Das schwarze Tor
Tatsächlich wird der nächste Tag ernst, denn wir treffen uns alle im Thronsaal von Gondor und jeder trägt seine Rüstung oder sonstige Kampfausrüstung. Meine Sachen sind aus naheliegenden Gründen teilweise nicht mehr zu gebrauchen, weswegen ich neue Kleidung erhalten habe. Meinen Waffen ist glücklicherweise nichts passiert, und auch meinen Stiefeln, aber mein Wams ist zerrissen und noch immer voller Blut. Es war nicht schwer ein neues Wams zu beschaffen, aber es war schwer Legolas davon zu überzeugen dass ich dabei sein muss. Natürlich hat er Bedenken, wenn nicht sogar Angst, aber irgendwann habe ich es dann doch geschafft und befinde mich nun mit Legolas, Aragorn, Éomer, Gimli und Gandalf im Thronsaal. Gimli hat sich mit einer Pfeife auf den Sitz des Truchsess' gesetzt und ich stehe neben Legolas und Éomer.
"Frodo wandelt außerhalb meiner Sicht. Die Dunkelheit wird stärker", sagt Gandalf und sein Blick wandert zu mir. 'Wenn Frodo gescheitert wäre, stünden wir jetzt nicht mehr hier und würden uns beraten.'
"Wenn Sauron den Ring hätte, würden wir das wissen", erwidert Aragorn und spricht damit meine Gedanken aus.
"Wir mögen ihn einmalig besiegt haben, aber hinter den Mauern vor Mordor sammelt sich unser Feind erneut", widerspricht Gandalf ihm, da mischt sich Gimli ein.
"Dann soll er da bleiben und verotten. Warum sollte uns das kümmern?"
"Weil nun zehntausend Orks zwischen Frodo und der Vernichtung des Ringes stehen", erinnere ich den Zwerg scharf und er wird still, da meldet sich Aragorn wieder zu Wort.
"Frodo braucht Zeit und sicheren Weg durch die Ebenen von Mordor. Wir können ihm dies verschaffen."
"Wie?", fragt der Zwerg nach.
"Indem wir Saurons Streitmächte nach draußen locken, ihn sein Land entblößen lassen. Marschieren wir mir geballter Kraft zum schwarzen Tor!"
Gimli hustet überrascht und Éomer tritt vor.
"Wir können keinen Sieg davontragen."
"Nicht für uns, aber für Frodo. Wenn Saurons Blick einzig und allein auf uns fixiert ist, und er blind bleibt für alles was sich sonst bewegt."
Legolas scheint zu verstehen, denn er nickt leicht.
"Eine Ablenkung."
"Den Tod als Gewissheit, kaum eine Chance auf Erfolg. Worauf warten wir dann noch?", ruft Gimli und Gandalf wendet sich an Aragorn.
"Sauron wird eine Falle erwarten. Er wird nicht hineintappen."
"Oh doch, ich denke das wird er", antwortet der Mensch mit Gewissheit und lächelt leicht. Gandalf schaut ihn einen Moment lang an, dann versteht er was der Mensch meint und nickt.
"Die Chance wird er sich nicht entgehen lassen."
Stunden später befindet Aragorn sich allein mit dem Palantir im Thronsaal, und ich warte ungeduldig mit Legolas im Gang davor. Auch Gandalf und Gimli sind dort, Éomer hingegen ist gegangen um seine Männer vorzubereiten. Die Minuten ziehen sich dahin, und zwischendurch spüre ich die Anwesenheit des Bösen so stark als stünde der Dunkle Herrscher direkt neben mir, allerdings habe ich keine Angst.
Schließlich kommt Aragorn wieder zu uns, aber er ist ganz blaß um die Nase und sieht geschockt aus. Sofort springe ich auf und laufe zu ihm, während er sein Schwert wieder wegsteckt. Anscheinend hat er es Sauron gezeigt, aber irgendetwas ist passiert.
"Geht es dir gut?", frage ich besorgt, da bemerke ich das Fehlen seiner Kette. Die Kette die Arwen ihm geschenkt hat.
