Kapitel 8
Nesrin
Im nächsten Moment bekamen wir Turbulenzen und landeten auf einer Plattform. Gemeinsam standen Luzifer und ich auf, unsere Koffer wurden von einem Butler raus getragen und wir selber gingen hinaus. Unerwartet wurden wir dort von Menschenmengen begrüßt. Kurz blickte ich hinter mir zu Luzifer, der dicht an meinem Rücken stand. „Ich dachte es wäre schon klar, dass ich einen gewissen Ruf habe.", erläuterte er mir und ich widmete mich den blitzenden Lichtern der Kameras. Nicht nur das er reich war nein, jetzt musste er auch noch berühmt sein? Was hatte er wohl vor dem Studium getan, um so berüchtigt zu werden? „Komm, steig ein...", flüsterte er mir plötzlich zu, ließ mich zusammen fahren und stieg dann ein. Ein Chauffeur fuhr uns dann von den ganzen Menschenmengen weg und ich merkte wie die Blitzlichter, Menschen und der Flughafen selber hinter uns kleiner wurden. „So... wo geht es nun hin?", fragte ich neugierig davon ablenkend, wieso nun so große Menschenmassen sich für Luzifer interessierten. „Es ist immer noch eine Überraschung, tut mir leid...", sagte Luzifer zu mir und ich merkte ohne hinzusehen das er diabolisch ein Lächeln aufgesetzt hatte. Nach zehn Minuten, sah ich ein Schild was mir nur allzu bekannt vorkam. Dort drauf stand „Fantasy und Lover to Enemy.". Es war das Aushängeschild für eine Buchmesse, wir mussten wohl ganz in der Nähe sein. Als ich eins und eins kombinierte, sah ich erstaunt zu Luzifer. „Wie hast du Karten für den Eintritt bekommen?", fragte ich ihn zusammenhangslos, doch den brauchte er nicht. „Eine Freundin von mir ist letztes Jahr groß heraus gekommen. Sie hat mir zwei Karten besorgt.", flüsterte er mir ins Ohr ehe er studierend auf meine nächste Bewegung wartete, die er auch im Nu bekam. Denn schon im nächsten Augenblick drehte ich meinen Kopf zu ihm. „Wirklich?", strahlte ich ihn an. „Es ist schon lustig wie viel man einer Frau Freude machen kann, mit nur zwei Stücken Papier.", wandte er sich von mir ab und sah nach vorne. „Mistkerl.", entfuhr es mir, ohne das ich lange darüber nachgedacht hatte. Doch so bekam ich wieder seine volle Aufmerksamkeit. „Was sagtest du gerade?", fragte er zurück. „Ich sagte Mistkerl. Wie schnell kann man schon durch das Internet herausfinden, welche Vorlieben eine Frau hat. Du wusstest ganz genau das ich hier hinwollte und es mir nicht leisten kann.", warf ich ihm vor. „Nun, dafür hast du ja mich...", wisperte er zu mir. „Wie bitte?", entwich es mir sofort. „Hab ich etwa nicht recht? Du bist diejenige, um die sich zwei reißen sollen in Psychologie... und wenn das nicht die Wahrheit ist, denke ich Aaron hat es nicht verdient mit mir zu reden.", erklärte er und die Farbe aus meinem Gesicht war fast so blass, als wäre ich eine Leiche geworden. Er mochte mich gar nicht... er tat es nicht, weil er so unbedingt viel Zeit mit mir verbringen wollte. Das alles war für ihn nur Teil einer Aufgabe... Wenn ich nicht zu hundert Prozent wüsste, dass ich stärker wäre als er und eine Unterkunft beziehungsweise genügend Geld zur Rückreise hätte, bekäme er jetzt eine von mir verpasst. Natürlich war es nur wegen dem Psychologiekurs, wieso sonst sollte sich jemand so um mich sorgen? Wissen wollen, wieso es mir schlecht ging und ganz nach L.A. fliegen, um zu einer Buchmesse zu gehen, die vielleicht sogar langweilig für ihn war? Die ganze Zeit über, dachte ich er würde es tun, weil er mich mochte... doch jetzt? Bis zur Buchmesse schaute ich still aus dem Fenster. Ich konnte es einfach nicht ertragen mit ihm weiter zu Reden, geschweige denn ihn anzusehen. Die ganzen Gefühle die ich für ihn entwickelt hatte über kurze Zeit, dass ganze innerliche