Kapitel 6

Medieval,

Hauptstadt vom Vereinigten Königreich Caelum


Freitag, 29 September 1334

Nachdem die Ladys weg sind schließe ich gelassen meine Augen und lehne mich leicht im Sofa zurück. Als mich die aufgebrachte Stimme des Barons auf sich aufmerksam macht.

„Lady, wissen sie eigentlich was sie da grade angerichtet haben?" Belustigt mustere ich ihn. Ist dem werten Herrn wirklich nicht bewusst, dass diese ganze Aktion ein Schauspiel meinerseits ist? Ich sollte ihn am besten schnell klar machen voran er bei mir ist. Mit diesen Vorhaben zeige ich ihn mit meiner Mimik ganz offen, wie witzig ich die ganze Situation finde. „Klar weiß ich, was ich angerichtet habe." Der Baron bekommt mein überheblichstes Grinsen zu Gesicht. Ein Grinsen, das für gewöhnlich nur die arroganten und schnöseligen Hochgeborenen hinbekommen.

Leicht neben der Spur oder aber auch geschockt schaut mich der Baron an, während er sich gestresst durch seine braunen Haare fährt. „Sie haben uns die ganze Zeit etwas vorgemacht, ich dachte sie wären bloß ein dummes naives Ding." Ein bitterer Klang ist seiner Stimme zu vernehmen.

„Und ich dachte Sie wären cleverer."

Entrüstung macht sich auf den Gesichtsausdruck des Barons breit. Er wirkt jedoch nicht beleidigt, als er sich durch seine Haare streicht, die danach chaotisch zu den Seiten stehen, eher wirkt er wie eine Katze auf der Lauerer, dabei blitzen seine grünen Augen wild auf. „Sie sind ziemlich vorlaut."

Leicht lächelnd erwidere ich, „Ausschließlich gegenüber unkonventionellen Händlern."

Auf meine Aussage hin fängt der Baron ebenfalls an zu lächeln. „Sie müssen deutlich älter seien, als sie äußerlich erscheinen, sonst hätten sie mich nicht so aufs Korn nehmen können. Lassen sie mich raten. Sie sind so um die fünfundzwanzig Jahre alt, vielleicht aber auch älter?"

Grade einen Schluck Sekt trinkend, verschlucke ich mich an diesen und versuche mein lautes Husten hinter meiner Hand zu ersticken. „Um Dritans Willen, nein! Wie kommen sie auf diese absurd hohe Zahl?"

„Liege ich soweit daneben?", fragt er mich diesmal leicht verwirrt.

„Mister, ich bin vor kurzem erst 16 Jahre alt geworden." Nicht der klügste Schachzug ihn das direkt unter die Nase zu reiben, wenn ich ihn als Geschäftspartner brauche, allerdings muss er als dieser eh meine Identität erfahren.

Perplex zieht Kollman seine beiden Augenbrauen hoch und richtet gedankenlos den Kragen seines Anzugs. Mir nicht mehr ganz so sicher, ob es richtig war ihn mein Alter zu verraten, ergreift er das Wort. „Dann sind Sie ja noch ein halbes Kind."

„Vielen Dank für dieses Kompliment. Ich bin mir sicher, dass möchte jedes Heiratsfähige Mädchen meines Alters hören." Der Sarkasmus ist nicht zu überhören.

„Verzeihen sie werte Dame ... oder Lady? Entschuldige ich habe mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Baron Edouard Kollman und sie sind...?"

Ihm in unklaren lassend, dass mir das vorher schon bewusst war, ergänze ich, „Lady. Mein Name ist Veronika Mortain."

„Mortain, wie der Earl, Reinert Abel von Mortain?"

Früher waren mir Situationen wie diese Unangenehm. Jetzt kommt mir eine Antwort einfach über die Lippen. „Ja, er ist mein Vater."

Der Baron mustert mich ein bisschen eindringlicher und ich meine so etwas Erkenntnis in seinen Augen aufblitzen gesehen zu haben. „Dann heißen sie mit vollem Namen sicherlich Veronika Audett Mortain. Sie sind das Bastard Kind von... Oh verzeihen sie, jetzt war ich schon wieder unhöflich." Wo ich ihm vorher eine gewisse Wildheit zugeschrieben habe, wirkt er jetzt schon fast Steif.

Mich davon nicht stören lassend, meine ich nur, „Nicht schlimm, es stört mich nicht.". Das ist die Wahrheit. Reaktionen wie diese sind für mich mittlerweile unbedeutend geworden.

„Trotzdem tut es mir leid. Als Händler kommt man viel herum und trifft viele Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen, dabei achte ich immer darauf keinen Anstoß an die Herkunft dieser Menschen zu nehmen. Mein Wort waren ziemlich unbedacht gewählt." Okey, langsam wird mir diese Situation wirklich unangenehm. Wie oft möchte er sein Benehmen in unserem Gespräch noch Sprunghaft wechseln. Den jetzt grade wirkt er auf mich wie der Perfekte Gentleman. Nichts mehr zu sehen vom wilden Händler oder den steifen Kerl, der grade Bekanntschaft mit einem Fettnäpfchen gemacht hat.

„Okey, schon vergessen und verziehen." Bremse ich ihn in seiner Entschuldigung aus.

„Einverstanden, lassen wir das auf sich beruhen. Dürfte ich sie dann fragen, was eine so junge Lady ihres Standes auf einer Veranstaltung wie dieser macht und dann noch zu dieser späten Stunde."

Ein Gefühl von Erleichterung überkommt mich. Endlich geht das Gespräch in die Richtung, in der ich es haben will. Äußerlich lasse ich mir diese Erleichterung nicht ansehen, sondern baue ein ruhiges und selbstsicheres Scheinbild auf. „Ich bin aus dem gleichen Grund, wie sie hier. Mein Ziel ist es, heute noch ein lukratives Geschäft abzuschließen."