"Sauron wird kommen", antwortet Aragorn knapp und geht an mir vorbei, doch in seinen Augen erkenne ich Schmerz, vermischt mit Trauer und Ungläubigkeit. 'Was hat Sauron ihm nur gezeigt, dass er so neben sich ist?'
Da berührt Legolas mich an der Schulter und tätschelt sie mir beruhigend.
"Es wird schon nichts Schlimmes sein, aber wenn ich mit Sauron persönlich gesprochen hätte, würde ich wahrscheinlich genauso gucken."
Ich schaue zu ihm auf und er schmunzelt liebevoll.
"Komm, wir machen uns bereit. Es geht bald los", schlägt er vor und nimmt meine Hand, dann gehen wir gemeinsam in Richtung Waffenkammer. Trotz der beruhigenden Worte meines Verlobten werde ich das Gefühl nicht los dass es sehr wohl etwas Schlimmes ist und ich es wissen sollte, aber ich widerspreche nicht.
Wieder wenige Stunden später reiten wir auf Pferden hinaus aus der Stadt. Männer aus Gondor und Rohan, Seite an Seite mit einem Zwerg, einem Zauberer und zwei Elben, sowie dem neuen König der Menschen, denn das ist Aragorn. Dieser trägt die Tracht von Gondor, ein schwarzes Lederwams mit dem silbernen Baum der Könige auf der Brust. Unter der Bannern von Rohan und Gondor reiten wir über die Ebene, auf der vorher noch die Schlacht um Minas Tirith getobt hat, und immer weiter zum schwarzen Tor. Ich sitze wie immer alleine auf einem Pferd und genieße den Wind in meinen Haaren, auch wenn wir gerade auf eine weitere Schlacht zureiten. Sowohl Galadriel als auch meine Mutter haben mir eine Zukunft nach dieser Reise prophezeiht, weswegen ich zuversichtlich bin dass wir dies überleben werden.
Endlich sind wir am schwarzen Tor angelangt und lassen die anderen Männer zurück, während Aragorn, Gandalf, Legolas, Éomer und ich auf unseren Pferden näher an Mordor heranreiten.
"Lasst den Herrn dieses schwarzen Landes herauskommen, und seine gerechte Strafe erhalten!", ruft Aragorn, doch es bleibt still. Das schwarze Tor trägt seinen Namen zurecht, die gigantischen Flügel sind aus einem schwarzen Metall gefertigt und lassen uns klein und verloren wirken. Gespannt und unruhig warten wir auf eine Antwort, und langsam werden die Pferde nervös. Gerade gebe ich die Hoffnung auf dass sich noch irgendetwas tut, da ertönt ein lautes Geräusch, als würde ein riesiger Riegel zurückgeschoben, dann öffnet sich das Tor zu uns hin. Heraus kommt eine schwarze Gestalt, auf einem schwarzen Pferd, allerdings ist es kein Ringgeist. Falls es jemals ein Mann gewesen ist, sieht man jetzt nur noch den grausam verstümmelten Mund, alles andere ist von einer eisernen Maske mit spitzen Stacheln verdeckt. Das Pferd trägt eine schwere Rüstung aus Eisenplatten und bleibt einige Meter vor uns stehen.
"Mein Meister, Sauron der Große heißt euch Willkommen", sagt die Gestalt mit einer Stimme, die direkt aus den tiefsten Tiefen der Erde hätte stammen können, und grinst gruselig. Wir alle schweigen und ich mustere die Gestalt mit unverhohlenem Hass. Er stinkt nach Tod und Leid, genauso wie alle von Saurons Dienern.
"Ist hier einer aus diesem jämmerlichen Haufen dazu befugt mit mir zu verhandeln?", fragt der Mund, wie ich ihn insgeheim nenne, nun ärgerlich und Gandalf antwortet.
"Wir sind nicht gekommen um mit Sauron zu verhandeln, dem Treulosen. Sagt eurem Herrn dies: Sauron hat seine Heere aufzulösen, dieses Land zu verlassen und nie wieder zurückzukehren."
Doch nun lacht der Mund nur spöttisch.
"Ouh, der alte Graubart. Ich habe etwas, was euch zu zeigen mir befohlen wurde."