Chaos... bestand nur wegen dieser blöden Aufgabe und er es so wollte. Ruckartig hielten wir an. Der Chauffeur lief einmal um das Auto herum und öffnete mir die Tür. Während es vorhin noch strahlender Sonnenschein in Brooklyn war, war hier ein bewölkter Himmel zu sehen und ein kalter Wind ließ mich leicht zittern. Ich wollte hier weg. Einfach nur weg. Weg von ihm, weg von dieser bescheuerten und gleichzeitig so ersehnten Buchmesse... weg um ihm nie wieder in die Augen sehen zu müssen. Kurz blieb ich stehen und sah mit an, wie der Chauffeur meine Koffer heraus nahm. Wir hätten hier also auch noch übernachtet... es brannte mir unter den Fingernägeln, dass ich dennoch unbedingt diese Buchmesse besuchen wollte. Gut. Dachte ich mir. Er will also die Aufgabe hinter sich bringen und macht mir dafür den Hof. Soll er doch. Dann kann ich es trotzdem noch genießen umsorgt zu werden. Beschloss ich mit mir selbst im inneren. Wenn er es unbedingt so wollte, konnte er sich gerne um mich kümmern... ein wenig festen Freund spielen und den ganzen Kram. Doch ich würde nicht mehr zulassen, dass er mir zu Nahe kommt. Zu nah im physischen und zu nah im mentalen Sinne. Ansonsten würden bei mir die Sicherungen durchbrennen. Am besten wäre es, wenn ich mir heute Abend im Block eine Regelliste machen würde. Überlegte ich. Als ich gedankenverloren nach meinem Koffer greifen wollte, bemerkte ich erst das ihn schon Luzifer hinter sich her zog. „Kommst du?", fragte er und sah zurück, wobei er stehen blieb um auf mich zu warten.
Mit einem aufgesetzten Lächeln ging ich zu ihm und folgte ihm hinein in die große Messehalle, die auch ein Hotel beherbergte. Sie war riesig und an jeder Ecke konnte ich nur drei Dinge erkennen; Bücher, Autorinnen und Autoren. Na ja und die Fans eben, die sich überall herumtummelten. Doch statt stehen zu bleiben, liefen wir einfach durch den Gang durch und meldeten uns bei der Rezeption an. „Wir sollten uns erst einmal ausruhen, es war ein langer Flug.", sagte Luzifer zu mir und ich nickte nur, während ich ihm die Treppe hoch folgte, welche uns zu unseren Zimmern führte. Oben angekommen waren mehrere Zimmer mit verschiedenen Nummern auf den Türen zu sehen. Jede einzelne Tür hatte ihr eigenes Schema. Vor mir erschienen zwei Schlüssel. Es war eindeutig Luzifer der sie mir vor die Nase hielt. Ich nahm einfach einen, sah auf die Nummer und suchte die Tür, die ich dann aufschloss und betrat ein Zimmer in warmen rot Tönen. Keineswegs achtete ich noch auf die Hitze hinter mir oder der Tatsache, dass ich eindeutig irgendwas für ihn empfunden hatte. Ich sah mich lieber in meinem neuen kleinen Zimmer um, welches ich für zwei Tage benutzen würde. Dabei verschwand mir die Wärme aus dem Rücken und ich merkte wie meine Schultern sich lockerten. Ich hatte mich wohl in seiner Nähe stark angespannt. Mit einem Schritt durch den Raum schloss ich die Tür und ging mit einem weiterem zum Bett, um mich dort hin zu legen. Wieso musste das ausgerechnet mir passieren? Ich weiß, diese Frage war kitschig und war wahrscheinlich in jedem Superheldencomic vorzufinden, wo der Held zum Held wurde... doch ich fragte es mich ernsthaft und tatsächlich. Bis vor weiß nicht wie vielen Stunden, war ich noch unschuldig und kaum jemand machte sich sorgen um mich, geschweige denn machte mir den Hof oder sonstiges. Und jetzt? Ein einziges Psychologieprojekt sorgte bereits dafür, dass ich umsorgt, beschützt und geliebt wurde wie noch nie zuvor. Statt mich wieder durch die dadurch frei geschaufelte Zeit an eine Geschichte zu setzen, schrieb ich lieber meine eigene und den Leuten da draußen gefiel auch noch was sie lasen. Es war komisch auf einmal so anders