Nach meiner Antwort wird der Blick des Barons fokussiert und er scheint jeden meiner Gesichtszüge aufmerksam zu beobachten. Damit macht der Gentleman wieder dem Händler Platzt und ich habe genau die Version vor mir, welche ich jetzt brauche. „Ein Geschäft also. Ich nehme an dies ist der Grund warum sie mir den Handel mit Herr Lachlock vermiest haben, damit ich das Geschäft des Tages mit Ihnen und nicht den jungen Lord abwickle." Ein charmantes Lächeln zeigend, bestätige ich seine Annahme mit einem kurzen Nicken. Der Baron erwidert auf mein Nicken erstmals nichts, sondern mustert mich einfach einen Moment nachdenklich. Vielleicht tut er das um mich nervös zu machen oder er braucht wirklich die Zeit zum Nachdenken, aber nach geschätzt zwei Minuten unterbricht er die Stille. „Was lässt sie davon ausgehen, dass ich mich auf ein Geschäft mit einer so jungen Lady wie sie einlasse?"

„Waren es nicht Sie, der mich für fünfundzwanzig gehalten hat?" Ich lasse ihn den Spott in meiner Stimme bewusst heraushören. Auf eine Frage, die man nicht beantworten kann, mit einer rhetorischen Gegenfrage zu kontern ist ein einfacher Trick, der unter Händlern öfters verwendet wird. Er dient dazu die Kontrolle in einem Gespräch beizubehalten.

Mister Kollman schnaubt einmal kurz auf bevor er zur zu einer Antwort ansetzt. „Ja, ich habe sie für älter gehalten. Ihr ganzes Verhalten entspricht nicht ihrem echten Alter. Schon allein, dass sie hier in diesem Kleid sitzen und mit mir ein Geschäft aushandeln wollen, ist ziemlich ungewöhnlich. Sie wirken auf mich, wie eine Frau meines Alters und ich gehe auf die Dreißig zu." Innerlich schließe ich die Augen. Der Baron weiß gar nicht wie nahe er damit an der Wahrheit dran ist.

„Spricht das nicht für ein Geschäft mit mir? Reife ist nichts, das einem guten Geschäft im Wege steht." Eindringlich sehe ich dem Baron in die Augen, um ihn dazu zu bringen, einfach einzuwilligen.

Kollman lehnt sich allerdings nur gelassen nach hinten und erwidert, „Es kommt darauf an was jemand mit Eurem Hintergrund mir anbieten kann. Ich nehme an das Ihr vom Earl Geld bekommt, um äußerlich den Erwartungen des Adels entsprechen zu können, jedoch denke ich nicht, dass Ihr ein großes Budget für Verhandlungen zur Verfügung habt. Zu dem besitze ich in Moment keine Waren, die auch nur ansatzweise interessant für eine junge Lady wie Euch wären." Er nimmt die Tatsache, dass mein Vater und ich in keinen guten Verhältnis zueinander stehen, als selbstverständlich ohne zu hinterfragen ob es anders sein könnte. Eine Selbstverständlichkeit, die ich als Kind nie begreifen konnte.

Abwesend streiche mir eine Falte in den Stoff meines Kleides glatt, während ich über einen geeigneten Einwand nachdenke und ihn nach ein paar Sekunden äußere, „Ich möchte etwas, das nur ihr mir geben könnt. Es handelt sich dabei um ein Geschäft, in dem Ihr gut profitieren werdet, ohne dabei ein Risiko einzugehen, da ich dieses tragen werde. Genaueres werde ich nicht an einen so öffentlichen Ort besprechen."

Ich kann förmlich sehen, wie ich die Neugier vom Baron geweckt habe, der sich mit seiner Rechten grade über sein Kinn streicht. „Etwas das nur ich euch geben kann? Warum denkt Ihr, dafür komme nur ich in Frage?"

Ohne zu zögern kommt von mir eine zuversichtliche Antwort. „Weil Ihr vertrauensvoll gegenüber Euren Geschäftspartnern seid."

Auf meine Antwort folgt ein kurzes Lachen seinerseits. „Sie haben mich grade dabei beobachtet, wie ich dabei war meinen Geschäftspartnern das Geld aus den Taschen zu ziehen.", erwidert er spöttisch.

„Diese beiden Halbwüchsige waren ja kaum Eure Geschäftspartner. Sie sind junge Adelige, die man als leichte Beute ansieht. Mehr aber auch nicht." Meine Aussage hört sich selbst in meinen Ohren komisch an, vor allem wenn man bedenkt, dass ich wahrscheinlich ein paar Jahre jünger bin als die Beiden. Das muss auch der Baron bemerkt haben, den dieser zieht grade skeptisch seine rechte Augenbraue hoch.

„Was hätte ich von einem Geschäft mit euch, außer einen angeblichen Profit?"

Bestimmt und ohne große Bedenken, erkläre ich, „Ihr hättet mein Versprechen, dass ich mich bei dem nächsten Geschäft, das ich machen möchte, als erstes an Sie wende." Man sieht ihn deutlich an wie sehr ihn mein Versprechen erstaunt, dennoch fragt er, „Was hat dieses Versprechen an Wert für mich." Ich schmunzle leicht. „Das was Ihr ihm an Wert gibt." Und das erste Mal an diesem Abend sehe ich ein ehrliches und offenes Lächeln auf dem Gesicht des Barons.

„Na schön, Lady Veronika Audett von Mortain, dann lass uns einen Ort aufsuchen an dem wir uns, über dieses Geschäft, genauer unterhalten können."

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