Die Hornburg
Wir kommen Stunden später endlich nach Helms Klamm, eine steinige, unwirtliche Schlucht, an deren Ende die uneinnehmbare Hornburg steht. Hohe, dicke, steinerne Mauern schützen die Burg und um an das Tor zu kommen, muss man erst einen perfekt einsehbaren und relativ schmalen Steinweg hinaufkommen, der kaum so breit ist dass vier Pferde dort entlang können. Hinter dem Tor erhebt sich die Burg mit einem mächtigen Wachturm und Zugang ins Innere des Berges, in den die Festung geschlagen wurde. Direkt hinter der Mauer liegt ein felsiger Innenhof, in dem man sehr viele Männer versammeln kann, aber auch auf der Mauer können Soldaten postiert werden. Aufgrund der steilen Wände ist es unmöglich von oben anzugreifen und ich weiß aus Erzählungen dass diese Festung niemals eingenommen wurde. Trotzdem finde ich es nicht richtig sich hier zu verschanzen, anstatt nach Gondor zu reiten und zu kämpfen.
Die übrig gebliebenden Reiter galoppieren über den Steinweg nach oben zum Tor, welches sofort geöffnet wird. Ich sehe Jedwiga etwas weiter vorne durch die Gassen der Hornburg reiten, dann tauche auch ich in die Sicherheit der Festung ein. Das Klappern der Pferdehufe hallt in den Straßen und ich sehe im vorbeireiten viele Menschen an den Mauern sitzen. Gimli hinter mir hält sich fest als wir anhalten und von unseren Pferden steigen, die sofort weggebracht werden damit sie versorgt werden können. Eówyn kommt herbeigeeilt und sucht unter uns Reitern nach Aragorn, doch gleichzeitig ist sie entsetzt.
"Nur so wenige sind zurückgekehrt."
Théoden schaut sie an und nickt, dann geht er in die Halle, die im Berg ist. Ich gehe zu Jedwiga hinüber und lege ihr eine Hand auf die Schulter, da drückt sie mir einen Kuss auf die Wange.
"Es geht mir gut", versichert sie mir und ich drehe mich zurück zu Eówyn.
"Wo ist denn der Herr Aragorn?", fragt sie und mir zieht sich das Herz zusammen bei dem Gedanken ihn vielleicht nie wieder zu sehen.
"Er... ist gefallen", sagt Gimli, der den Helm abgelegt hat und sich auf seine Axt stützt.
"Er fiel von einer Klippe."
Der geschockte Blick der jungen Frau ist kaum auszuhalten, so sehr tut sie mir leid. Da tritt Jedwiga an mir vorbei auf Eówyn zu und berührt sie an der Schulter. Leise sagt sie zu ihr etwas, dann schaut sie mich kurz an und geht mit der jungen Frau weg. 'Es ist traurig dass Jedwiga von uns hier die Expertin in Sachen Verlust eines geliebten Menschen ist.'
Mit Trauer im Herzen und Sorgen im Kopf suche ich mir einen ungestörten Ort an dem ich meine Waffen pflegen und reinigen, sowie nachdenken kann. Ich denke an Jedwiga, an ihre Visionen und meine Angst sie zu verlieren, an Gandalf, der ja doch noch lebt, auch wenn er gerade nicht hier ist, an Aragorn, von dem mein Herz mir nicht sagen kann was mit ihm geschehen ist. Aber dann schweifen meine Gedanken plötzlich zu meinem Vater, Thranduil. Er ist alleine, all die Jahre nun schon. Bald wird er sein Königsamt an mich weitergeben und ich werde über das Waldlandreich regieren, mit Jedwiga an meiner Seite. Bei diesem Gedanken wird mir wieder warm ums Herz und ich spüre wie die Dunkelheit ein kleines Stückchen weicht.
Doch dann bemerke ich die dunklen Wolken, die über den Himmel ziehen und fühle wie ein kräftiger, kalter Windstoß an meinen Haaren zerrrt. Ein Sturm zieht auf. Mein Blick schweift über die Landschaft außerhalb der Klamm, als ich plötzlich eine einzelne Gestalt auf einem Hügel sehen kann. Sie bewegt sich auf uns zu.
Jedwiga P.O.V.
Ich helfe Eówyn dabei die Menschen zu versorgen und beobachte sie währenddessen genau. Ich weiß dass sie Aragorn sehr gemocht hat und kann sie in ihrer Trauer verstehen, auch ich bin traurig. Immer wieder muss ich an Arwen denken, und dass sie ihn vielleicht nie wiedersehen wird. Bei dem Gedanken wird mir das Herz schwer und mein Geist düster wie die Wolken über unseren Köpfen. Legolas ist irgendwohin verschwunden und Gimli sitzt am Straßenrand und raucht Pfeife. 'Wie kann man jetzt nur in Ruhe Pfeife rauchen wenn man gerade einen guten Freund verloren hat?'