und doch so gleich zu sein wie vorher. Meine Gedanken schweiften langsam ab und ich versuchte die Augen zu schließen. Doch sobald ich das getan hatte, erschien mir Luzifer. Super. An ihn wollte ich ja gerade nicht denken. Mit mehreren Seufzern und hin und her drehen auf dem Bett, entschloss ich mich dazu wieder aufzustehen. Ich konnte weder schlafen, noch ruhig bleiben. Unbemerkt schlich sich in meinem Kopf ein Gedanke ein. Wir hatten gerade erst 22 Uhr, dass wusste ich von der runden Uhr die über der Tür hing und die Messe würde noch einige Stunden nach Mitternacht gehen. Ich könnte mich also einfach nach unten Schleichen ohne das Luzifer es bemerken würde und hätte endlich andere Dinge zum Nachdenken. Mit einer Zielstrebigkeit die ich schon lange nicht mehr hatte, öffnete ich die Tür und lief nach unten zur Messe. Alleine schon bei der Rezeption erwarteten mich Cosplayer zu Büchercharakteren. Wenn ich jemals ein Buch schreiben sollte und es wirklich Leute gebe die sich wie meine Buchcharaktere verkleiden würden... wahrscheinlich würde ich mich dann so sehr freuen, dass alles andere in meinem Leben verblassen würde. Ja, ich muss zugeben das ich ein Bücher Narr war. Ich hatte ja selber schon welche angefangen zu schreiben - doch nie wurde etwas aus ihnen. Irgendwann hatte ich sie dann völlig abgeschrieben gehabt... aber durch eine klitzekleine Hoffnung die ich gehabt hatte durch meinen Ex, der sich die angefangen Bücher von mir sorgfältig durch gelesen hatte wofür ich ihm als festen Freund einen Pluspunkt damals gab, hatte ich mich für Journalismus angemeldet. Natürlich hieß das, dass ich wieder schreiben müsste, egal ob ich wollte oder nicht... dennoch hatte es mir einen neuen Anschwung gegeben und ich war froh gewesen, mich dort angemeldet zu haben. Plötzlich durchfuhr mich etwas wie ein Stromschlag, als ich Richtung Bar ging die zum Hotel der Messe gehörte. Er saß einfach da. Mit einem Whiskey in seiner Hand und einem leeren aber so allwissenden Blick, wie ich ihn vorher noch nie gesehen hatte. Dann hörte ich ruckartig, wie er anfing mit dem Barkeeper zu sprechen. „Wissen Sie... ich bin kein guter Mensch. Aber heißt das gleich, dass man mir die kalte Schulter zeigen muss? Bin ich wirklich so kaltherzig zu ihr gewesen?", setzte er eindeutig ein Gespräch fort. Meinte er... mich? Verwundert blieb ich an Ort und Stelle stehen und erfror als sein Blick auf mir landete. Kurz öffnete sich leicht schockiert sein Mund als er mich wirklich resignierte hatte. Ja, ich hatte ihn belauscht. Aber nur für drei kleine Sätze. Außerdem - wieso suchte ich an mir den Fehler? Ich bin erwachsen und muss schon gar nicht erst anfangen auf ihn zu hören. Schnell schloss ich also meinen Mund, reckte das Kinn und ging auf ihn und die Bar zu, wo ich mich auf einen Barhocker setzte. Direkt provokant neben ihm. Das hatte er verdient. „Einen Whiskey bitte.", bestellte ich auch schon was beim Barkeeper. „Kommt sofort.", erwiderte dieser nur und ich widmete mich Luzifer und dem Geschehen hinter uns. „Wie viel hast du mitgehört?", fragte er mich, doch ich antwortete ihm nicht. Ich musste ihm nicht antworten, es war nicht meine Pflicht das zu tun. Dennoch wanderte mein Blick zu ihm. „Ich konnte nicht schlafen.", sagte ich dabei. Weder er noch ich sagten etwas. Dann hörten wir wie ein Glas neben mir abgestellt wurden ist. Sofort griff ich danach und trank es aus. Ein Brennen durchzog mich, doch es war weniger schlimm als neben Luzifer zu sitzen. „Er wartet schon auf dich.", rückte plötzlich Luzifer mit etwas heraus, was mich verwirrte. „Wer? Womit?", fragte ich also zurück. Ein langer Seufzer von Luzifer folgte und eine kurze Stille.