Mit diesen Worten reißt er etwas hoch und mir stockt der Atem. Es ist das Mithril-Hemd von Frodo. Ich weiß dass auch die Anderen getroffen sind, aber sie zeigen es nicht. Lediglich von Pippin hört man ein gehauchtes: "Frodo."
Der Mund wirft Gandalf das Hemd zu und der Zauberer fängt es mit einer Hand auf.
"Frodo!", sagt Pippin nun lauter.
"Still!", weist Gandalf ihn zurecht, da meldet sich Merry.
"Nein!"
"Still!"
Endlich scheinen die beiden Hobbits verstanden zu haben warum sie still sein sollen, denn der Mund dreht den Kopf immer in die Richtung desjenigen, der spricht und grinst.
"Der Hobbit war euch teuer wie ich sehe."
'Als ob der irgendetwas sehen kann.' Dennoch muss ich schlucken und Gandalf senkt den Kopf.
"Wisst dass er bei seinem Gastgeber sehr gelitten hat. Wer hätte gedacht dass so ein kleiner Körper so viel Schmerzen aushalten kann. Denn das hat er, Gandalf. Das hat er."
Ich bemerke aus dem Augenwinkel dass Legolas den Mund anstarrt und so aussieht als würde er jederzeit einen Pfeil ziehen und dieses Scheusal töten. Der Mund macht wieder ein spöttisches Geräusch, da reitet Aragorn im Schritt auf ihn zu und er dreht den Kopf zu ihm.
"Und wer ist das? Isildurs Erbe... es braucht mehr als eine gebrochene Elbenklinge um König zu werden."
Mit einem Schrei zieht Aragorn sein Schwert und trennt dem Mund in einer fließenden Bewegung den Kopf von den Schultern. Überrascht zucken wir alle zurück, doch ich fühle Befriedigung. Es hätte nicht mehr viel gefehlt und ich wäre selbst zur Tat geschritten.
"Damit sind die Verhandlungen wohl abgeschlossen", sagt Gimli grimmig und Aragorn wendet sein nun unruhig gewordenes Pferd.
"Ich glaube es nicht. Ich will es nicht glauben."
Plötzlich beginnt sich das schwarze Tor mehr zu öffnen und Aragorn schaut zurück. Reihen von Orks kommen auf uns zu marschiert und er reitet zurück zu den wartenden Menschen.
"Zurück!", ruft er dabei und wir folgen ihm im Galopp über den staubig schwarzen Boden zu unser Armee zurück. Die Männer gehen ein paar Schritte nach hinten als sie die wirklich gigantische Armee aus Orks auf sich zu marschieren sehen und nun die Schreie der Kreaturen zu hören sind.
"Haltet die Stellung!", ruft Aragorn ihnen zu und beginnt im Trab vor ihnen hin und her zu laufen.
"Söhne Gondors, und Rohans. Meine Brüder!", ruft er und hat sofort die Aufmerksamkeit der Männer.
"In euren Augen sehe ich dieselbe Angst, die auch mich verzagen ließe. Der Tag mag kommen, an dem der Mut der Menschen versagt und aller Freundschaft Bande bricht, doch dieser Tag ist noch fern. Wenn das Zeitalter der Menschen mit Getöse untergeht und alle Schilde brechen, doch dieser Tag ist noch fern. An diesem Tag kämpfen wir!"
Während Aragorn weiterspricht uns sein Schwert zieht, reitet Legolas plötzlich an meine Seite und berührt mich am Arm.
"Pass auf dich auf", sagt er leise auf Sindarin und ich schaue ihn an.
"Das werde ich. Aber du auch."
Ein leichtes Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus und Legolas erwidert es liebevoll, dann ist Aragorn fertig und wendet sich der angreifenden Armee zu. Nun hat er die Unterstützung und die Herzen seiner Männer gewonnen, und wir stellen uns hinter ihm mit gezogenen Waffen auf. Die Orks haben uns mittlerweile eingekreist und sind stehengeblieben, aber wir sind entschlossen. Diesen Kampf werden wir nicht verlieren.
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