kurz legt er seine Hand in einer väterlichen Geste an meine Wange, dann erhebt er sich vom Bett.
"Ich lasse euch jetzt alleine", informiert er uns noch bevor er geht und leise die Tür hinter sich schließt.
"Legolas?", frage ich leise, doch es kommt keine Antwort, stattdessen vergräbt er sein Gesicht an meiner Schulter. Ich spüre sein Zittern am ganzen Körper.
"Sieh mich an", sage ich sanft, aber bestimmt. Er lässt mich langsam los, ich drehe mich zu ihm und schaue in seine Augen. Diese sind groß, dunkel und er wirkt hilflos.
"Hey, ich lebe doch noch. Ich werde dich nicht verlassen, egal auf welche Art und Weise."
"Aber ich hätte dich beinahe zum zweiten Mal in nicht einmal einer Woche verloren, und das-"
Ich unterbreche ihn, indem ich einen Finger auf seine Lippen lege, dann schaue ich ihn liebevoll an.
"Du ahnst gar nicht wie süß das von dir ist, wenn du dir so viele Sorgen um mich machst, aber das ist nicht nötig. Ich lebe noch. Außerdem kann ich gar nicht sterben, wir sind doch noch nicht einmal einen Tag lang zusammen."
Da schmunzelt er schwach, ich nehme meinen Finger von seinem Mund und ersetze ihn durch meine Lippen.
Doch nur einen Augenblick lang, dann macht sich mein Magen bemerkbar.
"Komm, wir gehen etwas essen", meint Legolas und ich nicke. Dann verlassen wir das Zimmer und ich verschränke meine Finger mit seinen.

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