„Aaron. Er hat mir heute Abend geschrieben, dass er ein Auge auf dich geworfen hat und dich nun nach deiner Nummer fragen will.", antwortete Luzifer und in seinem Gesicht bildeten sich tiefe Schatten aus Frust und Eifersucht. Doch wieso eifersüchtig sein, wenn er mich hierher sowieso nur wegen der Aufgabe hergeschleppt hatte? Hatte es mit dem was er zum Barkeeper gesagt hatte zu tun? Machte ich mir ernsthaft wieder Gedanken um den Typen, der mein Herz verbrennen ließ? Eine Frage davon konnte ich wenigstens sicher beantworten und die Antwort hieß ja. Ja, ich machte mir Gedanken um ihn. Ja, ich konnte meine Gefühle nicht richtig unterdrücken oder gar verstecken. Und ja, er meinte es höchstwahrscheinlich nicht ernst mit mir. Urplötzlich setzte sich jemand neben mich. Es war ein Mann, circa 25 Jahre alt und er sah nicht mal so schlecht aus. Ich drehte mich zu ihm und lenkte mich so von allem anderen ab. Jedenfalls versuchte ich es. „Hey...", sagte er zu mir, eindeutig an mir interessiert. „Hey...", antwortete ich zurück, denn irgendwie fühlte ich mich bei diesem Fremden sicherer als in der Nähe von Luzifer. Dieser war gerade eindeutig dabei, uns zu zuschauen. Doch das beängstigende daran war, dass ich es nicht sah sondern spürte. Langsam merkte ich, wie er wütend wurde. Sein Kiefer war bereits dabei zu knirschen und seine Hände ballten sich zu gewaltigen Fäusten. Er würde gleich zuschlagen und keiner könnte ihn dann noch abhalten, dass wusste ich. Aus Reflex stand ich also auf, nahm seine Hand und zog ihn weg von der Bar und dem Kerl, der mir fast ein Getränk ausgegeben hätte, wäre ich noch länger geblieben. Komischerweise wehrte er sich dabei gar nicht und ließ sich einfach hinterher ziehen. Nachdem ich mit ihm hochgegangen war und vor meinem Zimmer, hielt ich an. „Ich will keine Prügelei hier er-!", wollte ich mich schon bei ihm beschweren, doch dann legte er eine Hand unter mein Kinn. Ich konnte mich einfach nicht wehren und musste in seine Augen schauen die auf mich hinab blickten. Genau so wie sie es schon einmal getan hatten... mit einer solchen Kälte und gleichzeitig dieser Anziehung. Unsere Nasenspitzen waren nicht einmal mehr einen Zentimeter voneinander entfernt. Sofort hielt ich inne und er merkte es. Wie ein Stromschlag ließen wir vom anderen im selben Moment ab.
„Bett?"
„Bett."
Und so gingen wir beide schlafen... ohne für unsere Drinks bezahlt zu haben.
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