Die Reise geht weiter

"Du wirst noch lernen mich zu lieben!", zischt eine Stimme an meinem Ohr und eine Hand schließt sich um meinen Hals. Verzweifelt versuche ich mich zu wehren, doch da wird alles schwarz.
Dann befinde ich mich auf einem Schlachtfeld, Schreie und Tod um mich herum. Es ist alles ein dumpfer Brei aus Sinneseindrücken, doch plötzlich schießt ein feuriger Schmerz durch meinen Bauch und ich sinke auf die Knie. Der Schmerz geht von einer klaffenden Wunde in meinem Bauch aus und ich falle schreiend zu Boden. Kälte erfasst mich und meine Sinne schwinden langsam. Das letzte was ich sehe ist die grinsende Fratze eines Orks.
"Jetzt ist die Familie ja wieder vereint."

Keuchend wache ich auf und setze mich ruckartig hin. Um mich herum ist es dämmrig und ruhig, nur mein Atem ist zu hören. Da wacht Legolas neben mir ebenfalls auf und bemerkt dass ich sitze.
"Jedwiga?", fragt er leise und setzt sich hin, doch ich antworte nicht. Sanft legt er einen Arm um mich und zieht mich an sich. Erst jetzt bemerke ich dass ich weine und schmiege mich an seinen beruhigend warmen Körper. Leise schluchzend halte ich mich an ihm fest und er streicht mir über die Haare. Ich weiß sofort dass es wieder eine Vision war, eine Vision von meinem Tod. Durch die Hand des Orks der bei der Ermordung meiner Menschenfamilie dabei war. Aber das mit der Stimme war neu.
"Alles ist gut, ich bin bei dir", flüstert Legolas beruhigend und ich höre auf zu weinen.
"Ich habe Angst, Legolas. Ich will nicht sterben", wimmere ich.
"Das wirst du auch nicht. Nicht solange ich das verhindern kann", gibt er mit grimmiger Stimme zurück und wartet bis ich ihn langsam loslasse. Wir legen uns wieder hin, aber ich kann und will nicht wieder schlafen. Also reden wir leise, ich in seinem Arm und ich erzähle ihm was in meinen Visionen meistens geschieht.
Bis zum Morgengrauen sind wir wach und genießen diese gemeinsamen Stunden.

Die nächsten Tage lang genießen wir den Frieden und die Ruhe von Lothlórien und ruhen uns aus. Doch nach nicht mal einer Woche drängen wir bereits wieder zum Aufbruch sodass wir eines Morgens unsere gereinigte und geflickte Reisekleidung anlegen und zum Fluss laufen. Galadriel steht in einem Boot, das aussieht wie ein weißer Schwan und kommt um uns zu verabschieden.
Doch bevor dies soweit ist, legen uns neun Elben dunkelgrüne Umhänge aus einem weichen Stoff um und verschließen mit Broschen, die wie dreifingrige Blätter geformt sind.
"Noch nie haben wir Fremde in Gewänder unseres Volkes gekleidet. Diese Umhänge schützen euch vor ungebetenen Blicken und sind sehr robust", sagt Celeborn, dann tritt Galadriel vor und geht die Reihe der Gefährten entlang. Den beiden Hobbits Merry und Pippin schenkt sie Dolche der Noldor, die bereits in Schlachten getragen wurden. Sam gibt sie Elbenseil, dünn, aber dennoch sehr reißfest. Frodo schenkt sie eine kleine Flasche mit silbernem Licht darin, das Licht Aerendils.
Boromir erhält nichts, aber er verlangt auch nichts. Er scheint sich vor der Elbe zu fürchten und senkt den Blick als sie vorbeigeht. Aragorn schenkt sie ebenfalls nichts, da er schon alles besitzt was er braucht und nichts den Wert dessen aufwiegen kann. Erst jetzt bemerke ich, dass er den Anhänger meiner Schwester trägt.
Doch da kommt sie zu mir und Legolas und uns beiden werden neue Bögen sowie Köcher voller Pfeile gegeben. Doch mir gibt sie noch etwas anderes.
"Dies wirst du schon bald brauchen."
Ich halte das kleine Stoffsäckchen in der Hand und schaue es nachdenklich an. Der Stoff ist blassblau und weich, aber ich kann nicht fühlen was im Innern des Säckchens ist. Ich schlucke schwer, schaue die Elbe an und neige den Kopf. Sie lächelt und geht weiter, doch ich bekomme nicht mit was sie dem nächsten schenkt. 'Was für eine Zukunft erwartet mich wenn Frau Galadriel mir etwas gibt was ich bald brauchen werde?'
Legolas tippt mich sacht an und ich drehe den Kopf. Die Gefährten gehen zu einer Anlegestelle zwischen den Wurzeln einer der mächtigen Bäume und wir beeilen uns ihnen zu folgen. Die Boote sehen aus wie Blätter und sind sehr flach, aber sie liegen gut im Wasser. Drei Boote sind es, eins davon ist vollgepackt mit Proviant und Ausrüstung.
Da ich getrödelt habe, ergibt es sich so, dass ich mit Aragorn ins Boot komme und Legolas zu Gimli klettert. Aragorn nickt mir zu und stößt uns mit dem Ruder vom Ufer ab. Vor ihm sitzen Sam und Pippin, die aber ungewöhnlich still sind. Bei Boromir sitzen Merry und Frodo, nur Legolas und Gimli sind zu zweit, da ihr Boot das mit dem Proviant ist.
"Aragorn, wenn ich rudern soll dann sag mir einfach Bescheid", meine ich zu den Menschen vor mir und der nickt.
Wir fahren an einem Stück Ufer vorbei auf dem Galadriel steht und uns zuwinkt. Dann sind wir schon bald außer Sicht.