Ich versuche nicht weiter daran zu denken und widme mich meiner Aufgabe um meine Gedanken abzulenken. Doch plötzlich ertönen Rufe vom Tor her und ich höre wie es geöffnet wird. Augenblicklich schaue ich von meiner Arbeit auf und eile zur Tür der Halle, vor der sich einige Menschen versammelt haben. Auf meinem Weg höre ich die klappernden Hufe eines einzigen Pferdes in den Straßen, aber ich brauche noch eine kleine Weile um zu meinem Ziel zu kommen. Und was ich dort sehe verschlägt mir den Atem: Aragorn steht mit Legolas vor den Türen zur Halle, in der König Théoden sich zurück gezogen hat. Der Mensch sieht ziemlich abgerissen und erschöpft aus, aber er steht aufrecht. Erleichterung
"Aragorn!", rufe ich aus und renne auf die beiden zu, um dem Menschen um den Hals zu fallen. Dieser ächzt und verzieht das Gesicht, aber er sieht erfreut aus mich zu sehen.
"Jedwiga, schön dich wiederzusehen."
"Wir haben dich tot geglaubt!"
"Ja, es hat auch nicht viel gefehlt."
Da fällt mir die Kette ein, die wir dem Ork abgenommen haben und ich hole sie aus dem Beutel hervor.
"Hier, die willst du gewiss wiederhaben."
Ich gebe sie ihm und er schaut sie lange an, dann hebt er den Blick und neigt dankbar den Kopf.
"Ich danke dir, aber nun muss ich den König sprechen."
Ich nicke und trete einen Schritt zurück um Aragorn vorbei zu lassen. Er stößt die beiden Flügeltüren auf uns betritt den Saal, in dem ihn alle überrascht anschauen. Legolas und ich folgen ihm hinein, da beginnt Aragorn zu sprechen.
"Mein Herr, ich weiß ihr seid überrascht mich hier zu sehen, aber nun ist keine Zeit für Fragen. Eine riesige Armee ist auf dem Weg hierher."
König Théoden schaut ihn an und geht nachdenklich umher.
"Eine riesige Armee sagt ihr?"
"Ganz Isengard."
"Wie viele?"
"Zehntausend Mann mindestens."
Théoden dreht sich zu Aragorn zurück.
"Zehntausend?"
"Sie wurden nur für einen Zweck gezüchtet. Um die Welt der Menschen zu zerstören."
Dann senkt Aragorn seine Stimme und flüstert den nächsten Satz, aber ich kann ihn noch deutlich hören, und was er sagt erschüttert mich.
"Sie werden hier sein bevor die Nacht hereinbricht."
Théodens Miene wird grimmig und er marschiert auf die Tür zu.
"Dann lasst sie kommen!"
Ich schaue zu Legolas, der besorgt aussieht, dann folgen wir dem König durch die Hornburg. Auf dem Weg befiehlt er seinem Wachmann alle Männer und waffenfähige Knaben kampfbereit zu machen, und zwar vor der Abenddämmerung. 'Das ist doch Wahnsinn! Niemals können wir gegen solche Massen an Feinden ankommen!' Doch ich spreche meine Bedenken nicht aus, sondern laufe stillschweigend neben Legolas her, der auch unzufrieden aussieht.
Wir treten aus dem Tor hinaus auf den Steinweg, vorbei an den Männern, die das alte Tor mit frischem Holz verstärken. Théoden deutet auf die Mauer über dem Tor.
"Wir werden das Tor von hier und von oben schützen. Keine Armee hat jemals die Mauern von Helms Klamm durchbrochen, noch einen Fuß in die Hornburg gesetzt!"
"Das sind keine dummen und hirnlosen Orks!", widerspricht Gimli da und ich schaue ihn an. Auch ihm scheint die Aussicht zu kämpfen nicht so zu gefallen wie sonst.
"Das sind Uruk-Hai! Ihre Rüstungen sind dick und ihre Schilde breit", fährt der Zwerg fort.
"Ich habe in vielen Kriegen gekämpft, Meister Zwerg. Ich weiß wie ich mein Volk verteidige!", erwidert der König scharf, so als hätte Gimli gesagt er wäre schwach. Fast hätte ich laut aufgestöhnt. Manchmal sind Menschen noch sturer als Zwerge!
Kurzerhand höre ich auf dem König zu folgen und entferne mich von der Gruppe, da hält Legolas mich auf.
"Jedwiga, was tust du da?"
"Ich will nicht weiter mit ansehen wie dieser Narr mit dem Leben seiner Leute spielt!", gebe ich heftig zurück und reiße mich von meinem Verlobten los.
"Jedwiga, lasse nicht deinen Zorn an mir aus!", fordert Legolas auf Sindarin und ich wirbele zu ihm herum. Wir stehen relativ einsam auf der Mauer und es ist kaum jemand in der Nähe der uns hört. Alle sind damit beschäftigt sich für den Krieg zu rüsten.
"Ich lasse meine Wut nicht an dir aus! Ich halte es nur für falsch gegen einen Feind zu kämpfen gegen den man nicht gewinnen kann!"
"Ich doch auch!", braust Legolas da auf und tritt näher.
"Ich doch auch", wiederholt er leiser und nimmt sanft meine Hand in seine.
"Aber wir können nichts ändern. Es ist so wie es ist und wir müssen damit leben."
"Aber ohne Hilfe werden wir alle sterben!", sage ich verzweifelt und Legolas schaut mir tief in die Augen.
"Nicht solange ich das verhindern kann."
Und obwohl das wohl der unpassenste Augenblick seit unseren Aufbruch von Bruchtal ist, küsst er mich zärtlich auf den Mund.
"Niemals wird dir etwas zustoßen. Das verspreche ich dir", flüstert er und ich schlucke. 'Ich fürchte dass du das Versprechen nicht wirst halten können.'
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