Die Reise auf dem Fluss ist angenehmer und schneller als wenn wir zu Fuß unterwegs wären und wir kommen zügig voran. Manchmal rudere ich, aber die meiste Zeit ist Aragorn die treibende Kraft unseres Bootes. So habe ich viel Zeit um nachzudenken und das Ufer zu beobachten.
Galadriels Worte wollen mir nicht aus dem Kopf gehen, zusammen mit meiner letzten Vision und der nun gefährlich gewordenen Mission bilden sie ein ewig routierendes Karussell, das mich beinahe um den Verstand bringt. Doch am dritten Tag beginnt Aragorn auf Wunsch der beiden Hobbits von seinem Leben und seinen Abenteuern als Waldläufer zu erzählen und ich lausche interessiert.
Die Geschichten um meinen Vater und andere Elben kenne ich bereits, auch Legolas hat mir von seinen Abenteurern als junger Elb erzählt, aber von Aragorn weiß ich fast nichts. Und selbst habe ich zu wenig erlebt um Geschichten erzählen zu können.
Durch die Erzählungen von Aragorn vergesse ich für eine Weile meine eigenen Probleme und erfahre so auch wie Aragorn Legolas getroffen hat. Und wie er ihm wieder entwischt ist.
Die Nächte verbringen wir meist am Ufer und ziehen dazu die Boote an Land, damit sie nicht von der Strömung davongetrieben werden.
Allerdings wissen wir dass wir verfolgt werden. Davon hat Aragorn mir erzählt da ich die Information von Celeborn anscheinend nicht mitbekommen habe.
"Für eine Elbe scheinst du ja ganz schön unaufmerksam zu sein", meint Aragorn schmunzelnd als ich ihm das mitteile.
"Ich bin noch nicht so alt. Außerdem habe ich noch eigene Dinge im Kopf", gebe ich brummelnd zurück und er lacht. Dann berichtet er mir was er von Celeborn weiß.
Eine Horde von Orks verfolgt uns seit Moria, aber es sind keine gewöhnlichen Orks, denn sie rennen den ganzen Tag und die ganze Nacht mit ungewöhnlicher Geschwindigkeit. Momentan befinden sie sich am Ostufer und sie holen auf.
"Es sind Uruk-hai, Züchtungen von Saruman. Er hat Menschen mit Orks gekreuzt", erzählt Aragorn mir und ich nicke.
'Merkwürdig dass Celeborn und Galadriel nur schlechte Dinge zu sagen haben.'
Mit dieser neuen Information wächst der Berg meiner Sorgen um noch ein Stückchen und ich beginne mich zu jeder Zeit beobachtet zu fühlen.
Legolas bemerkt meine Anspannung und versucht mir zu helfen indem er mich ablenkt. Abends gehen wir durch den Wald wenn ich nicht schlafen kann und er hört mir zu egal was ich rede. Er ist bei mir und hilft mir die Last meiner Gedanken zu tragen, und das ist genau das was ich brauche.
Ansonsten verläuft die Reise sehr ruhig, es gibt keine Zwischenfälle oder so etwas. Bis wir zu der Stelle kommen, an der wir die Boote zurücklassen müssen.
Das erste was wir sehen sind zwei riesige Steinstatuen, ein König und eine Königin, die mit einer ausgestreckten Hand nach vorne das Böse aufzuhalten scheinen.
"Das sind die Könige aus der Altvorderen Zeit", meint Aragorn zu mir während ich staunend nach oben schaue. Wir passieren diese Monumente der menschlichen Baukunst und gelangen auf einen großen See, an dessen Ende eine Felsnadel den See in zwei Flüsse teilt, die donnernd über eine Felskante stürzen. Wir können nur den Nebel darüber sehen, aber hier ist unsere Flussreise zu Ende.
Wir rudern zum westlichen Ufer und ziehen die Boote an Land um nochmal eine kurze Rast zu machen, bevor es zu Fuß weitergeht. Sam scheint das sehr gut zu gefallen, denn er mag keine Boote.

Ein etwas kurzes Kapitel aber immerhin :)
Ich wollte mich bei euch für die 4,44K reads bedanken, obwohl meine Geschichte eine Weile lang auf dem Schlauch stand ^^

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